Sakura Wars REVIEW
Mit dem 1996 für Segas Saturn erschienenen Erstling, hat sich Sakura Wars zu einer medienübergreifenden Franchise entwickelt, die neben Videospielen auch Adaptionen in Form von Manga und Anime sowie massig Merchandise nach sich gezogen hat. Trotz einer hohen Popularität im Heimatmarkt, hat sich Sega jedoch nach dem letzten und bisher einzigen im Westen offiziell veröffentlichten Ableger Sakura Wars: So Long, My Love (2005) gegen eine Fortführung der Reihe entschieden. Erst nach einer Umfrage unter Fans im Jahr 2016 hat man interne Konzepte wieder aufgegriffen und die Arbeiten an einen neuen Teil in Form eines Reboots begonnen, der schlicht auf den Namen Sakura Wars hört. Diesen Umstand nutzt Sega und unternimmt einen weiteren Versuch, die Reihe im Westen zu etablieren. Ob das gelingen wird?
Alles auf Neuanfang
Der nunmehr sechste Teil der Reihe spielt einige Jahre nach den Ereignissen des direkten Vorgängers. Entsprechendes Hintergrundwissen muss man nicht mitbringen, da die Geschichte trotz Verweise auf vorherige Spiele und den Auftritten von ein paar innerhalb der Serie bekannten Gesichtern in sich abgeschlossen ist. Als Protagonist fungiert diesmal Seijuro Kamiyama, ein Angehöriger der imperialen Streitmächte Japans, welcher nach einem tragischen Zwischenfall, für den ihm die Schuld gegeben wird, nach Tokyo versetzt wird. Dort soll er als Captain einer örtlichen Streitkraft namens Blumendivision seinen Dienst beginnen und gemeinsam mit anderen Einheiten die Hauptstadt Japans vor Dämonen schützen. In dieser fiktiven Variante der 1940er Jahre werden Japan und der Rest der Welt nämlich von Wesen aus einer anderen Dimension bedroht. Die komplett aus Frauen bestehende Blumendivision, zu der auch Kamiyamas Jugendfreundin Sakura Amamiya gehört, ist jedoch nicht nur eine Kampfeinheit, die in Mechas gegen Dämonen kämpft, sondern auch eine Theatergruppe. Passenderweise ist die Truppe daher in einem Theater inmitten der Stadt untergebracht, wo sie nicht nur arbeiten, sondern auch leben.
Ein Shōnen zum selber spielen
Für die Realisierung hat Sega eine illustre Runde zusammengeführt. Mit Director Tetsuya Ootsubo und den für die Musik verantwortlichen Kohei Tanaka hat man zwei Serienveteranen in führenden Rollen verpflichtet, für das visuelle Design wurde unter anderem Mangaka Tite Kubo (Bleach) an Bord geholt, die Entwicklung selbst wurde zum großen Teil von Mitgliedern des Sega internen von Sonic Team gestemmt. Die sehr hübschen Anime-Szenen wurden vom Studio Sanzigen gemacht, die auch für die TV-Adaption des Spiels verantwortlich sind. Überrascht und erfreut war ich außerdem über Jiro Ishii, der als Director und Produzent von Klassikern wie 428: Shibuya Scramble und Nine Hours, Nine Persons, Nine Doors zwei der wichtigsten Visual Novels der letzten Jahrzehnte mitverantwortet hat, und als Writer maßgeblich an der Geschichte und den Dialogen von Sakura Wars gearbeitet hat.
Gerade in Sachen Humor scheint der Stil von Ishii immer wieder durch. Das Ganze hat schon sehr etwas von einem Shōnen-Manga und ist entsprechend voll von Slapstick und Schlüpfrigkeit, die eine angenehme Leichtigkeit in die teilweise durchaus auch mal ernstere Töne anschlagende Geschichte einbringt. Leider ist der eigentliche Plot ziemlich belanglos und spult beinahe 1:1 aus den Vorgängern bekannte Versatzstücke ab. Und auch die Figuren sind allesamt eine einzige Ansammlung an Klischees, ohne eine zweite oder gar dritte Ebene. Zwar sind die Mitglieder der Blumendivision allesamt Figuren, die man durchaus lieb gewinnen kann, aber wenn man einigermaßen firm mit Tropen von Manga, Anime und japanischen Videospielen dieser Art ist, dürfte man enttäuscht werden, dass nicht mehr hinter den Fassaden steckt.
Ob das eine gute Idee war?
Die größte Neuerung betrifft das Kampfsystem. Wurden Gefechte zuvor in strategischen Rundenkämpfen ausgeführt, setzten die Entwickler nun auf Kämpfe in Echtzeit. Angriffe werden mit zwei Tasten ausgeführt, wobei man leichte und schwere Attacken zu Komboketten aneinanderreihen kann. Ist die entsprechende Leiste gefüllt, kann man außerdem einen starken Spezialangriff ausführen, der gerade gegen große Gruppen effektiv ist. Gegnerischen Attacken kann man mit einem Dash entkommen. Macht man dies im richtigen Moment, verlangsamt sich die Zeit für kurze Zeit, sodass man zum Gegenschlag ausholen kann.
Im Kampf kann man zwischen den verschiedenen Figuren (sechs sind es insgesamt) wechseln. Mal abgesehen, dass die Mitglieder der Blumendisivion sich in Nah- und Fernkämpfer unterscheiden, existieren aber kaum spielerische Unterschiede, zumal es keinerlei Levelsystem gibt und man im Laufe des Spiels auch keine neuen Angriffe erlernen kann. Das sorgt auf lange Sicht für Eintönigkeit, die sich bei den Gegnern fortzieht. Auch von den Dämonen gibt es nämlich viel zu wenig Variationen, lediglich die Bosskämpfe fallen hier etwas raus und sind meist ganz nett, bieten aber für einigermaßen geübte Actionspieler keinen großen Anspruch. Mein größtes Problem mit den Kämpfen ist aber, dass sie sich einfach nicht gut anfühlen. Vor allem das Trefferfeedback empfinde ich als unbefriedigend. Schließlich kontrolliere ich Mechs und haue anderen Metallkörpern auf die stählerne Rübe. Doch anstelle von krachenden Gefechten, habe ich eher das Gefühl mit einer Holzkelle auf einen Topf zu hauen.
Patch hilf!
Hinzu krankt das Spiel an einigen seltsamen Designentscheidungen und fehlendem Komfort – zumindest in der Ursprungsversion. In dieser konnte man beispielsweise Gegner nicht einzeln anvisieren, was die Kämpfe mit der ohnehin nicht immer idealen Kamera unübersichtlich gemacht hat. Außerdem musste man sich im Adventure-Teil des Spiels, der zu großen Teilen aus dem Führen von Dialogen und dem Erledigen von kleineren Aufgaben innerhalb der Spielwelt besteht, auf den Autosave verlassen bzw. warten, bis man am Ende eines Kapitels manuell speichern konnte. Ziemlich doof oder? Hat zum Glück auch Sega eingesehen und das Spiel für den westlichen Release mit einem Day-One-Patch ausgestattet, der sich dieser Probleme annimmt. Dieser stand aber erst einige Tage nach Zeitpunkt meiner Testphase zur Verfügung. Immerhin: Die integrierte Lock-On-Funktion macht das Kämpfen ein bisschen spaßiger und das man jetzt auch mehr Möglichkeit hat zu speichern, ist ebenfalls sinnig. Außerdem kann man dank des Updates die Steuerung noch ein wenig den eigenen Bedürfnissen nach anpassen und Gespräche in einem Chat-Log nachlesen.
Liebe liegt in der Luft
Ehrlicherweise sollte erwähnt werden, dass der Fokus nicht auf den Kämpfen liegt, sondern auf dem Aspekt der Lebenssimulation liegt. Wobei dieser Begriff sicherlich etwas überstrapaziert ist, denn die Ausmaße eines Persona 5 nimmt Sakura Wars zu keinem Zeitpunkt an. Der Kern ist dennoch die Kommunikation mit den anderen Mitgliedern der Blumendivision, die man allesamt auch daten kann. Trotz der zuvor erwähnten Schlüpfigkeit einiger Dialoge und Situationen, beweisen die Entwickler ein recht gutes Fingerspitzengefühl. Sakura Wars ist also kein plumper Waifu Simulator, sondern eher ein süß-nettes Romantikabenteuer. Dabei spielen übrigens auch eigene Entscheidungen eine Rolle, denn in nahezu jedem Dialog kann man aus in der Regel drei Antwortoptionen wählen, die beim Gegenüber andere Reaktionen hervorrufen. Je mehr man eine Beziehung mit einer Figur vertieft, desto mehr Vorteile bringt dies im Kampf. Da diese aber wie erwähnt sowieso simpel sind, macht das keinen großen Unterschied.
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- liebevoll charakterisierte Figuren
- treffsicherer Humor
- spaßige Dialoge
- visuell ansprechend umgesetztes Setting
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- banale Echtzeitkämpfe ohne jeglichen Anspruch
- belangloser Plot
- zu viele Klischees
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Pro & Kontra
- liebevoll charakterisierte Figuren
- treffsicherer Humor
- spaßige Dialoge
- visuell ansprechend umgesetztes Setting
- banale Echtzeitkämpfe ohne jeglichen Anspruch
- belangloser Plot
- zu viele Klischees