Hitman: Blood Money REVIEW

Mit dem Ende Mai 2006 veröffentlichten Hitman: Blood Money setzte der dänische Entwickler Io-Interactive die Tradition fort, alle zwei Jahre einen neuen, verbesserten Serienableger der Hitman-Reihe zu präsentieren. Nachdem der letzte Ableger „Hitman: Contracts“ jedoch einigen Gegenwind aufgrund seiner partiellen Remake-Natur empfangen hatte, ging man beim mittlerweile vierten Teil der Reihe kein Risiko mehr ein. Man erschuf nicht nur einen komplett neuen Satz an Aufträgen, sondern erweiterte auch die Möglichkeiten, mit denen der kahlköpfige Protagonist seine Aufträge absolvieren kann. Die Neuerungen nehmen dabei teils drastische Ausmaße an, und wie der Untertitel bereits suggeriert, hat man sogar das Geldsystem aus dem ersten Teil zurückgebracht. Sehr viele Hitman-Fans bezeichnen Blood Money selbst heute noch als besten Teil der Serie. Einer Serie, die seit Blood Money übrigens schon zwei weitere Fortsetzungen, einige Spin-offs und sogar zwei Verfilmungen hervorgebracht hat. Dann wollen wir mal gucken, ob Teil 4 der Hitman-Franchise den hohen Erwartungen, welche durch die andauernden Lobgesänge der Fans hervorgerufen werden, auch wirklich gerecht werden kann, oder nicht.

Tödliche Konkurrenz

Agent 47 ist tot. Und das ist keineswegs ein Spoiler, sondern wird noch vor Spielbeginn verdeutlicht. Es wird eine Art moderne Kapelle gezeigt, in derer unser glatzköpfiger Antiheld auf einer Totenbahre ruht. Doch wie konnte es soweit kommen? Scheinbar ist der zwielichtige FBI-Chef Alexander Leland Cayne, auch „Jack“ genannt, hierfür verantwortlich. Cayne fürchtet nichts mehr als die neue Klontechnologie, welche in seinen Augen nur als Massenvernichtungswaffe zweckentfremdet werden wird. Um die öffentliche Meinung gegen das Klonen aufzuwiegeln, lädt er den Reporter Rick Henderson ein, um diesen in die Geheimnisse des legendären Superkillers Agent 47 einzuweihen. Und so beginnt Cayne die spektakulärsten Auftragsmorde aufzuzählen, welche 47 in den Jahren 2004 und 2005 durchgeführt hat.

Doch während wir in den Zwischensequenzen Caynes Version der Ereignisse mitverfolgen, erleben wir in der Rolle von Agent 47 hautnah mit, was sich während der Aufträge wirklich abgespielt hat. Interessanterweise scheint es einige Abweichungen zwischen Caynes Erzählungen und den tatsächlichen Ereignissen zu geben. Die ICA, der langjährige Arbeitgeber von Agent 47, sieht sich mit einer konkurrierenden Organisation konfrontiert. „Das Franchise,“ wie sich besagte Organisation nennt, versucht das Monopol für Auftragsmorde zu erlangen. Das bedeutet natürlich auch, dass die ICA und deren Agenten ausradiert werden müssen. Und da das Franchise über eigene Klon-Killer verfügt, scheint dieses Ziel auch gar nicht so abwegig zu sein.

Agent 47 interessiert sich, dank seiner stoischen Art, jedoch kein bisschen für diese Entwicklungen. Er will einfach nur seine Arbeit verrichten – halt so wie immer. Doch mit dieser Einstellung hat er offensichtlich einen schweren Fehler begangen, denn die Gier des Franchises und das Durchhaltevermögen von Cayne kennen scheinbar keine Grenzen.

Die Hitman-Games konnten noch nie mit ausgefeilten, mitreißenden Handlungen protzen. Und auch Hitman: Blood Money bildet da keine ernsthafte Ausnahme. Zwar merkt man, dass man hier etwas mehr Mühe investiert hat, als in den Vorgängern, doch kommt im Endeffekt auch hier nichts Erinnerungswürdiges bei raus. Lediglich zum großen Finale kann man noch eine Überraschung erleben, andernfalls würden die Sequels ja auch keinen Sinn ergeben.

Wo man jedoch punkten kann ist bei der allgemeinen Präsentation. Natürlich gibt es auch hier wieder eine synchronisierte Einsatzbesprechung, samt Zielfotos. Es ist auch schön zu sehen, dass die Zwischensequenzen dieses mal versuchen eine vernünftige Narrative aufzubauen, auch wenn der Dialog zwischen Cayne und Henderson mit der Zeit in zähes Geschwafel ausartet. Am besten gefallen jedoch die Zeitungsberichte nach Abschluss eines Auftrages. Unser letzter Mord nebst Performance ist freilich stets das zelebrierte Titelthema, und wer die kleineren Nebenartikel liest, erfährt auch nette Hintergrundinformationen oder bekommt zumindest etwas zum schmunzeln.

Unterm Strich wird im vierten Teil also die bis dato beste Story(Präsentation) der Hitman-Serie geboten, was leider nicht allzu viel bedeutet. Denn als wirklich „gut“ kann man die Handlung leider immer noch nicht bezeichnen.

Profikiller Simulator 2006

Was die Zugänglichkeit anbelangt, so dürfte Blood Money für Neulinge sicherlich den besten Einstieg in die Serie darstellen. Dies hat mehrere Gründe: So kann man neben den altbekannten Schwierigkeitsgraden Normal, Experte und Profi nun auch einen Einfachen Grad anwählen. Dieser gewährt unter anderem unbegrenzte Speicherungen, mehr Waffen-Versorgungspunkte innerhalb der Level, dümmere Gegner und sogar die Deaktivierung einiger neuer Spielmechaniken (zu diesen später mehr). Allerdings kommt man auch auf den höheren Graden sehr gut zurecht. Ich selbst wählte Experte und hatte keine ernsthaften Probleme. Tatsächlich war Blood Money das bis dato leichteste Hitman-Spiel für mich. Ein Umstand, den man durchaus auch dem ersten Auftrag zuschreiben kann, welcher als Tutorial konzipiert wurden und den Spieler überraschend gekonnt an so ziemlich alle neuen Spielelemente heranführt. Nach diesem Auftrag weiß man was man machen kann und wie die Steuerung funktioniert, welche seit dem letzten Teil nochmals etwas verfeinert wurde. Hitman: Blood Money beweist eindeutig, dass Tutorial-Level durchaus sehr sinnvoll sind, gut funktionieren können und obendrein auch richtig Spaß machen. Schade nur, dass das so wenige Spiele vernünftig hinbekommen.

Als kleines i-Tüpfelchen, kann man in der altbekannten Levelanwahl auch das Versteck von Agent 47 aufsuchen. Hierbei handelt es sich um ein kleines Kellerloch, wo alle bislang gesammelten Waffen gebunkert werden und für ausgiebiges Probeschießen bereitstehen.

Neben der, mehr als ausreichenden, Standardausrüstung, welche einem bereits zu Spielbeginn zur Verfügung steht, darf man seinem Repertoire freilich neue Waffen hinzufügen, indem man diese nach Abschluss einer Mission einfach mit sich führt. Bei kleinen Pistolen und SMGs stellt dies auch kein Problem dar, da diese verdeckt geholstert werden. Die größeren Waffen wie Shotguns oder Sniper-Gewehre erregen hingegen reichlich Aufmerksamkeit, welche man im Idealfall natürlich vermeiden sollte. Allerdings bleibt es wie gehabt die Entscheidung des Spielers, ob er Hitman als Stealth-Spiel, als Third-Person-Shooter, oder irgendwas dazwischen spielen möchte. Ich selbst spiele es möglichst als reines Stealth-Spiel, und als solches kommt man auch mit minimaler Schusswaffengewalt durch. Zur grundlegenden Grundausstattung zählen natürlich immer noch die Klavierseite für lautlose Morde aus dem Hinterhalt und zwei Betäubungsspritzen, welche die einzige Möglichkeit sind Charaktere auszuschalten, ohne sie zu töten. Man bekommt auch zwei Giftspritzen, die man entweder direkt injizieren, oder in Getränke mixen kann, um den Mord wie einen Unfall wirken zu lassen. Abgerundet wird das Ganze mit einem Fernglas, einer Münze, um Wachposten wegzulocken, einem Dietrich, um verschlossene Türen knacken zu können und einem Sprengsatz samt Fernzünder. Letzterer ist besonders praktisch, da man damit z.B. Kronleuchter zum Absturz bringen kann, oder einen unscheinbaren Koffer in eine tödliche Sprengfalle umwandeln darf.

Freilich ist es ab dem zweiten Auftrag gestattet seine Ausrüstung vor Missionsbeginn selber festzulegen. Allerdings ist fast jeder Auftrag derart konzipiert, dass man ihn lediglich mit der grundsätzlich mitgeführten Grundausstattung, und somit auch ohne Schusswaffen, bewältigen kann. Viele Zielpersonen können sogar auf eine Art und Weise eliminiert werden, dass ihr Tod wie ein Unfall wirkt (z.B. indem man besagte Person von einem Balkon herunterschubst). Je nachdem wie man in einem Auftrag vorgeht, erfolgt die Auswertung in Form einer Bewertung. Ultimatives Ziel hierbei ist, wie gehabt, die Bewertung „Lautloser Killer.“

Je mehr Beweismaterial hinterlassen wird und je mehr Kollateralschäden man anrichtet, desto mehr Bußgelder muss man abdrücken, was freilich den Gesamtbetrag des verdienten Blutgeldes verringert. Überlebende Zeugen steigern wiederum den Gesucht-Grad. Je höher dieser Grad, desto bekannter wird Agent 47 in den Medien und desto leichter fliegt seine Tarnung innerhalb der Missionen auf. Glücklicherweise kann man nach Auftrags-Abschluss Bestechungsgelder zahlen, um den Gesucht-Status herabzusenken. Wer also besonders viel Geld verdienen möchte, sollte lieber auf Stealth, statt auf Rambo-Methoden setzen.

Das verdiente Geld, kann man wiederum in neue Ausrüstungsstücke oder Waffenbauteile investieren. Ob ein besserer Dietrich, eine Schutzweste, ein Schalldämpfer, leistungsfähigere Munitionstypen, ein Laserpointer … Es gibt jede Menge Zeug für das man seine Geldeinheiten verpulvern darf. Stärkere Ausrüstung und Bauteile werden jedoch erst nach und nach im Spielverlauf zum Verkauf angeboten.

Und damit habe ich jetzt auch schon einen Großteil der Neuerungen erläutert, aber noch nicht alle. So darf man neuerdings bewusstlose oder tote Körper in spezifischen Container-Truhen hineinpacken, um seine Tarnung zu schützen. Es erklärt sich freilich von selbst, dass die Tarnung in Form von Verkleidung immer noch ein extrem wichtiger Faktor im Spiel ist, allerdings wurde dieser Aspekt wieder auf das Niveau des ersten Teils reduziert. Soll heißen, dass der berüchtigte Verdachts-Pegel bei weitem nicht mehr so relevant ist wie in den letzten beiden Teilen, sondern dass man eigentlich immer seine Ruhe hat, solange man nur die richtige Verkleidung/Klamotte am richtigen Ort trägt. Ob das nun besser oder schlechter ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Außerdem sollte man sich nun vor lästigen Videokameras in Acht nehmen, die oftmals in den Levelkarten platziert wurden und nach Auftrags-Abschluss den Gesucht-Grad erhöhen können. Allerdings gibt es in diesem Fall auch immer eine Wachstation samt Videokassette, welche man einfach nur stehlen muss, um das Problem „Videokameras“ zu umgehen.

Hitman: Blood Money bietet insgesamt 13 Aufträge, wobei der erste Auftrag als Tutorial-Level und der Letzte als eine Art finaler Bosskampf konzipiert wurden. Zählt man also nur die „vollwertigen“ Level, so kommt man nur auf eine Anzahl von 11. Nichtsdestotrotz wird Pi mal Daumen der typische Umfang eines Hitman-Spiels geboten. Nicht mehr und nicht weniger.

Der große Schwachpunkt von Blood Money, zumindest aus meiner Sicht als Stealth-orientierter Spieler, ist jedoch eine gewisse Eintönigkeit, die sich nach einigen Aufträgen breitmacht. In fast jedem Level wird eben mehr oder weniger dasselbe 08/15 Stealth-Schema abgewickelt. Abwechslung in Form von Sniper-Attentaten, episch inszenierten Autobomben, der heiklen Flucht vor Sonderkommandos oder bleihaltige Dschungeleinsätze sind einfach nicht mehr vorhanden. Zwar bietet Blood Money viele coole neue Features, aber auch die laufen sich irgendwann tot. Es wird doch nicht zu viel verlangt sein, dass ich auch mal ein schnörkelloses Sniper-Attentat durchführen darf. Aber nein, stattdessen muss ich eben solch eines verhindern. Dass die Abwechslung hierbei auf Dauer auf der Strecke bleibt, hat man wohl leider vergessen. Noch nicht einmal der finale „Bosskampf“ wurde sonderlich gut umgesetzt, sondern wirkt eher nervig und führt obendrein die Mühe, die man in das Aufrüsten von Waffen und Ausrüstung investiert hat, ad absurdum.

Grafik und Sound

Grafik: Mit dem vierten Teil wurde abermals die Grafik verbessert. Für ein 2006er Spiel sieht Blood Money richtig schick aus und kann selbst heutzutage noch gefallen. Und obwohl das Spiel hauptsächlich in den USA stattfindet, werden zahlreiche abwechslungsreiche Ortschaften präsentiert. Da reicht die Palette von Sumpflandschaften, einem Luxushotel in Las Vegas bis hin zu Stadtfestivals und Partys in denen dutzende von Menschen herumwuseln. Und gerade letzteres ist ein sehr beeindruckender grafischer Effekt für solch ein altes Spiel!

Als seltsam empfand ich hingegen die Charakterartworks der Zielobjekte, welche im Ladescreen vor einem Auftrag gezeigt werden. Dort sehen die Leute mit ihren toten Stielaugen irgendwie wie Wachsfiguren statt Menschen aus, was bei mir immer wieder einen lästigen „Uncanny Valley“-Effekt auslöst. Dieser Effekt wird dann zu einem geringen Grad auch ins allgemeine Charakterdesign übertragen. Denn auch in den, grafisch mittelmäßigen, Rendersequenzen oder bei den Ingame-Charaktermodellen habe ich immer wieder das Gefühl, dass die Leutchen ein klein wenig versteift wirken.

Sound: Zum vierten (und leider auch letzten) mal verpflichtete man Jesper Kyd für den Soundtrack eines Hitman-Spiels. Nach dem eigenwilligen OST aus Hitman: Contracts, ruderte Kyd in Blood Money wieder in die altbewährten orchestralen Klänge zurück, welche oftmals von lateinischen Chorgesängen begleitet werden. Anders als in Hitman 2: Silent Assassin, wirkt der allgemeine Stil dieses mal aber eher düster als episch. Man kann also glücklicherweise nicht von einem hohlen Abklatsch sprechen. Der Soundtrack wird aber ohnehin eher spartanisch eingesetzt. Die Melodien erklingen oftmals erst, wenn man ein bestimmtes Ziel erreicht oder eines seiner Zielobjekte ausgeschaltet hat.

Als Titelmelodie hat man sich übrigens für Franz Schuberts „Ave Maria“ entschieden. Das klassische Stück gilt seitdem als eine Art Markenzeichen für die Hitman-Franchise und wurde sogar für die Verfilmung verwendet. Generell überrascht das eigentlich ziemlich harte Spiel mit einem sehr hohen Verständnis für Kunst und Kultur. So kann man zum Beispiel im Opern-Level einem Teil des Opern-Stücks „Tosca“ lauschen, das vom Spiel auch sehr ernsthaft und überzeugend umgesetzt wurde. Und wie viele Spiele gibt es schon, welche derartige Dinge präsentieren?

Auch die Soundeffekte sind rundum gelungen. Sei es nun Vogelgezwitscher oder die durchaus wuchtigen Schussgeräusche der Waffen. Die deutsche Sprachausgabe kann ebenso überzeugen, wobei man natürlich überlegen könnte, ob eine deutsche Sprachausgabe überhaupt sinnvoll ist. Da große Teile des Spiels in den USA stattfinden, wäre es vielleicht nicht verkehrt die englische Version (mit entsprechender Synchronisation) zu spielen, damit die Sprachausgabe authentischer wirkt.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
85
85
Gut
-
Multiplayer

FAZIT

Rein objektiv betrachtet, ist Hitman: Blood Money in der Tat das beste Spiel der Serie. Zunächst einmal handelt es sich um den mit Abstand einsteigerfreundlichsten Teil der Reihe. Trotz dessen wurden die Stealth-Mechaniken und die Möglichkeiten seine Aufträge effektiv auszuführen nochmals verbessert und erweitert. Auch die audiovisuelle Präsentation hat hier endlich einen vorzeigbaren Höhepunkt erreicht. Sogar bei der Handlung hat man sich mehr Mühe gegeben, allerdings stellt diese nach wie vor einen Schwachpunkt der Serie dar. Subjektiv betrachtet mangelt es dem Spiel jedoch etwas an Abwechslung. Die Stealth-Mechaniken wiederholen sich mit der Zeit zu oft, das Geldsystem wirkt ähnlich überflüssig wie im ersten Teil und die Action-lastigen Aspekte der Vorgänger wurden fast völlig unter den Tisch gekehrt. Und damit meine ich keine Rambo-Ballereien, die man, sofern man denn will, immer noch durchführen kann. Nein, ich meine ganz einfach Dinge wie ein gescheites Sniper-Attentat, oder eine wohl-platzierte Autobombe, oder eine Extremsituation mit einem schießwütigen Sonderkommando, oder … Ach, ich denke Kenner der Vorgänger wissen was ich meine. Diese Dinge gibt es in Blood Money einfach nicht mehr, was ich persönlich unglaublich schade finde. Aufgrund dessen halte ich Blood Money zwar für ein sehr gutes und wichtiges Spiel in der Hitman-Serie, aber eben nicht für den supertollen Über-Megahit, als den ihn viele Spieler hinstellen. Silent Assassin und Contracts konnten jedenfalls einen größeren Eindruck auf mich hinterlassen.

- Von  Volker

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