Rory McIlroy PGA Tour REVIEW
Seit 1990 darf auch auf den Heimkonsolen die Trendsportart Golf betrieben werden. Kurz vor der Jahrtausendwende stand die PGA Tour im Zeichen des Golfers schlechthin, Tiger Woods. Über 15 Jahre hinweg hielt sich der US-amerikanische Profi wacker in der Videospiel-Reihe. Doch mit dem Umstieg auf die aktuelle Konsolengeneration musste er das Blatt an den Iren Rory McIlroy abgeben. Wir haben uns Electronic Arts neuesten PGA Tour-Ableger geschnappt und getestet, ob der Titel ein Hole in One ist, oder lediglich auf dem Grün landet.
Der Umstieg auf die neue Hardware bringt natürlich viele neue Features mit sich, zumindest in der Theorie. Die neuen Konsolen bieten mehr Leistung als die letzte Generation, was den Entwicklern ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Der Titel verspricht einige Neuerungen, etwa eine bessere Ballphysik, abwechslungsreichere Kurse und einige neue Spielmodi.
Neuer Rasen, neuer Profi und alte Probleme
Bevor man sich an diesen Titel wagt, sollte sich jeder Spieler im Klaren sein, dass Golfsimulationen im Vergleich zu anderen Sportarten wie Fußball oder Basketball sehr gemächlich ist. Die Mechaniken sind bei Weitem nicht so komplex, das Gameplay stark repetitiv. Jeder spielt um den Sieg, jedoch spielt jeder für sich selbst, also genau das Richtige für Gegner des gepflegten Teamsports. Nach dieser kleinen Warnung nun zurück zum Spiel selbst.
Bereits kurz nach dem ersten Spielstart gelangt ihr in ein umfangreiches Tutorial. Darin lernt ihr alles über gute Abschläge, Einflussfaktoren wie Wind oder Terrain, und locht die ersten Bälle ein. Zwischen den einzelnen Lektionen erzählt Rory über seine Motivation am Sport, über die Höhen und Tiefen seiner Karriere, und die ersten Erfolge. Nach der Einführungssequenz seid ihr dann bereit für das erste große Turnier, vorausgesetzt, ihr besitzt schon Vorkenntnisse über den Golfsport, denn Begriffe wie Fairway, Green, Birdy oder Bogey werden im Tutorial leider nicht erklärt. Um an diese Informationen zu gelangen, muss man entweder das Internet durchforsten, oder das im Spiel integrierte Lexikon aufrufen, welches jedoch nur in englischer Sprache vorliegt.
Ist der mehr oder weniger beschwerliche Anfang nun geschafft, steht der Spieler vor der Qual der Wahl. Einfach drauf losspielen, eine neue Karriere beginnen, oder sofort in Mehrspieler-Matches um die Wette golfen. Die Auswahl der verfügbaren Spielmodi ist für ein Golfspiel erstaunlich groß, sogar einen spaßigen „Night Club Challenge“-Modus gibt es. Potenzielle Golfprofis legen natürlich gleich mit dem Karrieremodus los, um ihren ganz persönlichen Golfer von den Kinderschuhen an zu trainieren.
Beim Start einer neuen Karriere muss zu aller erst ein neuer Charakter erstellt werden. Aus vorgefertigten Gliedmaßen bastelt ihr den nächsten Tiger Woods, die Vielfalt ist hier aber stark eingegrenzt. Ein umfangreicher Charaktereditor, mit dem man sogar sich selbst nachbauen könnte, sieht anders aus. Bringt die Charaktererstellung also am besten schnell hinter euch und legt mit dem ersten Turnier los. Bereits hier trefft ihr das erste Mal auf den Nachwuchsprofi Rory McIlroy, der den neu erstellten Golfer natürlich mit Leichtigkeit vom Rasen fegt. Der Schwierigkeitsgrad scheint für Anfänger sehr hoch gewählt zu sein, doch lasst euch nicht unterkriegen. Mit der Zeit kommt die Übung, und schon bald spielt ihr in der obersten Liga neben den Profis.
Trotz der drei Steuerungs-Modi – Arcade, Klassisch und Tour- bedarf PGA Tour einer gewissen Eingewöhnungsphase. Jeder Spieler kommt mit den Modi anders zurecht, probiert am besten alle aus, und entscheidet euch dann für euren persönlichen Favoriten. Hat man sich auf eine Steuerungsart festgelegt, durchläuft man eine steile Lernkurve. Abschläge werden immer präziser und die Einschätzung der Umweltfaktoren gelingt immer besser, so macht Golfen Spaß.
Doch auch wenn man sich über einen perfekten Abschlag freut und der Ball gut auf dem Grün landet, kann er zweimal in Folge nur wenige Zentimeter am Loch vorbeirollen – das macht die Spannung am Golfsport aus. Selbst wenn einige Schläge missglücken, lohnen sich konstant gute Leistungen am Ende jedes Wettbewerbes. Als Belohnung für gute Leistungen winken im Karrieremodus Erfahrungspunkte, die euren Nachwuchsprofi im Level aufsteigen lassen und dadurch neue Fähigkeiten und Ausrüstung freischalten. Wer hart trainiert, kann Rory McIlroy bald Konkurrenz machen.
Spaß im Nachtclub und leere Mehrspieler-Lobbys
Nach einer anstrengen Trainingsrunde braucht der Geist erst einmal eine Verschnaufpause, dazu eignen sich die Night Club Challenges perfekt. Bei Nacht erstrahlen die einzelnen Kurse in hellem Neonlicht und bieten eine ganz neue Spielerfahrung. Mit lustigen Charakteren, wie z.B. einer alten Großmutter, tobt ihr euch auf dem Rasen aus und absolviert Fun-Challenges. Ausgestattet mit spaßigen Power-Ups geht es auf die Jagd nach dem Highscore. Punktgenaue Landungen und den vorgegebenen Highscore schlagen – viele weitere Herausforderungen warten hier auf euch. Am Ende wird das Ergebnis mit Punkten und Sternen bewertet.
Bei all den verschiedenen Spielmodi fühlt man sich doch oftmals alleine. Auf simulierte KI-Spieler wurde leider komplett verzichtet und so muss man mit trockenen Tabellen vorlieb nehmen. Selbst Golfsimulationen aus der vorletzten Konsolengeneration wirken lebendiger. Ließen sich zumindest die einzelnen Spielzüge der KI sehen, wäre das schon ein Schritt in die richtige Richtung.
Die einzigen Szenarien, in denen ihr nicht alleine auf dem Rasen steht, sind Multiplayer-Matches. Einzig in Ranglistenspielen sieht man auch die Spielzüge seiner Kontrahenten. Vorausgesetzt, es findet sich eine passende Partie, denn aktuell sind nicht sehr viele Spieler unterwegs und die wenigen, die aktiv spielen, sind oft viel zu stark. Die niedrigen Spielerzahlen und das schlechte Matchmaking, welches sich daraus ergibt, sorgen für einen regelrechten Einbruch der Motivation. Da bleibt man doch besser „offline“.
Wiederum mehr Motivation spenden die sogenannten Daily bzw. Weekly Challenges. Darin spielt jeder für sich und versucht dabei die Ergebnisse der anderen Spieler zu schlagen. Im Grunde unterscheidet sich dieser Spielmodus, bis auf das Leaderboard, nicht von herkömmlichen Einzelspieler-Turnieren. Jeden Tag bzw. jede Woche warten neue Herausforderer auf euch.
Technik
Rory McIlroy PGA Tour basiert auf der beliebten Frostbite Engine 3, was den Entwicklern eindrucksvolle Grafikeffekte und knackige Texturen ermöglicht. Nie war ein Golfspiel optisch so einladend wie Electronic Arts neuester Streich. Zudem wurden einige Assets aus anderen EA-Titeln, wie etwa Battlefield „recycelt“ und in spannende Zusatz-Karten integriert. Für Battlefield-Fans ist es ein tolles Gefühl, einmal von einem gigantischen Kriegsschiff abzuschlagen. Auch wenn die Frostbite Engine zu Beginn recht eindrucksvoll wirken mag, darf man nicht zu viel erwarten. Charaktermodelle und Schauplätze sehen wirklich gut aus, aber der Titel leidet an störenden Popups. So ploppen kleinere Grasbüschel direkt vor eurer Nase auf. Das hat zwar keinen Einfluss auf den Spielfluss, ist aber keinesfalls schön.
Wie bei jeder anderen Sportart gibt es auch hier Kommentatoren. Die mögen zwar anfangs interessant wirken, nach einigen Stunden Spielzeit blendet man die Zwei aber bereits aus. Zudem verfügt Rory McIlroy PGA Tour lediglich über englische Sprachausgabe und Bildschirmtexte. Das könnte dem einen oder anderen Spieler sauer aufstoßen. Während dem Besuch auf dem Golfplatz, läuft ein eintöniger Soundtrack, der recht schnell im Hintergrund verschwindet. Umgebungsgeräusche, wie etwa Vogelgezwitscher, wirken sehr realistisch und sorgen zumindest akustisch für etwas Abwechslung.
Wie bereits anfangs erwähnt, verfügt der Titel über drei unterschiedliche Steuerungsmodelle. Arcade ist, wie der Name vielleicht vermuten lässt, für blutige Anfänger gedacht, die erst seit kurzer Zeit einen Controller bedienen. Klassisch bedient sich der altenbewährten Drei-Knopf-Technik. Beim Abschlagen wird ein Balken eingeblendet und je besser der gewünschte Bereich getroffen wird, desto präziser wird der Schlag. Zu guter Letzt wäre da noch Tour, dabei wird der linke Stick von hinten nach vorne geführt. Der Ball beschreibt dann die Flugkurve, die zuvor mit dem Stick ausgeführt wurde, vergleichbar der Board-Steuerung in EA’s Skate-Ablegern.
Performance- und Verbindungsprobleme
Kurz nach Release klagten Spieler in diverse Foren über teils starke Performance-Probleme. Fast drei Monate sind seit dem Erscheinungstag nun vergangen und wir können Entwarnung geben. Der Titel stürzte während unseres Tests weder ab, noch traten starke Ruckler auf, die die Spielbarkeit beeinflusst hätten, zumindest im Einzelspiel-Modus. Dennoch kam das Spiel stellenweise leicht ins Stottern, was sich mit etwas Optimierungsarbeit sicher beheben ließe.
Zudem kam es während der Testzeit immer wieder zu Verbindungsabbrüchen zum EA-Server. Ruckelige Abschläge anderer Spieler und Fehler beim Übertragen der Ranglistenplatzierung waren die Folge. An der Serverstabilität muss definitiv noch gearbeitet werden. So ist der Spielspaß in der Online-Welt auf jeden Fall stark eingeschränkt.
Der Golfer und Sammler
So gut wie jeder aktueller Titel verfügt über sammelbare Erfolge (Achievements), so auch Rory McIlroy PGA Tour. Von einem „Hole in One“ über „Gewinne die U.S. Open“ bis hin zu „Erhalte 150 Sterne in den Night Club Challenges“ sind viele abwechslungsreiche Erfolge vertreten. Achievement-Jäger müssen einige Wochenenden investieren, um sie alle zu sammeln. Somit ist hier aber auch die Langzeitmotivation gesichert, die dafür sorgt, dass das Spiel doch nicht ganz so schnell in der Zimmerecke entschwindet.