DOOM Eternal REVIEW
Ich frage mich, ob John Carmack, John Romero, Tom Hall und all die anderen Menschen, die Doom geschaffen und maßgeblich zur Popularisierung des Shooter-Genres beigetragen haben, derzeit zuhause sitzen und anerkennend Richtung id Software nicken. Das heutige Team des klangvollen Studios ist ein gänzlich anderes, als in den Anfangsjahren, die alten Hasen längst verstreut in anderen Firmen und Zweigen der Videospielbranche. Dennoch ist es bemerkenswert, wie fantastisch das heutige id Software die Formel des Franchise schon 2016 in DOOM umgesetzt hat. Das das überhaupt zu toppen ist, hätte ich nicht für möglich gehalten und war im Vorfeld bezüglich einiger der Neuerungen, die im nun veröffentlichten Nachfolger DOOM Eternal Einzug halten, gar skeptisch, ob man das großartige Fundament nicht mit zu vielen neuen Features überfrachtet. Schließlich hat der Reboot eben auch deshalb so gut funktioniert, da er viel modernen Schnickschnack in die stille Ecke verbannt und sich auf das wesentliche konzentriert hat. Stellt sich raus: Ich lag ziemlich falsch.
Fanservice done right
DOOM Eternal ist ein Spiel von Fans für Fans. Das merkt man an jedem einzelnen Bit und Byte des Spiels, vor allem aber innerhalb der Geschichte selbst. Diese knüpft an den Vorgänger an und präsentiert eine noch abgefucktere Situation für die Menschheit, schließlich wandeln Dämonen jetzt nicht nur auf der Welt, sondern haben die bereits in ein Meer der Verwüstung verwandelt. Narrativ ist das zwar wenig spannend, tatsächlich mochte ich den Ansatz des Vorgängers, der sich über die wenie Handlung, was dargeboten wurde, auch noch lustig gemacht hat, besser. Was mir aber wirklich gefällt ist der Umgang mit der Historie der Reihe und die Bezugnahme, die nicht nur auf den ersten Teil von 1993 zurückreicht, sondern sich selbst einem Doom 64 und alle wichtigen Spiele irgendwie in Einklang bringt. Und tatsächlich spinnen die Entwickler so etwas, wie eine Lore, in die man sich vor allem in Form von Texten einlesen kann, was ziemlich verrückt ist für ein Spiel, dessen erzählerische Wurzeln ursprünglich sicher wenig Kopfzerbrechen bei den Entwicklern ausgelöst haben.
Viele Verweise finden sich außerdem in Form von Easter-Eggs und Sammelgegenständen. Von Letzteren gibt es wieder unzählig viele, die mal mehr, mal weniger gut in den Level versteckt sind. Wer Lust am Sammeln hat, sollte sich also etwas mehr mit der Umgebung befassen und diese auch erkunden, was durchaus Spaß machen kann, da es oft versteckte Schalter und Bereiche zu finden gilt, die nur durch aktives Erkunden gefunden werden können. Wer darauf keine oder nur zunächst keine Lust hat, wird nicht bestraft, denn nach Abschließen eines Level kann man immer wieder zurückkehren und sich dank einer Schnellreisefunktion sogar relativ flott durch die meist großen Areale bewegen.
Brachiale Allmachtsfantasie
Zu großen Teilen könnte ich wiederholen, was ich schon vor vier Jahren in meiner Besprechung zu DOOM geschrieben habe, denn auch Eternal ist ein brachiales Actionfeuerwerk, welches nahezu keinen Moment der Ruhe gönnt, nach wie vor auf viele moderne Mechaniken, wie automatische Gesundheitsregeneration und das Nachladen von Waffen, verzichtet und stattdessen eine gehabt vor unfassbar befriedigende Allmachtsfantasie offeriert, die inszenatorisch und technisch mittlerweile ihres Gleichen sucht und nebenbei die Konkurrenz in nahezu allen Belangen entthront.
Dennoch spendiert id Software der Fortsetzung einige Neuerungen. Da wären etwa die wesentlich ausgebauten Sprung- und Geschicklichkeitspassagen. Nun springt man nicht nur von Plattform zu Plattform, sondern krallt sich auch an Wänden und schwebenden Steinen fest und muss sich teilweise sogar unter Zeitdruck über riesige Abhänge hinweg bewegen. Außerdem nutzt man jetzt Stangen, um im Sprung noch einmal Schwung aufzunehmen. Gerade die Kampfarenen sind nun noch mehr darauf ausgelegt, dass man alle Elemente der Umgebung mit einbezieht. Denn wer still steht, hat schon so gut wie verloren. Stattdessen gilt es stets in Bewegung zu bleiben, sich per Dash schnell über das Schlachtfeld zu bewegen, Sprünge nicht nur zur Flucht, sondern auch als strategischen Vorteil gegenüber den Gegnern am Boden zu nutzen und erst zum Stillstand zu kommen, wenn auch der letzte Dämon zusammengesackt ist.
Im Flow
DOOM Eternal will, dass man alle zur Verfügung stehenden Elemente nutzt. Das gleiche gilt für das Beschaffen von Health, Rüstung und Munition. Diese findet man zwar auch in der Umgebung verteilt, allerdings würde man damit nie auskommen. Stattdessen ist man angehalten in die direkte Konfrontation zu gehen, Stichwort Glory Kills. Blinkt ein Gegner nach Beschuss, geht man nah genug ran um einen der ultrabrutalen Finisher auszuführen, wofür es neue Lebensenergie gibt. Rüstung bekommt man hingegen, wenn man mit dem im Anzug angebrachten Flammenwerfer die Gegner ankokelt und sie weiter malträtiert. Die selbst auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad schon rare Munition hingegen erhält man wie gewohnt, indem man die Kettensäge zückt. Hat man diese fundamentalen Mechaniken verstanden und nutzt die vielen Möglichkeiten der Umgebung, entfaltet sich ein geradezu betörend zufriedenstellender Spielfluss, der stets von dem erneut grandiosen Soundtrack von Mick Gordon angetrieben wird.
Spielbares Heavy Metal Konzert
Nicht nur aufgrund der Musik hatte ich immer wieder das Gefühl, mich im feuchten Fiebertraum einer Heavy Metal Band zu befinden. Die entsprechenden Anleihen gehen ja schon zurück ins Ur-Doom, finden in Eternal aber ihren absoluten Höhepunkt. Es gibt gar Stages, die aufgrund entsprechender Lichtstimmung, Umgebung und Effekte so inszeniert sind, wie ein absolut durchgeknalltes Hardcore-Konzert. Technisch ist der neueste Streich des Studios ohnehin ein Augenöffner, selbst auf der normalen PlayStation 4 Version, die im Gegensatz zu den potenten Modellen von Sony und Microsoft sowie einem hochgerüsteten PC mit 1080p auskommt. Doch alleine die zu 99 Prozent konstant gehaltenen 60 Frames in Verbindung mit der hohen Spielgeschwindigkeit, die grandiosen Effekte und dem nach wie vor stimmigen Artdesign sind schlicht atemberaubend. Auch bei der Gestaltung der Spielwelt gönnt sich id Software ungewohnte Freiheiten, denn neben den klassischen Höllen- und „metallische Gänge-“ Settings, gibt es diesmal auch an Ruinen mit reichlich Grün.
Fortress of Doom
Eine Neuerung, bei der ich noch immer nicht so ganz verstehe, was sie eigentlich soll, ist die Fortress of Doom genannte Hub, in die man nach einer erledigten Mission zurückkehrt. Hier erhält man meistens die neuen Waffen, kann ein Trainingsgelände nutzen und ein paar ganz nette Easter-Eggs finden. Hat man die Festung einmal abgelaufen, hat man (fast) alles gesehen und einen spielerischen Mehrwert bietet das Ganze auch nicht.
Denn auch das Erweitern der Fähigkeiten, Aufrüsten der Waffen etc. wird über entsprechende Menüs erledigt. Man kann die Rüstung verstärken, dabei neue Perks freischalten und gleichzeitig die maximal verfügbare Gesundheit, Rüstung und Munition erhöhen. Beinahe jede Waffe hat zwei zusätzliche Feuermodi, die man im Kampf frei wechseln kann und auch via Upgrades verstärkt und um neue Features erweitert. Richtig cool ist beispielsweise der Greifhaken, den man für die doppelläufige Schrotflinte erhält und mit welchen man sich an Gegner heranziehen kann. Das Maschinengewehr lässt sich hingegen in eine mächtige Sniper-Rifle umfunktionieren, während man mit dem Plasmagewehr auch einen tödlichen Energiestrahl abschießen kann. Außerdem kann man sich zusätzliche Boni für die beiden Granaten und Vorteile in der Erkundung der Spielwelt erspielen.
Einer gegen Zwei
Die Kampagne beschäftigt rund 15 Stunden, wenn man jeden Winkel erforscht, alle Geheimnisse freischalten will und sich außerdem noch an den optionalen und ziemlich knallharten Herausforderungen probieren will, kommen locker noch einmal fünf Stunden oben drauf. Hat man all das getan, ist die Zeit reif für den Multiplayer-Modus. Dieser hat von vielen Spielern des Vorgängers – mir vollkommen unverständlich – einiges an Kritik einstecken müssen, weshalb man das klassische Deathmatch in den Ruhestand schickt und stattdessen auf einen asymmetrischen Spielmodus namens Battlemode setzt. In diesem schlüpft ein Spieler in die Rolle des Doom Slayers, zwei weitere Spieler dürfen sich als Dämon austoben. Besiegt der Doom Slayer die beiden Widersacher, hat er gewonnen, umgekehrt gewinnt die Gegenseite. Als menschlicher Spieler ist man ziemlich gut ausgestattet, während die dämonische Spieler auf die individuellen Fähigkeiten der jeweiligen Dämonen zugreifen und zusätzlich von KI gesteuerten Kollegen unterstützt werden. So richtig gepackt hat mich der Modus nach einigen Partien nicht. Das Balancing funktioniert zwar schon recht gut, die individuellen Karten sind durchaus spaßig und der Ansatz nicht verkehrt. Dennoch hoffe ich in Zukunft auf eine Rückkehr der klassischen Modi.
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- grandioses Spielgefühl
- ausgebaute Sprungpassagen erstaunlich spaßig
- treibender Score von Mick Gordon
- eindrucksvolle Grafik mit stabilen 60 Frames
- viele Easter-Eggs und Geheimnisse
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Kontra
- keine sonderlich packende Story
- Multiplayer-Modus zündet noch nicht so recht
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Pro & Kontra
- grandioses Spielgefühl
- ausgebaute Sprungpassagen erstaunlich spaßig
- treibender Score von Mick Gordon
- eindrucksvolle Grafik mit stabilen 60 Frames
- viele Easter-Eggs und Geheimnisse
- keine sonderlich packende Story
- Multiplayer-Modus zündet noch nicht so recht