Dying Light REVIEW
Aktuell scheinen Survival-Titel mit apokalyptsichem Setting besonders in zu sein und schießen aus dem Boden wie Pilze zur Frühlingszeit. Darunter sind viele gute, aber auch viele schlechte Titel. Techland, die Köpfe hinter Dead Island, haben sich an Dying Light, einem neuen Survival Horror Titel, versucht. In diesem Test wird sich zeigen, wie sich der neue Überlebenskampf schlägt, nachdem Dead Island nicht gerade top Wertungen einfuhr.
Die Hölle beginnt bei Nacht
In Harran bricht eine seltsame Seuche aus und verwandelt die meisten Bewohner in wandelnde Tote. Die Stadt wird daraufhin komplett abgeriegelt und die verbliebenen Bürger können nur noch aus der Luft versorgt werden, keiner kommt mehr rein oder raus. Ihr schlüpft in die Rolle von Kyle Crane, einem GRE-Agenten, der undercover operiert. GRE (Global Relief Effort) ist eine humanitäre Organisation, die offenbar an einem Impfstoff gegen die Zombie-Seuche arbeitet. Die Unterlagen wurden jedoch gestohlen, die unfertige Formel soll im aktuellen Stadium sehr toxisch wirken und somit mehr schaden als nützen. Kyle Crane wird über Harran abgeworfen, soll die Stadt infiltrieren und den mutmaßlichen Dieb, Kadir Suleiman, finden. Die gestohlenen Dokumente finden und sicherstellen, ist Cranes oberste Mission.
Ausgestattet mit einer Waffe und der nötigsten Ausrüstung landet er in der Quarantänezone und wird kurzerhand von Banditen überfallen. Als Crane einen Schuss auf die Banditen abgibt tauchen, angelockt vom Knall, die ersten Zombies auf. Ein Chaos folgt, Crane kann nur durch die Hilfe von Jade Aldemir entkommen und sie bringt ihn in den so genannten „Turm“. Während der Flucht wird Kyle Crane auch noch infiziert und muss nun selbst Medikamente suchen, um nicht selbst als hinkende Leiche zu enden.
Nach dem turbulenten Auftakt übernimmt der Spieler die Kontrolle über Crane und muss vorerst selbst sehen, wie es mit ihm weitergeht. Er muss seine Tarnung als mutmaßlicher Flüchtling aufrechterhalten und den Dieb finden. Hilfe von außen ist keine Option, er muss sich der Situation anpassen und mit dem auskommen, was er findet. Kyle bekommt einen Schlafplatz im Turm, soll dafür aber den Bewohnern helfen und Aufträge erledigen.
Die Entwickler haben die apokalyptische Stimmung in Dying Light sehr gut eingefangen. Überlebende verbarrikadieren sich in Wohnungen, Häuser sehen geplündert aus, auf den Straßen stehen massenhaft herrenlose Fahrzeuge. Zwischen den Fahrzeugen schlurfen teilnahmslos Zombies, auf der Suche nach frischem Fleisch – Menschenfleisch. Im Turm, dem zentralen Unterschlupf des Spielers, spielen Kinder und Bewohner gehen so gut wie möglich einem geregelten Alltag nach.
Crane muss GRE über sein Funkgerät immer wieder Berichte liefern und neue Befehle entgegennehmen. Im Lauf der Geschichte zweifelt man als Spieler immer mehr an den scheinbar guten Motiven der Organisation. Kyle soll etwa Medikamente zerstören, die die Bewohner dringend brauchen würden, zum Wohl der Allgemeinheit. Ist GRE wirklich so gut, wie nach außen hin dargestellt oder handelt es sich bei der Beschaffung der gestohlenen Daten um eine Vertuschungsaktion? Die offizielle Bestätigung einer Zombie-Apokalypse würde bekanntlich nicht gut auf die Weltbevölkerung wirken und eine globale Krise auslösen. Konzerne und Organisationen haben in Krisenzeiten keinen guten Stand.
Frei wie ein Vogel über der Stadt
Dying Light spielt sich erfrischend anders. Durch die Parkourfähigkeiten des Charakters zieht es den Spieler weg von den Straßen und auf die Hausdächer der Stadt. Das ist auch gut so, denn es ist oft besser, einem Kampf auszuweichen. Damit unterscheidet sich der Titel von Dead Island, wo der Kampf so gut wie immer gesucht wird. Man fühlt sich in der offenen Welt sehr frei und beweglich. Als Spielheld springt, sprintet und schlägt man sich durch die große Spielwelt und arbeitet einzelne Aufträge ab. Diese Aufträge liefern Geld und Überlebenspunkte, die ihr wiederum in neue Fähigkeiten stecken könnt. Insgesamt gibt es drei verschiedene Fähigkeitsbäume. Überlebenspunkte bekommt ihr für Aufträge, die Rettung anderer Überlebender und Überleben bei Nacht. Kampfpunkte sammelt ihr, indem ihr kämpft und der letzte Baum versorgt euch mit Bewegungsfähigkeiten, Punkte für diesen Baum erhaltet ihr durch Parkour-Aktionen. Alle drei Bäume sind getrennt voneinander und separat levelbar.
Man merkt richtig, wie Kyle mit steigendem Level immer stärker wird. Das hat der Undercover-Agent auch bitter nötig, denn die Zombies lauern überall. Einzeln sind die schlurfenden Zeitgenossen zwar relativ schwach, aber ehe man gegen einen kämpft, sind zehn weitere nicht weit. Oft bleibt nur noch die Flucht als letzte Möglichkeit dem Tod zu entrinnen. Besonders bei Nacht, denn dann wird’s richtig ungemütlich. Die Sicht ist dann lediglich auf den Lichtkegel der Taschenlampe reduziert und die Zombies werden deutlich stärker. Bei Nacht tauchen außerdem so genannte „Hunter“, eine Sonderform des normalen Untoten, auf. Der Schattenjäger kann euch über weite Entfernungen orten, schneller laufen, auf Häuser klettern und richtet erheblich mehr Schaden an, als ein „herkömmlicher“ Zombie. Da kommt richtig Panik auf. Klebt euch so ein Hunter an den Fersen, hilft nur noch die Flucht in einen Unterschlupf. Dort seid ihr geschützt vor der Plage und könnt wahlweise bis zum Sonnenaufgang oder Sonnenuntergang schlafen. Habt ihr nicht gerade eine Nacht-Mission oder wollt eure Fähigkeiten schneller trainieren, denn bei Nacht gibt es doppelte Erfahrung, empfiehlt sich nur bei Tag unterwegs zu sein.
Seid ihr einmal zu weit entfernt von einem Unterschlupf, könnt ihr euch auch in leer stehenden Häusern verstecken, wenn ihr hineinkommt. Konnten viele Türen in Dead Island noch eingetreten werden, müsst ihr nun mit einem Dietrich ans Werk gehen. Mit etwas Übung gelingt aber auch das recht schnell und das Überleben einer weiteren Nacht wäre gesichert.
Je gründlicher ihr die Stadt untersucht, desto mehr Waffen und Materialien werdet ihr finden. Ähnlich wie schon in Dead Island gibt es Waffen in Hülle und Fülle. Vom einfachen Eisenrohr, bis zum nagelbesetzten Baseballschläger. Zudem könnt ihr euch aus vielen Materialen starke Waffen und Medipacks herstellen. Die Baupläne dazu lassen sich in verlassenen Häusern und als Missionsbelohnungen finden. Neue Waffen sind auch immer nötig, denn besonders zu Beginn ist das Inventar klein und jede Waffe nützt sich bei Gebrauch ab. Im Notfall lassen sich die Gerätschaften aber auch unterwegs reparieren, so schaut ihr nicht so überrascht aus der Wäsche, wenn ihr einer Gruppe Zombies mit einer beschädigten Waffen in den Allerwertesten treten wollt.
Leider sieht es derzeit für eine Veröffentlichung in Deutschland nicht sehr gut aus. Eine Freigabe der USK blieb aus und auch die EU-Disc‘s verzögern sich. Ganz unbegründet ist das Nein der USK nicht. Dying Light ist sehr brutal und damit sicher nichts für Kinderhände. Abgetrennte Körperteile und eingeschlagene Köpfe sind hier an der Tagesordnung, also nur etwas für Hartgesottene. Zudem werden verbündete Überlebende oft von feindlichen menschlichen Widersachern zu Boden getreten. Wer Dead Island kennt, darf hier mit einer ähnlichen Gewaltdarstellung rechnen. Egal wie die Zukunft aussieht, ihr kommt um einen Import wohl nicht herum.
Multiplayer und Technik
Techlands neuer Titel bietet natürlich wieder einen kooperativen Multiplayer. Darin dürft ihr mit bis zu drei Freunden gemeinsam Zombies in Hackfleisch verarbeiten. Das macht großen Spaß und fördert die Gruppendynamik. Selbstverständlich lassen sich Aufträge teilen und gemeinsam bestreiten. Besonders interessant und innovativ ist der „Be the Zombie“-Modus. Dabei übernimmt ein Spieler die Rolle eines Night-Hunters und muss die Gruppe der menschlichen Spieler jagen. Das Ganze erinnert etwas an Evolve, vier Spieler gegen ein Monster. Der Multiplayer läuft flüssig und stabil, aber natürlich darf jeder Spieler selbst entscheiden, ob er online oder offline spielt. Einen Splitscreen-Modus, wie etwa bei Halo, gibt es nicht.
Technisch ist Dying Light größtenteils einwandfrei, auch wenn die Xbox One-Version etwas runter geschraubt wurde. Die Auflösung von 1536×1080 Pixel und gelegentliche Framerate-Drops unter die 30fps Marke stören das Spielerlebnis nicht wirklich. Auf der PS4 läuft der Titel in FullHD und mit konstanten 30fps. Während der Zwischensequenzen tritt oftmals störendes Tearing, also ein Zerreißen einzelner Bilder, auf. Dieses Phänomen ist zum Glück nur auf die Cutscenes beschränkt, während dem aktiven Gameplay ist der Bildlauf flüssig.
Ansonsten sieht Dying Light auf allen Plattformen gut aus und präsentiert eine sehr glaubhafte Endzeit-Stadt. Die Details sind gut gelungen, auch wenn es neben der Chrome Engine 6 noch wesentlich performantere Engines gbit. Auch der Soundtrack ist gut gelungen, erinnert an klassische Oldschool-Zombiefilme. Die deutschen Synchronstimmen könnten etwas atmosphärischer sein und sind manchmal asynchron mit den Mundbewegungen der Charaktere.
Die Steuerung durch die verseuchte Stadt ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber schon nach etwa zwei Stunden Training hat man Kyle Crane nahezu perfekt im Griff. Die Parkour-Steuerung erinnert stark an den Klassiker Mirror’s Edge. Die leer stehenden Gebäude und Fahrzeuge wurden gut auf der Karte platziert und ermöglichen eine flüssige Bewegung durch die Stadt, ohne den Boden berühren zu müssen. Für alle Sammler wurde mit genügend Erfolge und Trophäen auch wieder vorgesorgt. Daneben wurden in ganz Harran kleine Statuen verteilt, die es zu finden und einzusammeln gilt.