Ghost Recon Breakpoint REVIEW
Der englische Begriff „breakpoint“ lässt sich unter anderem auch mit Bruchstelle übersetzen. Einen passenderen Namen hätte man für den neuesten Ableger der Ghost Recon Reihe kaum finden können, denn Breakpoint ist in nahezu jeder Hinsicht ein Desaster geworden und vereint alle das, was im derzeitigen Segment der AAA-Spiele falsch läuft.
Willkommen in der Looter-Shooter-Games-as-a-service-Hölle
Eines vorab: ich bin kein großer Freund von Loot-Shootern und kann in der Regel auch wenig mit Spielen anfangen, die als Games-as-a-service konzipiert sind. Woran ich jedoch alle paar Jahre meinen Spaß finde, sind die offenen Welten von Ubisoft, insbesondere wenn man sich in ihnen abseits der vorgegebenen Pfade austoben und die Spielwelt in einen virtuellen Abenteuerspielplatz verwandeln kann. Aus dieser Warte heraus hatte ich immer wieder meinen Spaß mit den Titeln der Franzosen und hatte im Vorfeld entsprechende Hoffnungen auf ein paar unterhaltsame Stunden mit Ghost Recon Breakpoint. Diese wichen jedoch bereits kurz nach Spielstart Frust, Fassungslosigkeit und Unverständnis, nach rund 12 Stunden fühle ich mich mittlerweile vollkommen ausgelaugt und verspüre nicht den Hauch von Antrieb, auch nur eine weitere Minute meines Lebens in dieses Spiel zu investieren. Ich wurde von der Looter-Shooter-Games-as-a-service-Hölle gebrochen.
Der C-Schauspieler und seine Söldner
Als Szenario dient das fiktive pazifische Eiland Auroa, auf welchem Milliardär Jace Skell ein Utopia inklusive futuristischer High-Tech Anlagen errichtet hat. Was soll schließlich schon schief gehen, wenn jemand mit zu viel Geld und einer eigenen Firma, die vor allem auf die Produktion von Drohnen und anderen Technologien spezialisiert ist, sich unter Ausschluss jeglicher Kontrollinstanzen auf einer abgelegenen Insel breitmacht und an Technologien werkelt, die in falschen Händen ziemlich viel Unheil anrichten können? So einiges, wie Ghost Recon Breakpoint zeigt. Denn Cole D. Walker, Träger des amerikanischsten Namens überhaupt und mies dreinblickender Antagonist der Geschichte, und seine Ex-Armisten haben sich die Insel und ihre Anlagen unter den Nagel gerissen und drehen jetzt ein bisschen durch. Das Walker von C-Schauspieler Jon Bernthal (The Walking Dead) gesprochen und gespielt wird, ist kaum mehr, als eine Randnotiz und auch Handlung, Motive und Wendungen bieten nichts, was in irgendeiner Weise interessant wäre.
Das gilt übrigens auch für die Hauptfigur, die zwar einen Namen (Nomad) besitzt, aber nicht viel mehr, als ein Avatar ist. Zu Beginn schnell im Baukasten zusammengeworfen, besticht der Protagonist bzw. die Protagonistin (das Geschlecht kann man wählen) durch gähnende Leere. Das gleiche lässt sich über alle einigermaßen wichtige Figuren dieser mitunter zur Schmierenkomödie verkommenden Militärschmonzette sagen, sodass ich mich nicht schäme zuzugeben, schon nach wenigen Missionen jegliche Zwischensequenzen übersprungen zu haben. Nicht nur sind dieser starr inszeniert, auch habe ich selten so lustlose Sprecher gehört, wie in Ghost Recon Breakpoint. Dieses Urteil gilt übrigens nur für die englische Sprachausgabe. In die deutsche Sprachfassung habe ich nämlich nicht reingehört, da man das entsprechende Sprachpaket (rund 1GB auf der PlayStation 4) zusätzlich runterladen muss und der Festplatte meiner Konsole nicht noch mehr Mittelmäßigkeit zumuten wollte.
Das Gegenteil von Immersion
Das sich Nomad überhaupt auf Auroa durchkämpfen muss, ist dem missglückten Versuch zu verdanken, mit anderen Mitgliedern der Spezialeinheit Ghost auf der Insel zu landen um in Erfahrung zu bringen, was dort eigentlich passiert ist. Dass einem die Handlung weiß machen will, man sei der einzige Ghost, der die Invasion auf die Insel überlebt hat, wird bereits wenige Minuten nach dem Einstieg ad absurdum geführt, sobald man im zentralen Hub der Spielwelt landet. Dort tummeln sich neben NPCs nämlich auch andere Spieler des Always-On Titels und laufen die unterschiedlichen Missionsgeber ab, gehen Waffen einkaufen oder stehen sich einfach nur die Beine in den Bauch. Wie ich zwischen KyloRen1992 und VikingsKing12 so etwas wie Immersion verspüren soll, ist mir noch immer schleierhaft.
Und der Hub ist nicht das einzige Beispiel, an dem sich die Krux der Service-Ausrichtung von Breakpoint zeigt. Man wird regelrecht erschlagen mit Waffen, Ausrüstungsgegenständen, Items und Klamotten, die man bei toten Gegnern, in Kisten, für abgeschlossene Missionen und in Shops gegen Bezahlung findet. Die Waffen sind in unterschiedliche Seltenheitsstufen eingeteilt und sämtliche Kleidungsstücke besitzen unterschiedliche Statusboni, meist ein +Irgendwas auf weniger Schaden oder andere Statuswerte. Das Problem an dem System: es ist eigentlich vollkommen egal wie gut oder weniger gut die Ausrüstung ist. Denn in Breakpoint steckt nach wie vor etwas vom alten Ghost Recon, sprich menschliche Gegner fallen sofort bei einem Kopfschuss um. Ob dieser nun aus einer läppischen Pistole oder einem hochgerüsteten Scharfschützengewehr erfolgt, ist vollkommen egal. Lediglich gegen Drohnen und andere gepanzerte Blechbüchsen muss man ganz schön draufhalten, da diese einiges anMagazinen schlucken, bevor sie in Rauch aufgehen. Und solche Kugelschwämme haben dann wiederum wenig mit der eigentlichen Taktik-Ausrichtung des Franchise am Hut.
Was willst du sein?
Fordern sind übrigens weder die Kämpfe gegen menschliche, noch gegen mechanische Gegner, denn die KI ist geradezu erschreckend doof. Eine nahezu 100-prozentige Erfolgstaktik ist es feindliche Truppen im Umkreis auf sich aufmerksam zu machen, sich hinter einer Tür zu verschanzen und nach und nach alle Gegner über den Haufen zu schießen. Das diese in ihr Verderben rennen, fällt diesen nicht einmal ein, wenn sich ihre toten Kollegen nach und nach übereinander auftürmen. Auch haben die Wolves genannten Gegner offenbar ziemliche Probleme, sich in der Spielwelt zurechtzufinden und laufen gerne mal ohne Sinn und Verstand durch die Gegend. So macht der eigentliche Kern des Spieles, die Kämpfe, natürlich wenig Spaß. Immerhin hat man formal die Möglichkeit Missionen auf unterschiedliche Wege anzugehen. Man kann sich in feindliche Basen einschleichen und teilweise ohne einen einzigen abgefeuerten Schuss die Aufgaben abschließen, man kann aber auch mit viel Tamm-Tamm vorgehen und die sprichwörtliche Sau raus lassen. Im Ergebnis wirkt das alles aber unbefriedigend, zumal die Missionen oft nach einem ähnlichen Muster gestrickt sind und kaum Abwechslung bieten.
Das neue Klassensystem ist damit im übrigen auch hinfällig. Denn ob ich nun meine Spielfigur als Scharfschützen, Sturmsoldaten oder lautlosen Kämpfer anlege, ist vollkommen egal, da die zu erhaltenen Skills im Spiel kaum von Nutzen sind und sich die offene Natur des Gameplays durch eine gewählte Klasse nicht großartig ändert. Als Sniper kann ich ebenso gut in den Nahkampf gegen, wie ich als Sturmsoldat die Gegner aus der Entfernung ausschalten kann. Wie unnötig das Klassensystem ist, zeigt sich übrigens auch im Koop-Spiel mit Freunden. Müsste jeder Spieler eine festgelegte Rolle einnehmen, so wäre das ja an sich cool, aber das entsprechende Fundament ist einfach nicht vorhanden. Lediglich im PvP kommt in den Kämpfen so etwas wie Spannung auf, allerdings neigen die Multiplayer-Gefechte sehr zu Camp-Veranstaltungen zu verkommen. Nahezu jeder Schuss kann nämlich den Bildschirmtod bedeuten, was wiederum dazu führt, dass sich die meisten Spieler eine sichere Position suchen und einfach abwarten.
Groß und leer
Was mich aber richtig genervt hat, ist die riesige Spielwelt. An sich gefällt mir das Setting mit seinen dichten Wäldern, schneebedeckten Bergen und weiten Tälern ganz gut, allerdings könnte Auroa in der Umsetzung nicht generischer wirken. Es gibt quasi nichts in der Spielwelt zu entdecken, kein Ort bietet in irgendeiner Weise etwas besonderes. Wo man in einem Red Dead Redemtpion 2 oder Assassins Creed Odyssee für das Erkunden der Spielwelt mit kleinen Geheimnissen oder besonderen Orten belohnt wird, wartet in Breakpoint maximal eine Kiste mit Loot oder ein feindliches Lager mit noch mehr Loot. Und das man trotz diversen Fahrzeugen zu Land und Luft teilweise 10, 15 und mehr Minuten braucht, um von einen Ort an den anderen zu gelangen, ist angesichts der trostlosen Spielwelt ein weiterer Umstand, der für Frust sorgt.
Auch der technische Gesamteindruck ist fatal. Zwar läuft das Spiel auf meiner normalen PlayStation 4 einigermaßen anständig, allerdings wirkt selbst das erste The Division in grafischer Hinsicht aufwendiger. Der absolute Wahnsinn sind allerdings die vollgemüllten und umständlich angelegten Menüs, in denen ich mich in meiner kompletten Zeit mit dem Spiel nicht zurechtgefunden habe. Zudem hat Breakpoint mit ziemlich vielen Bugs und Glitches zu kämpfen. Am nervigsten waren die beiden Zwangspausen, die ich einlegen musste, da die Verbindung zum Server abgebrochen ist. Denn selbst wenn man nur alleine in Auroa unterwegs ist und die Kampagne bestreitet, besteht das Spiel auf eine konstante Internetverbindung. Ist diese nicht gegeben, kann man sich nur das Hauptmenü angucken.
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- Missionen lassen sich per se auf vielfältige Weise angehen
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- übergestülptes Loot-Shooter-System passt nicht
- langweilige Open World
- langweilige Story und Figuren
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Pro & Kontra
- Missionen lassen sich per se auf vielfältige Weise angehen
- übergestülptes Loot-Shooter-System passt nicht
- langweilige Open World
- langweilige Story und Figuren