Bloodstained: Ritual of the Night REVIEW
Viele mehr oder weniger bekannte Game-Designer haben in den vergangenen Jahren Kickstarter und andere Crowdfunding-Plattformen für sich entdeckt. Die Versprechen sind oftmals verlockend, verheißen entsprechende Kampagnen doch für Entwickler und Spieler die Möglichkeit zur Rückkehr zu dem, was der Triple-A Markt vermeintlich nicht mehr abdeckt. Doch die anfängliche Euphorie ist angesichts enttäuschender Endresultate unlängst Ernüchterung, teilweise sogar Wut und Häme gewichen. Auch Koji Igarashi, der Kopf hinter Genre definierenden Klassikern wie Castlevania: Symphony of the Night, konnte seine Fans vor rund vier Jahren überzeugen und 5,5 Millionen US-Dollar auf Kickstarter sammeln, um mit Bloodstained: Ritual of the Night einen geistigen Nachfolger zu seinen bei Konami entstandenen Werken zu realisieren. Obwohl die Entwicklung und der Stand in den folgenden Jahren transparent kommuniziert wurden, machte sich aber auch hier wieder Skepsis breit, nicht zuletzt mehrere Release-Verschiebungen und gemischt aufgenommene Vorabversionen ließen Zweifel aufkommen. Warum diese sich angesichts des fertigen Spiels in Luft auflösen und Bloodstained womöglich eines der besten Spiele des Genres seit langer Zeit ist, klärt der Test.
Holpriger Start
Mein Eindruck nach den ersten 20, 30 Minuten war eher ernüchtert. Das noch so stilsichere Artdesign der Artworks sieht im fertigen Spiel zuweilen arg billig aus, die Mimik und Gestik der Figuren wirkt stocksteif, die Dialoge inklusive fehleranfälliger deutscher Übersetzung holprig und die Handvoll Cutscenes haben was von der unbeholfenen Regie eines ganz, aber so wirklich ganz ganz schlechten Studentenfilms. Die Zeichen standen also eher auf “ ohje ohje, noch so ein halbgares Kickstarter-Spiel“, anstatt auf den Heilsbringer der Metroidvanias, pardon, der Igavanias, wie Fans das vom Japaner mitgeprägte Genre gerne nennen. Aber ich wurde eines besseren belehrt. Denn da, wo Bloodstained: Ritual of the Night in visueller Hinsicht oft nicht meinen Geschmack trifft und in diversen technischen Belangen noch Spielraum nach oben besteht, werden mit dem Gameplay nahezu alle Makel vergessen gemacht. Und meine Güte machen Igarashi und sein Team hier Boden gut.
Fortführung alter Stärken
Im Kern ist Bloodstained eine sehr gewissenhafte Übertragung der Symphony of the Night Formel, allzu viele Neuerungen braucht man nicht zu erwarten. Somit haben wir es weniger mit einer Revolution, als vielmehr mit einer konsequenten und an den richtigen Stellen modernisierten Fortführung des Spielprinzips zu tun. Und es ist bemerkenswert, wie sich das Spieldesign von einst gehalten hat und wie unverbraucht das Ganze trotz der vielen ähnlich aufgebauten Titel, die mittlerweile vor allem aus dem Indie-Sektor kommen, noch ist.
Als Miriam springt, schnetzelt und rätselt man sich durch ein verwinkelt aufgebautes Schloss voller Dämonen, entdeckt gut versteckte Geheimnisse, stellt sich abwechslungsreich gestalteten Bosskämpfen und wartet auf passende Fähigkeiten, um an zuvor nicht passierbaren Stellen weiterzukommen. So kann man mit dem Doppelsprung etwa höher gelegene Ebenen erreichen, später kann man mit einer anderen Fähigkeit gar das Bild auf den Kopf drehen und so etwa an der Decke laufen und auf diese Weise ebenfalls neue Areale des riesigen Gebietes erkunden. Eine Rückkehr feiern indes die Speicher- und Teleportations-Räume.
Auch beim Setting wandelt man weitestgehend auf vertrauten Pfaden und verortet die Handlung in einer fiktiven Variante der ersten Hälfte des 18. Jahrhundert. Vampire gibt es diesmal zwar nicht und auch der gotische Flair von Castlevania ist trotz entsprechender Bezüge irgendwie abhandengekommen, was man insbesondere am Design der Gegner festmachen kann. Neben wabernden Matschmonstern, Gargoyles, Feen und Werwölfen, gibt es diesmal auch Ninja, junge Frauen in Häschenkostüm und riesige Hundeköpfe ohne Rumpf, die irgendwie so gar nicht in das Setting passen. Überhaupt kann ich mit dem Stil der Figuren wenig anfangen und vermisse das androgyne Design von Künstlerin Ayami Kojima (Symphony of the Night), die aus zeitlichen Gründen nicht an dem Projekt mitwirken konnte, letztlich entscheidet aber der individuelle Geschmack und sicherlich wird der Anime-esque Stil auch seine Fans finden.
Unzählige Möglichkeiten
Die eigentliche Stärke von Bloodstained liegt in den unzähligen Möglichkeiten und dem Kerngameplay. Es gibt unzählige Waffen (Schwerter, Äxte, Dolche, Peitschen, Kampfschuhe etc.), die alleine schon sehr unterschiedliche spielerische Ansätze zulassen. Hinzu kommt eine absurde Vielzahl an Fähigkeiten, die man von den Gegnern erhält. Jeder Gegner lässt nämlich nach Zufallsprinzip sogenannte Scherben fallen, die Miriam wiederum aufnehmen und so Fähigkeiten der besiegten Monster übernehmen kann. Dadurch bekommt man beispielsweise Zugriff auf Shuriken, man kann einen Tentakel beschwören, der auf Feinde eindrischt, bekommt ein mächtige Bohrschwert in die Hand und vieles mehr. Und als wäre das noch nicht genug, kann man noch ständige Begleiter und Scherben für verbesserte Statuswerte erspielen. Das Wechseln zwischen den Scherben für aktive Angriffe ist etwas umständlich, da man zunächst immer im entsprechenden Menü hin- und her tauschen muss, später bekommt man noch Tastenkürzel, mit denen man fest definierte Sets festlegen und etwas schneller tauschen kann, ganz ideal ist diese Lösung aber auch nicht.
Weitere Komplexität erhält das Kampfsystem durch Kombos, die sich mit meist simplen Tasteneingaben aktivieren lassen. So kann man beispielsweise Angriffe aktiv blocken oder mächtige Attacken vom Zaun brechen. All das verbraucht aber, ebenso wie das Benutzen der meisten Scherben, Mana-Punkte. Diese kann man wie auch Energie durch entsprechende Tränke wieder auffüllen, außerdem kann man unzählige Rezepte finden, kochen und erhält dadurch nicht nur eine Auffrischung, sondern auch kurzzeitige Statuseffekte. Und ein Level- und Crafting-System gibt es auch noch. Puh. Ganz schön viel. Zu viel? Nein! Denn obwohl man geradezu mit Möglichkeiten erschlagen wird, macht genau diese Vielfalt, die in unterschiedliche Spielstile resultiert, auch mit die Faszination von Bloodstained aus und hat mir nach erstmaligem Durchspielen gleich Lust, auf das New Game Plus gemacht.
Prall gefülltes Paket
Neben dem New Game Plus, erhält man nach dem Durchspielen außerdem noch einen Boss Rush Modus und zusätzliche Schwierigkeitsgrade. In Zukunft sollen noch eine ganze Reihe ksotenloser DLCs die Laune der Spieler oben halten und uns mit neuen spielbaren Figuren, neue Outfits, Koop-Modus und mehr versorgen. Löblich, löblich.
Weniger schön, sind einige Bugs und teilweise die technische Performance. So hatten einige Spieler, die das Spiel früher erhalten haben, mit einem Game Breaker zu kämpfen, bei welchem das Spiel dachte man hätte ein wichtiges Items zum Weiterkommen bereits erhalten, ohne das dies der Fall war. Daher gilt: ladet auf jeden Fall den Patch 1.02 runter, bevor ihr das Spiel das erste mal startet! Von diesem Problem war ich glücklicherweise nicht betroffen, dafür habe ich mich an der deutschen Übersetzung gestört, die mit eklatanten Fehlern gespickt ist. Die englischen und japanischen Sprecher sind übrigens gut gewählt, das was gesagt wird ist, wie auch die Story, aber ziemlich langweilig und nicht der Rede wert. Auch die Musik hat mich nicht immer ganz abgeholt. Das Main Theme und einige andere Stücke sind gelungen und bringen Wiedererkennungswert mit, viele andere Tracks wirken aber aus der Konverse und angesichts des Settings fast schon zu heiter.
Die Performance auf meiner normalen PlayStation 4 war weitestgehend gut, die angepeilten 60 Bilder pro Sekunde werden fast immer erreicht. Hier und da kommt es aber trotzdem zu kleinen Rucklern, bei einem späten Bosskampf wurde aus Bloodstained sogar eine regelrechte Diashow.
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- griffiges Gameplay
- tolles Leveldesign mit vielen Verstecken, Secrets und mehr
- unzählige Möglichkeiten dank massig Waffen und Fähigkeiten
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- technische Schwächen
- Story und Figuren zum vergessen
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Pro & Kontra
- griffiges Gameplay
- tolles Leveldesign mit vielen Verstecken, Secrets und mehr
- unzählige Möglichkeiten dank massig Waffen und Fähigkeiten
- technische Schwächen
- Story und Figuren zum vergessen