The Last Crown: Midnight Horror REVIEW

Das Geistergrusel-Adventure „The Lost Crown“ vom britischen Indie-Entwickler Jonathan Boakes (Darkling Room) konnte Mitte 2008 viele Fans gewinnen. Fans, die bis heute vergeblich auf die angekündigte Fortsetzung „The Last Crown: Blackenrock“ warten. Um die lange Wartezeit zumindest ein klein wenig abzukürzen, veröffentlichte Boakes am 29. Oktober 2015 ein Halloween-Nebenspiel zur Crown-Serie. Die Rede ist natürlich von The Last Crown: Midnight Horror, jenem Point & Click-Adventure, welches ich euch im folgendem Test näher vorstellen möchte.

Halloween in Saxton



Fünf Monate sind seit den Ereignissen von „The Lost Crown“ vergangen. Der ehemalige Londoner Büro-IT-Knecht Nigel Danvers lebt immer noch mittellos im mysteriösen Fischerdörfchen Saxton. Er und seine Freundin Lucy Reubans haben sich inzwischen einen eher kontroversen Ruf als Hobby-Geisterjäger erarbeitet. Noch immer bewohnt er das heruntergekommene Häuschen Harbor Cottage und lebt in erster Linie von der Güte seiner Vermieterin Morgan Mankle, der Eigentümerin des benachbarten Gasthauses „The Bear.“ Lucy arbeitet inzwischen sogar als Köchin für das Gasthaus.

Es ist Halloween und Nigel steht selbstverständlich auf der Gästeliste von Morgans Halloween-Fete. Beim Gespräch mit seiner Gönnerin erfährt Nigel, dass es in Zimmer Nummer 2 des Gasthauses spuken soll. Morgan ist wenig begeistert über den potentiellen Geist, welcher sich als unerwünschter Untermieter eingenistet hat. Natürlich bietet Nigel seine Hilfe als Geisterjäger an, welche Morgan auch dankend annimmt. Sollte Nigel den Spuk beenden können, gibt es für ihn auch Freibier auf der Halloween-Party. Na dann: Frisch ans Werk Mr. Danvers!

Tja, und mehr gibt es zur Handlung auch nicht zu sagen. Es geht in Midnight Horror tatsächlich nur darum den Spuk von Zimmer 2 im „The Bear“ zu beenden. Dementsprechend ist Midnight Horror auch ein recht kurzes Vergnügen, welches im Vergleich zum Vorgänger auch eher oberflächlich ausfällt. Zwar freut man sich darüber viele alte Bekannte aus „The Lost Crown“ wiederzusehen, aber man merkt, dass man hier im Grunde genommen nur einen kleinen DLC zockt, der halt als eigenständiges Spiel daherkommt.

Negativ auffallen könnte die Tatsache, dass sich Midnight Horror bei weitem nicht so ernst nimmt, wie der Vorgänger. So wird immer wieder etwas Situationskomik eingestreut, und den Löwenteil des Spiels wird man eher mit einer festlichen Stimmung, statt Gruselatmosphäre konfrontiert. Darüber hinaus sei Quereinsteigern von Midnight Horror abgeraten. Auch wenn hier und da Infos zu den Geschehnissen des Vorgängers eingestreut werden, merkt man, dass das Spiel in erster Linie für Kenner von „The Lost Crown“ konzipiert wurde. Ein „Was bisher geschah“ sucht man ebenfalls vergeblich.

Die Plottrigger-Problematik macht sich immer noch negativ bemerkbar

Wenig überraschend bekommt ihr hier ein typisches 2.5D Point & Click-Adventure. Ihr nutzt den Mauscursor, um den Screen nach Hotspots, Gegenständen, NPCs oder Ein- und Ausgängen abzusuchen und betätigt die linke Maustaste, um Nigel dazu zu bringen mit dem angewählten Punkt zu interagieren. Wie gewohnt könnt ihr Nigel nicht direkt steuern. Dieser setzt sich nur in Bewegung, wenn ihr einen der oben genannten Punkte anklickt. Leider wurde abermals versäumt eine Hotspotanzeige einzubauen. Das war schon im Vorgänger von 2008 nicht mehr zeitgemäß und wirkt im Jahre 2015 nur noch wie eine peinliche Versäumnis. Immerhin gibt es den Doppelklick zur Abkürzung durch Ein- und Ausgänge. Außerdem hat man die lästigen, da zeitraubenden Animationssequenzen beim betreten eines neuen Screens rausgekickt. Diese hatten im Vorgänger ziemlich genervt.

Gesammelte Gegenstände werden in der altbekannten Inventarleiste am unteren Bildschirmrand gesammelt und können hier und da genutzt werden, um Problemstellungen zu lösen. Eine Kombination von Gegenständen ist nicht möglich. Obwohl Midnight Horror mit ca. 2-4 Stunden Spielzeit ein recht kurzes Adventure ist, müllt sich die Inventarleiste recht schnell mit Gegenständen voll. Viele dieser Items sind überflüssig und werden, wenn überhaupt, nur für optionale Inventarrätsel benötigt. Da Midnight Horror, im Gegensatz zum Vorgänger, jedoch über keine Achievements verfügt, wirken die optionalen Rätselchen ohnehin recht witzlos.

Aber das Hauptproblem sind auch hier wieder die ätzenden „Plottrigger.“ Es ist stellenweise richtig schwer den Spielfortschritt voranzutreiben, da man erst einmal die jeweiligen Eventtrigger auslösen muss, damit man an anderer Stelle weiterkommen kann. Da steckt ein gewaltiges Frustpotential drinnen. Die eigentlichen Rätselaufgaben im Spiel sind recht gut lösbar, doch die Trigger können definitiv den Griff zur Komplettlösung provozieren, und dienen nur dazu das Spiel in die Länge zu ziehen. Ohne diese Plottrigger könnte man das Game wohl in 1-2 Stunden lösen. Ich kann nur hoffen, dass Boakes im nächsten Crown-Spiel endlich ein Einsehen hat und die Trigger spürbar entschärft. Wenigstens hilft der wandelnde Mauscursor dabei den Nutzen der Hotspots einzuordnen.

Aufgrund der Kürze des Spiels, wurde das Geisterjagd-Gimmick tüchtig zurückgeschraubt. Nigel hat immer noch vier Geisterjäger-Tools in Form von EMP-Messgerät, Kassetten-Diktiergerät, Digicam und Kamera mit Nachtsicht-Funktion zur Verfügung. Doch kommen diese Gerätschaften nur noch selten zum Einsatz, und werden, mit Ausnahme der Nachtsicht-Kamera, wie reguläre Inventargegenstände gehandhabt. Die Nachtsicht-Kamera- Dungeoncrawler-Abschnitte mit Jumpscares sowie die Überwachungskamera-Rätsel sind in Midnight Horror übrigens nicht vorhanden. Stattdessen gibt es ein paar sehr seichte Minigames, deren erfolgreiche, bzw. erfolglose Abwicklung auch Einfluss aufs Ending haben (es geht dabei jedoch nur um den Sieg bei einem Gewinnspiel).

Grafik und Sound

In grafischer Hinsicht hat sich seit „The Lost Crown“ nichts geändert. Auch bei Midnight Horror handelt sich um ein 2.5D-Adventure. Bei vielen Hintergründen handelt es sich um Fotografien die von Jonathan Boakes in der Umgebung der englischen Grafschaft Cornwall und dem Küstendorf Polperro aufgenommen wurden. Freilich hat Boakes diese Fotografien kräftig überarbeitet, damit sie ins Spiel passen. Die Charaktermodelle sind hingegen in 3D gehalten. Letztere leiden unter stocksteifen Animationen, welche bei 2.5D-Adventures aber nichts ungewohntes sind.

Der Star des Spiels dürfte jedoch ohnehin die ungewöhnliche Farbwahl sein, denn wie schon im Vorgänger, wird das Spiel in erster Linie in Graustufen präsentiert. Farbe gibt es nur vereinzelt und wird hauptsächlich bei den Kürbissen oder Nahrungsmitteln verwendet. Hierdurch haben die Crown-Games natürlich einen eigenen unverwechselbaren Look vorzuweisen.

Problematisch ist jedoch, dass man den Großteil der Screens bereits aus dem letzten Teil kennt. Mit Ausnahme einiger zusätzlicher Räume des „The Bear“ sollte man also nichts neues erwarten. Da ändern auch die ganzen Halloween-Dekos nichts daran. Immerhin sind jetzt mehr NPCs in Saxton unterwegs. Allerdings beschränkt sich die Spielwelt dieses mal auf das Gasthaus, das Harbor Cottage und die nähere Umgebung. Sie ist dieses mal also sehr klein geraten.

Das Spiel bietet auch nur zwei Auflösungsstufen in Form von 1280 x 960 Bildpunkten (HD+ 4:3 Verhältnis, für reguläre Monitore) und 1280 x 720 (Breitbild 16:9 Verhältnis, für Breitbildmonitore und Laptops). Die Speicherstände dieser beiden Varianten sind nicht miteinander kompatibel.

Der Soundtrack ist dieses mal etwas zwiespältig. Außerhalb der Grusel-Geisterjagd-Abschnitte ist dieser eigentlich sehr gefällig. Im Harbor Cottage gibt es ein gefälliges Stück mit Noir-Flair, und für die Halloween-Fete gibt es einige schöne Party-Tracks. Die Stücke in den Grusel-Abschnitten sind jedoch absolute Grütze. Diese wirken sehr billig und lassen selbst Gruselmusik aus billigsten Horrorstreifen wie Meisterwerke erscheinen. Keine Ahnung was man sich dabei gedacht hat, zumal die Gruselmelodien des Vorgängers so eine stimmige und melancholische Atmosphäre erzeugen konnten.

Erschwerend kommt hinzu, dass The Last Crown: Midnight Horror leider keine deutsche Sprachausgabe mehr anbietet. Die Synchronisation ist nur noch in englisch verfügbar. Und die englische Synchro kann nicht mit der Deutschen des Vorgängers mithalten. Zumindest Jonathan Boakes, welcher höchstpersönlich als Synchronsprecher für Nigel Danvers fungiert, liefert eine ziemlich fragwürdige Leistung. Bei ihm klingt Danvers sehr unnatürlich, so als ob er eine Theaterrolle spielt, was natürlich nicht passt. Hoffentlich gibt es für Blackenrock wieder eine deutsche Vertonung. Dafür bietet das Spiel jedoch eine saubere Textübersetzung ins Deutsche. Diese ist im Vorgänger ja eher hölzern ausgefallen.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • schrullige Halloween-Party-Atmosphäre
  • die audiovisuelle Präsentation ist immer noch charmant
  • sympathische, menschliche Charaktere
  • bietet für die kurze Spieldauer ein gutes Maß an Abwechslung bei den Rätseln

thumbs-up-icon

Cons
  • die Plottrigger-Spielzeitstreckung ist immer noch ein massives Problem
  • immer noch keine Hotspotanzeige
  • ist sehr kurz
  • Situationskomik und alberne Momente beißen sich mit dem ernsten Stil des Vorgängers
  • keine deutsche Sprachausgabe

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Spiel Bewertung
Singleplayer
65
65
-
Multiplayer

FAZIT

Man merkt, dass The Last Crown: Midnight Horror nur ein kleines Zwischenspiel ist, um die Crown-Franchise warm zu halten, welche im Oktober 2015 schon über sieben Jahre alt war. Midnight Horror ist nur ein sehr kurzes Vergnügen, welches nicht an die dichte Atmosphäre des Vorgängers anknüpfen kann, und sich weigert den größten Schwachpunkt von „The Lost Crown“ zu beseitigen. Auch hier muss man sich mit unfairen Plottriggern herumärgern, welche lediglich dazu beitragen die kurze Spieldauer in die länge zu ziehen. Einige könnten sich auch an den humoristischen Einlagen von Midnight Horror stören. Der Vorgänger hat sich selbst sehr ernstgenommen, daher wird dieser Sinneswandel nicht jedem Fan von „The Lost Crown“ gefallen. Auch fehlen hier einige Features des ersten Spiels. Hier bekommt man weder Achievements noch eine deutsche Sprachausgabe. Und die englische Synchron kann nicht mit der Deutschen mithalten. Das alles heißt jetzt nicht, dass Midnight Horror ein schlechtes Spiel ist. Die eigentlichen Adventure-Rätsel, die Charaktere und die Geheimnisse von Saxton sind immer noch gefällig. Die gewohnte Qualität wird hier jedoch nicht erreicht. Es ist halt nur ein kleines Lebenszeichen, um die Crown-Serie warm zu halten.

- Von  Volker

Ein kleines Halloween-Bonusspiel, um die Crown-Franchise warm zu halten. Es ist nicht schlecht, kommt jedoch bei weitem nicht an die Qualität und dichte Atmosphäre von "The Lost Crown" heran.
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The Last Crown: Midnight Horror REVIEW

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