Barrow Hill: Curse of the Ancient Circle REVIEW
Barrow Hill: Curse of the Ancient Circle ist der am 05. Oktober 2006 veröffentlichte Debuttitel des Indie-Entwicklers Shadow Tor Studios. Dahinter verbirgt sich in erster Linie Matthew Clark, welcher zuvor an der Entstehung von Jonathan Boakes‘ „Dark Fall 2: Lights Out“ mitgewirkt hat. Dementsprechend sollte es auch nicht verwundern, dass Barrow Hill starke Ähnlichkeiten zu den ersten beiden Dark Fall-Spielen aufweist. Erneut haben wir es mit einem gruseligen Point & Click-Adventure im Myst-Stil zu tun, dessen Handlung uns nach England verschlägt. Was das Spiel im Detail zu bieten hat, erfahrt ihr im folgendem Review.
Das alte Land ist erwacht, das Gleichgewicht muss wiederhergestellt werden
Wir übernehmen die Rolle eines Autofahrers, dessen Identität und Geschlecht für eine bessere Immersion im unklaren bleiben. Unsere Spielfigur fährt zur abendlichen Stunde durch die Barrow Hill-Region der englischen Grafschaft Cornwall. Wie uns die Radiomoderatorin Emma Harry berichtet, ist heute die Herbst Tag- und Nachtgleiche, also jener Tag im Jahr, an dem sowohl die Tages- als auch die Nachtzeit jeweils 12 Stunden betragen. Für alte heidnische Kulturen war dies ein sehr wichtiger Tag. Er wurde für uralte, vergessene Rituale genutzt. Ein Umstand, der auch eine sehr wichtige Rolle für die kommenden Ereignisse spielen wird. Denn plötzlich verreckt der Motor unseres Autos. Der Grund hierfür ist ein mysteriöses Kraftfeld, welches die Barrow Hill-Region vom Rest der Welt abschneidet und keine Flucht gestattet.
Also geht es zu Fuß die Straße entlang bis zur nächsten Tankstelle. Dort finden wir nicht nur menschliche Überreste in Form von ein paar Aschehaufen, sondern auch noch die völlig verstörte Aushilfskraft Ben, der sich im Überwachungsraum verbarrikadiert hat. Ben behauptet, dass eine übernatürliche Macht aufgekreuzt ist und seine Kunden ermordete. Dies scheint irgendwie mit einem kleinen Archäologen-Team zusammenzuhängen, welches gegen regionalen Protest am Barrow Hill-Grabhügel wissenschaftliche Ausgrabungen durchführt. Scheinbar haben die Eierköpfe den Zorn einer längst vergessenen Entität geweckt. Die Frage lautet nun, was wir tun können, um heil aus diesem Schlammassel herauszukommen?
Die Handlung von Barrow Hill: Curse of the Ancient Circle ist recht interessant und gewährt den Spieler oberflächliche Einblicke in die heidnische Kultur des heutigen Englands, sowie in archäologische Arbeiten. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass Barrow Hill kein fiktiver Ort ist, sondern tatsächlich existiert. Die Touristen unter euch können sich also gerne ein neues Reiseziel notieren.
Der Gruselfaktor speist sich jedoch eher aus der schummrigen „Nachts im Wald“-Atmosphäre, als aus der mordlüsternen Entität, deren Gestalt bemerkenswert behämmert daherkommt und schwerlich ernstgenommen werden kann. Da ist der Jump-Scare Vogel der plözlich hinter den Mülltonnen auftaucht wesentlich furchteinflößender. Wem das nicht stört, darf sich aber auf einen ausgiebigen, gruseligen Wald- und Sumpfspaziergang freuen.
Nachts im Wald werden Rätselnüsse geknackt
Ähnlich wie in den Myst-Spielen, betrachtet man auch hier die vorgerenderte Umgebung durch die Ego-Perspektive des Protagonisten. Der Großteil der Steuerung erfolgt ausschließlich über Mausklicks. Man kann seinen unsichtbaren Avatar in 90 Grad-Winkeln um die eigene Achse drehen, während die Fortbewegung über Knotenpunkte erfolgt. Die Orientierung in Barrow Hill ist relativ einfach. Die Spielwelt ist, mit Ausnahme eines kleinen, dunklen Waldareals, recht übersichtlich aufgebaut. Außerdem gibt es im Spiel einige Karten der Ingame-Region zu finden. Allerdings darf man diese nicht mitnehmen. Interessante Objekte in den Renderscreens können natürlich näher begutachtet werden. So lassen sich Schriftstücke näher betrachten, Gegenstände einsammeln und mit Puzzle-Mechanismen interagieren.
Letztere sind in Barrow Hill jedoch bei weitem nicht so prominent vertreten, wie in anderen Myst-likes. Und viele Puzzle basieren ohnehin auf der Realität. Das herumfummeln an Sicherungskästen und der Einsatz von Streichhölzern ist eben etwas, was man bereits aus dem echten Leben kennt. Stattdessen setzt das Spiel ein etwas stärkeres Augenmerk auf Inventarrätsel. Gefundene Gegenstände werden sowohl im unteren, als auch oberen Bildschirmrand gesammelt und können an bestimmten Stellen oder Situationen zum Einsatz gebracht werden. Eine Kombination der Gegenstände untereinander ist jedoch nicht möglich. Der wandelbare Mauscurser gibt obendrein Auskunft darüber, ob man an einer bestimmten Stelle einen Gegenstand einsetzen kann – eine sehr nützliche Hilfe.
Zwar mag der Puzzle-Faktor in Barrow Hill nicht ganz so intensiv ausfallen, wie in vergleichbaren Spielen, jedoch bedeutet das nicht, dass man diesen Aspekt auf die leichte Schulter nehmen sollte. Auch hier ist es ratsam sich Papier und Stift zurechtzulegen, um interessante Entdeckungen zu notieren oder zu skizzieren. Auch sollte man sich die Zeit nehmen die zahlreichen Textdokumente durchzulesen. Diese geben nicht nur tiefere Einblicke in die Geschehnisse rund um die Barrow Hill-Region, sondern beherbergen eventuell auch Hinweise für die Puzzles und Rätsel. Natürlich weiß man oftmals nicht, was denn nun eine relevante Info ist und was lediglich zum „Fluff“ gehört. Man muss sich schon ein Stück weit auf seinen Instinkt und seine Querdenker-Fähigkeiten verlassen. Zu bedenken ist auch, dass nicht jedes Puzzle zur Lösung des Spiels notwendig ist.
Wie schon im ersten Dark Fall, so ist auch Barrow Hill: Curse of the Ancient Circle relativ offen aufgebaut. Man ist also nicht gezwungen sich an einzelnen Puzzles festzubeißen, sondern darf stattdessen erst mal auf Erkundung gehen und auf eine Eingebung oder Hinweissplitter hoffen. Ganz so offen wie „Dark Fall: The Journal“ ist das Spiel aber nicht. Wer z.B. außerhalb der Tankstellenumgebung erkunden möchte, muss sich erst mal eine Lampe organisieren. Und das Sumpfgebiet wird erst viel später im Spiel geöffnet, sobald man mehrere Handlungsevents getriggert hat. Dennoch fühlt man sich relativ frei und kann daher erst einmal entspannt an die Sache herangehen. Im Vergleich zu anderen Myst-likes ist Barrow Hill: Curse of the Ancient Circle auch ein Stück einfacher vom Schwierigkeitsgrad. Das bedeutet keineswegs, dass das Spiel ein Spaziergang ist, jedoch gehört es zu jenen Adventures, die ich tatsächlich ohne die Hilfe einer Komplettlösung knacken konnte. Für meinen Spieldurchlauf habe ich ca. 7 Stunden benötigt.
Interessant ist der Zufallsaspekt in diesem Spiel. Einige Codes und Fundorte von Gegenständen variieren mit jedem Spiel. Man kann sich also nicht hundertprozentig auf eine Komplettlösung verlassen. Auch ist es möglich der mörderischen Entität über den Weg zu laufen und von dieser getötet zu werden. Allerdings bin ich in meinem Spieldurchlauf nie in diese Situation gekommen. Schade eigentlich, da habe ich das Gefühl etwas verpasst zu haben.
Grafik und Sound
Wer die ersten beiden Dark Fall-Adventures gespielt hat, weiß bereits was ihn in grafischer Hinsicht in Barrow Hill erwartet. Tatsächlich hätte man Barrow Hill auch einfach als neuen Teil der Dark Fall-Franchise vermarkten könne, so stark ist die grafische Ähnlichkeit. Man klickt sich also auch hier durch Renderbilder, welche zwar atmosphärisch und detailliert gestaltet wurden, jedoch auch äußerst statisch wirken und bereits Anno 2006 mächtig angestaubt wirkten. Die niedrige Auflösungsstufe von 800×600 Bildpunkten hilft da freilich auch nicht weiter. Man muss also schon ein großer Fan des Myst-Grafikstils sein, um Barrow Hill in grafischer Hinsicht als annehmbar zu erachten.
Abgesehen von der allgemeinen Ingame-Grafik versucht sich das Spiel auch an FMV-Einflüssen. Das Intro und Outro besteht aus Schwarz-Weiß-Filmaufnahmen einer Autofahrt nebst Aufnahmen aus der Natur. Im Spiel werden Ben und Emma von echten Darstellern portraitiert. Tatsächlich ist Emmy Harry eine reale Person, die sich quasi selbst darstellt (coole Idee). Allerdings irritiert es, dass Ben und Emma nur in abgehackter Form animiert wurden, so als ob man ein Daumenkino verfolgt. Warum man hier nicht richtige FMV-Filmaufnahmen mit den Beiden produzierte, ist mir ein Rätsel.
Der Soundtrack von Barrow Hill zielt in erster Linie darauf ab Ambiente zu erzeugen. Die angepeilten Stimmungen zielen auf Grusel, Mystik und Naturverbundenheit ab, was doch eine recht abwechslungsreiche Mischung ist. Der Soundtrack drängt sich auch nur sehr selten in den Vordergrund und stört daher auch nicht beim lösen der Rätselaufgaben.
Im Gegensatz zu den Dark Fall-Spielen, bekommt ihr auf Steam sogar die deutsche Version von Barrow Hill zur Verfügung gestellt. Alle wichtigen Texte und auch die Sprachausgabe von Ben und Emma wurden gekonnt ins Deutsche übersetzt. Leider ist die deutsche Lokalisation unvollständig. Es gibt vereinzelte Textdokumente, die nicht ins Deutsche übersetzt wurden, und einer der beiden moderierten Radiosender (der Wahrsager-Sender) ist nur auf Englisch verfügbar. Zwar sind die unlokalisierten Elemente nicht zum Abschluss des Spiels notwendig, jedoch ist diese halbherzige Herangehensweise bei der Übersetzung wirklich ärgerlich. Obendrein fällt auf, dass synchronisierte Sequenzen keine Untertitel spendiert bekommen haben. Hörgeschädigte sind also klar im Nachteil. Aber hey, wenigstens wird hier die deutsche Version nicht vorenthalten, wie bei vielen anderen Adventures auf Steam.
Pro & Kontra
- nette „Nachts im Wald“-Gruselatmosphäre
- die Rätsel und Puzzle bieten einen recht fairen Schwierigkeitsgrad für ein Adventure im Myst-Stil
- die relativ offene Struktur lädt zur Erkundung ein
- auf Steam wird mittlerweile auch die deutsche version zur Verfügung gestellt (leider keine Selbstverständlichkeit)
- die Grafik ist für 2006 nun wirklich hoffnungslos veraltet
- auch wenn Barrow Hill fairer und einfacher ist, als vergleichbare Spiele, so ist es immer noch ein kniffliges Myst-like ohne Händchenhalten
- die Gestalt der mörderischen Entität ist einfach nur bescheuert
- die deutsche Lokalisation ist lückenhaft