Elden Ring: Shadow of the Erdtree REVIEW

Wenn ein Spiel fast zwei Jahre nach Erscheinen noch einen DLC erhält, interessiert das in der Regel nur noch eingeschworene Fans. Ganz anders bei Elden Ring. Auch fast zwei Jahre nach der Veröffentlichung fasziniert das Open World Abenteuer von FromSoftware noch immer viele Spielerinnen und Spieler. Der kürzlich veröffentlichte DLC Shadow of the Erdtree hat das Interesse nicht nur neu entfacht, sondern verkauft sich blendend. Kein Wunder eigentlich, immerhin konnte das Basisspiel nach zwei Jahren bereits rund 25. Millionen physische und digitale Kopien absetzen.

Dieses besondere Gefühl, welches nur FromSoftware auslösen kann


Ich habe Elden Ring geradezu geliebt. So wie beinahe jedes Spiel von FromSoftware, seit sie anno 2009 mit Demon´s Souls ihre Formel für diese spezielle Art der Action-Rollenspiele gefunden haben. Mit 91% habe ich dem Spiel seinerzeit eine meiner höchsten Wertungen überhaupt auf Gamecontrast gegeben. Wer mich kennt weiß, bevor ich eine 9x raushole, muss ein Spiel schon etwas Besonderes sein. Dennoch war ich im Vorfeld der Veröffentlichung von Shadow of the Erdtree wenig in Stimmung auf die erste und einzige Erweiterung. Das mag ein bisschen an der Sommerzeit liegen, in der ich ohnehin nie sonderlich viel spiele. Gleichzeitig sind die Zeiten vorbei, in denen mich ein Hype anstecken konnte und ich selbst am ersten Tag gleich zu den Eingeweihten gehören musste. Spoiler kann ich mittlerweile ziemlich gut umgehen und genieße es umso mehr, wenn ich nach einigen Monaten ein Spiel ganz ohne die Diskussionen drumherum für mich genießen kann.

Trotzdem habe ich einige Tage vor Release doch nochmal in das Hauptspiel reingespielt und wollte sehen, ob ich mich nach der ganzen Zeit noch ein bisschen reingrooven kann. Und siehe da: da war es wieder, dieses besondere Gefühl, welches bei mir fast nur noch die Titel von FromSoftware auslösen können. Als der Stichtag am 21. Juni kam, wurde die Kreditkarte um 40 Euro erleichtert und ich begann meine Reise in das Reich der Schatten (Land of Shadow).

Die Reise des Elden Lord geht weiter


Das aus Sicht der Lore spannende an Shadow of the Erdtree: es spielt bewusst nach dem Ende des Hauptspiels und ist als Endgame-Content gedacht. Manch andere DLCs, auch jene, die weit nach dem Basisspiel erscheinen, positionieren sich gerne als Episode in Mittelteil ihrer jeweiligen Games, nicht so aber hier. Dass der neu gekrönte Elden Lord das Reich der Schatten betritt, imponiert reichlich wenige Figuren, die man in dem neuen Areal trifft. Was die Handlung angeht…ach…Ich weiß natürlich um die Faszination der Hardcore-Fans und ja, in den Spielen seit Demon´s Souls steckt durchaus eine spannende Geschichte. Ich gehöre tendenziell auch zu jenen, die sich die verstreuten Storybeats zusammenzusuchen und mag nach wie vor den Ansatz, dass immer auch ein bisschen eigene Interpretation erwünscht zu sein scheint. Aber ich gehöre auch zu jenen, denen die Geschichten der Souls-Spiele auch ein bisschen egal ist. Ob nun Dark Souls, Bloodborne oder eben auch Elden Ring: all das sind für mich vor allem Mood-Games, Spiele, die durch ihre Stimmung funktionieren. Und so ist es auch bei Shadow of the Erdtree. Der Plot: Das Reich der Schatten wurde einst von den Zwischenland (Lands Between) getrennt und galt lange als nicht betretbar. Durch die Ereignisse im Hauptspiel (ergo, den Tod von Mohg), kann man jetzt wieder in das Areal reisen, was nicht nur ich/ihr tut, sondern auch Anhänger von Miquella. Diese reden so kryptisch wie eh und je und am Ende hat man sowieso wieder so ziemlich alles mit Dialogzeilen um die Ecke gebracht.

Trotzdem war ich sofort wieder drin, war gefesselt von der besonderen Aura, die versprüht wird. Wenn man beim Betreten des neuen Gebietes einmal mehr auf einer leichten Anhöhe steht, sich vor einem ein riesiges Meer aus Grabsteinen erstreckt, im Hintergrund ein gigantischer, anscheinend in Feuer stehender Koloss über das Feld geht, man noch weiter weg Burgen und Schlösser erblickt und keine Gänsehaut verspürt, dann weiß ich auch nicht. Bei mir war es jedenfalls so und die Abenteuerlaune von 2022 wurde erneut entfacht.

Ich, der Wischmopp


Recht schnell führte mich mein Weg in einen der neuen Legacy Dungeons, wo ich mich bald auch schon einem der elf neuen Haupt-Boss entgegengesehen habe. Dieser hat mit mir ganz schön den Boden aufgewischt und gleich klar gemacht: das Add-On ist kein Spaziergang bei Sonnenutnergang. Zu dem Zeitpunkt war ich übrigens Level 182. Tatsächlich spielt der Level, den man aus dem Hauptspiel mitnimmt, eine untergeordnete Rolle, vor allem wenn man seinen Charakter auf eine ähnlich hohe Stufe gebracht hat.

Denn der DLC bringt quasi ein komplett neues Levelsystem mit. Dieses wirkt auch nur im DLC und hat für das Basisspiel keine Bewandtnis. Recht schnell wird man das erste Mal auf die sogenannten Scadutree-Fragmente stoßen. Mit diesen kann man den Segen des Scadutree Shadowtree ausgesprochen) erhalten. Jede neue Stufe erhöht die bekannten Attribute, wie Lebensenergie, Stärke etc. Geht man mit einem derart hohen Level wie ich in den DLC, dann gibt jeder neue reguläre Level ohnehin kaum noch nennenswerte Steigerungen bei den jeweiligen Attributen. Mit dem neuen System stellt FromSoftware vor allem sicher, dass Spielerinnen und Spieler mit enorm hohen Level nicht einfach nur durch den DLC pflügen können, und gleichzeitig jenen eine Chance haben, die vielleicht das Hauptspiel abgeschlossen haben, aber dennoch nicht auf einer dreistelligen Levelstufe sind. Ich kenne beispielsweise zwei Personen, die den DLC mit Level 80 und 98 betreten und ebenfalls beendet haben.

Interessanterweise schließt FromSoftware mit dem neuen Levelsystem aber auch einen Riegel vor der Offenheit, die das Hauptspiel noch hatte. Wer sich an einen Boss die Zähne ausgebissen hat, konnte einfach woanders hin, weitere Level ansammeln, die Waffen stärken und mehr Erfahrungen sammeln. Irgendwann hat man dann auch einfach mit roher Gewalt die Probleme aus dem Weg räumen können. In Shadow of the Erdtree geht das jetzt nicht mehr so einfach. Insgesamt 50 Scadutree-Fragmente gibt es, die das neue Levelsystem bis auf Stufe 20 bringen können. Danach geht es nicht weiter und man muss zusehen, wie man zurechtkommt. Ich habe den DLC nach rund 50 Stunden abgeschlossen und einen Scadutree-Level von 17 gehabt. Damit bin ich bis auf zwei Bosse gut durchgekommen, der finale Boss hingegen war eine Geduldsprobe, wie ich sie selten erlebt habe.

Schatten


Die Bosse sind seit Demon´s Souls eines der prägenden Elemente der Souls-Games. So wie sich FromSoftware und ihre Titel über die Jahre weiterentwickelt haben, so ist auch das Design der Bosse mehrere Evolutionsstufen durchlaufen. Leider hat man spätestens mit Elden Ring ein paar nervige Entwicklungen gemacht, die sich mitunter auch in Shadow of the Erdtree finden. Ich habe schon immer die menschenähnlichen Bosse bevorzugt. Diese sind meistens visuell und spielerisch klar gestaltet und folgen einer gewissen Logik. Bosse in Tier-/Bestiengestalt hingegen sind unberechenbarer. Das macht ebenfalls Sinn. Was mich mittlerweile aber nervt, sind jene Bestien-Bosse, die einfach nur wild agieren und keine Ruhepausen besitzen.

Ich will das am zuvor erwähnten Boss erläutern, den ich als Erstes angetroffen habe. Dieser hört auf den Namen Göttliche Bestie: Tanzender Löwe und ist visuell herrlich verdreht (über das hohe kreative Niveau der visuellen Designs kann man nach wie vor nur staunen). Spielerisch war der Boss eine einzige Qual. In der ersten Phase springt er wie von Sinnen auf mich zu und malträtiert mit schwer blockbaren Angriffen. Wer wie ich gerne auf Schilde mit Parry-Funktion setzt, hat hier ohnehin das Nachsehen. In der zweiten Phase kommt noch eine Vielzahl von elementaren Angriffen hinzu und erneut: kaum ein kurzer Moment, in den man selbst zum Zug kommen kann. Dazwischen muss man dann auch noch die Kamera bedienen, die wie gehabt bei derart schnellen Kämpfen sich gar nicht mehr die Mühe gibt, hinterherzukommen. Ausgerechnet der finale Boss ist ein ähnlich negativer Ausreißer. Dieser ist zwar gut lesbar, kommt in der zweiten und dritten Phase aber ebenfalls mit absurden Angriffen daher, die ebenfalls kaum ein Fenster zum Gegenschlag eröffnen.

Licht


Shadow of the Erdtree bietet im Grunde mehr von allem, was Elden Ring ausgemacht hat. Mehr Bosse, mehr Gegner, mehr Waffen und Rüstungen, mehr Dungeons und eine erstaunlich große neue Map. Das Erkunden ist wie gehabt eine der für mich am besten funktionierenden Karotten dieses Abenteuers. Auch das neue Areal ist weiterhin angenehm verwinkelt, bietet Katakomben in der Tiefe, packende Erlebnisse hoch oben auf Bergen und spannende Herausforderungen an entlegenen Orten, bei denen man oft erst einmal um die Ecke denken muss, um einen Weg zu finden.

Mehr als im Hauptspiel führt die Erkundung oft aber auch ins Nichts. Wo es im Basisspiel eigentlich immer eine Belohnung in Form eines optionalen Bosses, eines geheimen Gebietes oder einer besonderen Waffe gab, steht man im DLC immer wieder an Klippen, an denen es nicht weitergeht, oder vor Wänden, die nicht magisch sind und auch keinen neuen Weg eröffnen. Ich mochte das Erkunden zwar dennoch, gleichzeitig spürt man hier Konzessionsentscheidung zugunsten des wohl kleineren Entwicklerteams. Denn sicherlich hat man nicht das Hauptteam zwei Jahre lang an der Erweiterung arbeiten lassen, Director Hidetaka Miyazaki und ein großer Teil seines Kernteams dürften unlängst zum nächsten Projekt weitergezogen sein.

Und so wirkt dann auch das Ende von Shadow of the Erdtree unbefriedigend. Nach der finalen Schlacht gibt es zwar noch eine kurze Videoseqeuenz. Einen Abspann oder ein anders geartetes Ende, welches mich zufriedengestellt hat, ist aber nicht vorhanden. Und so habe ich die Konsole dann auch mit einem etwas enttäuschten „Hmm“ ausgeschaltet.

Pro & Kontra

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Pros
  • großes neues Areal
  • viele neue Waffen, Gegner, Bosse
  • Kampfsystem wird mit neuen Waffen noch abwechslungsreicher
  • das visuelle Design der Bosse, Gegner und Spielwelt ist über jeden Zweifel erhaben

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Cons
  • Kamera wie gehabt ein großes Problem in vor allem schnellen Kämpfen
  • eine zwar große neue Map, aber auch viel Leere
  • viele Bosse eröffnen kaum noch ein Fenster zum Gegenschlag

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Spiel Bewertung
Singleplayer
86
86
Gut
-
Multiplayer

FAZIT

Viele Kritikpunkte an Shadow of the Erdtree sind Kritik auf hohen Niveau. Dass die Karte zwar groß und mit teilweise tollen Orten angereichert ist, aber auch viel Leere besitzt, ist eher eine Feststellung als eine wirkliche Enttäuschung. Am ehesten störe ich mich am Ungleichgewicht mancher Bossgegner, aber wenn der entsprechende Bösewicht sich in Rauch auflöst, ist auch dieser Ärger schnell verflogen. Rundum bin ich mit der Erweiterung sehr zufrieden. Sie liefert mehr Elden Ring und damit mehr tollen Inhalt. Ich habe den erneuten Ausflug in mein Spiel des Jahres 2022 zum überwiegenden Teil genossen und mich gerne noch einmal in diesen Fantasy-Meilenstein ziehen lassen. Am Ende ist meine Euphorie aber auch nicht mehr ganz so groß, wie vorher. Vielleicht hat sich die Open World Formel für mich schon wieder ausgespielt? Ich habe jetzt noch einmal Dark Souls 3 angefangen und stelle fest, dass mir das wesentlich kompaktere Weltendesign doch etwas mehr für diese Art des Action-Rollenspiels zusagt. Und so blicke ich jetzt vor allem gespannt auf das nächste große Spiel von Miyazaki und seinem Team. Nochmal Open World? Wieder Dark-Fantasy? Vielleicht mal was ganz anderes?

- Von  Adrian

Tolles Add-On, welches nahtlos an das Basisspiel anknüpft und mit vielen gelungenen neuen Inhalten brilliert.
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Elden Ring: Shadow of the Erdtree REVIEW

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