Summer Time Machine Blues REZENSION
Im Schaffen des japanischen Drehbuchautoren und Dramatikers Makoto Ueda scheint es zwei große Themen zu geben. Die Gratwanderung zwischen dem Realen und dem absolut fantastischen (Night Is Short, Walk On Girl, Penguin Highway) und der Faszination an dem Konzept von Zeitreisen. Letzteres hat Ueda erst kürzlich in dem Indie-Darling Beyond the Infinite Two Minutes um spannende Aspekte, aber vor allem um einen enorm unterhaltsamen Film erweitert. Viele Jahre vorher gab es mit Summer Time Machine Blues aber schon einen anderen Film aus der Feder von Ueda mit ähnlicher Thematik.
Das spannende: sowohl Beyond the Infinite Two Minutes als auch Summer Time Machine Blues basieren beide auf Theaterstücken, die Ueda ursprünglich für das von ihm mitbegründete Kollektiv Europe Kikaku geschrieben hat. Auf der Blu-ray des britischen Verleihs Third Window Films gibt es nicht nur ein ausführliches Interview mit Ueda über seine Anfänge und Arbeit mit Europe Kikaku, sondern auch zwei frühe Kurzfilme mit Zeitreisethematik sowie eine direkte Gegenüberstellung zwischen dem Film und dem Theaterstück Summer Time Machine Blues.
Sommerferien, Unsinn und eine Zeitmaschine
Die Geschichte dreht sich um eine Gruppe von College Studenten, die während der Sommerferien nichts Besseres zu tun haben, als in im Raum ihres Sci-Fi-Clubs rumzublödeln. Draußen brennt die Sonne und Abkühlung gibt es nur in Form einer Klimaanlage. Als durch ein Mischgeschick die Fernbedienung des Geräts kaputt geht, wird eine Reihe von Kettenereignissen ausgelöst und ein Besucher aus der Zukunft sowie dessen Zeitreisemaschine stehen plötzlich im Clubraum. Aus dieser Prämisse entspinnt sich ein absolut herrlicher Wohlfühlfilm, der nicht nur das Thema Zeitreise auf humorvolle Art aufgreift, sondern auch eine wunderbare Coming-of-age Geschichte erzählt und toll die Zeit zwischen Jugend und dem Sprung zum Erwachsenwerden festhält.
Das Blues im Titel kommt übrigens nicht von ungefähr. Der gesamten Laufzeit über schwingt eine fast schon bittersüße Melancholie um die Geschichte herum, die zum Ende hin richtig zuschlägt. Der Vergleich ist etwas weit hergeholt, da beide Filme thematisch eigentlich nichts teilen, aber hier habe ich am Ende ein ähnlich Gefühl gehabt wie beim Ende von Stand By Me. Gleichzeitig trägt der Film sein Herz bei seinen Figuren und dem charmanten Humor, der ein stellenweise absolut fantastisches Timing besitzt. Darüber hinaus ist der von Katsuyuki Motohiro (Shaolin Girl, Human Lost) gedrehte Film eine liebenswerte Verbeugung vor dem Sci-Fi-Genre und trägt seine Referenzen mit viel Liebe nach außen, sei es beim kleinen Kino im Ort samt seines Besitzers in Star Trek Montur oder dem liebevoll eingerichtete Clubraum, der fast schon einem Wimmelbild gleichkommt und bei dem man stets eine andere Kleinigkeit entdeckt.
Unbeschwerte Melancholie
So sehr ich Beyond The Infinite Two Minutes und seine Vernarrtheit bezüglich Zeitreisen auch liebe (ich habe den Film binnen der letzten Monate bereits viermal gesehen), so sehr schätze ich, wie leichtfüßig Summer Time Machine Blues daherkommt. Vor allem in Hinblick auf die Zeitreisethematik. Gegen Ende gibt es zwar wissenschaftliche verpackte Erklärungen, diese werden von den Figuren teilweise selbst aber mit Desinteresse abgeschmettert. Hier ist schon fast nicht wichtig, warum und wieso es eine Zeitreisemaschine gibt und wie sie funktioniert als vielmehr der Spaß mit dem Gerät und seinen Möglichkeiten.
Der Film funktioniert aber nicht nur so gut, weil der Humor sitzt und die Dialoge eine schöne Dynamik aus den Figuren und ihren Beziehungen zueinander herauskitzeln, sondern auch weil die Schauspielerinnen und Schauspieler sichtlich Spaß bei den Arbeiten gehabt haben. Auch haben die Macher ein wirklich tolles und mit Darstellerinnen und Darstellern wie Eita und Juri Ueno mittlerweile auch recht namhaftes Ensemble zusammengestellt.
Adrian sagt:
Abseits des Humors, der liebevoll charakterisierten Figuren und der unterhaltsamen Geschichte, überzeugt Summer Time Machine Blues vor allem auch dadurch, dass er sehr fokussiert ist und weiß, was er ist und was nicht. Das dürfte zu einem großen Teil auch dem Skript von Makoto Ueda zu verdanken sein, der erst gar nicht versucht hat, den Wechsel vom Theaterstück zum Spielfilm mit unnötigen Ballast in Form von erzwungenen Effekt-Overkill und sonstigen Spielereien aufzuwerten, sondern nah bei seinen Figuren und der eigentlichen Geschichte bleibt. Dadurch bleibt Summer Time Machine Blues trotz seines Sci-Fi-Unterbaus auf dem Boden und ist dadurch ein wunderbar unbeschwerter Film.