Atlas Fallen REVIEW
Deck13, der Entwickler hinter bekannten Titeln wie „Lords of the Fallen“ und „The Surge 2„, hat mit „Atlas Fallen“ erneut ein ambitioniertes Werk auf den Markt gebracht. Obwohl es durchaus Parallelen zu den anderen Titeln gibt, wagt sich Deck13 mit diesem Spiel erstmals aus dem Soulslike-Genre heraus. Im Kern ist Atlas Fallen ein Third-Person-Action-RPG, das sich auf Schnelligkeit und temporeiche Kämpfe konzentriert. Zwar trifft man hin und wieder auf kleinere Gruppen von Gegnern, doch der Großteil der Feinde besteht aus riesigen, kolossalen Bestien – ein charakteristisches Merkmal des Spiels. Für mich persönlich ist Atlas Fallen eine der Überraschungen des Jahres. Ich wurde in eine Welt aus Sand hineingezogen, aus der ich mich erst einmal nicht mehr befreien konnte.
Übrigens scheint das „Surfen im Sand“ jetzt so ein neues Ding zu werden. Ich hatte richtig viel Spaß, mich hier damit auszutoben.
Ein sehr schwacher Start
Der grausame Sonnengott Thelos hat die Welt von Atlas Fallen verwüstet. Was einst eine üppige Landschaft war, ist nun ein Meer aus Sanddünen, durchsetzt mit einzelnen toten Bäumen oder Flecken vertrockneten Grases. Die Bewohner sind gezwungen, Thelos zu dienen, indem sie eine mächtige Ressource, die „Essenz“, gewinnen und ihm bringen. Manche haben dem Sonnengott ihre Treue versprochen, um im Gegenzug einen höheren Status oder eine bessere Position in der unwirtlichen Wüstenlandschaft zu erhalten. Andere verrichten sklavenähnliche Arbeit und transportieren „Essenz“ über die Dünen.
Ihr schlüpft in die Rolle eines Protagonisten, der einen mächtigen alten Handschuh entdeckt, der die „Essenz“ manipulieren und den Sand formen kann. Dadurch erhält der Träger des Handschuhs mächtige Waffen und Fähigkeiten. Mit dieser neu gewonnenen Kraft setzt Ihr alles daran, eine Rebellion anzuführen und die brutale Herrschaft von Thelos zu beenden.
Der Handschuh ermöglicht es Euch, jederzeit zwei von drei möglichen Waffen auszurüsten. Der „Dünenspalter“ ist eine mächtige Waffe, eine Kombination aus Axt und Hammer. Die „Sandpeitsche“ ist eine schnelle Peitsche, mit der man auch schnell Distanzen überbrücken kann. Und schließlich gibt es noch den „Panzerhandschuh“, eine mächtige Faustwaffe, die euch sogar zusätzliche Arme wachsen lässt, während ihr eure Gegner bearbeitet. Jede Gerätschaft hat ihre eigenen Angriffe und Kombos, die auf unterschiedliche Weise mit den anderen Waffen kombiniert werden können. Um ehrlich zu sein, sind alle drei Waffen einzigartig. Aber sobald ich die Kombination gefunden hatte, die für mich am besten funktionierte, brauchte ich die dritte Waffe nicht mehr.
Auf jeden Fall war es der sehr schwache Start, der mich fast davon abgehalten hätte, Atlas Fallen ernsthaft weiterzuspielen. Es war nicht leicht, die erste Stunde durchzustehen. Die Geschichte wird einem sehr schleppend erzählt und ich fühlte mich überhaupt nicht abgeholt. Ich war in dieser Welt und fühlte mich verloren. Auch die Grafik passte überhaupt nicht zu dem, was dann kam. Ich habe diesen ersten Schritt in Atlas Fallen als geradezu aufgesetzt empfunden. Vielleicht hat das auch einige abgeschreckt und zu Bewertungen geführt, die weit unter meiner Wertung liegen.
Die Welt öffnet sich
Während ihr die Wüste durchquert und gegen majestätische Bestien kämpft, lernt ihr, das Momentum-System von Atlas Fallen zu meistern. Dieses System ist so etwas wie ein Risiko-Belohnungssystem. Mit jedem erfolgreichen Angriff füllt sich eure Momentum-Leiste. Ist sie gefüllt, könnt ihr stärkere Spezialangriffe ausführen. Aber Vorsicht: Je voller die Leiste, desto mehr Schaden erleidet ihr bei gegnerischen Treffern.
Das Konzept klingt vielversprechend, verfehlt aber in der Praxis sein Ziel. Ein Risiko scheint es nicht wirklich zu geben, denn schließlich konzentriert man sich darauf, den Gegner zu besiegen. Ich habe nie wirklich darüber nachgedacht, meinen Schwung zu reduzieren, um das Risiko in Betracht zu ziehen. Stattdessen habe ich versucht, so viele Angriffe wie möglich zu landen und gleichzeitig darauf zu achten, nicht getroffen zu werden, um keinen zusätzlichen Schaden zu riskieren.
Auf eurer Reise werdet ihr immer wieder auf Vorkommen von „Essenz“ stoßen, sei es in der Welt selbst oder als Beute von besiegten Gegnern. Mit dieser „Essenz“ könnt ihr neue Fähigkeiten freischalten und Euren Handschuh verbessern, um seine Fähigkeiten zu steigern.
Optisch ist die Welt von Atlas Fallen sehr beeindruckend. Mehr als einmal habe ich innegehalten, um die weiten Landschaften zu betrachten und die Schönheit der Ruinen zu bewundern, die sich zwischen den Sanddünen erstrecken. Die Liebe zum Detail in einigen Bereichen, wie der Festung der Ritter von Bastengard, ist beeindruckend.
Auch abseits der Geschichte schön
Auf eurer Reise durch die Welt von Atlas Fallen werdet ihr insgesamt drei verschiedene Gebiete besuchen. Jedes dieser Gebiete hat einen Startpunkt, von dem aus ihr die meisten eurer Quests angehen könnt. Darüber hinaus sind optionale Aufgaben und Sammelobjekte in allen Gebieten verteilt. Euer Handschuh hat außerdem die Fähigkeit, versteckte Gegenstände aus dem Sand zu ziehen. Dabei kann es sich um Truhen oder sogar Strukturen handeln, die den Zugang zu höher gelegenen Gebieten ermöglichen.
Einige der kolossalen Bestien, denen ihr begegnet, sind sowohl in ihrer Größe als auch in ihrem Aussehen beeindruckend. Fans von Monster Hunter werden hier Parallelen entdecken, denn einige der größeren Monster haben verschiedene Körperteile, auf die ihr euch konzentrieren könnt. Beschädigt ihr diese ausreichend, brechen diese Teile ab, fügen dem Gegner massiven Schaden zu und lassen besondere Beute fallen. Leider erschien mir die Beute im Verlauf von Atlas Fallen größtenteils irrelevant. Ich versuchte zwar, so viele Monsterteile wie möglich zu zerstören, aber die Materialien, die ich dabei erhielt, schienen mir nie wirklich wichtig zu sein.
Das ist vielleicht eines der größten Probleme von Atlas Fallen. Viele der implementierten Systeme klingen in der Theorie großartig und haben ihre eigene Raffinesse. Leider fehlt es ihnen in den meisten Fällen an Relevanz. In einem weitläufigen Open-World-Action-RPG wie Atlas Fallen sollten Ausrüstung und Gegenstände wichtig sein. Bedauerlicherweise ist das nicht der Fall. Tatsächlich glaube ich, dass es durchaus möglich wäre, das gesamte Spiel durchzuspielen, ohne auch nur einen einzigen der gefundenen Gegenstände zu benutzen.
Deutsche Synchronisation ist vorbildlich
Ursprünglich war für Atlas Fallen keine deutsche Synchronisation vorgesehen. Doch dann entschied man sich für einige bekannte Stimmen. Zum Beispiel Martin Keßler, die deutsche Synchronstimme von Vin Diesel und Nicolas Cage. Insgesamt klingt das auch sehr stimmig und gut. Was man vom englischen Original nicht behaupten kann. Aber ich war froh, nicht nur deutsche Texte lesen zu müssen.
Insgesamt hatte die Geschichte von Atlas Fallen viel Potenzial, konnte es aber nicht ganz ausschöpfen. Außerdem wirkte die Story oft etwas gehetzt. Ich habe etwas mehr als 20 Stunden gebraucht, um Atlas Fallen durchzuspielen, wobei ich fast alle optionalen Inhalte dabei abgedeckt habe. Wenn man nur die Hauptquests abschließt, würde es mich nicht wundern, wenn die Spielzeit unter 10 Stunden liegt. Nimmt man sich jedoch die Zeit, jeden Winkel zu erkunden, um alle Sammelobjekte zu finden und jede Nebenquest zu erledigen, kann es auch über 25 Stunden dauern.
In Atlas Fallen gibt es einige Features, die auf den ersten Blick cool aussehen, aber im Endeffekt eher wie nachträglich eingefügte Elemente wirken. Ein solches Feature ist der Wächterzorn. Wenn ihr genug getan habt, um das Auge von Thelos auf euch aufmerksam zu machen, erzeugt er einen riesigen Sandsturm an eurem Standort. In diesem Sturm greift euch eine Schar von Feinden an und eure Sicht wird eingeschränkt. Als ich das erste Mal mit dem Wächterzorn konfrontiert wurde, war ich gespannt, was passieren würde. Man hat die Wahl: Entweder man flieht vor dem Sturm oder man stellt sich allen Feinden bis zum bitteren Ende. Als Belohnung gibt es dann Beute und das war’s. Ziemlich enttäuschend. Außerdem habe ich während meiner Zeit in Atlas Fallen nur wenige Male den Wächterzorn gespürt. Warum ist er überhaupt da?
Überraschend gut, gerne wieder
Insgesamt gefällt mir Atlas Fallen sehr gut. Es ist erfrischend zu sehen, wie Deck13 ihre Komfortzone verlassen und uns ihre Interpretation einer offenen Welt zeigen. Das Spiel hat sich zu einem äußerst gelungenen Werk entwickelt und birgt das Potenzial eines herausragenden Titels.
Wie ist das Spiel nun zu bewerten? In vielerlei Hinsicht zeigt Atlas Fallen Anzeichen eines wirklich bemerkenswerten AAA-Titels. Die Welt ist groß, schön und lebendig. In anderen Momenten wünschte ich mir einfach, dass mehr daraus geworden wäre. Das Kampfsystem hätte einen bleibenden Eindruck im Genre hinterlassen können. Tatsächlich wird es aber wohl eher in Vergessenheit geraten. Es schien, als wäre Deck13 mit seinem ersten Abenteuer außerhalb des Soulslike-Genres vielleicht zu vorsichtig gewesen.
Trotzdem glaube ich, dass Atlas Fallen seine Stärken hat. Vor allem für Fans des Action-RPG-Genres. Ich hatte noch keine Gelegenheit, es auszuprobieren, aber man kann Atlas Fallen komplett kooperativ spielen. Das könnte das Spielerlebnis noch weiter bereichern. Was kommt als Nächstes von Deck13? Nach Atlas Fallen kann ich es kaum erwarten.
Pro & Kontra
- Detaillierte und weitläufige Wüstenwelt
- Hochwertige deutsche Sprachausgabe mit bekannten Sprechern
- Erfrischende, offene Welt die zum erkunden einlädt
- Ich liebe die Soundkulisse
- Die erste Spielstunde zündet nicht
- Einige Features wirken nicht ausgereift
- Die Geschichte hat noch Potential
- Gegenständen erscheinen oft irrelevant und bietet wenig Anreiz