Driftmoon REVIEW
Driftmoon ist ein Computer-Rollenspiel, das vom finnischen Indie-Entwicklerstudio Instant Kingdom kreiert wurde und am 26.02.2013 auf Plattformen wie Steam und GoG veröffentlicht wurde. Es ist nach „Notrium“ bereits das zweite kommerzielle Spiel des Entwicklers, welcher sich aus dem Ehepaar Ville und Anne Mönkkönen zusammensetzt. Das besondere an Driftmoon ist, dass sich das Spiel eher an Einsteiger und Casual-Spieler richtet, welche einen Einstiegspunkt ins doch eher hartgesottene Genre der Computer-Rollenspiele (CRPGs) suchen. Darüber hinaus bietet das Spiel auch einen integrierten Leveleditor, sowie eine angenehm komfortable Such- und Installationsfunktion für Mods. Hierdurch werden starke Erinnerungen an die Neverwinter Nights-Spiele geweckt, die scheinbar einen gewissen Einfluss auf die Entwickler ausgeübt haben. Zumindest kann man einige Parallelen zwischen NWN und Driftmoon nicht von der Hand weisen. Aber darum geht es ja nicht. Viel wichter ist es herauszufinden, was das Spiel taugt und ob die angepeilten Zielgruppen hier wirklich zufriedengestellt werden können oder nicht. Genau das möchte ich euch im folgenden Review aufzeigen.
Klassische Fantasy-Story und kindischer Humor
Erneut finden wir uns in einer hübschen Fantasywelt wieder, welche von einer finsteren Macht bedroht wird. Dabei hat doch alles so harmlos angefangen: Wir sind der jüngere Sohn des talentierten Alchemisten Winston. Dieser hat einen Brief an uns verfasst, mit der Bitte schnellstmöglich zurück nach Hause zu kommen, da es etwas extrem wichtiges über ein altes Familienerbstück zu besprechen gibt, worüber man in Briefform jedoch nichts weiter sagen möchte. Also kehren wir ins Heimatdorf Northrop zurück und erleben kurz nach unserer Ankunft eine böse Überraschung. Zwar wird unsere Spielfigur von seiner Mutter empfangen, jedoch reagiert diese äußerst panisch und geht sogar so weit ihren Nachwuchs in den Dorfbrunnen zu schubsen. Wie sich recht bald herausstellt tat sie dies jedoch nicht aus Bosheit, sondern um ihr Kind vor dem Angriff einer Truppe von Echsenmenschen zu schützen. Die Angreifer entführten nicht nur unseren Vater, sondern verwandelten auch noch fast alle Dorfbewohner in Steinstatuen. Lediglich Word, der Azubi unseres Vaters, konnte sich rechtzeitig verstecken und schließt sich unserer Sache an.
Es dauert nicht lange, bis wir herausfinden, dass unser Vater dem Geheimnis des alten Familienerbstückes, einem Juwel, auf der Spur war. Besagtes Juwel beherbergt nekromantische Zauberkräfte, mit denen unser alter Herr sogar ungewollt Schaden anrichtete. Der Klunker ist Bestandteil eines mächtigen Amuletts, welches einst dem bösartigen Untoten-König Ixal gehörte. Dieser hatte vor 1000 Jahren versucht die gesamte Welt zu unterjochen, um deren Einwohner in seine Untotenhorde zu integrieren. Letztendlich konnte er jedoch bezwungen werden und sein Amulett wurde in mehrere Einzelteile zerdeppert. Sieht so aus, als ob Ixal jetzt versucht seine kraftspendende Protzkette zu restaurieren, damit er seine alten Pläne wieder aufgreifen kann. Und nun ratet mal wer die Niete gezogen hat und sich auf den beschwerlichen Weg machen muss, um die Amulettteile vor Ixal aufzutreiben, und somit die Welt zu retten?
Die Handlung mag jetzt zwar keine Kreativitätspreise gewinnen, hat aber dennoch so manch überraschende Wendung zu bieten. Und auch die Spielwelt von Driftmoon hat einige nette Sagengut-Texte zu bieten. So verfügt fast jedes Ausrüstungsstück über seine eigene Hintergrundgeschichte in der Gegenstandsbeschreibung und es gibt einige Schriftstücke zu finden, welche interessante Einblicke in diese Welt gewähren. Auch die NPCs denen man begegnet sind keine Klonpüppchen wie in anderen RPGs, die nur existieren um eine bevölkerte Welt vorzugaukeln oder einen stupiden Einzeiler von sich zu geben, sondern Individuen mit eigenen Marotten und Problemchen. Diese Probleme äußern sich freilich häufig in Quests, die der Spieler zu bewältigen hat.
Direkt zu Beginn wird einem auffallen, dass Driftmoon einen starken Fokus auf Humor setzt. Im ersten Spielabschnitt rettet man beispielsweise eine Piratenkrabbe aus der Bredouille, beseitigt eine mordlüsterne abgetrennte Hand als optionalen ersten Bossgegner, besichtigt die kleinste Brücke der Welt und begegnet dem Buhmann in Form eines menschenfressenden, gruseligen Clowns. Letzteren muss man übrigens nicht zwangsweise bekämpfen, sondern kann ihn stattdessen sogar diplomatisch beschwatzen, damit er auf die Seite des Guten wechselt. Und natürlich begegnet man im Spiel vielen kommunikationsfreudigen Skeletten, von denen sich eines sogar unserer Gruppe anschließt. Der Humor von Driftmoon erinnert stark an Larians Divine Divinity, allerdings gibt es einen großen Unterschied: Anders als in Divine Divinity ist der Humor von Driftmoon durch die Bank kinderfreundlich gehalten, was oftmals auch einen relativ anstrengenden kitschigen Flair erzeugt. Besagter Flair harmoniert aber nicht immer mit der Hauptstory, welche doch eine eher ernste Fantasysaga erzählt, die auch nicht vor unangenehmeren Themen zurückschreckt, wobei das Spiel aber auch hier nie über die guten Sitten hinausgeht.
In diesem Zusammenhang muss man auch sagen, dass das Entwicklerpärchen überzeugte Christen sind, was sicherlich auch seinen Einfluss auf die Story gehabt haben dürfte. Dies wirkt sich aber nie störend im Spiel aus. Man hat es also keineswegs mit einem dieser seltsamen Propaganda-Spielchen zu tun, die einem an jeder zweiten Ecke Bibelverse um die Backen schlagen. Stattdessen vermittelt Driftmoon seine christlichen Werte auf intelligente Weise, indem z.B. ein bestimmter Begleitcharakter, der sich als extrem geldgierige Person entpuppt, völlig unerwartet in eine furchtbare Extremsituation gelangt, welche er jedoch nutzt um Gutes zu tun und somit indirekt Buße leistet und im erfreulich umfangreichen Epilog sogar dafür belohnt wird und seine Lektion gelernt hat.
Auch der Spieler profitiert davon, wenn er Gutes tut, denn es gibt ein Karma-System. Gute Taten bringen Karma-Punkte, welche wiederum die hohen Preise von Händlern prozentual senken. An Driftmoon können sich andere Christen-Games also gerne mal ne dicke Scheibe abschneiden.
Entschlackt und simplifiziert
Eine komplexe Charaktererstellung gibt es nicht, stattdessen soll man lediglich einen Namen für die männliche Spielfigur eintippen und einen der vier Schwierigkeitsgrade Adventurer, Champion, Warlord und Guardian auswählen. Die Grade sollen in erster Linie Stärke und Masse der Gegner beeinflussen. Auf den beiden höheren Graden verfügen die Feinde auch über Lebenspunkt-Regeneration außerhalb des Kampfes. Feige Hit and Run-Taktiken ziehen da also nicht mehr. Zu guter Letzt werden noch die Skillpunkte des ersten Level-Ups vom Grad beeinflusst. Auf dem niedrigsten Grad „Adventurer“ bekommt man vier Punkte, auf dem höchsten „Guradian“ hingegen nur Einen. Alle weiteren Level-Ups bringen danach aber grundsätzlich nur noch einen Skill-Pluspunkt.
Und wo wir schon einmal bei den Skillpunkten sind: Diese kann man nach eigenem Gusto in die fünf Attribute Strenght (erhöht verursachten Schaden), Dexterity (erhöht die Frequenz der eigenen Angriffe), Agility (verbessert die Laufgeschwindigkeit der Spielfigur), Constitution (erhöht die Lebenspunkte) und Intelligence (Erhöht die Manapunkte und den Exp-Output) investieren. Unabhängig von den Level-Ups, kann man die Attributswerte auch noch mit bestimmten Ausrüstungsstücken steigern.
Abseits der Skillpunkte bekommt man pro Level-Up auch noch einen Talentpunkt, welchen man in insgesamt 18 verschiedene Talente investieren kann. Die Talente umfassen diverse Angriffs und Verteidigungsskills via Nahkampfwaffen, Pfeil- und Bogen oder Schild. Es gibt aber auch einige passive Skills, mit denen man z.B. die Leistung der Begleitcharaktere verbessern kann, die Chance auf kritische Angriffe steigert und weitere.
Einige Talente sind aneinandergekoppelt, was bedeutet, dass man erst mal einen Punkt in ein schwächeres Talent investieren muss, bevor man ein Stärkeres erlernen darf. Die stärkeren Talente darf man aber ohnehin erst erlernen, sobald man höhere Levelstufen erlangt hat, von daher ist das nicht so schlimm. Außerdem darf man fast jedes Talent bis auf Stufe 3 verbessern, um dessen Leistung zu steigern. Man muss also selber entscheiden, ob man sich einen Allrounder aufbaut oder bestimmte Talente spezialisiert. Selbiges gilt freilich auch für die Attribute.
Die Tastatur- und Maussteuerung des Spiels ist bewusst simpel gehalten und lässt sich bei Bedarf auch frei konfigurieren. Controller werden nicht unterstützt, was doch etwas schade ist, aber aufgrund des Spielgenres keinen Beinbruch darstellt.
Viele Dinge im Spiel laufen automatisiert ab. Als Spieler übernimmt man lediglich die Kontrolle über den Hauptcharakter, die Begleitcharaktere werden ausschließlich von der K.I. Gesteuert (NWN lässt schön grüßen). Das ist aber nicht schlimm, da sich die K.I. recht wacker schlägt, die Kameraden viel aushalten und ohnehin nicht sterben können. Verletzungen nach einem Kampf werden automatisch regeneriert, aber nur, wenn man genügend Essensrationen gesammelt hat. Hierdurch wird dem Faktor der Selbstregeneration die stupide Casual-Note entzogen. Zumindest auf den höheren Schwierigkeitsgraden sollte man schon darauf achten, dass einem der Proviant nicht zur Neige geht und man dadurch plötzlich dumm da steht. Allerdings gibt es in der Spielwelt Büsche mit Früchten, welche mit der Zeit immer wieder nachwachsen, solange man sich nur in der jeweiligen Map befindet. Hierdurch wird vermieden, dass man in einer Proviant-Sackgasse landet. Man kann diese Büsche mithilfe von seltenen Samen sogar selber anpflanzen – und zwar überall wo man will.
Der Kampf ist eine simplifizierte RTwP-Angelegenheit (Real Time with Pause). Die Kämpfe finden zwar in Echtzeit statt, laufen jedoch auch stark automatisiert ab und erfordern nur passives Management vom Spieler. Dieser kann über eine entsprechende Leiste diverse Talente aktivieren (sofern er genügend Manapunkte hierfür hat), Tränke konsumieren, zwischen Fern- und Nahkampfwaffe durchschalten oder auch versuchen sich zurückzuziehen. Für seine Anweisungen kann der Spieler jederzeit eine Pausefunktion aktivieren, welche den Stressfaktor aus dem Kampf zieht.
Trefferquoten und dergleichen entfallen übrigens komplett. Jeder Angiff ist in Driftmoon ein erfolgreicher Treffer. Dies kommt sowohl dem Spieler, als auch seinen Feinden zugute. Der Spieler kann aber immerhin ein Talent erlernen, welches eine bestimmte Anzahl von feindlichen Schlägen negiert. Die Maßnahme jeden Angriff durchzuwinken, dient natürlich dazu das Kampfsystem zu entschlacken.
Die großen Brüder á la Baldur’s Gate hauen dem Spieler halt stattdessen lieber Trefferwürfe, Rettungswürfte, ETW0 und weitere Regeln um die Ohren, welche oftmals dafür sorgen, dass Angriffe wiederholt ins Leere gehen und Neulinge somit irritieren und frustrieren. Dies wollte man in Driftmoon scheinbar vermeiden.
Auch andere Frustquellen wie respawnende Gegner oder ein Überschuss an Kämpfen wurde vermieden. Driftmoon bietet meiner Meinung nach eine abolut hervorragende Balance aus Kämpfen, Erkundung, Rätseln und Story. Hier wird es nie langweilig und man ist immer gespannt, was die nächste Map denn alles mit sich bringt. Vor allem die späteren Rätselpassagen sind doch recht schön gelungen, da sie zwar leicht ausfallen, aber auch clever genug aufgebaut sind, dass man aufrechte Freude mit ihnen hat.
Was die Erkundung anbelangt, so erlaubt einem das Spiel viele Umgegungsobjekte mithilfe des Mauscursors durch die Gegend zu schieben. Hierdurch findet man auch viele versteckte Gegenstände, die einem ansonsten verborgen bleiben.
Apropos Gegenstände: Driftmoon bietet zwei verschiedene Typen von Sammelgegenständen. Silberne Federn und Goldfische. Erstere steigern den Manapool um einen Punkt und finden gegen Ende des Spiels auch einen weiteren Nutzen. Die Goldfische schalten hingegen ofmals einen weiteren Skill- oder Talentpunkt frei und sind entsprechend wertvoll. Allerdings muss man ein bestimmtes Talent erlernen, damit die Goldfische überhaupt gefunden werden können. Aber es lohnt sich! Insgesamt liegen 100 versteckte Silberfedern und 13 Goldfische im Spiel verborgen. Und wer die Steam-Version des Spiels besitzt, der darf sich auch über Achievements freuen, welche hauptsächlich an diese Sammelgegenstände gekoppelt wurden. Die GoG-Version bietet leider keine Achievements, was aber auf GoG selbst zurückzuführen ist, welche im Jahre 2013 noch gar keine Achievement-Funktion angeboten haben.
Modding auf eigenes Risiko
Wie bereits erwähnt, bietet Driftmoon einen eigenen Leveleditor und eine vorbildliche Suchfunktion für Driftmoon-Mods. Mit dem Leveleditor habe ich mich nicht beschäftigt, und kann folglich nichts dazu sagen. Aber die Mods habe ich mir dafür näher angeschaut. Die Mods werden in zwei Typen untergliedert: Mods welche die Hauptkampagne der Entwickler beeinflussen und Total-Converison-Mods, welche im Grunde genommen eigenständige Spiele darstellen, welche von Fans entwickelt wurden und kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Die Mods, welche Einfluss aufs Hauptspiel nehmen, sind eigentlich nur optische Spielereien. So gibt es z.B. Mods, welche den männlichen Hauptcharakter gegen eine Frau austauschen (für SJWs), den Charakteren Tierschwänze verpassen (für Furries), die Spinnengegner mit Pappkartons verdecken (für Arachnophobiker) und ähnlicher Kleinkram.
Da sind die Total-Converison-Mods doch wesentlich interessanter. Es ist schon beeindruckend, wie viel man mit dem Leveleditor anstellen kann. In grafischer Hinsicht wirken die Mods wesentlich eindrucksvoller als das eigentliche Spiel. Dummerweise sind alle drei Mods, die ich gespielt habe, entweder unvollständig oder kaputt. Etwas Recherche auf der Entwickler-Homepage hat ergeben, dass die Mods wahrscheinlich aufgrund eines Updates der Entwickler kaputtgegangen sind, und die Modder wohl nie die Zeit oder Lust gefunden haben ihre Spiele zu reparieren. Verübeln kann ich es ihnen nicht, denn wer garantiert schon, dass der Entwickler in eins, zwei Jahren nicht ein weiteres Update herausbringt, welches die Mods erneut beschädigt?
Das ist natürlich sehr schade, denn so weit ich sie spielen konnte, wirkten die Mods wirklich sehr unterhaltsam und hochwertig. Da haben die Entwickler einen wertvollen Aspekt des Spiels vor die Hunde gehen lassen. Das muss man einfach so deutlich sagen. Die Spieldauer der Driftmoon-Hauptkampagne ist mit maximal 14-15 Stunden nämlich nicht übermäßig lang – vor allem nicht für ein CRPG. Da hätten die Total-Conversions noch einige Spielstunden drauflegen können. Allerdings kann ich niemanden empfehlen seine Zeit mit kaputten Mods zu verbringen. Auch der Toolkit-Aspekt entfällt, denn wer will schon riskieren, dass seine Arbeit durch das nächste Update gekillt wird?
Grafik und Sound
Da Driftmoon ja ein Toolkit zum erstellen eigener Abenteuer bereitstellt, kann man sich wohl denken, dass die dreidimensionale Grafik des Spiels nicht unbedingt die Hübscheste sein dürfte. Tatsächlich sieht das Spiel sogar schwächer aus, als das olle Neverwinter Nights, welches grafisch unglaublich schlecht gealtert ist. Glücklicherweise gibt es jedoch einen Aspekt, der Driftmoon rettet, und das ist die kunterbunte Farbpalette. Die 3D-Assets mögen zwar äußerst klobig und eckig ausschauen, aber dafür ist alles schön bunt eingefärbt, was der Spielwelt doch überraschend viel Leben einhaucht. Auch die Charakterportrait-Artworks sind recht charmant gezeichnet. Dennoch sollte man sich bewusst sein, dass man hier ein hässliches Entlein vor sich hat. Völlig unverständlich ist außerdem, dass es keinerlei Möglichkeit gibt die Kameraperspektive um die eigene Achse zu rotieren. Dieser Aspekt rückt die bescheidene Grafik sogar in ein noch schlechteres Licht.
Beim Soundtrack sieht es nicht besser aus, um ehrlich zu sein ist mir absolut nichts vom OST im Gedächtnis hängen geblieben. Es wird viel mit Ambient-Tracks gearbeitet und die Melodien bauen einen humoristisch-märchenhaften Flair auf, der ja auch gut zum Spiel passt. Nichtsdestotrotz bleibt der Hauptkritikpunkt, dass der Soundtrack absolut vergessenswert ist. Folglich kann ich dazu auch nicht mehr sagen. Ähnlich schaut es bei den Soundeffekten aus, welche lediglich ihren Zweck erfüllen. Eine Sprachausgabe hat man sich sogar komplett gespart.
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