Prison Architect REVIEW
Nach rund drei Jahren Early-Access-Phase hat es nun die Gefängnis-Simulation Prison Architect eben jene verlassen und ist als Vollpreistitel im Handel erhältlich. Wir haben uns dieses Angebot natürlich nicht entgehen lassen und stürzten uns sofort in den Alltag eines Gefängnis-Bosses. Und dabei erwarten uns allerlei Aufgaben und diverse Probleme, die so mancher Straftäter mit sich bringt. Und neben dem Platz auf dem Chefsessel, haben wir auch die Seiten getauscht und wagen als Häftling den Ausbruch aus einem der großen Gefängnisse der Community. Wie sich die Simulation im Ganzen schlägt, erfahrt ihr auf ganz legale Weise in unserem Test – ohne Chance auf Bewährung.
Geschichten hinter Gittern
Viele Spieler der etwa drei Jahre langen Early-Acces-Phase werden sich jetzt sicher fragen: „Welchen Storymodus meint dieser Tester denn?! Das Spiel besteht doch ausschließlich aus einem Endlos-Modus im Sandbox-Prinzip.“ Doch, ihr habt unsere Überschrift richtig gelesen, denn mit der Veröffentlichung baut das kleine britische Entwicklerteam zwei neue Spielmodi ein, einer davon ist der Storymodus welcher uns in fünf unterschiedlichen Kapitel die grundlegenden Mechaniken im Alltag eines Gefängnis-Direktors aufzeigt. Der Storymodus dient damit auch gleichzeitig als Training bzw. Tutorial für den Endlos-Modus, welcher natürlich immer noch den größten Teil des Spiels ausmacht.
Aber zurück zum Storymodus, den wir mit großer Erwartung angehen. Das erste Kapitel handelt von Lehrer Edward, der seine Frau mit einer Affäre erwischt und daraufhin im Rausch der Eifersucht einen folgenschweren Fehler begeht – er begeht ein Doppelmord und wird vor Gericht zur Todesstrafe verurteilt. Und es liegt an uns ihm den geeigneten Bau für seine letzten Stunden zu bauen und zu unterhalten. Wir bekommen durch unseren Vorgesetzten innerhalb des Kapitels immer wieder Aufgaben die wir zu erfüllen haben um voran zu kommen. So errichten wir beispielsweise einen Todestrakt inklusive Raum mit elektrischem Stuhl und müssen diesen auch an unsere Stromversorgung anschließen. Leider vermissen wir während diesen Aufgaben die Möglichkeiten einen direkten Eingriff in Handlungsverlauf nehmen zu können, uns bleibt nur das Abschließen optionaler Aufgaben, die aber allesamt nicht wirklich viel Tiefgang in die Handlung bringen.
In einem anderen Kapitel werden wir in ein Gefängnis versetzt, in dem gerade der große Aufstand begonnen hat und Teile des Gefängnisses sogar in Flammen stehen. Wir haben nun die Aufgabe den Aufstand in den Griff zu bekommen und den Wiederaufbau von Kantine und Küche in Angriff zu nehmen. Dabei stehen uns ein Sondereinsatzkommando sowie die Feuerwehr zur Verfügung, die wir in solch krassen Fällen zur Unterstützung rufen können. Nachdem wir die Häftlinge wieder in ihre Zellen bekommen haben, beginnen unsere Arbeiter mit dem Neuaufbau, unsere Hausmeister entfernen sämtliche Müllberge aus den Gebäuden.
Dies ist natürlich nur ein kleiner Ausschnitt aus den 5 unterschiedlichen Kapitel des Storymodus von Prison Architect. Und auch wenn die Überraschung zum Release sehr gelungen war, konnte uns die Neuerung dann doch nicht so ganz überzeugen. Uns fehlte beim Anspielen einfach so die Entscheidungsfreiheit und auch die Spannung innerhalb der Aufträge – der Wiederspielwert fehlt leider ebenso.
Vom Direktor zum Häftling
Die zweite große Neuerung im Vergleich zur Early-Access-Phase ist der Ausbruchsmodus. In diesem wechseln wir die Seiten von gut zu böse und steuern einen inhaftierten Häftling entweder im einem selbst gebauten Gefängnis oder aber in einem der zahlreichen von der Community entworfenen Behausungen aus dem Steam-Workshop. Haben wir uns für ein Gefängnis entschieden, so betreten wir dieses in der bekannten orange farbigen Uniform und machen uns mit unserer Umgebung vertraut, spähen die Routen der Wachen aus und suchen Löcher im Zaun in die Freiheit. Um das Gefängnis möglichst unbemerkt zu verlassen, haben wir unterschiedliche Möglichkeiten und Varianten zur Verfügung. Zum einen können wir uns durch Auseinandersetzungen und Schlägereien mit Wärtern oder anderen Häftlingen die sogenannten Renomee-Punkte verdienen, die wir ähnlich wie in einem Talentbaum, in stärkere Angriffe oder unsere Fähigkeit des besseren Anführens einer Gang investieren können. Das hat aber sehr oft zur Folge, dass man uns als Strafe in Einzelhaft steckt, in der wir mehrere Ingame-Stunden verbringen müssen oder uns eben gegen die bereits genannten Renomee-Punkte „freikaufen“ können.
Auf besonders auf das Teamwork kommt es an, denn nur gemeinsam mit anderen Inhaftierten in einer Gang sind wir stark und erfolgreich. Mit anderen Kollegen zusammen können wir uns mehr Renomee-Punkte erspielen und uns dann unter anderem zur Waffenkammer vordringen und diese einnehmen. Oder aber wir machen uns direkt am Zaun zu schaffen, hier gibt es viele Möglichkeiten. Alternativ bleibt natürlich die klassische Fluchtoption und wir graben unseren Fluchttunnel gleich selbst in der eigenen Zelle, ähnlich wie in dem großen Vorbild der Erfolgsserie Prison Break. Doch dazu benötigen wir natürlich Werkzeug und auch dies muss erst beschafft werden. Insgesamt ist der Ausbruchsmodus in Prison Architect eine sehr gelungene Idee, der es aber noch ein wenig mehr an Perfektion und Variantenreichtum mangelt, besonders wenn man die möglichen Ausbruchsvarianten einmal alle ausprobiert hat. Vielleicht wird es da bald DLC’s geben, die besonders diesen und eben jenen Storymodus um einige Highlights erweitern wird.
Der Alltag im Leben eines Gefängnis-Bosses
Neben den beiden oben genannten neuen Spielmodi gibt es natürlich auch den bereits aus der Early-Access-Phase bekannten Endlos-Modus, in dem wir ein Gefängnis-Imperium errichten und eben jenes unterhalten. Abhängig davon welche Einstellungen wir zum Start vornehmen oder welchen wir aus den sechs zur Verfügung stehenden Charakteren wir auswählen, gestaltet sich der Aufbau unterschiedlich. Von hektisch und viel Aufruhr bis hin zu gemütlich und mit wenig Sorgen ist für jeden Spieler etwas dabei. So bauen und planen wir unsere Räume in einer Übersichtskarte und versorgen diese falls notwendig mit Strom und Wasser. Außerdem können wir die Räume noch mit zahlreichen Objekten ausstatten, beispielsweise Fernseher oder eine Couch für den Aufenthaltsraum. Haben wir unsere ersten Zellen und andere Räume wie Aufenthaltsräume, Kantine oder Küche gebaut, so werden nach und nach immer mehr Häftlinge per Bus zu unserer Einrichtung gebracht. Und je mehr Straftäter wir aufnehmen, umso Geld spült es uns in unsere Kassen. Geld, das wird dringend benötigen um unsere Kapazitäten zu erhöhen und weitere Arbeiter oder Wachpersonal einstellen zu können.
Um einen Aufstand der Häftlinge zu verhindern, sollten diese sich möglichst wohl fühlen in unserem Gefängnis. Dazu sollten wir jederzeit einen Blick auf die Bedürfnisse der Insassen werfen, um eventuell auf zu wenig Plätze in der Kantine reagieren zu können und diese ausbauen. Außerdem haben wir durch Anklicken eines Häftlings immer eine genaue Biografie sowie eine Übersicht über die begangenen Straftaten sowie Eigenschaften zur Verfügung. Diese geben uns immer wieder wichtige Informationen wie wir am Besten mit dem Insassen umgehen sollten. Nach und nach vergrößern wir so unsere Gefängnis-Anstalt bis hin zu einem großen Imperium, aus dem es keinerlei Fluchtmöglichkeiten mehr geben sollte. Wir können ein nicht so gut gehendes Gefängnis natürlich auch wieder verkaufen und mit dem dafür erhaltenen Geld einfach einen neuen Versuch wagen. Und so vergehen ganz besonders in diesem Modus mal schnell ungewollt die ein oder andere Stunde, weil man nur mal eben noch schnell was umbauen möchte oder man nur kurz noch schnell ein paar neuen Häftlingen Raum erschaffen möchte – ein Konzept das in vielerlei Hinsicht perfekt aufgeht.
Comic-Look trotz ernster Thematik
Viele Spieler werden sich nach dem Start von Prison Architect sicherlich die Augen gerieben haben, als sie auf dem Bildschirm eine doch recht süße Comic-Grafik erblickt, die vielleicht nicht jedem zu dem doch ernsten Thema Gefängnis und Verbrechen passen wird. Doch diese Skepsis können wir nicht teilen, denn besonders dieser Kontrast hat uns beim Anspielen besonders gut gefallen, auch wenn es so ein wenig an Realismus verliert. Weniger gefallen haben uns allerdings die doch teils unscharfen und verschwommenen Texturen, die es besonders auf der höchsten Zoom-Stufe doch oft zu sehen gibt, da könnte man vielleicht noch einmal an die Arbeit gehen.
Der Sound und die Atmosphäre haben uns hingegen absolut überzeugen können. Wie hören die Insassen bei Gesprächen und an so gut wie jeder Ecke hört man es knarzen und sich die Eisentore öffnen und schließen. Wir fühlen uns dadurch beinahe wie in einem echten Gefängnis, dafür ein großes Lob an das Entwicklerteam von Introversion Software. Und auch auf technischer Seite liefert das Spiel einen guten Eindruck bei uns ab, denn Abstürze oder größere Bugs traten im Testzeitraum keine auf – in der heutigen Zeit nicht mehr selbstverständlich, wobei hier besonders kleine Entwicklerteams öfter mal bessere Arbeit abliefern als die größeren Konzerne.