Tales of Xillia REVIEW

Es gibt sicherlich nicht viele Videospiel-Franchises, die ein so hohes Output besitzen, wie die Tales of…Reihe von Bandai Namco. Mittlerweile hat man das Gefühl, das im beinahe jährlichen Rhythmus ein neuer Ableger der beliebten Japano-RPG Reihe seinen Platz in den hiesigen Händlerregalen einnimmt. Bei einer solch hohen Produktionsgeschwindigkeit stellt sich natürlich unweigerlich die Frage nach der Qualität, denn zieht man einmal Beispiele von anderen Serien heran, die ebenfalls in einem beinahe jährlichen Takt erscheinen (etwa Call of Duty oder Assassins Creed), so lässt sich feststellen das objektive Qualitätseinbußen zwar kaum stattfinden, dafür aber der jeweilige Markenkern immer weiter verwässert wird und die Spiele kaum noch Herz besitzen. Ähnliche Gedanken kreisten sicherlich vielen Fans auch kurz vor dem Release von Tales of Xillia (erschienen im August 2013) durch den Kopf, immerhin handelt es sich hierbei um den bereits 13. Hauptableger der Reihe (die diversen Spin-offs nicht mit eingerechnet). Trotz eines holprigen Starts und vieler wiederkehrender Elemente zeigt sich jedoch schnell: die Sorgen waren (einmal mehr) unbegründet.                                                                                                         

Eine Reise aus zwei Perspektiven

Wie eigentlich alle Spiele der Reihe, so ist auch Tales of Xillia ein in sich geschlossenes Universum ohne wirkliche Bezüge zu den Vorgängern. Zwar gibt es viele wiederkehrende Elemente, allerdings äußern sich diese vornehmlich in der Spielmechanik und weniger in der Handlung. Trotzdem gibt es einige Neuerungen, deren prägnanteste den Spieler gleich zu Beginn vor eine Wahl stellt. Denn erstmals in der Seriengeschichte hat man zu Spielbeginn die Auswahl zwischen zwei Charakteren. Da wäre zum einen der junge Medizinstudent Jyde, dessen Name (im Original heißt er Jude) explizit für die deutsche Version abgeändert wurde und eines dieser Beispiele für falsch verstandene political correctness. Bei dem zweiten wählbaren Charakter handelt es sich um Milla Maxwell, einer mysteriösen Frau, der offensichtlich große Macht innewohnt. Die Entscheidung für den einen oder anderen Charakter hat rein spielerisch keine großen Auswirkungen, denn die Rahmenhandlung ist die selbe und da man im Spielverlauf sowieso nach Lust und Laune entscheiden kann, welche Charakter man steuern möchte, wirkt die Wahl zunächst etwas unsinnig. Der Clou an der Sache ist jedoch, das man je nach Charakter andere Aspekte des Abenteuers serviert bekommt, die je eine andere Sicht auf die Dinge gewähren. Tatsächlich sind diese eigentlich marginalen Details aber Grund genug, das man sich nach dem erstmaligen durchspielen mit Charakter A dazu ambitioniert fühlt einen zweiten Durchlauf mit Charakter B zu starten. Alleine das ist für ein Japano-RPG mit einer Spielzeit irgendwo zwischen 40-60 Stunden durchaus bemerkenswert.

Egal für welchen der beiden Protagonisten man sich zu Beginn entscheidet, die erzählte Handlung ist die selbe. Und diese beginnt zunächst recht unscheinbar mit der Zufallsbegegnung von Jyde und Milla. Letztere bricht inmitten der Nacht in ein Forschungslabor ein um dort eine Waffe namens „Die Lanze von Kresnik“ ausfindig zu machen und zu zerstören. Im selben Forschungskomplex arbeitet der Professor von Jyde, der seinem Lehrmeister eine Botschaft überbringen soll. Es kommt wie es kommt und Jyde, angetrieben von einer Mischung aus Neugier und Faszination für Milla, hängt schon wenige Minuten nach dem Intro am Zipfel von der hübschen Blonden. Kaum befinden sich die beiden in dem riesigen Forschungskomplex, treffen sie auch schon auf heftigen Widerstand. Dieser ist aber wohl nicht nur dem Schutz der ominösen Waffe geschuldet, nach der Milla sucht, sondern auch den grausamen Experimenten, die an Menschen durchgeführt wird. Nachdem der Sabotageakt von Milla schließlich gründlich schief läuft muss sich das ungleiche Duo schon bald auf die Flucht begeben und entschließt die Reise gemeinsam fortzusetzen.

Im weiteren Verlauf der Handlung entspinnt sich – wie man es von der Tales of …Serie gewohnt ist – eine große Handlung, in deren Mittelpunkt es einmal mehr um die Rettung der Welt geht. Gleichzeitig zieht das Spiel sehr viele Analogien zur jüngeren Geschichte und spricht auch ernste Themen wie Verlust und Krieg an, aber auch eine zarte Romanze und Freundschaft werden thematisiert. Soweit eigentlich nichts neues, denn die Tales of… Spiele haben sich schon immer um ein breites Themen-Spektrum bemüht, deren Herangehensweise aus westlicher Sicht oftmals ein wenig kitschig wirken mag, das es aber nichtsdestotrotz blendend versteht seine Stimmung zu transportieren. Ehrlicherweise muss man zwar sagen, das die Entwickler auf viele der Serie schon immer anhaftenden Tropen zurückgreifen, das gilt sowohl für den Verlauf der Handlung, als auch für die Charaktere. Allerdings werden die bekannten Wesenszüge der Reihe in Tales of Xillia so gut wie schon lange nicht mehr zusammengeführt und ergeben ein sehr stimmiges Gesamtbild.

Dies ist einmal mehr auch der Verdienst der großartig ausgearbeiteten Figuren. Neben Jyde und Milla gesellen sich im Spielverlauf weitere Charaktere zur Gruppe hinzu, etwa der Söldner Alvin oder auch Jyde´s Kindheitsfreundin Leia. In dieser insgesamt siebenköpfigen Gruppe ist man (abgesehen von einigen kurzen Abschnitten) über den Großteil der Spielzeit gemeinsam unterwegs und bestreitet sein Abenteuer durch die sich als recht Japano-Fantasy typische entpuppende Spielwelt namens Rieze Maxia. Letztere ist in zwei Königreiche aufgeteilt, zwischen denen es schon bald krachen wird. Mittendrin: natürlich der Spieler bzw. dessen Protagonisten. Wie schon erwähnt, nutzt Tales of Xillia viele Kniffe, die man bereits von den Vorgängern kennt, was sich auch in der Handlung, ihrem Verlauf, den Figuren und deren jeweiligen Hintergrundgeschichten zeigt, die man optional nach und nach aufarbeiten kann. Trotzdem wird man selbst als Kenner der Serie von der gut erzählten, wenn auch nur schleppend in Fahrt kommenden Handlung mitgerissen, auch wenn der ganz große Wow-Effekt ausbleibt. Dafür ist die Figurenkonstellation so stark wie selten, was dazu führt, das man an jeder der sieben Hauptfiguren mehr oder minder schnell seinen Narren beißt und sie ein wenig ins Herz schließt. Um den Spieler an die Figuren zu binden werden Serien-typisch nicht nur lange Zwischensequenzen genutzt, sondern auch während der Reise aktivierbare Dialoge, in denen die Figuren über ihre aktuellen Ziele, ihre Sorgen und Gott und die Welt reden. Das ist so sympathisch und unterhaltsam, das man gar nicht daran denkt, der durch eine entsprechende Status-Meldung aufploppende Dialog-Meldung nicht nachzukommen. Die Produzenten beweisen hier ihr gutes Händchen für dreidimensional ausgearbeitete Figuren einmal mehr und das obwohl viele vor allem Anime-typische Charakteristika zum Einsatz kommen und ein gewisser Fan Service Anteil nicht von der Hand zu weisen ist.

Zwischen Traditionen und Innovationen

Abseits der Handlung gestaltet sich Tales of Xillia als ein einigermaßen klassisches Japano-RPG, ein Genre, dem in den letzten Jahren immer wieder vorgeworfen wird, das es keine guten ideen mehr zu Tage fördern kann. Für dieTales of… Serie im Allgemeinen und Tales of Xillia im Speziellen gilt dieser Vorwurf aber nur bedingt. Denn auch wenn das Spiel nur an wenigen Stellen schraubt und insgesamt seinen Genre-Wurzeln sehr treu bleibt, so gelingt ihm trotzdem der Spagat zwischen modernen Gameplay und traditionsbewusster Grundhaltung.

Der moderne Aspekt des Gameplays zeigt sich vor allem im Kampfsystem. Seit jeher zeichnet sich die Serie dadurch aus, das sie sehr auf Action ausgelegte Kämpfe mit klassischen Rollenspiel-Mechaniken vereint. So haben wir es hier nicht mit einer rundenbasierten Mechanik zu tun, sondern mit einer Mischung zwischen Hack & Slay und dem Beat ´em Up. Wie bei klassischen Schnetzel-Spielen ala Devil May Cry kann man sich in Kämpfen um den Gegner herum bewegen, ihn von der Seite oder aus der Luft attackieren. Dabei reicht es oftmals aber nicht auf einfach nur wild auf die Tasten zu hämmern, stattdessen ist es nötig die Schwächen seiner Gegner zu lesen und entsprechend die Spezialattacken in den richtigen Momenten zu lösen. Diese lassen sich durch verschiedene Tastenkombinationen aktivieren, auch kann man gegnerische Angriffe blocken was dann wiederum an Prügler im Stile von Street Fighter erinnert, auch wenn dessen Komplexität gewollt hier nicht Ansatzweise erreicht wird. Durch die sehr schnellen Echtzeitkämpfe bleiben Gegnerbegegnungen selbst nach vielen Stundenspielzeit ungemein motivierend und befriedigend.

Glücklicherweise hat Bandai Namco dem Kampfsystem noch eine Generalüberholung gegönnt, denn die Kämpfe sind nun wesentlich übersichtlicher, als in manch früheren Ableger und erweisen sich selbst bei größeren Gegneraufkommen als weitaus weniger hektisch. Auch einige kleine Detailneuerungen am Kampf-Design selbst lassen sich ausfindig machen, wobei die gravierendste Innovation sicherlich die Tatsache ist, das man sich im Kampf an eine weitere Spielfigur „ketten“ kann. Dies hat den Vorteil, das ich einen Gegner etwa von vorne angreife, während mein Partner den Gegner von hinten attackiert. Auch teilt man mit seinem Verbundpartner den Schaden bzw. die Magiepunkte die man verbraucht. Sehr praktisch sind vor allem die Partner-Attacken, die man per Tastenbefehl freisetzen und so den Gegner noch mehr Schaden zufügen kann.

Im übrigen kann man im Kampf alle Party-Mitglieder selbst steuern, sofern man dies entsprechend über das Menü einstellt. So ist man nicht nur an Jyde oder Milla gebunden, sondern kann auch die Kampfstile und individuellen Fähigkeiten der anderen Figuren austesten und entscheiden, wann man welchen Charakter wie selbst steuert. Man kann aber auch alle Figuren den Kampf automatisch bestreiten lassen, wobei man nur hin und wieder in die Aktionen eingreift. Auch ist es möglich das Verhalten und Taktiken der nicht vom Spieler gesteuerten Figuren über das Menü festlegen, etwa inwiefern sie Magie oder Items nutzen. Auch kann man während des aktiven Kampfes die Mitglieder untereinander austauschen, wobei man aber stets auf vier eigene Kämpfer beschränkt ist. Durch seine Vielfalt macht sich Tales of Xillia für nahezu alle Spielertypen greifbar und sorgt für viel Variation bei einem der sicherlich wichtigsten Gameplay-Aspekte des Spieles.

Während der Kämpfe sammelt man wie von Rollenspielen gewohnt nicht nur jede Menge Items und Geld, sondern auch Erfahrungspunkte. Diese lassen sich über ein Raster in verschiedene Fertigkeitspunkte eintauschen, wobei man nicht nur allgemeine Attribute wie Gesundheit, Angriffsstärke oder Mana-Reserve verbessert, sondern auch diverse Fähigkeiten freischaltet. Dadurch bekommt der Spieler einmal mehr von Tales of Xillia einen gewissen Grad ein Freiheit geboten, der zumindest im Kleinen einen individuellen Spielstil erlaubt. Sehr positiv ist übrigens anzumerken, das man sich zu keinem Moment übermäßig überfordert fühlt. Stundenlanges leveln vor Zwischen- und Endbossen, wie in vielen anderen Japano-RPGs, ist hier nicht der Fall, zumindest wenn man abseits der Haupthandlung auch mal einige Minuten in Kämpfe investiert und gleichzeitig darauf achtet, das man seinen Charakteren Nahrung gibt, welche am Kampfende mehr Erfahrungspunkte generieren. Trotz seiner sehr Action-orientierten Ausrichtung bleibt Tales of Xillia somit trotzdem ein taktisch recht anspruchsvoller Titel, aus welchen man viel herausholen kann.

Die von den Entwicklern offensichtlich in das Kampfsystem investierte Zeit hätte man sich auch an manch anderer Stelle gewünscht. Denn so sehr Tales of Xillia der Serien-Reputation eines sehr facettenreichen Kampf-Systems treu bleibt, so sehr bestätigt sich einmal mehr der Ruf der recht trist gestalteten Welt. Dies gilt weniger für die Auswahl der Szenerien, diese sind nämlich sehr abwechslungsreich und in ihren besten Momenten auch wunderbar anzusehen. Allerdings bekommt der Spieler kaum die Möglichkeit mit seiner virtuellen Umwelt zu interagieren. Denn Interaktion beschränkt sich auch im vorliegenden Ableger leider größtenteils auf Gespräche mit NPCs, sowie den Kämpfen gegen Gegner. Sehr viel mehr Auswahl hat man nicht. Zwar gibt es in der Spielwelt verteilt jede Menge Items zu finden und viele Nebenaufgaben abseits der Haupthandlung laden dazu ein absolviert zu werden. Etwas mehr Feinarbeit wünscht man sich aber trotzdem, denn auch wenn die Umfang trotzdem sehr groß ist, so erweist sich die Welt von Tales of Xillia etwas leblos und ein wirklicher Drang die Welt zu erkunden entsteht kaum.

Technik

Aus grafischer Sicht lässt sich dieser Faden fortführen. Nun waren die Tales of… Spiele noch nie dafür bekannt grafische Mammutwerke zu sein und auch muss man bedenken das Tales of Xillia bei seinem West-Release schon zwei Jahre auf dem Buckel hatte (der Japan-Release war bereits 2011). Doch selbst unter diesen Gesichtspunkten wirkt das Spiel an vielen Stellen geradezu antiquiert. Als rettender Ring erweist sich daher die erneute Entscheidung, die optische Präsentation sehr Anime-like zu belassen, was auch dem allgemeinen Grundtenor erneut sehr gut steht. Dadurch wird insgesamt doch sehr über die grafischen Mängel hinwegkaschiert, sodass man sich ab einem gewissen Zeitpunkt kaum noch an der vor allem detailarmen Levelgestaltung stört. Auch die Levelarchitektur wirkt oft sehr beschränkt. Wie schon im direkten Vorgängers Tales of Graces, so haben die Entwickler auch beim vorliegenden Teil auf eine Oberwelt verzichtet. Stattdessen besteht die Spielwelt nun aus vielen einzelnen, miteinander verbundenen Arealen. Diese sind allesamt nicht sonderlich groß und wirken sehr schlauchig, sodass zu keinem Zeitpunkt die Illusion einer offenen, gar lebendigen Spielwelt entsteht. Das ist zwar ärgerlich, trotzdem sorgen die grafischen Schwächen für keine gravierenden Einbußen beim Spielspaß.

Seine technischen Stärken spielt Tales of Xillia zum einen bei den zwar insgesamt sehr wenigen, aber dafür auf sehr hohen Niveau produzierten Anime-Sequenzen, sowie der Vertonung aus. Hier müssen Fans zwar leider mal wieder auf eine zusätzliche japanische Tonspur verzichten, dafür erweist sich die zunächst etwas eigenwillige englische Synchronfassung aber als sehr passend. Eine deutsche Tonspur fehlt komplett, wer des Englischen daher nicht mächtig ist, der muss auf die deutschen Texte vertrauen, die aber ebenfalls sehr gut lokalisiert wurden. Auch die Musik ist erneut sehr gelungen, wobei die Tales of… Reihe schon prägnantere Scores geboten hat, als im vorliegenden Ableger. Wer will, der kann Tales of Xillia im übrigen im lokalen Koop-Modus mit bis zu drei Freunden zocken. Diese können allerdings nur aktiv an Kämpfen teilnehmen, außerhalb dieser haben sie keine Aktionsmöglichkeiten.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
85
85
Gut
-
Multiplayer

FAZIT

Ja, Tales of Xillia hat einige Schwächen. Technisch ist das Spiel stellenweise sehr altbacken und eine Generalüberholung der Grafik-Engine, sowie der Levelgestaltung hätte dem Spiel sicherlich gut gestanden. Trotzdem ziehen die vorhandenen Schwächen das Spiel kaum herunter, denn die spannende Handlung, die sympathischen Charaktere und das sehr abwechslungsreiche Kampfsystem erweisen sich als harmonisierendes Trio, das über nahezu alle Mankos hinwegsehen lässt. Auch wenn Tales of Xilliaobjektiv betrachtet nicht der rundeste Ableger der Reihe ist, so ist er dennoch einer der in sich stimmigsten und nachhaltig am meisten in Erringung verbleibenden Teile des Franchises und eines der sicherlich besten Japano-RPGs seiner Generation.

- Von  Adrian

Playstation 3

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