Lost Sphear REVIEW
Tokyo RPG Factory hat sich dank dem Spiel i am Setsuna, in kürzester Zeit weltweit einen Namen gemacht. Kurz darauf starteten sie ihr zweites Projekt, welches einige Parallelen zum Erstlingswerk aufweist. Als Rollenspiel mit japanischem Einflüssen verpackt, dürfen Spieler jüngst in die Welt von Lost Sphear eintauchen. Und genau hier liegt das Hauptaugenmerk, denn die besagte Welt verschwindet langsam. Einst aus Erinnerungen geschaffen, setzt die Vergessenheit ein und lässt Teile im weißen Nichts verschwinden. Das Voranschreiten des Vergessens betrifft jedoch nicht nur Abschnitte der Landoberfläche, sondern gar Personen, die einst eine wichtige Eigenschaft bzw. Rolle hatten. Die Bewohner bezeichnen dieses Phänomen als Lost, für welches es noch immer keine Erklärung gibt.
Doch wo eine Notlage ist, ist zumeist auch ein Held. Kanata, ein junger Schwertkämpfer aus Elgarthe, verfügt als einzige Person über die mysteriöse Macht der Erinnerung. Er will mit dieser Gabe die Welt, die nach und nach im Nichts versinkt, wiederaufbauen und zu alter Stärke verhelfen. Dabei stehen ihm Freunde und neu gewonnene Begleiter tapfer zur Seite, die dasselbe Ziel verfolgen und den alten Zustand ihres Lebensraumes herbeisehnen. Doch damit nicht genug, denn kommt schnell die Frage auf, ob der einst eingeschlagene Weg und die Zusammenarbeit mit den Imperialen Truppen wirklich die richtige Entscheidung ist und die Ursache des Phänomens aufdeckt, bzw. gar beseitigt.
Erinnerungen und Abenteuer
Mit den Recken, die kaum eine Gefahr scheuen, geht es durch verschiedene Landstriche, immer dem Tatendrang vor Augen, das Böse aus der Welt zu tilgen. Dabei bedient sich die tapfere Heldengruppe rund um Kanata einem rundenbasierten Kampfsystem, das aber nicht ganz so starr agiert, wie aus ähnlichen Rollenspielen mit japanischem Setting bekannt. Inmitten des Kampffeldes darf der Spieler die einzelnen Krieger bewegen und damit eine neue Ausrichtung schaffen. Durch eine abgestimmte Attacke, ist es sogar möglich, gleich mehrere Gegner in Mitleidenschaft zu ziehen. Das heißt, positioniert ihr eine Spielfigur neu, wird angezeigt, welche Kontrahenten einen Treffer abbekommen. So kann zum Beispiel Van mittels Fernattacke bei optimaler Stellweise gut und gerne 4 oder 5 Feinde gleichzeitig erwischen, die ordentlich an Lebenskraft einbüßen müssen. Dennoch darf nicht jeder Charakter jede Waffe bedienen und so bleiben einige dem Nahkampf unterworfen. Um den tapferen jungen Männern und Frauen aber mehr Freiheiten zu geben, obliegt ihnen die Anwendung von Zaubern.
Nichtsdestotrotz sollten die Entscheidungen für Spielzüge nie zulange andauern, denn die Uhr läuft immer weiter, was bedeuten kann, dass der Gegner euch mit seiner Attacke überrundet. Gleichzeitig muss sich jeder Charakter nach seinem Spielzug erst wieder aufladen, bevor er erneut zum Angriff schreiten darf. Wer einen durchdachten Kampf sucht, kann den Feinden auch längerfristigen Schaden zuführen, der mit Statusveränderungen wie Vergiftungen einhergeht. Doch Obacht, eure Gegenspieler haben ebenfalls einige Tricks auf Lager.
Wer taktisch agiert und den Sieg einheimst, darf sich über Items, Geld sowie ein paar Erfahrungspunkte freuen, die sogleich gutgeschrieben werden. Mit einer gewissen Anzahl an Erfahrungspunkten, wird das zumeist vierköpfige Team stärker und kann sich immer neuen Gefahren stellen. Lost Shpear versucht dadurch gleichzeitig mit einigen Freiheit zu punkten. So sind bereits Areale zugänglich, die jedoch erst später ihre Rolle erfüllen und in die Story integriert werden. Dafür eignen sie sich perfekt, um eure Heldengruppe auf neue Gefahren vorzubereiten und eine gewisse Stärke anzueignen.
Vulcosuits und mehr
Das Kampfsystem möchte aber durchaus mehr Akzente setzen und verbaut daher weitere Möglichkeit, die Mechanik abwechslungsreicher einzusetzen. Storyabhängig kommen beispielsweise die Vulcosuits hinzu, die den Charakteren neue Kräfte verleihen. Werden diese mechanischen Anzüge im Kampf aktiviert, stärkt dies zumeist die jeweilige Attacke, die auf den Gegner angewandt wird. Zudem werden Attacken ermöglicht, die in Kooperation mit Mitstreitern ausgeführt werden müssen. Des Weiteren besitzen die Roboter-Anzüge genügend Kraft, abseits der Kämpfe größere Felsen aus dem Weg zu räumen und dementsprechend neue Areale für die Begehung freizulegen. Dennoch ist sorgfältig mit dem Einsatz umzugehen, denn die Nutzung der Volcosuits ist nicht grenzenlos und wird über eine Skala bestimmt.
Um aber nicht zu schnell den Ermüdungserscheinungen zu erliegen, werden im Verlaufe der Reise weitere Skills für die mechanischen Rüstungen freigeschaltet. Dasselbe gilt für die Charaktere, die mit heranwachsender Erfahrung immer mehr Attacken erlernen und besondere Gegebenheiten dadurch in der Schlacht freischalten. Weiteren Einfluss auf den Ausgang der Kämpfe nehmen natürlich die mitgeführten Waffen und Rüstungen. Diese können über Truhen gefunden oder käuflich beim Händler des Vertrauens erworben werden. Zudem lassen sich die Waffen mit gewissen Materialien verstärken.
Um weitere Taktiken ins Spiel einfließen zu lassen, obliegt euch die Möglichkeit, eure Gruppenzusammenstellung abzuändern. Immer neue Recken schließen sich dem Abenteuer von Lost Sphear an und möchten euch bestmöglich unterstützen. Dadurch bleibt das Rollenspiel selbst bei härteren Gegenspielern immer recht ausgewogen und fair. Dennoch zieht ferner der Schwierigkeitsgrad ordentlich an, was nicht zu unterschätzen ist.
Alte Welt, neuer Glanz
Das Hauptaugenmerk in Lost Sphear liegt aber darin, die weißen Flächen, die für den Verlust der Erinnerung stehen, wieder verschwinden zu lassen. Dies kann nur über das Sammeln von Erinnerungsfragmenten gewährleistet werden. Diese erhaltet ihr hauptsächlich über die Vernichtung von Monstern und dem Befragen von Bewohnern in den verschiedenen Dörfern und Städten. Einige Erinnerungen liegen sogar in den jeweiligen Schauplätzen oder der Außenwelt frei herum und müssen lediglich eingesammelt werden. Einsetzen könnt ihr diese an einem bestimmten Punkt, der direkt an den weißen Flächen grenzt. Mit der erfolgreichen Anwendung erstrahlt ein komplettes Areal wieder in all seinen Farben und ist für euch begehbar.
Die Entdeckungsreisen durch Grünflächen, Felslandschaften, Stränden und dem Meer dürft ihr aber voller Unbeschwertheit genießen. Die Schlachten selbst obliegen nicht dem Zufallsprinzip und werden auf gewisse Bereiche eingeschränkt. Die jeweiligen Kampfgebiete sind in einzelne Areale untergebracht, die sich gleichzeitig mit einer andere Perspektive ausrichten.
Technik
Grafisch bleibt Lost Sphear regelrecht bescheiden und orientiert sich an der Optik von I’am Setsuna, welches sich einer hohen Beliebtheit erfreuen durfte. Immer mit dem Blick von oben, hat der Spieler die Gruppe und all dessen Gegner im Auge und verliert so nie die Übersicht. Im ähnlichen Blickwinkel wird die Oberwelt erkundet, die durch zurückerhaltende Erinnerungen mehr an Farbvielfalt und Atmosphäre gewinnt. Gleichzeitig harmoniert die Grafik der Umgebung mit den dreidimensionalen und vor allem liebevoll gestalteten Figuren. Im leichten Chibi-Look gehalten und mit weichen Animationen ins Spiel eingebracht, verankern sie sich schnell in euren Köpfen. Dennoch ist es schade, dass zumeist wieder die bekannten Stereotypen verbaut worden sind.
Auf filmreife Zwischensequenzen verzichtet Lost Sphear komplett, was aber keinesfalls als Kritikpunkt gewertet werden sollte. Die Erzählung weiterer Geschehnisse, die im spielerischen Look verweilen, passen optimal zum Gesamtbild des JRPGs.
Wie schon aus der Rollenspiel-Schmiede Square Enix bekannt, bleibt die zwischenmenschliche Note ebenfalls erhalten und bringt storytechnisch einiges an Tiefgang mit. Viele Gespräche, die in deutschen Bildschirmtexten inmitten von Sprechblasen im Retro-Look festgehalten sind, begleiten den Titel über Stunden. Zudem erfreut harmonische bis epische Musik das Heldenherz und treibt regelrecht an, immer tiefer in die noch weiße Welt vorzudringen. Egal ob ihr gerade die Landschaft erkundet, oder einen Kampf beginnt, die musikalische Unterlegung ist einem Rollenspiel würdig und erinnert in vielen Belangen an das Mittelalter. Optional darf euer Abenteuer noch von einer japanischen Sprachausgabe begleitet werden, die aber recht knapp gehalten ist und hauptsächlich in den Kämpfen selbst Anwendung findet.
Die Steuerung ist simpel eingängig und nicht überladen. Dies gilt sowohl für die Konsolen-Version, wie für die PC-Portierung, die ich für unsere Preview gespielt habe. Wenige Befehle reichen vollkommen aus, um den Tiefgang der Geschichte in vollen Zügen genießen zu können. Gleichzeitig werden die einzelnen Steuerungsoptionen während des Spielens eingeblendet, was die Anwendung noch einfacher gestaltet. Im Menü müsst ihr hingegen etwas aktiver werden, denn dieses ist vollgepackt mit Möglichkeiten, die einige Zeit zum Verinnerlichen brauchen.