Dynasty Warriors 9 REVIEW
Spiele, die im jährlichen Turnus einen neuen Ableger erhalten, sind bekanntermaßen nichts ungewöhnliches. Als erstes in den Sinn kommen da natürlich die Sportspiele von EA und 2k, auch Reihen wie Call of Duty und, bis noch vor einiger Zeit, Assassin’s Creed warten jedes Jahr mit einem weiteren Teil auf. Den Vogel schießt zweifelsohne aber Koei Tecmo mit ihrem Warriors Franchise ab. Neben unzähligen Spin-Offs und Ablegern der Hauptreihe treiben Umsetzungen beliebter Lizenzen (One Piece, Gundam) und die Zusammenarbeit mit den Marken anderer Konzerne (Hyrule Warriors, Dragon Quest Heroes) die Zahl der Spiele, die sich dem Genre der Musou-Spiele zuordnen lassen, nach oben. Mit Dynasty Warriors 9 meldet sich nach rund fünf Jahren wieder die Hauptreihe mit einem neuen Eintrag zurück. Das erstmals exklusiv auf die Hardware der aktuellen Konsolen von Sony und Microsoft angepasste Spiel will mit erneuerter Engine und Open World stärker die breite Masse ansprechen und endlich auch im Westen Fuß fassen. Leider geht dieses Vorhaben allerdings gründlich in die Hose.
Identitätskrise?
Bisher wusste man eigentlich immer, was man von einem Warriors-Spiel zu erwarten hat. Seit jeher steht die Reihe nämlich für die Inszenierung von Massenschlachten mit aberwitzig vielen Gegnern, die mithilfe eines leicht zu erlernenden Kampfsystems zuhauf vom Bildschirm gefegt werden. Diese Kernkompetenz besteht prinzipiell auch in Dynasty Warriors 9 weiter, allerdings hat Omega Force, die bereits seit 1997 im Auftrag von Koei Tecmo die Serie entwickeln, an einigen Stellschrauben gedreht, was sich enorm auf das Spielgefühl auswirken.
Wurde man in den vergangenen Iterationen noch in recht überschaubare Areale geschmissen, die letztlich wie mehrstufige Arenen aufgebaut waren, gibt Dynasty Warriors 9 diese lang gehegte Tradition zugunsten einer offenen Welt auf. Auf dem Papier klingt das zunächst spannend, schließlich ist das China des 2. und 3. Jahrhunderts nun wirklich kein in Videospielen sonderlich populäres Setting. Vor allem im Rahmen des Open World Genres existiert die Darstellung des Reiches der Mitte zu Zeiten der Han-Dynastie de facto nicht und ist insofern ein interessanter Gegenpol zu den meist in westlichen Großstädten verorteten Spielwelten. Bedauerlicherweise hat es Omega Force aber nicht geschafft eine in irgendeiner Weise interessante Welt zu kreieren.
Die Karte ist vollgestopft mit Symbolen und Legenden (Ubisoft Spiele lassen freundlich grüßen), unterschiedliche Klimazonen sorgen zusätzlich für optische Abwechslung. Es gibt große Städte, glanzvolle Paläste, kleine Bauerndörfer, Tempel, Schnee bedeckte Landschaften und hohe Berge, die man erklimmen kann, um einen Ausblick auf das riesige Gebiet zu erhalten. Zusätzlich existieren eine ganze Reihe an verschiedenen Nebentätigkeiten, wie zum Beispiel Angeln und Jagen, auch hält die Spielwelt diverse Sehenswürdigkeiten bereit und will nach und nach durch das Erklimmen von Aussichtstürmen (Ubisoft Spiele grüßen ein weiteres mal) aufgedeckt werden. Das alles macht aber nur wenig Spaß, denn letztlich wirkt die Welt leer und karg, seine Bewohner wie Komparsen in einer riesigen Set-Kulisse. So sehr die oftmals engen Arealen der Vorgänger kritisiert worden sind, so sehr zeigt sich nun, dass das klare Leveldesign irgendwie fehlt.
Belanglose Missionen
Es ist eben nicht nur die Leere des antiken Chinas, die enttäuscht, auch wirkt sich die offene Welt massiv auf das Pacing aus. Warriors-Spiele werden gerne – und das nicht ganz zu unrecht – als virtueller Fast Food betitelt: man startet das Spiel, erledigt ein, zwei, drei kompakte Runden und schaltet die Konsole nach einer Stunde zufrieden wieder aus. In Dynasty Warriors 9 muss man hingegen von Mission zu Mission laufen bzw. reiten. Die Laufwege sind dabei oftmals abartig lang, was durch eine interessante Spielwelt ja noch einigermaßen entschuldbar wäre. Zwar gibt es eine Schnellreisefunktion, mit der man von Mission zu Mission springen kann, doch selbst wenn man sich Teleportieren lässt, wird man nie am tatsächlichen Zielort rausgeworfen, sondern muss trotzdem noch eine (meist kurze) Strecke auf sich nehmen. Vollkommen absurd erscheint dieser Aufwand in Anbetracht der Tatsache, dass viele Missionen schon nach wenigen Minuten abgeschlossen werden können. Das mag zwar nicht auf die großen Hauptmissionen zutreffen, sehr wohl aber auf die zahlreichen Nebenaufgaben, die sich zu einem großen Teil aus dem öden „Suche x“ und „Besiege y“ Schema zusammensetzen. Die für den Fortlauf der Geschichte relevanten Missionen sind hingegen meist in mehrere Phasen unterteilt, wobei es dem Spieler überlassen ist, ob das eigentliche Ziel sofort angegangen wird, oder ob man die an der Hauptmission hängenden Unteraufgaben absolviert. Diese sorgen dafür, dass beispielsweise die eigene Armee eine bessere Ausgangslage hat oder man andere Vorteile genießt. Das ist oftmals aber gar nicht notwendig, denn der überwiegende Teil der Hauptmissionen ist gefühlt zu einfach, als das es sich lohnt sich die Mühe zu machen und sich in die Fleißaufgaben zu stürzen. Darüber hinaus erweist sich auch das Missionsdesign der Storyabschnitte als erschreckend einfallslos.
Eine Mission in der Kampagne von Diaochan verdeutlicht dies anschaulich: um das Vertrauen von Warlord Lu Bu zu gewinnen, soll sie ihm unter anderem ein Geschenk für dessen Pferd Red Hare überreichen. Dazu läuft man erst zwei NPCs ab, schließlich zum Pferd, um einen Abdruck von den Hufen zu nehmen, und wieder zurück zu den Kontaktpersonen. Die ganze Angelegenheit erfordert keinerlei spielerische Herausforderung, ist nach weniger als drei Minuten abgeschlossen und steht sinnbildlich für die schiere Belanglosigkeit vieler Aufgaben. Geradezu albern sind die Stealth-Abschnitte. Gelegentlich soll man in feindliche Lager oder Festungen eindringen und möglichst unentdeckt eine Zielperson ausschalten. Ob man nun von den Wachen gesehen wird oder nicht, spielt letztlich keinerlei Rolle, es ist sogar möglich innerhalb eigentlich abgeriegelter Festungsmauern das eigene Pferd auf Knopfdruck zu rufen, woraufhin es aus dem Nichts herbeigeeilt kommt und man munter durch das bewachte Gebiet des Feindes reiten kann.
Frischer Wind beim Kampfsystem
Das mag kleinlich erscheinen, aber es sind ebensolche Ungereimtheiten, die bei mir hängen geblieben sind. Natürlich hat Dynasty Warriors 9 auch seine positiven Seiten. Insbesondere am Kampfsystem hat Omega Force endlich ein bisschen gefeilt. So gibt es nun neben den bekannten drei Angriffstasten noch vier weitere, via Schultertaste ausführbare Angriffsmuster. Dadurch lassen sich gewohnt flüssige Kombos auslösen, die mit ein bisschen Übung ganze Gegnerhorden in Nu auslöschen. Ja, hier kommt durchaus das alte Musou-Gefühl wieder auf. Problematisch: die Kämpfe wirken so einfach wie nie zuvor, selbst eigentlich knackige Feinde, wie der bereits erwähnte Lu Bu, sind mit ein wenig Übung binnen kürzester Zeit besiegt. Das liegt nicht zuletzt daran, dass man viel zu einfach und viel zu schnell levelt und erstaunlich früh vollkommen overpowert ist. Nicht nur verbessert man seinen gewählten Charakter pro Level mit verbesserten Attributen, auch Waffen können verstärkt und mit zusätzlichen Parametern und Fähigkeiten ausgestattet werden. Zusätzlich erhält man noch diverse Erleichterungen in Form von Ausrüstung, die beim Schmied hergestellt werden kann. Entsprechende Ressourcen gibt es außerdem zuhauf, selbst seltene und epische Materialien findet man gefühlt an jeder Ecke der Spielwelt.
Technisches Desaster
Auf der normalen PlayStation 4 bzw. Xbox One muss man sich mit 30 Bildern pro Sekunde begnügen, Besitzer der jeweiligen Deluxe-Ausführungen können zugunsten einer verringerten Auflösung 60 Frames oder aber 30 Frames mit 4k Auflösung erreichen. Ich selber habe Dynasty Warriors 9 auf einer normalen PlayStation 4 gespielt und bin noch immer entsetzt, in welch desolaten Zustand sich das Spiel befindet. Zum Testzeitpunkt befand sich das Spiel bereits in der Version 1.02 (mittlerweile ist ein weiterer Patch verfügbar) und hatte nicht nur mit teilweise massiven Einbrüchen in der Framerate zu kämpfen, sondern auch mit spät bzw. nie vollständig ladenden Texturen, Clipping-Fehlern und Tearing. Obendrauf gesellen sich noch unzählige Bugs. Einen Bosskampf musste ich etwa abbrechen, da der entsprechende Gegner in einer Wand verschwunden ist und nicht mehr rauskam. Andere Fehler nerven einfach nur, worunter auch die eigentlich komfortable, aber aktuell kaum zu gebrauchende Funktion gehört, mit der man das eigene Pferd automatisch zum Zielort laufen lassen kann. Nicht nur scheint die K.I. stets den scheinbar längst möglichen Pfad zu wählen, auch kommt sie mit Flüssen, Wänden und anderen Hindernissen nicht zurecht, verhakt sich in Objekten oder läuft im Kreis.
Langjährige Fans dürften außerdem angesichts der englischen Sprecher enttäuscht werden. Nahezu alle bekannten Stimmen wurden ausgetauscht, was per se ja nicht schlecht sein muss. Leider wirken die meisten Sprecher gelangweilt und wenig euphorisch, immerhin kann man wie gehabt auf die wesentlich bessere japanische und chinesische Vertonung zurückgreifen. So oder so versprühen die Zwischensequenzen aber schiere Langeweile. Zwar gibt es gerenderte Szenen, die meisten Storysequenzen finden aber in Form langweiliger Gespräche zwischen den Figuren statt. Nach einiger Zeit habe ich bereits sämtliche Storyszenen übersprungen, denn auch erzählerisch hat Dynasty Warriors 9 kaum Nennenswertes zu bieten. Erneut erzählt das Spiel die Geschichte der rivalisierenden Clans zum Ende der Han-Dynastie, erneut schaffen es die Erzähler nicht, den Spieler einigermaßen abzuholen.
Beim Umfang an spielbaren Figuren wird übrigens nicht gegeizt. Über 80 Charaktere mit eigener Storyline stehen zur Auswahl. Diese wollen nach und nach freigespielt werden, was vergleichsweise schnell geht. Eine gute Idee: sämtlicher Fortschritt, den man erspielt hat, überträgt sich auch bei Charakterwechsel. Zusätzlich zur Kampagne gibt es außerdem den wiederkehrenden Free Mode, die bei Fans beliebte Option zum kooperativen Spielen wurde gestrichen, auch eine Online-Multiplayer-Anbindung gibt es nicht.