Warface Xbox One REVIEW
Während Vertreter des PC Master Race schon seit einigen Jahren ihr Unwesen auf den Servern von Warface treiben dürfen, ist der Online Shooter mit der Veröffentlichung der Xbox One Version kürzlich auch auf den Heimkonsolen angekommen. Nach dem großen Erfolg von Crysis möchte der Entwickler Crytek zusammen mit my.com das Genre Ego Shooter im großen Dschungel der Free2Play-Titel salonfähig machen. Wir haben uns für euch ins Getümmel geworfen und klären, ob sich Warface neben den großen Tripple-A Spielen behaupten kann. Außerdem nehmen wir uns der wohl wichtigsten aller Fragen im Free2Play-Sektor an – Verfolgt Warface ein faires Shopsystem oder steckt dahinter Pay2Win? In den nächsten Zeilen erfahrt ihr mehr!
Free2Play Shooter bevölkern die Heimkonsole
Während wir in den letzten Wochen bereits die Closed Beta anspielen durften, konnten wir uns recht früh einen Eindruck vom Potenzial von Warface verschaffen und fieberten dem Lauch auf Xbox One direkt entgegen. Denn my.com ist mitunter der erste Publisher, der einen Ego Shooter mit Free2Play-Modell für Microsofts Heimkonsole veröffentlicht. Während es auf PC Free2Play-Shooter wie Sand am Meer gibt, könnte die fehlende Konkurrenz auf Konsolen durchaus von Vorteil für Warface sein.
Nachdem man das Spiel das erste Mal startet, wird man herzlich von einem Charakter-Editor begrüßt. Hier darf man sich nun eines von geschätzt 25 vorgefertigten Gesichtern aussuchen und bekommt prompt den Hinweis, diese Entscheidung später nicht mehr ändern zu können. Im Prinzip ist die Auswahl der Gesichtszüge auch egal, da man die meiste Zeit von Kopf bis Fuß in Ausrüstung steckt. Da es sich hier um einen Ego-Shooter handelt, kann man sein Gesicht im Spiel selbst nicht sehen.
Das kostenlose Call of Duty
Nach der etwas minimalistischen Charaktererstellung steht man nun vor der Qual der Wahl. Entweder spielt man sich in den ersten Coop-Missionen gemütlich warm oder stürzt sich gleich Hals über Kopf ab in schweißtreibende PVP-Gefechte. In beiden Fällen benötigt ihr eine Internetverbindung, denn einen reinen Singleplayer-Modus gibt es erst gar nicht. Solisten müssen sich an dieser Stelle aber nicht führten. Zwar muss man in allen Spielmodi zwangläufig mit anderen menschlichen Spielern interagieren, doch gibt es einige Modi, die sich ebenso für Solospieler eignen. Dazu aber später mehr.
Grundsätzlich besteht im Spiel selbst die Auswahl zwischen vier ganz klassischen Soldatenklassen. Der Sturmsoldat verfügt über reichlich Feuerpower für kurze bis mittlere Distanzen und pulverisiert alles, was ihm vor das Maschinengewehr läuft. Darüber hinaus verteilt er Munitionspakete an sein Team. Der Ingenieur rückt seinen Feinden mit leichten Maschinengewehren (SMG‘s) ans Leder, kann Claymore-Minen auslegen und Panzerung an seinen Verbündeten verteilen. Der Sanitäter schießt mit Shotgun sowie Handfeuerwaffe um sich, verteilt Medipacks und belebt gefallene Kollegen wieder. Dann wäre da noch die Camper-Klasse schlechthin, der Scharfschütze. Mit einem schweren Scharfschützengewehr wartet er meist in einer Ecke der Karte darauf, bis ihm ein Opfer vor die Flinte läuft.
Alle Klassen verfügen zudem über jede Menge freischaltbarer Waffen und diese wiederum über haufenweise freischaltbarer Waffenaufsätze. Dadurch ergeben sich ausreichende Anpassungsmöglichkeiten für den individuellen Spielstil. Müsste man das Spielgefühl von Warface mit einem anderen Titel vergleichen, würde die Wahl auf Call of Duty fallen. Schnelle, offensive Feuergefechte auf symmetrischen Karten, gepaart mit einer Portion taktischem Anspruch. Schnelle, koordinierte Angriffe dominieren hier eher über defensive Spieler. Zudem fällt auf, dass hier die Macher von Crysis am Werk waren. Der eine oder andere Gamer wird sich noch an diesen Meilenstein der Spielegeschichte erinnern.
Nach jeder Runde, sowohl PVE als auch PVP, winken Erfahrungspunkte, die den Spielerlevel weiter nach oben treiben. Dieser sagt aber in der Regel nur wenig über das tatsächliche Können eines Spielers aus. Viel mehr freut man sich über V-Points, die neue Ausrüstung, Waffen sowie Waffenaufsätze freischalten und Dollar, die Ingame-Währung. Dollar werden dazu benutzt, um Waffen im Shop zu kaufen und verschlissene Ausrüstung zu reparieren. Für besonders knifflige Einsätze gibt es manchmal sogar Lootboxen zu ergattern, die eine zufällige Waffe enthalten.
Schlauchlevel und Kanonenfutter
Als neuer Spieler macht man sich am besten durch Klassen-Tutorials sowie der ersten Coop-Mission mit dem Gameplay vertraut. Außerdem erweitern die Einführungseinsätze das Arsenal um einige brauchbare Waffen. Ist dies geschafft, hat man zudem Zugriff auf alle vier Soldatenklassen und kann munter drauf losleveln, denn bis Level 10 gilt man sozusagen als Anfänger, was im PVP eine wichtige Rolle spielt. Im PVE, also Spieler gegen KI gibt es zwei Arten von Einsätzen.
Zum einen wären da die bereits erwähnten Coop-Missionen. Dabei handelt es sich um Partien, in denen man sich zusammen mit vier anderen Mitspielern durch schlauchartige Gebiete kämpft und dutzenden KI-Gegner ins Jenseits befördert. Leider präsentieren sich die computergesteuerten Widersacher schnell als reines Kanonenfutter, die nur im Rudel zur ernsthaften Bedrohung werden. Zudem bekommt man mit den zufällig zugeteilten Teamkameraden oftmals Trolle, die die Mission unnötig aufhalten oder Newbees, die scheinbar noch nie einen Controller in den Händen hatten. Hat sich dann einmal eine funktionierende Gruppe gefunden, machen die Coop-Missionen durchaus Spaß. Für einen Free2Play-Shooter bietet Warface hier eine Menge Content, zumal die sechs verfügbaren Aufträge jeden Tag wechseln. Leider hält sich der Schwierigkeitsgrad hier stark in Grenzen, gerade für höherrangige Spieler. Veteranen kommen eigentlich nur in diesen Modus zurück, um mit ihren Freunden Spaß zu haben oder Kronen zu farmen. Dies ist eine weitere Währung für Premium-Items im Shop oder um seinen Vorrat an Operation-Tokens aufzustocken.
Operation-Tokens dienen als Eintrittskarte für den zweiten großen PVE-Modus, die Special Operations. Dieses Mal erwarten euch deutlich anspruchsvollere Einsätze mit unterschiedlichen Siegesbedingungen. Wer hier bestehen möchte, benötigt definitiv ein festes Team, mit dem er sich absprechen kann. Durch den richtig knackigen Schwierigkeitsgrad der Special Operations kann man diesen Spielmodus als eine Art Endgame-Content ansehen. Zudem bekommt man pro Tag nur 5 Tokens gutgeschrieben, die sich maximal auf 10 Stück stapeln lassen. Womit man nur eine begrenzte Anzahl an Versuchen zur Verfügung hat, weitere müssen mit Kronen nachgekauft werden. Als Belohnung winken dafür neben massig XP und einer Menge Spaß, Lootboxen mit zufälligen Waffen.
Hohes Tempo und viel Variation im PVP
Kommen wir nun zum Kernelement von Warface, dem PVP. Neben klassischen Modi wie Team Deathmatch, Free for All oder Sturm erwarten euch hier auch Exoten wie Blitz oder Bag and Tag. Gespielt wird 8 gegen 8 auf abwechslungsreichen Karten, die zufällig gewählt werden. Das Besondere am PVP in Warface ist das Spieltempo, was sich mit dem von Call of Duty vergleichen lässt. Auf meist viel zu kleinen Karten sprintet ihr in Windeseile quer über die Map und nehmt eure Feinde ins Kreuzfeuer. Dabei beträgt die Lebenszeit eines Soldaten oft nur 30 Sekunden oder weniger, da bereits wenige Treffer zum Ableben führen. Mit einem halb automatischen Premium-Scharfschützengewehr lassen sich so innerhalb von zwei Sekunden bis zu vier Feinde ausschalten.
Dennoch macht Warface im Multiplayer großen Spaß, gerade wenn man schon etwas geübter ist. Die diversen Spielmodi bringen Abwechslung in den Spieleralltag und die Partien spielen sich mit maximal 15 Minuten pro Spiel sehr kurzweilig. Hat man kein festes Team am Start, erreicht man nur selten taktischen Tiefgang, was meistens in einen klassischen „Reinlaufen, Sterben, Respawnen“-Zyklus ausartet. Mit den passenden Teamkollegen aus der Freundesliste macht Warface dann deutlich mehr Spaß, außerdem kann man sich so auch via Voice-Chat absprechen. Einen Ingame Voice-Chat wie bei anderen Shootern sucht man hier abseits von Ranked-Matches derzeit vergebens. Dafür gibt es schon ein Clan-System, was die Suche nach vernünftigen Mitspielern deutlich erleichtert. Vorausgesetzt, der Clan ist groß genug.
Etwas anders verhält es sich im Ranked-Modus. Hier kann man zusammen mit seinem Team die Ränge einer Rangliste nach oben klettern. Das System ist dabei altbekannt. Wer ein Spiel gewinnt, steigt auf, bei einer Niederlage steigt man entsprechend ab. Da man hier oft auf Clans trifft, ist ein eigenes Team Pflicht. Am besten wäre es natürlich, wenn ihr hier ein eingespieltes Team habt, welches auch noch regelmäßig zusammen trainiert. Da die Teamgröße im Vergleich zum „normalen“ Team Deathmatch auf fünf Spieler gesunken ist, wird die Leistung jedes Mitspielers noch entscheidender für den Sieg. Ranked Matches sind also der ultimative Beweis, was man als Team so draufhat.
Immer wieder grüßt der Itemshop
Wie in (fast) jedem Free2Play-Shooter gibt es auch in Warface einen Itemshop. Hier bekommt man alle möglichen Variationen von Ausrüstungsgegenständen und Boostern. Bezahlt wird mit erspielten Dollar bzw. Kronen und der Echtgeldwährung Kredits. Hört sich ganz schön kompliziert an, ist es auch. Einige Premium-Waffen etwa lassen sich für Kronen einige Tage mieten oder für Kredits permanent kaufen. Dann gibt es noch Waffen, die für die erspielten Dollar zu kaufen sind, aber erst vorher durch leveln freigeschaltet werden müssen. Einige Waffen wiederum lassen sich aus Lootboxen ziehen, die bei erfolgreichen Special Operations anfallen. Weiters gibt es für alle, die ihren Charakter gerne optisch aufpäppeln wollen, kosmetische Items für Kredits. 1000 Kredits sind dabei umgerechnet zehn Euro, was gerade einmal für einen einzigen Skin reicht.
Abgesehen vom Ingameshop gibt es im Store der jeweiligen Konsole, Starterpakete zu kaufen. Hier hat man die Wahl zwischen Paketen der vier Klassen für jeweils knapp 25 Euro oder das Komplettpaket für knapp 75 Euro. Dieses enthält einige kosmetische Items aller Klassen mitsamt potenter Schießeisen. Damit kann man sofort ins Gefecht springen, ohne vorher Waffen grinden zu müssen. Solch ein Komplettpaket wurde uns freundlicherweise von my.com zu Testzwecken zur Verfügung gestellt und erleichtert den Einstieg ungemein.
Leider kommen wir nun zur Schattenseite des Free2Play-Modells und dessen Itemshop. Wer Warface entweder Kooperativ oder einfach Casual-PVP mit seinen Freunden spielen will und auf jegliche Echtgeldtransaktionen verzichtet, wird sich zwar hin und wieder über andere Spieler mit hochgezüchteten Premium-Waffen ärgern, stößt ansonsten aber auf keinerlei Probleme. Im kompetitiven Multiplayer, also Ranked Games, fühlt man sich fast schon dazu verpflichtet, entsprechende Kredits in Waffen zu investieren. Diese sind meist zwar nur um wenige Prozent besser als ihre kostenlosen Varianten, doch 3 HP mehr oder weniger können am Ende über Sieg und Niederlage entscheiden. Außerdem dauert es eine gefühlte Ewigkeit, sich seine Wunschwaffe auf kostenlosem Weg zu erspielen.
Technik mit diversen Hindernissen
Was die Grafik betrifft, kann man kaum glauben, dass ein Studio wie Crytek hinter Warface steckt. Vor über zehn Jahren schrieb das Studio mit dem Shooter Crysis gewissermaßen Geschichte. Das hier ist quasi nicht mehr als ein Schatten der Detailverliebtheit von einst. Krümelige Details, matschige Texturen und eine quasi nicht existente Kantenglättung. Klar handelt es sich hier um ein kostenloses Spiel, aber sogar Crysis aus dem Jahre 2007 sah besser aus als die Konsolenversionen. Dazu kommen teilweise hölzerne Charakteranimationen oder Charaktermodelle, welche erst viel zu spät geladen werden. So laufen viele Soldaten die ersten Sekunden der Partie oft kopflos über die Map.
Zumindest die Soundkulisse stimmt. Dank immersiver Soundeffekte fühlt man sich als Spieler direkt am Schlachtfeld, während sich der Soundtrack dezent im Hintergrund hält. Die deutschen Sprecher sind durchweg solide, für das optimale Special Forces-Feeling sollte man aber auf die englische Synchronisation wechseln. In puncto Steuerung erwarten euch ganz klassisch diverse vordefinierte Contrroller-Layouts. Hier sollte für jeden Geschmack das Richtige dabei sein. Sogar die Empfindlichkeit der Analogsticks lässt sich relativ fein justieren sowie die Vibrationsfunktion für alle Kompetitiv-Spieler deaktivieren.
Da es sich bei Warface um einen Online Shooter handelt, sind potente Server das A und O für ein gelungenes Spielerlebnis. Zu Spielabstürzen kam es während unseres Tests sehr selten, hin und wieder wurden wir auch vom Server gekickt und mussten uns neu einloggen. Insgesamt hielten sich diese Fehler aber in einem akzeptablen Rahmen. Ganz im Gegensatz zu den zahlreichen Performance-Problemen. So bricht die Framerate oft merklich ein, wenn einmal mehr auf dem Monitor los ist. Dazu kommen teils schwerwiegende Latenzprobleme, die sich auf die Treffererkennung niederschlagen. Getroffene Feinde gehen oftmals mit einer sichtlichen Verzögerung nach einem Treffer zu Boden. Somit pumpt man seinem Widersacher gerne eine Feuersalve zu viel in den Lieb, um auf Nummer sicher zu gehen. Hoffentlich bessern die Entwickler hier in absehbarer Zeit mittels Updates nach.