Umbrella Corps REVIEW

Pünktlich zum 20. Geburtstag von Resident Evil kündigte Capcom endlich den siebten Hauptteil an. Bis dieser uns hoffentlich wieder so richtig das Fürchten lehren wird, dauert es aber noch bis Anfang 2017. Bis dahin sollen die Fans mit dem nun erschienenen Umbrella Corps bei Laune gehalten werden. Dieser will rasante Action und taktischen Tiefgang zusammenbringen und setzt dabei ganz auf Online-Multiplayer. Im Vorfeld sah es allerdings nicht danach aus, als gehe die Rechnung der Macher auf, denn Vorfreude konnte man nur wenig vernehmen. Das mag wohl auch daran liegen, das die bisherigen Multipalyer-Ausflüge des Franchise zumeist durchwachsen waren. Im Test zeigt sich: Umbrella Corps ist da leider keine große Ausnahme.

 

Individueller Klon-Söldner

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Das Aussehen und die Ausrüstung lassen sich anpassen.

Der Spieler schlüpft diesmal nicht in die digitale Haut einer der bekannten Figuren der Reihe, sondern steuert einen namenlosen Söldner unter dem Banner von Umbrella. Es existiert zwar die Möglichkeit mit „Masken“ das Aussehen von unter anderem Leon S. Kennedy oder Albert Wesker anzunehmen. Im Regelfall ist das Gesicht der Spielfigur aber hinter einer dicken Atemschutzmaske verborgen. Mit diversen kosmetischen Veränderungen lässt sich das Erscheinungsbild teilweise individualisieren, wirklich vielfältig sind die Möglichkeiten aber nicht, selbst wenn man neue Farbsets, Sticker und andere Accessoires freigespielt hat.

Freispielen muss man auch diverse Waffen und Aufsätze, wobei es schon beim Spielstart eine vernünftige Auswahl aus Maschinenpistolen, Schrotflinten und Handfeuerwaffen gibt. Zusätzlich gibt es diverse Granatentypen und die ziemlich übermächtigen Melee-Waffen, beispielsweise eine modernisierte Variante der Tomahawk-Streitaxt. Es stehen mehrere Slots zur Verfügung, in denen man seine eigene Ausrüstung zusammenstellen und den eigenen Ansprüchen anpassen kann. Zusätzlich kann man auch den Farbton der Waffen ändern und Zieloptiken sowie Schalldämpfer anbringen.

 

Chaotisch…

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Neben diversen Gewehren und Handfeuerwaffen, gibt es auch Melee-Waffen. Diese töten den Gegner mit nur einem Schlag.

Wie die meisten jüngeren Ableger der Reihe, so wird auch Umbrella Corps aus der Schulterperspektive gespielt. Man sollte also annehmen, das Capcom hier längst den Dreh raus hat und weiß, wie man eine vernünftige Kameraperspektive in der Third-Person-Ansicht präsentiert. Doch weit gefehlt, denn eine vernünftige Übersichtlichkeit des Geschehens ist kaum gegeben, was vor allem daran liegt, das die Spielfigur stets 1/3 des Bildschirms einnimmt. Als hätte man auf der linken Seite, auf der die Spielfigur positioniert ist, eine Scheuklappe, muss man sich damit zurechtfinden, das man oftmals nur mitbekommt ,was direkt vor oder leicht rechts von der Spielfigur passiert.

Die spielerische Natur von Umbrella Corps lässt das Ganze schließlich in ein ziemliches Chaos abdriften. Die Spielgeschwindigkeit ist nämlich ziemlich hoch, zusätzlich finden die Matches auf sehr kompakten Karten statt. Zum Spielstart gibt es von diesen sechs Stück (unter anderem die Polizeistation von Raccoon City und das Dorf aus Resident Evil 4), weitere Karten sollen später nachgeliefert werden. Gespielt wird stets in 3vs3 Teams, darüber hinaus bevölkern noch K.I gesteuerte Zombies und andere Mutanten die Maps. Diese lassen den Spielern dank eines Zombie Jammer genannten Störsenders in Ruhe, allerdings nur solange, wie dieser auch aktiv ist. Bei gegnerischen Beschuss fällt der Störsender nämlich ziemlich schnell aus, sodass man sich plötzlich auch noch gegen gefräßige Untote erwehren muss.

Das sorgt für eine interessante Komponente, macht das gesamte Spiel aber noch chaotischer, als es ohnehin schon ist. Denn leider sind manche Karten für Multiplayer-Gefechte nicht gut genug durchdacht, insbesondere die Lichtverhältnisse und Farbgebungen haben mich teilweise überfordert. Ein gutes Beispiel ist hier die Map Raccoon City: diese ist so dunkel, das ich manchmal gar nicht bemerkt habe, wenn ein Kontrahent direkt vor mir steht. Selbiges Problem scheinen aber offensichtlich auch andere Spieler zu haben, denn ebenso oft, wie ich meine Gegner nicht bemerkt habe, so sind sie an mir vorbeigelaufen, ohne mich unter Beschuss zu nehmen.

 

…und klobig

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Wo bin ich, wo sind meine Gegner? Manchmal sieht man in Umbrella Corps aufgrund der mäßigen Lichtverhältnisse und Kameraperspektive kaum etwas.

Ein weiteres Problem ist die klobige Steuerung und das nicht sonderlich befriedigende Gunplay. Umbrella Corps spielt sich zwar sehr arcadig, allerdings fühlen sich die Waffen irgendwie lasch und ohne richtigen Wumms an. Außerdem hatte ich selten das Gefühl wirklich zielgerichtet schießen zu können, vor allem, da die Waffen im normalen Gebrauch sehr stark streuen. Etwas besser ist die Präzision, sobald man über Kimme und Korn zielt, doch hier sind mir wiederum die Bewegungen einen Tick zu langsam. Das gilt auch, wenn auch nicht ganz so stark wie im Zielmodus, für die Steuerung der Spielfigur selbst. Auch in der höchsten Empfindlichkeitsstufe hatte ich noch immer nicht das Gefühl, mich nicht sonderlich flott und präzise bewegen zu können.

Abgesehen von dem teils behäbigen Spielgefühl spielt sich Umbrella Corps wie viele andere Third-Person-Shooter. Es gibt ein (leider nicht gut umgesetztes) Deckungssystem, man kann sprinten und über Hindernisse springen. Steht man vor einer verschlossenen Tür, so hat man die Wahl, diese langsam zu öffnen oder aufzustoßen. Außerdem kann man in die Hocke gehen und über den Boden kriechen. Letzteres sieht allerdings mehr nach schwimmen, als nach kriechen aus. Und seltsamerweise bewegt man sich auf dem Boden ähnlich schnell, wie im Laufen.

 

Masse und ein bisschen Klasse

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Neben den Multiplayer-Modi gibt es auch einen Singleplayer-Part. Hier werden allerdings nur diverse Zielvorgaben erfüllt, die sich an den Mehrspieler-Modi orientieren.

Bis hierhin mag sich mein Eindruck von Umbrella Corps nicht allzu positiv anhören. Tatsächlich muss ich aber zugeben, das mir das Spiel trotz seiner vielen Macken irgendwie Laune bereitet hat. Nicht unbedingt die Art von Spaß, die mich euphorisch vom Sessel aufspringen lässt, sondern eher die Art von Unterhaltung nach der Devise: joa, kann man machen.

Für mich ist Umbrella Corps das typische Spiel für zwischendurch. Das liegt vor allem an den kurzweiligen Spielmodi und den flotten Rundenzeiten von in der Regel 3 Minuten. Zur Auswahl steht neben Ein Leben (Team-Deathmatch, in der pro Runde jeder Spieler nur ein Leben hat) aktuell noch Multi-Mission. Hier wird in jeder Runde ein anderer Modus gespielt. Mit dabei sind etwa Varianten von Domination, mal muss man einen Koffer vor dem gegnerischen Team schützen, Zombies töten und von diesen DNA-Proben sammeln oder die Gegner eliminieren und deren Halsbänder sammeln.

Hier zeigt das Spiel tatsächlich Potenzial, denn aufgrund der hohen Spielgeschwindigkeit ist stets für Abwechslung gesorgt. Leider präsentiert sich Umbrella Corps aber auch hier etwas chaotisch, denn manchmal scheint nicht allen Spielern klar zu sein, was eigentlich das vorgegebene Ziel ist. Statt also, wie vorgegeben, ein bestimmtes Gebiet zu halten, gehen sie einfach nur aufeinander los und spielen Deathmatch. Hat man aber das Glück und zockt mit guten Mitspielern, so kommt sogar Spielspaß und Motivation auf, die sich trägt.

Seltsam nur das sich die in Multi-Mission befindenden Modi nicht einzeln gespielt werden können. Wer also mal nur Lust auf Domination, Sammeln oder andere Modi hat, der wird enttäuscht. Was hat sich Capcom hier nur gedacht?

Für Solisten gibt es übrigens auch ein bisschen etwas zu tun. Im Das Experiment genannten Einzelspielermodus müssen diverse Aufgaben erfüllt werden, allerdings werden hier im Prinzip nur die Multiplayer-Modi ohne menschliche Gegner und gegen die K.I. Untoten abgespult. Das ist ganz gut, um in Umbrella Corps reinzukommen, ersetzt aber keinesfalls eine richtige Kampagne.

 

Unity? Oh je!

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Grafisch ist Umbrella Corps nicht das Gelbe vom Ei. Immerhin gibt es ein Wiedersehen mit bekannten Orten aus dem Franchise, wie hier dem Dorf aus Resi 4.

Statt auf eine eigene Engine setzt Capcom auf die vor allem bei Indie-Entwicklern beliebte Unity Technologie. Das Ergebnis ist keinesfalls schlecht, aber auch alles andere als überragend. Auf der PlayStation 4 (eine PC-Version gibt es ebenfalls) läuft Umbrella Corps irgendwo zwischen 30 bis hin zu 50 Frames. Die Abfälle sind aber kaum spürbar, da sich die Bildwiederholungsrate meist sowieso im unteren machbaren Bereich befindet. Hinzu kommt leider immer wieder auftretendes Tearing, außerdem wirken die Animationen ziemlich altbacken und auch hinsichtlich der Texturen braucht man keine Wunder erwarten. Damit bestätigt sich einmal mehr, das Unity auf Konsolen einfach keinen guten Stand zu haben scheint. Zwar habe ich die PC-Version selbst nicht spielen können, doch laut diversen Berichten scheint diese wesentlich flüssiger zu laufen und hat darüber hinaus wie gewohnt mehrere Grafikeinstellungen, die den Gesamteindruck noch einmal anheben.

Wer in Umbrella Corps Mitspieler finden will, der muss sich auf das Matchmaking-System verlassen. Sofern man Ranglisten-Spiele zockt, wird man einigermaßen schnell Mitspieler finden. Wer hingegen im freien Modus nach offenen Partien sucht, der dürfte arge Schwierigkeiten haben. Von mehreren Versuchen wurde ich lediglich einmal in eine volle Partie geworfen, ansonsten vergingen Minute um Minute in der Lobby, ohne das ich aktiv spielen konnte. Und das kurz nach Launch!!!

Man kann nur hoffen, das dies kein böses Omen ist und Capcom den Titel nicht allzu schnell fallen lässt, sondern aktiv an den Fehlern und dem bisher überschaubaren Umfang schraubt. Andernfalls dürfte der Titel schon in wenigen Wochen so gut wie tot sein, was trotz all der Macken irgendwie schade wäre.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
64
67
70
Multiplayer

FAZIT

Zwar war alles, was man im Vorfeld zu Umbrella Corps sehen konnte, nicht gerade das Gelbe vom Ei, doch nach dem gelungenen Resident Evil: Revelations 2 aus dem Vorjahr war ich irgendwie guter Hoffnung, das auch das neueste Spin-Off in irgendeiner Form funktionieren würde. Und ja, vollkommen schlecht ist der neuerliche Multiplayer-Ausflug des Franchise sicherlich nicht. Doch in einer Welt, in der zig andere Multiplayer-Shooter existieren, die um Längen besser poliert, Technisch ansprechender und in ihrem Spieldesign ausgereifter sind, als es Umbrella Corps momentan ist, hat das Spiel wohl kaum eine Chance auf lange Sicht zu bestehen. Schade, denn ich habe nach wie vor Lust auf ein richtig gutes Multiplayer-Spiel im Resident Evil Universum und hoffe, das Capcom das vorhandene Potenzial nutzt und ausbaut. Unmöglich ist das nicht, denn das Fundament ist durchaus vielversprechend. Und eigentlich wäre man es den Spielern, die 30 Euro für dieses derzeit noch halbgare Produkt zahlen, auch schuldig.

- Von  Adrian

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