Honey, I Joined a Cult REVIEW
Einen eigenen Kult gründen. Das ist die Prämisse der Aufbau- und Management-Simulation „Honey, I Joined a Cult“, des britischen Entwicklers Sole Survivor Games. Seit September 2021 befand sich der Titel schon im Early Access und wurde nun kürzlich als Version 1.0 bei Steam veröffentlicht. Wer bereits in die Early Access-Version hineinspielen durfte, bekommt dem finalen Release einige neue Inhalte sowie eine aufpolierte Vollversion. Alle anderen bekommen in unserem Review alle nötigen Infos und erfahren vor allem, ob sich die schräge Kultistensimulation denn auch lohnt.
Die schrägen 1970er
Ausgangspunkt sind die wilden 70-Jahre. Die waren nicht nur die Zeit schräger Schnauzbärte und verrückter Kleidungsstile, sondern auch die Zeit diverser Weltuntergangstheorien und alternativer Religionen. Genau zu dieser Zeit soll man nun als Oberhaupt einer neuen Kultbewegung eine Sekte gründen. Das Ziel dabei ist natürlich, wer hätte es gedacht, Ruhm und Reichtum – vor allem Reichtum. Inspiriert von Titeln wie Prison Architect oder Theme Hospital macht man sich daran, eine anschauliche Anhängerschaft zu aufzubauen und vom Hauptquartier aus seine dunklen Pläne zu verfolgen. Für die ersten Kultisten, die man einfach von der Straße rekrutiert, werden einfache Schlafsäle, schmutzige Duschen und eine mickrige Kantine errichtet, denn mehr gibt das Anfangsbudget nun mal nicht her.
So eine Kultgemeinschaft finanziert sich bekanntlich nicht von selbst und so müssen alle tatkräftig anpacken. Tagsüber werden Gefolgsleute dazu abgestellt, neue Mitglieder für die Gemeinschaft anzuwerben, Vorträge zu halten oder neue Anhänger zu unterhalten. Dadurch wird laufend Geld generiert, welches dann in den Ausbau von Gebäuden, neuer Einrichtung oder dem Upgrade von Räumen investiert werden kann. Wer gerade nichts zur Expansion der Bewegung beiträgt, steht in der Küche oder hält das Inventar in Schuss.
Zur Stärkung des Glaubens wird außerdem jeden Abend im Gebetsraum zusammen mit dem Oberhaupt gebetet, denn der dadurch generierte Glaube hält die Gemeinschaft aufrecht. Je weiter die Mitglieder innerhalb der Gemeinschaft aufsteigen, desto höhere Glaubenskosten verursachen sie auch und desto mehr Predigten muss man als Oberhaupt abhalten. Neben Geld und Glaube gibt es aber noch weitere Ressourcen, die man im Auge behalten muss. Unter anderem Einfluss, der während täglichen Aktivitäten generiert wird. Einfluss wird dazu eingesetzt, um Forschungsprojekte voranzuführen, was neue Räumlichkeiten und Gadgets ermöglicht.
Einen großen Teil machen die täglichen Missionen aus, auf die man seine Mitglieder in die nächstgelegene Stadt entsenden kann. Hierbei wird PR-Arbeit geleistet sowie Geld und Erfahrungspunkte verdient. Missionen bringen aber auch immer Risiken mit sich. Sollten sich die Kultisten nämlich zu ungeschickt anstellen, kann es passieren, dass sie sich verletzten oder noch schlimmer, geschnappt werden und im Gefängnis laden. Außerdem treiben tägliche Einsätze den Ermittlungsdruck der Behörden nach oben, was langfristig zu Untersuchungen, Protesten und am Ende sogar zur Zerschlagung des Kults führen kann.
Der Kult muss wachsen!
Damit es nicht so weit kommt, muss man seine Anhängerschaft umsichtig managen. Es wird also schnell klar, dass sich hinter der Fassade von Honey, I Joined a Cult auch eine kleine Wirtschaftssimulation versteckt. Inklusive individueller Fertigkeiten und Statuswerten der einzelnen Mitglieder. Jeder Kultist möchte ausrechend Freizeit, Erfolg und gutes Essen genießen, um der Gemeinschaft lange erhalten zu bleiben. Das ist mit wachsender Größe gar nicht so einfach. Auch wird man anfangs trotz umfangreichem Tutorial regelrecht erschlagen von Regeln und neuen Spielmechaniken. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase funktioniert der tägliche Betrieb des Kults dann einwandfrei und insgesamt hält sich die Komplexität auch im späteren Spielverlauf in Grenzen.
Honey, I Joined a Cult ist keine Hardcore-Tabellenkalkulation, sondern richtet sich eher an Casual Spieler, die ihren Feierabend genießen wollen. Selbst ein Prison Architect gestaltet sich an vielen Stellen komplexer. Generell nimmt sich der Indietitel selbst nicht zu ernst, sondern bringt immer eine gewisse Portion Humor ins Spiel. Das fällt vor allem bei den Therapieräumen auf, in denen treue Anhänger täglich um ihr wertvolles Geld gebracht werden. Neben der klassischen Meditationskammer trifft man hier auf Drehwurmplattformen oder Offenbarungsbecken, welche versteckte Eigenschaften einzelner Kultmitglieder preisgeben. Dabei muss man unweigerlich an die schrägen Behandlungsräume eines Two Point Hospital denken. Genau diese Spieler wollen die Entwickler mit dem humorvollen Gameplay offenbar auch abholen.
Für längerfristige Unterhaltung möchte man durch unterschiedliche Ziele, wie die Zerstörung durch Gottheiten wie Cthulhu oder aber ein Leben in völliger Harmonie in Kombination mit einem umfangreichen Forschungsbaum sorgen. Wie gut das klappt und vor allem wie gut der Titel in Zukunft mit Inhalten versorgt wird, wird sich zeigen. Derzeit hat man das Gefühl, nach 5 bis 10 Spielstunden schon das Meiste gesehen zu haben. Gerade das eher träge Spieltempo streckt die Spielzeit schon sehr stark, wodurch man sich zwischendurch ohne Weiteres einmal Snacks oder ein Tässchen Kaffee genehmigen kann. Grundsätzlich scheint sich Honey, I Joined a Cult an Spieler zu richten, die einen gewissen Wuselfaktor schätzen und begeistert auf die florierende Gemeinde herabsehen wollen.
Technik:
Aus der technischen Sicht betrachtet läuft Honey, I Joned a Cult erstaunlich gut, insbesondere in Anbetracht dessen, dass nur eine Handvoll Entwickler daran gearbeitet haben. Grafisch orientiert man sich ganz klar an Prison Architect oder Rimworld, das bringt natürlich Vor- sowie Nachteile mit sich. Einerseits setzen die Entwickler auf ein funktionierendes Konzept und schaffen damit DEN klassischen Indie-Charme, den viele Fans lieben und konnten durch die Einfachheit der Grafik den Schwerpunkt auf Gameplay legen. Andererseits darf man natürlich auch keinen AAA-Standard erwarten. Ein weiterer Vorteil des einfachen technischen Grundgerüstes ist, dass der Titel vermutlich auch auf einer Kartoffel laufen sollte. Einer kurzen Runde „Kult-Management“ in der Mittagspause steht also nichts im Wege.
Auch die Soundkulisse präsentiert sich stimmig. Während man seine Kultgemeinde weiter ausbaut, wird man von einem „funky“ Soundtrack begleitet, der sich immer dezent im Hintergrund hält, aber auch nach Stunden nicht langweilig wird. Auf vertonte Dialoge muss man leider verzichten, das ist aber nicht weiter wild, da sich der Leseaufwand nach dem Tutorial stark in Grenzen hält. Nach Möglichkeit kann man derzeit auf englische Texte ausweichen, da es bei der deutschen Lokalisierung noch den einen oder anderen Übersetzungsfehler gibt. Wer sich daran nicht stört, hat natürlich die freie Sprachauswahl.
Auf einen Multiplayer-Modus hat man bei Honey, I Joined a Cult verzichtet. Das ist auch gut so, denn für Mehrspielerpartien oder kooperative Aufbau-Sessions fehlt es dem Titel an Komplexität und für längeren Spielspaß mit Freunden vermutlich auch an Umfang. Dafür gibt es für alle Achievement Hunter wieder Steam-Errungenschaften und Sammelkarten, die den Wiederspielwert zusätzlich erhöhen. Während unseres Tests kam es zu keinerlei Spielabstürzen oder kritischen Bugs, die den Spielspaß negativ beeinträchtigt hätten.
Pro & Kontra
- Einsteigerfreundliches Gameplay
- Toller Indie-Charme
- Großartiger Humor
- Funky Soundtrack
- Fehlende Komplexität
- Etwas zu wenig Abwechslung