Dead Cells REVIEW
Kaum ein Spiel aus der Indie-Ecke konnte die Spielergemeinde bei Steam in den letzten Wochen so fesseln wie Dead Cells. Nachdem der Titel international durchweg positive Wertungen einfahren konnte, mussten wir auch zupacken. Spät aber doch durften auch wir Hand an der zeitgenössischen Antwort auf Metroidvania aus dem Hause Motion Twin anlegen. Wir haben Dead Cells für PC auf Herz und Nieren für euch getestet. Das Ergebnis lest ihr in den folgenden Zeilen. Eines vorweg, Dead Cells ist schon jetzt ein zeitloser Klassiker, wie er im Buche steht.
Wenn mal wieder alles schiefläuft
Dead Cells beginnt ohne Umwege. Als scheinbar gescheitertes Alchemieexperiment, mit einem leuchtenden Orb als Kopf, wird man in eine fremde Welt geworfen. Durch eine vorerst unbekannte Plage scheint sich ein Großteil der Bevölkerung in furchterregende Monster verwandelt zu haben. So in gewisser Weise auch der namenlose Protagonist, denn er kann nicht sterben. Zwar wird sein Körper beim Ableben zerstört, doch der leuchtende Kopf-Orb sucht sich dann einfach einen neuen Körper und so beginnt der Zyklus von vorne, immer und immer wieder.
In Sachen Handlung hält sich Dead Cells weitestgehend bedeckt. Während man sich in den ersten Spielstunden rein auf das Gameplay konzentriert, findet man in einigen Räumen der Spielwelt vage Botschaften, was hier vorgefallen sein könnte. Es ist immer wieder von Infizierten die Rede und nebenbei fallen vereinzelte Namen, jedoch nichts Konkretes, was Aufschluss über das volle Ausmaß gibt. Man fühlt sich etwas wie in der Welt von Dark Souls, wo man sich aus kryptischen Zitaten und Waffenbeschreibungen seinen Reim zieht. Den Tiefgang eines Triple-A Titels darf man hier natürlich nicht erwarten.
An dieser Stelle hätten wir uns eine etwas besser ausgearbeitete Rahmenhandlung gewünscht, um das Gesamtpaket noch weiter aufzuwerten. Dennoch ist es erstaunlich, wie viel Humor die Entwickler aus dem kopflosen, stummen Helden herauskitzeln. So kann man sich ein Schmunzeln oft nicht verkneifen, wenn der Protagonist wild vor sich hin gestikuliert oder einen gedanklichen Kommentar zum Besten gibt. Auf eine verständliche Sprachausgabe sowie ausgereifte Dialoge verzichten die Entwickler komplett.
Ein Metroidvania wie es im Buche steht
Kommen wir nun zum Kernelement von Dead Cells, dem Gameplay. Unmittelbar nach Spielstart beginnt die Reise in den Gefängnisquartieren, die von nun an immer als Ausgangspunkt dienen. Hier warten die wichtigsten Basis-Items sowie alle freigeschalteten Upgrades, doch dazu später mehr. Ausgerüstet mit dem Beginnerschwert und einem plumpen Holzschild geht es ab in den ersten von insgesamt 17 Dungeons. Außerdem ist im Gepäck noch Platz für bis zu zwei Fallen oder Granatentypen, die unterwegs gefunden werden können. Bereits während der ersten Minuten fällt das überaus flüssige sowie intuitive Gameplay positiv ins Auge. Der namenlose Protagonist prügelt, rennt und hechtet wie Butter durch die düsteren Level. Dank der zufallsgenerierten Levelabschnitte fühlt sich jeder Durchgang erfrischend und unverbraucht an. Ein Schnellreise-System innerhalb der Level gewährleisten eine flüssige Spielweise, sollte man sich einmal verlaufen oder etwas vergessen haben.
Dennoch könnten vor allem Neulinge und Casualspieler vom hohen Schwierigkeitsgrad abgeschreckt werden. Unser erster Run zum Beispiel dauerte ganze vier Minuten, dann war der Spaß auch schon wieder vorbei. Denn beißt man einmal ins Gras, heißt es wieder alles auf Anfang. Dead Cells verfügt über ein unverzeihliches Permadeath System, durch das man seine gesammelte Ausrüstung verliert. Hat man sich aber einmal reingefuchst, verfliegt die Skepsis schnell und schlägt in Euphorie um. Aus fünf Minuten pro Lauf werden zehn und nach etwa 10 Spielstunden verbrachten wir oftmals sogar schon eine halbe Stunde in der Spielwelt, ohne einmal die Erde von unten zu sehen. Ganz umsonst waren die vergeigten Durchgänge aber nicht, denn viele Feinde lassen bei ihrem Ableben die namensgebenden Dead Cells fallen. Diese lassen sich am Ende jedes Dungeons gegen permanente Upgrades wie Heiltränke oder bessere Startwaffen eintauschen. Dadurch werden weitere Runs ungemein einfacher und es stellt sich geradezu eine Gier nach den blauen Orbs ein.
Es macht großes Spaß in der Welt von Dead Cells zu versinken. Hat man sich dem Spiel einmal hingegeben, vergeht die Zeit wie im Flug, trotz eingeblendeten Timer in der rechten, unteren Ecke. Wir waren anfangs skeptisch, ob das Spielprinzip auch nach Stunden noch aufgeht. Doch wir können euch beruhigen, Motion Twins Indiehit verliert auch nach vielen Spielstunden nichts von seinem Charme. So sorgt ein Arsenal von circa 50 Waffen und Fallen für Abwechslung und lässt genug Raum für einen variablen Spielstil. Man ist quasi permanent auf der Suche nach der besten Waffenkombination. Zum Beispiel erwies sich der Assassinendolch, welcher bei Angriffen von hinten kritischen Schaden verursacht, in Kombination mit einem Frostzauber sowie der Frostgranate als äußerst wirksam.
Knackig bis zum Schluss
Weiters finden sich in bestimmten Levelabschnitten Runen, die dem Spieler neue Fähigkeiten wie den Wallrun oder eine Stampfattake verleihen, die auch nach dem Tod noch erhalten bleiben und alternative Wege öffnen. Dadurch entfaltet Dead Cells erst nach ungefähr fünf bis acht Stunden sein vollen Potenzial, wenn man alle Runen und einige Upgrades gesammelt hat. Nach etwa 10 bis 15 Stunden sollte man die Credits dann mindestens einmal gesehen haben. Wer jetzt dachte, das Schlimmste überstanden zu haben, irrt sich. Denn nach einem erfolgreichen Ende werden neben einem höheren Schwierigkeitsgrad die sogenannten Boss Cells freigeschaltet. Diese roten Orbs können am Beginn aktiviert werden und heben die Schwierigkeit noch weiter an. Für alle besonders ehrgeizigen Spieler unter euch gibt es zudem tägliche Challenges, über die man sich in einer globalen Rangliste verewigen kann.
Besonders positiv ist uns außerdem die Balance in Dead Cells aufgefallen. Klar gibt es bessere und schlechte Waffenkombinationen, genau wie einen gewissen Glücksfaktor bei der Generierung der Levels, aber unterm Strich hat man mit fast immer gute Chancen weit zu kommen. Vorausgesetzt, der eigene Skill ist vorhanden. Der Schwierigkeitsgrad ist, wie bereits oben erwähnt, sehr knackig. Trotz alle dem fühlt man sich selten überfordert, alle Passagen im Spiel wirken mit genügend Übung schaffbar. Die größte Hürde ist man selbst.
Technik
Was bereits grandios beim Gameplay begann, setzt sich nun bei der Technik fort. Entwickler Motion Twin trifft mit dem bunten, aber dennoch düsteren Pixel Look genau den Zeitgeist. Die Kulisse besticht mit abwechslungsreichen, farblich stimmigen Themen. So stellt man sich einen All Time Klassiker aus der Indieecke vor. Ein weiterer Nebeneffekt der gewissen „Einfachheit“ hinter den Spielmechaniken schlägt sich in der Performance nieder. Der Indietitel läuft auch auf einfacher Hardware durchweg flüssig, selbst auf älteren Office Rechnern oder einer Kartoffel. Dementsprechend sollte einer schnellen Partie in der Mittagspause bzw. einer Mobilumsetzung nichts im Wege stehen. Eine Portierung für die Nintendo Switch gibt es ja bereits.
Einen weiteren Pluspunkt bietet die Soundkulisse. Zwar bedienen sich die wenigen gesprochenen Dialoge im Spiel keiner existierenden Sprache, aber dies stört nicht weiter. Die schriftliche Dialogsprache hingegen lässt sich bequem im Spielmenü umstellen, ohne dass man in irgendwelchen Spieledateien herumschrauben muss. Soundeffekte knallen heftig, was die Immersion weiter steigert und starke Waffen auch wuchtig klingen lässt. Daneben bietet Dead Cells einen wirklich atmosphärischen Soundtrack, der sich auf dem Niveau eines Bastion oder Transistor bewegt, um hier einmal zwei vergleichbare Indie-Vertreter zu nennen. Wer also noch ein paar Euro in seinem Geldbeutel übrig hat, sollte sich den Soundtrack zum Spiel definitiv gönnen.
Die Steuerung wurde, wie bereits oben erwähnt, gut umgesetzt. Einfach zu erlernen und gleichzeitig komplex genug für erweiterte Kombos. Selbst Neulinge haben die wichtigsten Befehle nach kurzer Zeit verinnerlicht und können am nötigen Feintuning und den entsprechenden Timings arbeiten. Wir empfehlen, bei der PC-Version zum Controller zu greifen, Vorzugsweise Xbox One bzw. Xbox 360, da diese ohne Umwege funktionieren. Maus und Tastatur würden zwar auch funktionieren, wirkt aber bei Weitem nicht so flüssig. Für alle Achievement Hunter unter euch gibt es außerdem 53 Errungenschaften sowie auf PC bis zu 8 erspielbare Steam Sammelkarten.