Chernobylite REVIEW
Es wird wieder radioaktiv! Mit Chernobylite arbeitete das polnische Entwicklerstudio The Farm 51 nun mehrere Jahre an einem düsteren Horror-Thriller rund um den ukrainischen Atomreaktor Tschernobyl. Nun hat der Titel die lange Early Access Phase verlassen und ist für PC erhältlich. Zusätzlich erscheint der Titel in wenigen Wochen auch für die Xbox Familie und Playstation 4/5. Wir durften den Release begleiten und möchten euch schildern, was hinter Chernobylite steckt.
Visionen, Wurmlöcher und Chernobylite
Vor der Katastrophe haben Protagonist Igor und seine Frau Tatyana in Tschernobyl gearbeitet. Bis zu dem Tag, an dem sich der Zwischenfall im Reaktor ereignet hat und Igors Frau spurlos verschwunden ist. Seither sind 30 Jahre vergangen. Igor ist nach so langer Zeit in das Umland von Prypjat zurückgekehrt, um seine Frau zu suchen, nachdem er von seltsamen Visionen geplagt wird. Auf der Suche nach Antworten macht sich der Protagonist zusammen mit zwei Söldnern auf den Weg zum stillgelegten Reaktor. Außerdem benötigt der Wissenschaftler eine Probe des Elements Chernobylite, das sich während des Unfalls im Kraftwerk gebildet hat. Das Element wird als Energiequelle für experimentelle Technologien verwendet. So auch ein mobiler Portalgenerator, mit dem Igor durch Raum und Zeit reisen kann.
Wie erwartet geht so ziemlich alles schief, was schief gehen kann und Igor muss mithilfe seines Portalgenerators in seinen neuen Unterschlupf flüchten, um von dort aus seine nächsten Schritte zu planen. Ein Auftakt einer verwobenen wie schaurigen Geschichte rund um den stillgelegten Atommeiler, die dem Entwicklerteam von The Farm 51 wirklich gut gelungen ist. Das düstere Setting, gepaart mit der mysteriösen Suche nach Tatyana, sorgen zusätzlich für Spannung. Zumal in der Sperrzone nicht nur Streitkräfte der NAR, sondern auch noch etwas viel Gefährlicheres auf Igor wartet. Den Spieler erwartet der eine oder anderen Jump Scare, so viel sei an dieser Stelle verraten.
Das etwas andere „Stalker“
Beim Gameplay selbst präsentiert sich Chernobylite überaus vielseitig. Neben einer mitreißenden Geschichte bekommt man einen spannenden Mix diverser Genres. Mit dabei sind klassische Shooter-Elemente und Exploration, aber auch Base-Building und Ressourcen-/Team-Management. Beim Begriff „Tschernobyl“ muss man natürlich unweigerlich an die S.T.A.L.K.E.R.-Ableger denken, Chernobylite möchte sich jedoch bewusst davon abheben und das durchaus erfolgreich. The Farm 51 verspricht dem Spieler die Freiheit, seinen eigenen Spielstil zu wählen. Das funktioniert vor allem ab der zweiten Spielhälfte überaus gut, nachdem man sich entsprechende Ausrüstung erarbeitet hat.
Dabei beginnt man sein Abenteuer aus der Perspektive von Igor in einer verlassenen Lagerhalle außerhalb von Prypjat. Von hier aus bestreitet man alle anstehenden Einsätze, rüstet sein Team aus und stellt neue Ausrüstung her. Da man zu Beginn kaum über Ressourcen verfügt, führt der erste Weg unweigerlich in eines der Levels in der Sperrzone. Lediglich bewaffnet mit einem Geigerzähler, einem Messer und einem einfachen Revolver macht man sich auf die Suche nach den ersten Materialien und macht erste Bekanntschaften mit den örtlichen Streitkräften der NAR.
Gerade zu Beginn ist man durch den hohen Schwierigkeitsgrad und die fehlende Ausrüstung leider sehr in seinen Möglichkeiten eingeschränkt. Oftmals muss man Feinde umschleichen oder lautlos ausschalten. Bei den täglichen Streifzügen durch das verstrahlte Umland von Prypjat ist Igors mobiler Portalgenerator von großem Vorteil. Denn sobald das Missionsziel erreicht oder Igors Taschen gefüllt sind, kann man sich ohne Umwege in den Unterschlupf zurückteleportieren und den Streifzug an der Stelle beenden. In der Lagerhalle angekommen, fließen die gefundenen Materialien (Metallteile, Treibstoff, Heilkräuter, etc.) in Feldbetten, neue Werkbänke und Plantagen, die täglich Rationen abwerfen. Im späteren Spielverlauf darf man sogar auf experimentelle Ausrüstung wie Railguns herstellen, die auf dem mysteriösen Chernobylite basieren. Dabei ist stets auf die Bedürfnisse der anderen Teammitglieder, wie Luftqualität oder Stromversorgung, zu achten.
Jagen und gejagt werden
Das Housing-System ist eine willkommene Abwechslung und wirkt auch nicht zu dominant, das Kernelement sind aber noch immer die täglichen Streifzüge durch das Umland von Prypjat. Auf der Suche nach Tatyana und Antworten um das mysteriöse Chernobylite schleicht und schießt man sich von Auftrag zu Auftrag. Getrieben von einer straffen Erzählweise, bei der man oft selbst Entscheidungen und über den Verlauf entscheiden darf. Nimmt man etwa einen hohen NAR-Offizier gefangen, um relevante Details aus ihm herauszuquetschen oder befördert man ihn sofort ins Jenseits, um Gerechtigkeit zu schaffen.
Hinzu gesellen sich immer wieder Horror-Elemente, die auch in ruhigen Momenten für das nötige Adrenalin sorgen. Etwa fürchterliche Halluzinationen oder Stimmen, die Igor plötzlich hört. Ein besonderes Highlight ist zudem der sogenannte Black Stalker. Dieser kann sich ähnlich wie Igor mithilfe eines Portalgenerators durch Raum und Zeit bewegen und macht Jagd auf ihn. Sein Erscheinen ist an radioaktive Stürme gebunden, die regelmäßig durch die Sperrzone fegen. Als Spieler sollte man also immer auf der Hut sein. Abgesehen davon warten insbesondere in der Nähe von Chernobylite-Vorkommen immer wieder verstrahlte Monster, die Igor ans Leder wollen.
Es ist sind die großartige Atmosphäre sowie die gute und abwechslungsreiche Komposition der Gameplay-Elemente, die Chernobylite so gut machen. Spannende Kämpfe wechseln sich mit Loot-Passagen und Stealth-Einlagen ab, während der Geigerzähler fröhlich vor sich hin knackt. Hinzu kommt der ständige Druck, vom Black Stalker erwischt zu werden. Es sei noch erwähnt, dass das Gun-Play sehr gut ausfällt. Treffer, sowohl an Feinden als auch an Igor selbst, fühlen sich sehr wuchtig an.
Technik
Auch technisch weiß Chernobylite zu überzeugen. Angefangen bei der detailgetreuen Spielwelt, wofür das Entwicklerteam extra in die Sperrzone von Prypjat gefahren ist, um Aufnahmen der Umgebungen zu machen. Weiter mit der wirklich hervorragenden Soundkulisse. Der spannende Soundtrack, zusammen mit den Spielweltgeräuschen und dem Schnaufen des Protagonisten unter der Gasmaske erzeugen eine tolle Immersion.
Überraschend gut fällt außerdem die allgemeine Performance des Horror-Titels aus. Überraschend deshalb, weil Spieler während der Early Access-Phase immer wieder von teils gravierenden technischen Schwierigkeiten geplagt wurden. Das scheint nun der Vergangenheit anzugehören und so lassen sich selbst auf älterer Hardware auf höheren Detailstufen ordentliche Frameraten erreichen. Zu verdanken ist das unter anderem Nvidias DLSS und AMDs FidelityFX, die beide implementiert wurden.
Getrübt wird die, sonst überzeugenden Technik, von vereinzelten Abstürzen, die den Spieler durch das Checkpoint-basierte Speichersystem immer wieder um einige Minuten zurückwirft. Außerdem spawnen zuvor besiegte Feinde nach einem Spielabsturz teilweise neu. In Summe halten sich die technischen Probleme aber in Grenzen und sollten in den nächsten Wochen von den Entwicklern durch Bugfixes behoben werden. Für alle Konsoleros gibt es außerdem Plug&Play Controller-Support.
Pro & Kontra
- spannender Horror-Thriller
- abwechslungsreiches Gameplay
- großartige Atmosphäre
- lange Spielzeit (~25h)
- gelegentliche Abstürze
- leichte KI-Aussetzer