Uncharted: Drakes Schicksal REVIEW
Als Videospiel begeistertes Kind der 1990er Jahre hat man die Anfänge so manch großer Klassiker mitbekommen. Zu den mir bis heute wohlig in Erinnerung gebliebenen Reihen dieser Ära gehört das Tomb Raider Franchise, das quasi über Nacht das Action-Adventure Genre aus dem Boden gestampft hat und das die maßgebliche Inspiration für viele kommende 3D-Spiele sein sollte. Bis heute ist die Marke populär, nicht zuletzt Dank des famosen Reboots von 2013. Allerdings sah es nicht immer rosig für Grabjägerin Lara Croft aus, denn zwischenzeitlich nutzte sich das lange gefahrene Prinzip aus und nicht zu Ende gedachte Innovationen (Tomb Raider: The Dark Angel) sorgten dafür, dass die Marke beinahe eingestampft wurde. Während die Traditionsmarke also mit Ermüdungserscheinungen zu kämpfen hatte und der Genre-Thron frei zur Übernahme war, schlug die Stunde diverser Nebenbuhler, die das aus klettern, erforschen und ballern bestehende Spielprinzip in ein modernes Korsett zu passen suchten. Jenen geistige Nachfahre von Tomb Raider sehen viele vor allem in der Uncharted Reihe von Naughty Dog, dessen erster Ablegerl Drakes Schicksal zu Beginn der PS3-Ära als eines der Aushängeschild der damals noch neuen Sony Konsole galt.
Die goldene Stadt
Ähnlich wie sein geistiges Vorbild, so stellt auch Uncharted: Drakes Schicksal einen bekannten Abenteurer-Mythos in den Mittelpunkt der Handlung: der Suche nach El Dorado. Dieses ist schon seit Jahrhunderten der Sehnsuchtsort vieler selbsternannter Schatzjäger und Grabräuber, so auch von Nathan Drake, dessen berühmter Vorfahre Sir Francis Drake bereits vor über vier Jahrhunderten nach dem berühmten Schatz der goldenen Stadt gesucht hat, und der seinem Nachfahren wichtige Hinweise auf den Verbleib der sagenumwobenen Stadt hinterlassen hat. Tatsächlich scheint die Generationen übergreifende Suche nach El Dorado allmählich Früchte zu tragen, denn Nathan und sein Partner Sully finden tatsächlich konkrete Hinweise, die sie schon bald zu einer mysteriösen Insel führen. Allerdings ist Nathan nicht der einzige, der die jüngsten Hinweise richtig zu interpretieren weiß, sodass er sich schon bald einer schwer bewaffneten Söldner-Armee gegenüber sieht…
Das US-amerikanische Entwicklerstudio hat mittlerweile seinen Ruf als einer der besten Geschichtenerzähler der Branche etabliert. Nicht unbedingt, weil die Plots ihrer Spiele selbst sonderlich einfallsreich sind, sondern eher, weil ihre Charaktere sehr bedacht geschrieben und dreidimensional sind. Uncharted: Drakes Schicksal stellt dies gut unter Beweis und etabliert seine Figuren (vor allem Nathan und seine Sidekicks Sully und Elena) früh als große Sympathieträger. Auch in Hinblick auf grandios synchronisierten Dialoge und Inszenierung der Zwischensequenzen merkt man sehr deutlich den cineastischen Anspruch der Entwickler, was den sehr positiven Nebeneffekt hat, das die eigentlich recht platte Rahmenhandlung soweit ausgeschmückt wird, das der Spieler bis zum Ende nicht das Interesse an dem Schicksal der Figuren verliert.
Die spielerischen Wurzeln von Uncharted: Drakes Schicksal sind ebenso unverkennbar, wie die inhaltlichen, denn ähnlich, wie man es seit jeher von Tomb Raider kennt, so löst man auch als Nathan Rätsel, erforscht Katakomben und Höhlen, klettert an alten Gemäuern, springt über steile Abhänge und stellt sich Gegnern in den Weg. Während man – zumindest in den älteren Abenteuern von Lara Croft – sehr viel Zeit mit ersteren Elementen verbrachte, so legt Uncharted: Drakes Schicksal von Beginn an den Fokus weitaus deutlicher auf die Kämpfe. Nach wie vor empfinde ich die Balance aus den einzelnen Elementen dabei als sehr ungleich, zumal das Kampfsystem – zumindest im vorliegenden ersten Teil der Reihe – noch nicht ganz rund wirkt und so seine Macken hat. Das war bereits zum Release-Zeitpunkt so und ist mittlerweile noch spürbarer.
Spielerisch erinnert Uncharted: Drakes Schicksal an viele andere Third-Person-Shooter seiner Zeit, was sich vor allem in der Wichtigkeit des Deckungssystems niederschlägt. Sich Deckung zu suchen ist nämlich von großer Wichtigkeit, denn die Gegner treten nicht nur in großen Scharen auf, sondern sie gehen auch recht aggressiv und taktisch klug vor. So nützt es kaum etwas, sich lange Zeit hinter einer Deckung zu verstecken und nach und nach zu versuchen die Gegner aus dem sicheren Versteck heraus zu erledigen, denn diese flankieren und versuchen über kürzere oder längere Umwege an den Spieler heranzukommen. Das ist zum einen sehr lobenswert, da so eine gewisse Komplexität in die Actionabschnitte kommt und man zwangsläufig dazu genötigt wird schnell zu handeln. Leider können die Kämpfe aber auch sehr schnell zur anstrengenden Frustarbeit werden, was zum einen an der hakeligen Kampfsteuerung liegt und an den teilweise unfairen Kampfbedingungen. Nicht nur gibt es pro Kampf immer mehrere Gegnerwelle, auch scheinen viele Gegner ein geradezu hellseherisches Talent dafür zu haben, das sich Nathan in ihrer direkten Nähe befindet. Denn oftmals wird bereits auf Nathan geschossen, ohne das die Gegner offensichtlichen Sichtkontakt zur Spielfigur gehabt haben können. Auch ist es beinahe unmöglich Gegner im vom Spiel zur Verfügung gestellten Schleichmodus nach und nach zu meucheln, da diese offenbar jeglichen Schritt von Nathan in kürzester Zeit wahrnehmen. Die insgesamt noch unausgereiften Action-Abschnitte machen leider einen sehr großen Anteil von Uncharted: Drakes Schicksal aus und verwässern den für mich bei dieser Art von Spielen essentiellen Abenteuer-Anteil doch sehr nachwirkend. Seine wirklichen Stärken zeigt das Spiel meiner Meinung nach in viel zu wenigen Momenten.
Der Superman unter den Abenteurern
Auch (noch) nicht ganz rund, aber über längere Strecken sehr viel spannender als die Kämpfe sind die Kletter- und Rätsel-Einlagen in Uncharted: Drakes Schicksal. Vor allem bei letzteren ist es sehr löblich, das der Spieler einigermaßen wenig an die Hand genommen wird und ein bisschen seine grauen Zellen anstrengen muss. Gewisse Hinweise, was man zu tun hat gibt es natürlich, und auch belaufen sich letztlich fast alle Rätsel auf Genre-typische Schalter- oder Aktivierungsmechaniken, trotzdem macht das erkunden und rätseln in den ansprechend gestalteten Katakomben und Anlagen sehr viel Spaß und zeigt das große Potential des Spieles. Selbiges gilt für das dritte große Spielelement, den Kletter- und Sprungpassagen. Zwar macht Nathan hier eher den Eindruck eines kletternden Supermans, der geschickt an jeder noch so eigentlich unerreichbaren Kante Halt findet, aufgrund der sehr stimmigen Implementierung in das restliche Gameplay und der allgemein gut umgesetzten Mechanik hinter diesem Element, sind die entsprechenden Abschnitte aber trotzdem sehr spannend und teilweise auch fordernd.
Ein positiver Nebeneffekt der oftmals sehr luftigen Klettereinlagen ist der Blick auf die teils atemberaubend in Szene gesetzte Kulisse des Spieles. Wie Genre-Kollegen und Abenteurer-Filme a la Indiana Jones, so zieht auch Uncharted: Drakes Schicksal einen großen Teil seiner Faszination aus der Szenerie, die neben verschlungenen Katakomben, heruntergekommenen militärischen Anlagen auch wunderschöne Dschungelgebiete zeigt. Zum ursprünglichen Erscheinungszeitpunkt galt das Spiel nicht umsonst als eines der schönsten der PS3, ein Eindruck den man auch heute noch nachvollziehen kann, obwohl die Zeit auch an Uncharted: Drakes Schicksal seine Spuren hinterlassen hat. So fallen mittlerweile natürlich viele Stellen auf, in denen Texturen alles andere als hochauflösend sind und diverse Level-Elemente seltsame Proportionen aufweisen. Darüber kann man aber hinwegsehen, etwas anders verhält es sich bei der oftmals unglücklichen Kamera, die sich oftmals selbstständig justiert und das nicht selten zu den unpassendsten Gelegenheiten.