Top 10 der Horrorspiele aus der hinteren Reihe
Vor einer ganzen Weile ich euch meine persönliche Top 10 der Horrorspiele. Die Liste ließe sich wohl endlos weiterführen, schließlich haben über drei Jahrzehnte Videospiele auch im Horror-Segment ihre Spuren hinterlassen. Die folgende Auflistung soll sich dabei weniger handfesten Klassikern widmen, als vielmehr eher unbekannten Spielen. Es kam mir diesmal weniger auf objektiv gute Spiele an, als vielmehr auf Titel, die mir aufgrund ihrer Prämisse, ihrer Handlung oder spezieller Mechaniken im Gedächtnis geblieben sind. Vorhang auf für die Top 10 der Horrorspiele aus der hinteren Reihe.
10. Glass Rose (PlayStation 2, 2003)
Den Anfang macht Glass Rose, ein PlayStation 2 exklusives Adventure-Spiel von 2002. Ihr schlüpft in die Rolle von Takashi, der gemeinsam mit einer Freundin ein altes Anwesen untersucht. Durch Schlag auf den Hinterkopf und einen darauf erscheinenden Zeitsprung landet der Zeitungsreporter schließlich im Jahre 1929 und findet sich inmitten einer Murder-Mystery wieder. Das von Cing (Hotel Dusk, Another Code) entwickelte und von Capcom vertriebene Spiel fand seinerzeit wenig Anklang bei Presse und Spielern: hässliche Renderhintergründe, eine bemühte Geschichte und das mäßig umgesetzte Point & Click Gameplay waren die Hauptkritikpunkte. All diese Mankos haben 15 Jahre später noch immer ihre Daseinsberechtigung, vor allem die unbarmherzig tickende Ingamezeit, die verlangt, das gewisse Aufgaben innerhalb eines bestimmten Zeitfenstern erfüllt werden, ist häufig Auslöser für Ärger und Frust. Dennoch hat Glass Rose einen gewissen Charme, der sich wohl vor allem aus der morbiden Atmosphäre, den bizarren Figuren und dem ungewöhnlichen wie unverbrauchten 1920er Jahre Japan Setting speist.
09. Rule of Rose (PlayStation 2, 2006)
Mit dem zuvor vorgestellten Glass Rose hat Rule of Rose – trotz ähnlich klingender Namen – nichts gemein. Das von Punchline (Chulip) entwickelte Spiel aus dem Jahre 2006 ist ein recht klassischer Vertreter des Survival-Horror Genres und setzt auf begrenzte Itemplätze, einer behäbigen Panzersteuerung und explizite Gewaltdarstellung. Diese und verschiedene inhaltliche Schwerpunkte (Missbrauch, jugendliche Sexualität) katapultierten das Spiel seinerzeit in den Fokus von Sittenwächtern in den USA und Europa. Aus heutiger Sicht erscheint die damalige Diskussion etwas befremdlich, zumal Rule of Rose seine Themen doch recht souverän behandelt. Spielerisch muss man sich auf gerne unlogische Rätsel und ein träges Kampfsystem einstellen, dafür wird man aber mit einem insgesamt sehr stimmigen Horrorerlebnis belohnt. Vor allem die gut erzählte Handlung, die stimmig aufgebaute Atmosphäre und die gruselige Musik belohnen für die Mühen, die man mitunter mit dem Spiel haben wird.
08. White Day: A Labyrinth Named School (PlayStation 4, PC, 2017)
Ziemlich neu, aber irgendwie doch ziemlich alt. Das kürzlich für PC und PlayStation 4 veröffentlichte White Day: A Labyrinth Named School basiert auf einem in Südkorea bereits Anfang der 2000er für den PC veröffentlichten Horrorspiel. In seinem Heimatland hat White Day schnell Kultstatus erlangt und auch außerhalb erarbeitete sich der Titel dank Fanübersetzung und einer zwar kleinen, aber eingeschworenen Anhängerschaft einen guten Ruf. Zwar merkt man dem Remake seine Herkunft vor allem im Spieldesign an, dennoch war der Ausflug in die Yeondu High School für mich einer der atmosphärischen Horrortrips der letzten Jahre. Vor allem das unverbrauchte Setting, der Einschub von Elementen aus der südkoreanischen Folklore und der Soundtrack (ach, diese Musik!!!) machen das Spiel in meinen Augen zu etwas besonderem.
07. Sweet Home (NES, 1989)
Sweet Home ist ein japanischer Horrorfilm von Kiyoshi Kurosawa, der später mit Werken wie Pulse und Tokyo Sonata auch internationale Bekanntheit erlangte. Gleichzeitig zum Kinostart im Jahr 1989 brachte Capcom ein gleichnamiges Spiel für das NES heraus – und legte mal eben den (sehr frühen) Grundstein für das Survival-Horror Genre. Heute gilt Sweet Home gar als geistiger Vorläufer zu Resident Evil. Auf den ersten Blick könnten sich beide Spiele dabei ferner nicht sein: Sweet Home wird aus der Top-down Perspektive gespielt und verfügt über verschiedene RPG-Elemente inklusive rundenbasierter Kämpfe. Es gibt mehrere spielbare Charaktere, jeder mit speziellen Fähigkeiten – und jede Figur kann unwiderruflich sterben! Abseits von dem sehr spaßigen Gameplay überzeugt dieses Kleinod auch heute noch durch seine äußerst hübsche 8-bit Optik und dem stimmungsvollen Soundtrack von Yōko Shimomura (Street Fighter II, Final Fantasy XV).
06. Cold Fear (PlayStation 2, Xbox, PC, 2005)
Ein Leon S. Kennedy für Arme, russische Söldner und bissige Zombies als Gegner, jede Menge Mutationen und ein unverbrauchtes, da auf einem Schiff auf hoher See stattfindendes Setting: das ist Cold Fear. Das vom französischen Entwickler Darkworks (Alone in the Dark: The New Nightmare) zusammengezimmerte Spiel entleiht sich Versatzstücke, wo es nur kann, und mischt diese zu einem doch recht passablen Gesamtwerk zusammen. Der Fokus liegt stark auf die actionlastigen Ballereien aus der Third-Person-Perspektive und weniger auf Gruselstimmung. Dafür gibt es jede Menge Ekelmonster und Splattereffekte und ein auch heute noch gut spielbares Gameplay.
05. Yomawari: Night Alone (PS Vita, PC, 2015)
Als namenloses Mädchen macht sich der Spieler in einer düsteren Nacht auf die Suche nach ihrer verschwundenen Schwester und Hund. Als Setting dient eine japanische Kleinstadt, welche von Ungeheuern und Kreaturen aus eben jener Folklore bewohnt ist. Spielerische Elemente sind knapp gehalten, in Yomawari: Night Alone steht vor allem die Erkundung der Umgebung und das Einsammeln von wichtigen, die Story vorantreibenden Items im Mittelpunkt. Ein Kampfsystem gibt es im eigentlichen Sinne nicht und schon eine Berührung von einem Monster ist tödlich. Das Spiel, welches dieser Tage mit Yomawari: Midnight Shadows eine Fortsetzung erhalten wird, entfaltet eine wunderbar gruselige Stimmung, überzeugt mit seinem sehr stimmungsvollen Artdesign, einer detailverliebten Gestaltung der Umgebungen und einem nicht minder fantastischen Soundtrack. Ganz große Spielempfehlung!
04. Corpse Party (PC, PS Vita, Nintendo 3DS, iOS, Android, 2016)
Corpse Party gilt als Klassiker unter den RPG-Maker Spielen und hat seit Erstveröffentlichung 1996 unzählige Remakes, Spin-Offs und Fortsetzungen erhalten – ganz zu schweigen von diversen Manga-, Anime- und einer Realfilm-Umsetzung. Das bis heute beste Spiel ist aber nach wie vor das Original bzw. dessen Remakes, die man aktuell etwa für Nintendo 3DS, PS Vita und PC (via Steam) erwerben kann. Im Fokus der Handlung steht eine Gruppe von japanischen Oberschülern, die aus einem verfluchten Schulgebäude entkommen muss. Andernfalls lauert der (nicht gerade zimperlich dargestellte) Tod. Die vorhandenen Rollenspiel-Elemente sind von eher seichter Natur, ein Großteil der Spielzeit geht mit dem Erkunden und Interagieren der Spielwelt und dem Lesen von Dokumenten drauf. Klingt etwas öde, dennoch kann Corpse Party aufgrund seiner Inszenierung und der kruden Handlung auch heute noch voll und ganz überzeugen und trägt den Titel „Klassiker“ vollkommen zurecht.
03. Clock Tower 3 (PlayStation 2, 2003)
Der 1995 für das SNES veröffentlichte Erstling orientierte sich inhaltlich wie stilistisch stark an den Filmen von Dario Argento (Phenomena). Davon ist in Clock Tower 3 nichts mehr übrig geblieben. Die ursprüngliche Point & Click Mechanik wich dem klassischen Survival-Horror Gameplay der frühen 2000er, der bizarre Spuk einer nicht minder bizarren Hokus Pokus Geschichte inklusive Zeitreisen und beachtlich kitschigen Dusseleien. Ihr spielt die 15-jährige, in einem Internat lebende Alyssa, die eines Tages einen seltsamen Brief von ihrer Mutter erhält und kurzerhand nach Hause zurückkehrt. Dort angekommen überschlagen sich die Ereignisse und ihr befindet euch urplötzlich im London der 1940er Jahre wieder. Inklusive Geister und einem irren Mörder, der in bester Nemesis Manier Jagd auf euch macht. Spielerisch interessant: Alyssa kann sich nicht wehren, nur an wenigen, in den verschiedenen Level festgesetzten Stellen könnt ihr mit der Umgebung interagieren und euren Verfolger so kurzzeitig in die Flucht schlagen. Simple Rätsel nach dem Schema „finde Objekt x und benutze ihn bei y“ sind an der Tagesordnung, ebenso, wie jede Menge Frust. Denn egal, was man tut, die Verfolger sind einem stets auf den Fersen. Dadurch sollte wohl Panik und Terror beim Spieler entstehen, letztlich hetzt man aber nur genervt durch die Level und kann wenig von der stellenweise guten Stimmung aufnehmen. Eigentlich lohnt sich Clock Tower 3 nur aufgrund der enorm brutalen Flashbacks und den zwar schmalzigen, aber doch netten Nebenhandlungen, die in jedem Abschnitt erzählt werden.
02. Shadows of Memories (PlayStation 2, Xbox, PC, 2001)
Zeitreise, die zweite. Eigentlich ist Shadows of Memories kein Horrorspiel im ganz klassischen Sinne, doch die Geschichte von Eike, der gleich zu Beginn des Spieles getötet wird und daraufhin die Chance erhält seinen eigenen Tod aufzuklären und rückgängig zu machen, ist aufgeladen mit jeder Menge Elemente aus der Horror- und Fantasy-Literatur. Auf hiesige Spieler mag die prominente Verwendung deutscher Begriffe (Handlungsort ist eine altdeutsche Stadt namens Lebensbaum) bizarr wirken und sie macht definitiv auch einen sehr großen Teil des Charmes aus. Spielerisch ist das Adventure zuweilen etwas fad, die Sprecher bewegen sich auf herrlichstem B-Movie Niveau und grafisch war der Titel schon zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Veröffentlichung alles andere als hübsch. Dennoch ist Shadows of Memories ein wunderbar seltsames, aufgrund seiner spannenden Handlung ungemein in seinen Bann ziehendes Spiel. Würde Konami noch Videospiele machen, so würde ich mir nichts sehnlicher als ein ordentliches Remake wünschen und es auf meine Prioritätenliste vor einer Neuauflage von Resident Evil 2 und einem Shenmue 3 setzen. Echt jetzt!
01. Gregory Horror Show (PlayStation 2, 2003)
Das wohl skurrilste Spiel auf der Liste ist sicherlich Gregory Horror Show. Man sollte sich nicht von dem kindgerecht anmutenden Look, dem putzigen Cardboard-Design der Figuren und der „ab 12 Jahren“ Freigabe täuschen lassen, denn der bei Capcoms internem Studio 3 entstandene Titel hat es ganz schön in sich und beinhaltet einige ziemlich verstörende Momente. Das auf einer gleichnamigen TV-Serie basierende Spiel vereint einige interessante Mechaniken. Der Spieler muss in einem gruseligen Hotel in Flaschen abgefüllte Seelen der Gäste stehlen und diese dem Tod überreichen. Um an die Seelen zu gelangen, müssen die Gäste ausgetrickst werden und beispielsweise in Fallen gelockt werden. Jede Figur hat einen festgelegten Rhythmus, den es zu lernen gilt, da man nur so das richtige Momentum zum Seelen-Diebstahl erfährt. Um an entsprechende Informationen zu gelangen, kann man beispielsweise durch das Schlüsselloch in die Zimmer der Gäste spähen und so neben wichtigen Infos auch allerhand bizarrer Szenen beobachten. Hierzu sei aber nicht allzu viel verraten. Nur soviel: Gregory Horror Show ist speziell. Sehr, sehr speziell. Und das in einem durchaus guten Sinn.