MLB The Show 17 REVIEW
Die Zeiten, in denen Baseball der Nr. 1 Sport in den USA war, sind angesichts der ungemeinen Popularität von Basketball und American Football mittlerweile zwar Vergangenheit. Dennoch erfreut sich der Sport in Übersee einer großen Beliebtheit, was jenseits des Atlantiks aber trotz der in den letzten Jahren wachsenden Anhängerschaft für den Ballsport aber noch immer ganz anders aussieht. Kein Wunder also, das Sony´s jährlich erscheinende Simulation MLB The Show ein Nischendasein bei uns fristet und lediglich Hardcore-Fans vor die PlayStation 4 lockt. Ob diese mit der aktuellsten Auflage ihre Freude haben werden?
Der Star bist Du
Der Road to the Show Modus gilt schon lange als das Herzstück der Reihe. Wie gehabt gestaltet man zu Beginn im sehr umfangreichen Charakter-Editor seinen eigenen Ballplayer, bestimmt Frisur, Augenfarbe, Größe und Gewicht sowie Namen und andere Attribute. Mit dem frisch erstellten Youngster kann man nun die Karriereleiter hochklettern und sich vom unbekannten College-Spieler bis hin zum zukünftigen Hall of Famer mausern.
Untermauert wird der Road to the Show Modus in MLB The Show 17 erstmals mit leichten Rollenspiel-Elementen. Das erinnert ein bisschen an den Story-Modus von FIFA 17, ist hier aber weniger emotional und etwas spartanischer inszeniert, dafür aber immerhin wesentlich umfangreicher. Immer wieder kann man beispielsweise in Dialogen aus diversen Antwortmöglichkeiten wählen und so seinen Charakter und dessen Außenwirkung formen, auch Karriereentscheidungen – etwa, ob man bis zum College-Abschluss im dortigen Team bleibt, bevor man sich von einem Profi-Team verpflichten lässt – sind möglich. Erzählt wird die Geschichte des zukünftigen Superstars von einer Erzählerstimme aus dem Off, sämtliche „Story-Szenen“ sind darüber hinaus in einem dokumentarischen Stil gehalten. Immer wieder für ein kleines Schmunzeln sind außerdem die Tweets über den eigenen Charakter, welche man im Haupt-Menü des Modus verfolgen kann.
Die neuen Ansätze sind definitiv gut, wirken teilweise angenehm authentisch und lenken den Modus in die richtige Richtung. An der Umsetzung muss Entwickler San Diego Studio aber noch ein bisschen werkeln, denn so richtig gepackt hat mich die Geschichte meines Alter Egos nämlich nicht. Dafür war er mir letztlich dann doch zu unnahbar, vor allem die abgehackt wirkenden Dialoge, in denen der eigene Charakter nie mit eigener Stimme spricht, wirken mir zu starr.
Season after Season
Da ist mir der ganz sporadische Season-Modus fast schon lieber. Hier kann ich zwar nicht meinen eigens erstellten Spieler an die Weltspitze führen, dafür aber mein Lieblingssteam aus der MLB auf ihren Weg zu Ruhm und Ehre begleiten. Es versteht sich von selbst das alle aktuellen Teams inklusive der diesjährigen Roster vorhanden sind und in den diversen Modi von MLB The Show 17 zu Sieg oder Niederlage geführt werden können. Wer will (und das nötige Kleingeld auf dem virtuellen Konto seines favorisierten Teams hat), der kann selbstverständlich auch Spieler aus anderen Teams kaufen und unliebsame Spieler aus der eigenen Mannschaft werfen. Gleiches gilt für den Trainerstab. Der Managment-Aspekt erlaubt es sogar Gehälter zu bestimmen, die aktuelle Laune der Spieler einzusehen und vieles mehr.
Wie gehabt können sich Enthusiasten also komplett austoben, wer darauf aber überhaupt keine Lust hat erhält keinerlei Nachteile. Ebenso steht jedem Spieler frei, ob er tatsächlich jedes der immerhin über 160 Spiele pro Saison komplett angeht (eine virtuelle Partie dauert in der Regel um die 45 Minuten in Echtzeit), oder lediglich die Kontrolle über einen einzelnen Spieler seiner Wahl übernimmt und beispielsweise nur als Batter in Erscheinung tritt. Ebenso können Spiele natürlich auch wieder komplett simuliert oder im Manager-Modus gespielt werden. Bei Letzteren fungiert man quasi als Trainer und gibt diverse Befehle, wechselt Spieler aus usw.
Die eigene Traum-Mannschaft
Eine Rückkehr macht der im letzten Jahr eingeführte Diamond Dynasty Modus, der es Spielern erlaubt das Team ihrer Träume zu erstellen – samt eigenen Team-Logo, Namen und Trikots. Das Team selbst lässt sich aus einem Pool von über 2000 Baseball-Spielern (!!!) aus über 80 Jahren MLB Geschichte zusammenstellen. Allerdings kann man nicht einfach drauf loslegen, sondern muss, wie in einem Sammelkarten-Spiel, die Superstars erst einmal mühsam zusammensammeln. Karten erhält man etwa durch das Spielen der anderen Modi, indem man verschiedene Missionen erfüllt oder an wöchentlich wechselnden Herausforderungen teilnimmt.
Mit der Ingame-Währung Stubs (die man ebenfalls als Belohnung in anderen Modi erhält) lassen sich Karten-Decks kaufen, außerdem lädt ein integriertes Online-Auktionshaus dazu ein überflüssige Karten wieder zu verkaufen oder die Karten anderer Spieler zu erwerben. Wem das zu langsam geht, der kann die Ingame-Währung auch gegen Echtgeld im PlayStation Store erwerben, was aber nicht wirklich notwendig ist, sofern man etwas Geduld mitbringt.
Das eigene Traumteam lässt sich in diversen Modi innerhalb von Diamond Dynasty spielen. So kann man etwa gegen andere Spieler online antreten und sich gegen andere All-Star Teams messen. In Battle Royale tritt man Online gegen andere Spieler in Ausscheidungsspielen und kann nur vorher im Drafting-Verfahren erhaltene Ballplayer verwenden, während der als rundenbasierte Strategie aufgezogene Conquest Modus Einzelspielern vorenthalten ist, die ein vollkommen eigenständiges Erlebnis innerhalb von MLB The Show 17 suchen.
Mehr als werfen und schlagen
Die große Stärke der Reihe ist seit jeher das ausgezeichnete Gameplay. Langjährige Spieler von MLB The Show brauchen diesbezüglich keine Angst zu haben, denn auch die aktuelle Version trumpft in ihrer Kernkompetenz mit den altbekannten Stärken auf und bietet Fans und Neueinsteigern wieder ein absolut rundes Erlebnis.
Allzu viel hat sich deshalb im Vergleich zu den vorherigen Jahren nicht getan. Als Pitcher kann man wie gehabt aus verschiedenen Wurfarten wählen und bestimmt Geschwindigkeit und Richtung. Tritt man zum Batting an, so hat man die Möglichkeit zwischen verschiedenen Schlagstärken zu wählen und bestimmt mittels linken Analogstick ebenfalls die angepeilte Richtung, in die der erfolgreich getroffene Ball fliegen soll. Auch der Einsatz als Feldspieler ist simpel gehalten und ist durch kleinere Reaktionsmanöver – etwa wenn man einen Ball schnell zur Base werfen muss, bevor der Schlagmann diese erreicht – dynamisch gehalten.
Neulinge könnten sich zunächst angesichts des sehr ausladenden Tutorials etwas überfordert fühlen, sind die verschiedenen Möglichkeiten aber erst einmal verinnerlicht, gehen die einzelnen Abläufe einfach von der Hand. Der Schwierigkeitsgrad richtet sich außerdem an das individuelle Können am Controller. Je besser man schlägt und wirft, desto besser wird auch die gegnerische KI, ist man weniger gut, so überfordert der Gegner nicht mit übermäßig starken Aktionen.
(Fast) Wie in der Kindheit
Ein Neuling im diesjährigen MLB The Show ist der Retro-Modus, der sich stark an klassische Baseball-Spiele a la Tecmo Super Baseball (SNES) anlehnt. Das eigentliche Gameplay wurde für diesen neuen Modus stark heruntergebrochen. So benötigt man lediglich X-Taste sowie den linken Analog-Stick um einen Ball zu werfen bzw. einen Schlag auszuführen und auch der Einsatz auf dem Feld wird lediglich mit einer Taste gesteuert.
Abgerundet wird die Hommage an vergangene Videospieltage mit einem im Retro-Look präsentierten User Interface. Bildschirminformationen wie Namen, Ballgeschwindigkeit etc. werden in 8-Bit Schrift angezeigt, darüber hinaus wurden auch diverse Soundfiles ausgetauscht und auf „alt“ getrimmt. Die eigentliche Präsentation erfolgt aber nach wie vor in der modernen Optik. Zwar gibt es einen 8-Bit Filter, allerdings wirkt dieser sehr lieblos. Dies gilt leider auch etwas für den Retro-Modus selbst, der zwar eine nette Ergänzung ist, aber auch nicht mehr Für ein paar Runden im lokalen Modus ist er dennoch ganz okay.
Generationswechsel
Wo wir schon bei der Präsentation sind: diese ist im gesamten Spiel wirklich fantastisch. MLB The Show 17 ist in diesem Jahr erstmals PlayStation 4 exklusiv, die PlayStation 3 Version wurde endgültig gestrichen. Das tut dem Spiel gut, verdammt gut sogar. Gerade bei der Animation macht sich der Generationswechsel deutlich bemerkbar. Insbesondere die flüssigen Animationen der Spieler sind stellenweise atemberaubend realistisch und sind selbst im Vergleich mit anderen Sportspielen eine Klasse für sich. Auch bei den Gesichtern der Superstars hat sich einiges getan, lediglich die Darstellung von Haaren wirkt manchmal noch etwas seltsam.
Ein echtes Highlight ist außerdem die Inszenierung der Baseball-Spiele selbst, die nicht selten so greifbar wie eine reale TV-Übertragung wirkt. Die Kommentatoren sind wieder fantastisch und untermauern alle Situationen mit den passenden Statements, während das Publikum authentisch auf spannende Spielszenen reagiert und begeistert bei einem Homerun jubelt. Das Publikum sieht nach wie vor aber ein bisschen so aus, als sei es einer Fabrik für Klone entsprungen. Spätestens nach drei, vier Spielen sieht man nämlich die immer gleichen Gesichter in sich lediglich wechselnden Outfits und Fan-Merchandise. Wirklich dramatisch ist das aber nicht, ebenso, wie der etwas seltsam wirkende schwarze Himmel bei Abend- und Nachtspielen. Dafür machen die anderen Wettereffekte einiges her und auch hinsichtlich der Beleuchtung von Spieler und Spielfeld wurde nochmal nachgelegt.
Besitzer einer PlayStation 4 PRO dürfen sich außerdem noch mehr freuen. So können sie zwischen 4k-Auflösung oder einen High Detail Modus in 1440p Auflösung (beide mit 30 Frames) oder einer Auflösung von 1080p und 60 Bilder pro Sekunde wählen. Wie gut sich das Spiel auf der stärkeren PlayStation 4 macht, kann ich leider nicht beurteilen, mit der Leistung auf der herkömmlichen Konsole bin ich aber ebenfalls voll zufrieden. Einbrüche in der Bildrate habe ich kaum vernommen, auch Abstürze oder die von einigen Spielern gemeldeten Grafik-Fehler habe ich nicht erlebt.