The Council REVIEW

Geheimbünde, im Hinterzimmer gestrickte Verschwörungen, historische Persönlichkeiten des ausklingenden 18. Jahrhunderts und das alles verpackt in einen Krimi im Stile der Mantel-und-Degen Machart – nur eben zum selber spielen. Mit diesen Zutaten buhlt The Council um die Gunst der Spieler und trifft damit genau meinen Geschmack. Zu meinem Bedauern ist das Erstlingswerk von Big Bad Wolf, einem recht jungen Studio unter der Schirmherrschaft des französischen Publisher Focus Home Entertainment, aber im unsäglichen Episodenformat angelegt, worum ich mittlerweile einen Bogen mache, zumindest bis nicht alle Teile veröffentlicht wurden. Mit dem kürzlichen Erscheinen der fünften und damit letzten Episode ist The Council nun nicht nur komplett, sondern auch als Complete Edition veröffentlicht worden. Und das Warten hat sich gelohnt.

Das Who is Who des ausgehenden 18. Jahrhunderts gibt sich die Ehre

Im Zentrum der Handlung steht der titelgebende Rat, der sich auf einer abgelegenen Insel irgendwo vor der britischen Küste auf Geheiß des ominösen Lord Mortimer zusammenfindet. Die Gäste haben es in sich, trifft sich hier doch die politische und gesellschaftliche Prominenz des späten 18. Jahrhunderts. Neben großen Namen wie George Washington und Napoleon Bonaparte, haben sich mit dem preußischen Staatsmann Johann von Woellner und dem spanischen Herzog Manuel Godoy weitere Persönlichkeiten dieser Epoche eingefunden. Weitere Charaktere des Spiels sind hingegen von den Autoren ersonnen, basieren aber merklich auf anderen historischen Figuren und bereichern die ohnehin schon mehr als interessante Besetzung dieses interaktiven Krimis.

Der spielbare Protagonist Louis de Richet ist hingegen keine bekannte Persönlichkeit seiner Zeit, sondern vollkommen fiktiv. Der Grund für Louis´ Trip auf die Insel liegt zunächst weniger dem Beiwohnen des Rates, sondern ist vielmehr dem Verschwinden seiner Mutter Sarah geschuldet. Diese wiederum führt einen Geheimorden namens The Golden Order und ist vor einigen Tagen auf der Insel von Lord Mortimer verschwunden, weshalb der Besitzer des Eilands Louis um Hilfe bittet.

Ein Mantel-und-Degen Krimi zum spielen

Entwickler Big Bad Wolf bezeichnet The Council auf der offiziellen Webseite des Spiels als Narrative Adventure. Das kann heute alles und nichts sein, am ehesten würde ich den Vergleich zu den ebenfalls in Frankreich beheimateten Kollegen von Dontnod und Life is Strange ziehen. Der Fokus liegt auch hier eindeutig auf der Handlung, den Charakteren und den Entscheidungen mit individuellen Konsequenzen. Was The Council abseits von Setting und Figuren noch einmal im Besonderen von ähnlichen Spielen unterscheidet, ist die starke Einbeziehung politischer und gesellschaftlicher Fragen und Konflikte des späten 18. Jahrhunderts. Die Tumulte in Frankreich spielen ebenso eine Rolle, wie die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika und der Wille ihrer Führer das Territorium in den Westen hinein zu erschliessen. Auch die Rolle der Kirche, das Machtgefüge in Europa und die Spannungen zwischen den Monarchien in Frankreich, Spanien und England klingen immer wieder an und sorgen für einen erstaunlich komplexen Handlungsbogen.

Auch Kunst und ihre Geschichte spielen eine wichtige Rolle. Das visuell pompös in Szene gesetzte Anwesen von Sir Mortimer etwa ist im wahrsten Sinne des Wortes bis an die Decke mit Artefakten, Bildern und anderen Kunstgegenständen der Antike und Moderne voll gestellt. Immer wieder kann man mit Bildern und Skulpturen auch interagieren, woraufhin Louis seine Gedanken zum Werk abgibt. Hier werden aber nicht einfach nur trockene Fakten runter gespült, sondern geschichtliche Einordnungen und auch Interpretationen geliefert. Das ist schon deshalb bemerkenswert, da mir kaum ein anderes Videospiel einfällt, welches überhaupt so viel Wert auf eine Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte legt, im Falle von The Council ist der entsprechende Umgang sogar noch ausgesprochen spannend und weckte bei mir stets Neugier und Interesse.

Spürbare Konsequenzen™

Auch in spielerischer Hinsicht gehen die Entwickler in eine Richtung, die mir sehr gefällt, und vermengen Entscheidungsfreiheit bei Dialogen mit knackigen Rätseln, dem Suchen nach Hinweisen und wichtigen Gegenständen sowie leichten Rollenspielelementen. Zunächst steckt man Louis zu Beginn in eine von drei möglichen Klassen. Okkultist, Politiker und Detektiv stehen zur Auswahl, wobei jede Klasse bestimmte Fertigkeiten und Talente mit sich bringt. Als Okkultist ist man etwa in Kunst und Manipulation bewandert, als Detektiv kann man besser schlussfolgern und Zusammenhänge erschließen, während man als Politiker sich in eben diesem Fach versteht und das Gegenüber von den eigenen Ansichten besser überzeugen kann. Im Laufe des Abenteuers kann man gesammelte Erfahrungspunkte aber auch in Talente der anderen Klassen investieren. Das macht man stets nach jedem Kapitel, wovon es pro Episode mehrere gibt. Gleichzeitig kann man noch neue Fertigkeiten durch das Lesen von bestimmten Büchern erlangen, die man im Anwesen finden kann, sofern man die Augen offen hält.

Wichtig sind die unterschiedlichen Fähigkeiten vor allem in den Gesprächen. Nicht nur kann man Louis durch die unterschiedlichen Auswahlmöglichkeiten im Dialogbaum nach eigenen Willen individualisieren, auch wird die Erzählung durch die getroffenen Antworten beeinflusst und nimmt andere Abzweigungen. Die von Spielen dieser Art gerne beschworene Entscheidungsfreiheit und Konsequenz der eigenen Handlungen wird hier tatsächlich spürbar umgesetzt. Dies wird nicht zuletzt durch einen eigentlich sehr simplen Kniff realisiert: dem Fehlen eines Game Over. Selbst wenn sich eine Situation nicht gut auflöst, ist hier nicht einfach Schluss, sondern es geht nahtlos weiter. Für Louis kann durchaus körperliches und seelisches Leid bedeuten. Weil ich bei beim finalen Rätsel der dritten Episode etwa nicht die richtige Lösung gefunden habe, wurde mein Louis stark in Mitleidenschaft gezogen.

Die Macht des Wortes

Immer wieder kommt es zwischen Louis und den anderen Gästen zu einem Showdown. In diesen Konfrontation genannten Wortgefechten hat man stets eine bestimmte Anzahl an Fehlern, die man machen kann, um dem Gegenüber eine wichtige Informationen zu entlocken oder auf die eigene Seite zu ziehen. Diese Momente haben eine schöne Dramaturgie, nicht zuletzt, da es die Entwickler gut verstehen ein Gefühl der Einmaligkeit zu etablieren. Denn geht eine Konfrontation mal nicht so aus, wie man das gerne hätte, kann man nicht einfach zu einem früheren Zeitpunkt springen. Vor allem, aber eben nicht nur, für die Konfrontationen empfiehlt es sich daher, die Schwächen und Immunitäten der Charaktere zu kennen. Manch einer lässt sich etwa mit psychologischen Spielen aus der Reserve locken, manch anderer hingegen springt auf Wissen über Kunst und Politik an.

Aus meiner Sicht nicht nötig gewesen ist ein Zugeständnis, welches die Entwickler hinsichtlich des Schwierigkeitsgrads eingegangen sind. Antwortmöglichkeiten, die auf bestimmtes Hintergrundwissen und Fähigkeiten zurückgreifen, verbrauchen beispielsweise Aktionspunkte, von denen man nur eine bestimmte Anzahl hat. Sind diese verbraucht, muss man auf Antworten ohne Stichpunkte zurückgreifen oder zu Items greifen, die man einsammeln kann. Die genannten Aktionspunkte lassen sich etwa mit Honig wieder aufladen, mit einem anderen Item kann man hingegen kurzzeitig die Schwächen und Immunitäten des Gegenübers sehen.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
79
79
Okay
-
Multiplayer

FAZIT

Mit The Council legt Big Bad Wolf ein überzeugendes Debüt vor, welches mich die gesamte Spielzeit über prächtig unterhalten hat. Das noch junge Studio versteht es bereits gut, die interessante Prämisse mit spannenden Mysterien und komplexen Figuren anzureichern und das Ganze mit gut geschriebenen Dialogen auch nach hinten raus interessant zu halten. Über die ein oder andere Wendung innerhalb der Handlung kann man durchaus eine Geschmacksdiskussion führen, auch in technischer Hinsicht ist noch bei Mimik und Animationen Luft nach oben offen. Dafür bekommt man hier aber einen über weite Strecken einnehmenden Mantel-und-Degen Krimi geboten, der nicht nur narrativ, sondern auch spielerisch anspruchsvoll gestaltet ist und mich in seinen besten Momenten an die wohligen Wintertage erinnerte, in denen ich in meiner Kindheit begeistert interaktive Spielbücher verschlungen und meine eigenes Abenteuer gestaltet habe.

- Von  Adrian

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USK 12 PEGI 12

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