Night Call REVIEW
Stellt euch vor, ihr würdet in einer Großstadt wie Paris als Taxifahrer euer Geld verdienen. Ihr fahrt Passanten von A nach B und lernt dabei viele unterschiedliche Charaktere kennen. Doch plötzlich passiert es! Ihr werdet überfallen, euer Fahrgast ermordet und ihr selber werdet dabei schwer verletzt. Ihr landet schließlich im Koma. Doch ihr habt Glück und überlebt dieses Attentat. Ihr öffnet langsam eure Augen und seid von dem Moment an der Hauptverdächtige! Keine Spur vom Täter. Nur eine Leiche vor eurem Taxi.
Nachdem ihr wieder voll genesen seid, geht ihr wieder euren alltäglichen Job als Taxifahrer nach. Doch dieses Mal, fahrt ihr die Passanten nicht einfach nur von einem Ort zum anderen. Ihr führt Konversationen, hört aufmerksam zu und versucht Spuren zu sammeln, um den Mann zu finden, der euch das alles angetan hat.
Das Textmonster
Herzlich willkommen in der Geschichte von Night Call! Mit dieser durchaus spannenden Story, versucht der Entwickler den Spieler über viele Stunden zu fesseln. Gespielt haben wir die PC Version und euch stehen nicht nur Maus und Tastatur, sondern optional auch ein Controller zur Auswahl, was ganz nett ist. Unterm Strich gibt es aber für euch beim Gameplay nicht viel zu beachten. Typisch für ein Textadventure wie dieses, seid ihr die meiste Zeit damit beschäftigt, Textpassagen mit dem „A“ Knopf oder der linken Maustaste weiter zu klicken.
Doch schon zu Beginn merken wir recht schnell, dass Night Call gerade für Spieler, die der englischen und/oder französischen Sprache nicht- oder nur bedingt mächtig sind, eine echte Herausforderung bevorsteht. Es gibt keine deutsche Lokalisierung! Und „Ja“, das finde ich wirklich schade, da es dem Spiel potenzial nimmt. Denn die Entwickler haben sich bei der Erzählung vieler Dialoge wirklich Mühe gegeben. So lesen und verfolgen wir nicht nur die eigentliche Unterhaltung, sondern in einigen Nebensätzen wird auch die entsprechende Atmosphäre beschrieben, welche aktuell im Taxi herrscht. Vom Sound bekommen wir lediglich das Plätschern des Regens und eine leichte Musikuntermalung spendiert. Alles andere erlesen wir uns und wird maximal in einer kleinen Animation dargestellt.
Während wir im Taxi unterwegs sind, sehen wir in der oberen Bildhälfte unsere aktuelle Position in Paris via Map. Im unteren Teil sehen wir unser Taxi wiederum aus der Frontperspektive und können uns selbst, als auch unseren Fahrgast oder unsere Fahrgäste beobachten. Das Spiel selbst ist von der Grafik her recht minimalistisch gehalten und kommt mit einer im altfranzösischem Schwarz/Weiß Noire Comic Stil daher. Viele Animationen oder Zwischensequenzen gibt es im Spiel nicht. Mal wechselt kurz die Perspektive und man bekommt knappe Impressionen von der Umgebung spendiert. Grundsätzlich aber ist das Spiel recht statisch und lebt von der Geschichte.
Der Job ruft
Doch zwischendurch gibt es auch mal Verschnaufpausen. Gott sei Dank, denn auch wenn die Geschichte spannend vorangetrieben wird, darf es ruhig mal etwas Abwechslung sein. So müssen wir neben der ganzen Dialogen, auch unseren Konto- und Benzinstand im Auge behalten. Zudem sollte die Uhrzeit im Blick behalten werden. Gefahren wird immer zwischen 22:00 Uhr Abends bis 4:00 Uhr in der Früh.
In dieser Zeit sollten wir schon darauf achten, möglichst viel Geld zu verdienen, denn am Ende des Tages haben wir schließlich auch genügend Ausgaben. Geht uns unser Benzin aus, müssen wir auf der Map eine Tankstelle ansteuern und mit klicken auf die Zapfsäule tanken. Wie viel wir tanken ist uns dabei selbst überlassen. Auch können wir in einer Tankstelle Zeitungen und Zeitschriften erwerben, sowie Hinweise über den Täter sammeln. Ihr merkt schon, neben der reinen Textpassagen versteckt sich noch ein kleiner Taxisimulator. Am Ende des Tages dürfen wir in unserem Zimmer verdächtige Personen und die dazu passende Hinweise kombinieren. Dies dient ebenso zur weiteren Abwechslung neben den reinen Dialogen.
Alles schwarz/weiss
Kann Night Call mit einem besonders innovativen Gameplay überzeugen? Nein! Es findet nämlich generell kaum welches statt. Wir klicken uns durch Textpassagen und alternativ achten wir wie im Point & Klick Adventure Style auf Hinweise, tanken unser Taxi und bestimmen auf der Map eine Route, wo es hingehen soll. Kann Night Call mit einer tollen Soundkulisse überzeugen? Nein! Bis auf das Plätschern des Regens sowie etwas Hintergrundmusik findet auch hier nichts statt. Andererseits macht dies die Atmosphäre noch etwas geheimnisvoller, daher ist es nur bedingt als Vorwurf zu werten. Kann Night Call mit einer besonders schönen und aufwendigen Grafik überzeugen? Ja und Nein! Der Noire Stil selbst gefällt mir generell richtig gut. Ich mag den Stil – Aber sonst? Die Grafik ist minimalistisch und viel zu sehen gibt es nicht. Hier hätte ich mir mehr Facetten gewünscht, wie mehr von Frankreich bzw. von Paris in einigen Sequenzen zu sehen, oder die Umgebung etwas mehr mit einzubinden.
Aber – sie haben es geschafft, jemanden wie mich, der kaum Bücher oder generell wenig liest und dann auch noch auf englisch, an eine wirklich interessant erzählte Geschichte zu fesseln! Jeder Fahrgast kann die Story in eine entscheidende Richtung ändern. Jeder Fahrgast hat seine ganz persönliche Erzählung, die teilweise Geschichten aus dem wahren Leben entspringen. Hier habe ich mehrere Stunden gespannt vor dem Bildschirm gesessenen und jeden Schnipsel ausführlich gelesen, ohne es willkürlich zu überspringen.
Das wir nur Text auf Englisch und Französisch bekommen, finde ich hingegen wirklich schade und schließt jeden aus, der dieser Sprachen nicht mächtig ist oder lediglich Grundkenntnisse besitzt. Denn die Komplexität ergibt sich wirklich erst aus den Dialogen heraus.