J.U.L.I.A.: Among the Stars REVIEW
Bei dem tschechischen Sci-fi Point & Click-Adventure J.U.L.I.A.: Among the Stars handelt es sich um ein Remake der 2012 veröffentlichten Ursprungsversion J.U.L.I.A.. Das „Among the Stars“-Remake wurde erfolgreich über die Crowdfunding-Platform Indiegogo finanziert und steht seit dem 14. September 2014 als PC-Download zur Verfügung (z.B. über Steam). Die ursprüngliche Version habe ich nie gespielt, weswegen ich unbefangen an J.U.L.I.A.: Among the Stars herangehen konnte. Was ich in den tiefen des Weltalls alles erlebt habe, erfahrt ihr im folgendem Review.
Was ist von der Weltraum-Expedition noch zu retten?
Im 23. Jahrhundert hat es die Menschheit endlich hinbekommen Raumschiffe zu bauen, welche die Reise in fremde Sonnensysteme ermöglichen. Doch solch eine Reise dauert Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte, weswegen die Raumfahrer gezwungen sind in Cryogenkapseln zu schlummern. Die Astrobiologin Rachel Manners ist Crewmitglied des Forschungsraumschiffs „J-XZN-12586.“ Die Crew hat den Auftrag das Sonnensystem „NGC 9725“ zu erforschen, schließlich ist dieses System unserem Sol-System sehr ähnlich. Obendrein wurde von diesem System ein künstliches Signal geortet. Im Klartext bedeutet dies, dass man auf die Kontaktaufnahme mit intelligenten außerirdischen Leben spekuliert.
Natürlich ging die Expedition gewaltig in die Hose. Es sind bereits 60 Jahre vergangen, seitdem das Raumschiff das fremde Sonnensystem erreichte. Irgendetwas geschah mit der Crew und seitdem treibt das Schiff führungslos im All dahin. Doch dann wird es von einem kleinen Asteroidenschwarm zersiebt. Dies zwingt die Schiffs-K.I. J.U.L.I.A. dazu das letzte überlebende Crewmitglied aus dem Cryogenschlaf zu wecken. Die Rede ist natürlich von Rachel Manners, welche aus unbekannten Gründen von ihrer Mannschaft in der Schlafkapsel zurückgelassen wurde und jetzt dazu gezwungen ist die Reparatur-Programme des Raumschiffs zu bedienen. Doch das ist erst der Anfang, denn Rachel will wissen was aus dem Rest der Crew geworden ist, und dann ist da natürlich noch der Arbeitsauftrag das fremde Sonnensystem zu erforschen. Zusammen mit J.U.L.I.A. und der Roboterdrohne „Mobot“ macht sich Rachel ans Werk.
Die Story ist sehr spannend und kombiniert ein „Was ist geschehen“-Mysterium mit der Erforschung eines fremden Sonnensystems. Überraschenderweise bleiben beide Aspekte recht bodenständig, was dem Spiel einen ganz besonderen Flair mit auf den Weg gibt. Das Spiel versucht halt der Thematik einen wissenschaftlichen Anstrich mit auf den Weg zu geben, womit es sich wohltuend von den ganzen pompösen Space Operas abgrenzt und ein einmaliges Erlebnis darbietet, welches man vor allem im Gaming-Bereich nicht allzu oft vorfindet.
Weitere Pluspunkte gibt es für das tolle Zusammenspiel zwischen den drei Hauptcharakteren. Rachel, J.U.L.I.A. und Mobot harmoniern sehr gut miteinander und bringen den Spieler auch mal mit kleinen Kabbeleien untereinander zum Schmunzeln. Und ja, die beiden künstlichen Intelligenzen unter den Dreien sind fortschrittlich genug, dass sie nicht bloß wie stupide Maschinen daherkommen.;)
Puzzles statt Inventarrätsel
Eines vorweg, J.U.L.I.A. ist kein reguläres Point & Click-Adventure, sondern setzt seinen Fokus auf variierende Puzzle-Aufgaben. Typische Hotspot- und Inventarrätsel sollte man nicht erwarten. Zwar gibt es in den Renderbildern allerlei Hotspots und Gegenstände zum einsammeln, jedoch werden gesammelte Gegenstände entweder automatisch eingesetzt, sobald sie benötigt werden oder können/müssen an einer entsprechenden Station gescannt werden, um wissenschaftliche Daten zu ermitteln. Hirnschmalz fließt also eher bei den Puzzles. Selbstverständlich bietet das Spiel auch eine Hotspotanzeige, und Screen-Übergänge geschehen umgehend und ohne zeitraubendes Brimborium.
Nun wo das geklärt ist, gehen wir ans Eingemachte. Die Protagonisten Rachel verfolgt das Geschehen, wie auch der Spieler, an einem PC-Monitor. Denn es ist die Roboterdrohe Mobot, welche auf die Planeten fliegt, um Erkundungen durchzuführen. Rachel erlebt also alles nur über Videoaufnahmen, die von Mobot übertragen werden. Dementsprechend wird auch grundsätzlich ein HUD angezeigt, über das man auch Zugriff auf ein Questlog, die Karte des Sonnensystems und andere Dinge erhält. Hat man den ersten Planeten absolviert, darf man die restlichen Planeten nach eigenem Gusto anfliegen, letztendlich muss aber alles erkundet werden, um erfolgreich durch dieses ca. 10-stündige Abenteuer zu gelangen. Interessant ist der Einsatz von einigen Metroidvania-Elementen, denn hier und da erbeutet man auch mal einen Konstruktionsplan für ein neues Mobot-Werkzeugmodul. Und manche Räume und Gebiete können erst erschlossen werden, wenn Mobot die notwendigen Upgrades und Werkzeuge mitbringt.
Der Kern des Gameplays sind jedoch die Puzzle-Aufgaben denen man sich regelmäßig stellen muss. Da gilt es Desktop-Programme via Mausklicks zu bedienen, einen zerrissenen Zettel zusammenzusetzen, Mosaik-Bilderrätsel zu entwirren, Passwörter zu knacken, Tathergänge zu rekonstruieren, indem man Satzbausteine bearbeitet und vieles mehr. Manchmal wird das Spiel hierbei auch sehr kreativ, so wird etwa der Dschungelplanet im Stil eines alten CRPG-Karoraster-Labyrinths erkundet oder man muss einen Konstruktions-Bauplan mit einer scheinbar zu knappen Anzahl an Bauteilen impovisieren.
Die meisten dieser Puzzles sind relativ einfach zu verstehen und lassen sich entsprechend gemütlich und spaßig lösen. Aber natürlich gibt es auch hier im späteren Spielverlauf einige ärgerliche Klöpse, welchen einem den Puzzle-Spaß ordentlich verhageln können. So soll man eine winzige Felsformation in einer nebligen Landschaft finden, was dann gerne mal ne halbe Stunde verzweifelter Sucherei nach sich ziehen kann, oder man soll einen außerirdischen Runentext mit stupiden Trial & Error und Real-Life Zettelwirtschaft übersetzen. Am schlimmsten war jedoch das ätzende Alphametic-Puzzle, welches mich schlussendlich sogar zum Griff zur Komplettlösung getrieben hat.
Derlei extrem frustrierende Puzzle sind zwar in J.U.L.I.A.: Among the Stars sehr selten, lassen den Spielspaß dann aber umso heftiger zusammenschmelzen, sobald sie auftauchen.
Grafik und Sound
Trotz der Prämisse, dass nicht nur der Spieler, sondern auch die Protagonistin das Geschehen an einem PC-Monitor mitverfolgt, was dazu führt, dass man grundsätzlich entsprechende HUD-Anzeigen vorgesetzt bekommt, überzeugt das Spiel mit angenehm attraktiven Renderbildern und relativ soliden Rendersequenzen. Die Renderbilder sind detailverliebt, schick und leisten gute Arbeit dabei außerirdische Landschaften zu visualisieren. Damit sie nicht zu statisch wirken, weisen die Renderbilder auch kleinere Animationsstufen auf. Fans dieses Grafikstils kommen in „Among the Stars“ also definitiv auf ihre Kosten. Das Spiel kann in den beiden Auflösungsstufen 1280×720 und 1920×1080 dargestellt werden.
Der Soundtrack ist ebenfalls schön gelungen und fängt das Feeling einer spannenden, aber eben auch bodenständigen und passiven Weltraum-Expedition gut ein. Der OST ist nicht aufdringlich, dümpelt aber eben auch nicht belanglos im Hintergrund vor sich hin, was der große Fehler ist, den viele andere Soundtracks dieser Art begehen.
J.U.L.I.A.: Among the Stars bietet eine deutsche Sprachausgabe, die zwar nicht überragend ausfällt, da es den Sprechern manchmal schwerfällt glaubhafte Emotionen zu transportieren, aber nichtsdestotrotz als gelungen bezeichnet werden kann und einen großen Mehrwert für das Gesamtpaket darstellt.
Zum Spiel gibt es übrigens auch einen DLC zu kaufen, welcher den OST, ein Lösungsbuch und ein Prequel-Puzzlespiel namens J.U.L.I.A.: Untold beinhaltet. Das Puzzlespiel umfasst 50 Konstruktionspuzzle, also jene Puzzle, die man auch im Hauptspiel lösen muss, um Upgrades für Mobot freizuschalten.
Pro & Kontra
- sehr abwechslungsreiche Puzzle-Aufgaben
- gelungene audiovisuelle Präsentation
- bodenständige aber spannende Sci-fi-Story
- 2-3 der Puzzles sind echt scheiße, kosten viel Spielspaß und brechen den Spielfluss