Dolmen REVIEW
Dolmen, das Erstlingswerk des brasilianischen Studios Massive Work Studio, positioniert sich irgendwo zwischen Soulslike und Science-Fiction-Horror (Doom, Dead Space etc.) – keine schlechte Mischung, vor allem wenn man dem Dark-Fantasy Überbau von Dark Souls und Co. allmählich überdrüssig wird oder nach Hunderten Stunden Elden Ring immer noch nicht von genug von anspruchsvollen Action-Rollenspielen bekommen kann.
Die hohe Kunst der Adaption
Als großer Fan der Souls-Formel mit einer Vorliebe für gruseligen Sci-Fi warte ich bereits lange auf ein Spiel, welches die beiden Elemente zusammenbringt. The Surge von Deck 13 war okay, hatte aber eben nicht den Feinschliff und Tiefgang des japanischen Originals. Und genau dieser ist es auch, den ich allgemein in vielen Spielen vermisse, die sich an dieser Gattung des Action-Rollenspiels versuchen. Das die besten Soulslikes abseits von FromSoftware bisher im 2D bzw. 2.5D Bereich zu finden sind, ist sicherlich kein Zufall. Es reicht eben nicht einfach aus etablierte Mechaniken zu kopieren, auch das Adaptieren will schließlich gelernt sein.
Leider gehört nun auch Dolmen zu jenen Spielen, die sich schlicht übernehmen und ihrem offensichtlichen Vorbild zu stark nacheifern. Man muss das immer in Relation setzen: FromSoftware machen diese Art der Spiele mittlerweile seit drei Konsolengenerationen, haben ihre eigenen Regeln und Mechaniken selbst aufgestellt und geschaffen und haben große Budgets. Ein noch junges Studio wie Massive Work Studio hat all das nicht, will aber gleichzeitig ähnlich großes vollbringen.
Dé·jà-vu im All
Das merkt man leider schon beim nicht sonderlich cineastisch inszenierten Intro, in welchem fast schon grotesk animierte Figuren miteinander kämpfen und die rudimentäre Story erklärt wird: Wissenschaftler haben auf einen Revion Prime genannten Planeten nicht nur das namensgebende Dolmen, sondern auch ein Dimensionstor gefunden. Aus diesem Entspringen wiederum entspringen Hunderte grässliche Wesen, die Jagd auf alles machen, was sich nicht wehren kann. Nun liegt es an den Spielerinnen und Spielern für Ordnung auf Revion Prime zu sorgen.
Genretypisch geschieht dies mit Äxten, Schwerter, Dolchen und anderen Nahkampfwaffen, die einen futuristischen Look haben. Zu Verteidigung hat man Schilde, diese muss man aber nicht zwingend nutzen. Fühlt man sich sicher genug, kann man große Waffen auch zweihändig führen oder eben zwei kleinere Waffen gleichzeitig. Gegnerischen Attacken rollt man nicht weg, stattdessen spurtet man per Knopfdruck flott in die vorgegebene Richtung. Soweit, so Souls. Darüber hinaus gibt es auch Feuerwaffen, sprich Pistolen. Mit diesen kann man Gegner auch aus der Ferne angreifen. Aus verschiedenen Gründen ist der Kampf mit Knarren aber keine wirkliche Alternative, wie etwa Magie in (es tut mir leid das ich immer den Vergleich ziehe, aber die Entwickler wollten es ja so) Souls.
Das Hauptaugenmerk liegt also auf dem Nahkampf. Der läuft nach dem bekannten Muster ab: man nähert sich dem Gegner, verpasst diesem ein, zwei Nahkampfangriffe, sprintet davon, schießt zwei, dreimal, weicht erneut auf, geht wieder auf direkten Angriff. Das klingt durchaus dynamisch, ist es auch – aber hat eben nie die spielerische Eleganz wie…na, ihr wisst was ich sagen will. Das liegt nicht nur an den bereits zuvor erwähnten Animationen, die einfach nicht mehr zeitgemäß wirken, sondern auch am quasi nicht vorhandenen Trefferfeedback. Egal welche Waffe ich auch einsetze, egal wie groß oder klein der Gegner ist, den ich lege, egal wie schwer ein Angriff mich auch trifft – ich habe nie das Gefühl von Wucht. Und das stört die Immersion ungemein.
Hätte ich mal ein Batterieladegerät mitgebracht
So sehr Dolmen auch adaptiert und kopiert, so sehr hat es aber auch ein paar eigene Ideen. Da wäre etwa die Batterie als Ressource. Wie von dieser Art Spiele gewohnt, hat man drei Balken im linken oberen Bildschirm. Rot steht für Lebensenergie, Grün für Ausdauer. Wo Blau nun normalerweise Mana/Zauber abdeckt, steht Blau hier für die verfügbare Batterieenergie. Man braucht etwa genügend Batterie, um sich zu heilen. Allerdings verbraucht man auch Batterie, wenn man schießt. Wild herumzuballern ist also gerade in Kämpfen mit mehreren Gegnern keine gute Idee, denn es könnte knapp werden, muss man sich mal heilen. Ein weiterer Faktor sind die Reaktoren, die im Raumanzug verbaut sind. Per Knopfdruck kann man die Reaktoren nutzen, um Nahkampfangriffe für kurze Zeit mit Elementarschaden (etwa Feuer und Eis) aufzuladen, was gegen Gegner mit entsprechender Schwäche natürlich vom Vorteil ist.
Die Reaktoren lassen sich im Spielverlauf austauschen, das Gleiche gilt natürlich auch für Waffen und Rüstungen. Mit jedem besiegten Gegner sammelt man nicht nur Erfahrungspunkte, sondern auch Ressourcen. Während man Erfahrungspunkte gegen gesteigerte Attribute eintauscht, lassen sich Ressourcen für neue Waffen und Ausrüstungsgegenstände verwenden. Hier lässt einem das Spiel durchaus viel Möglichkeit zu experimentieren, tatsächlich war ich erstaunt, wie viele verschiedene Waffen es gibt. Und auch bei der in drei Klassen unterteilten Rüstung gibt es ein paar Entscheidungen zu treffen, die für die gewählte Spielweise zumindest kleine Auswirkungen haben.
Zu viel gewollt
So gut manche Ideen auch sind, so sehr leidet Dolmen letztlich aber unter den Ambitionen des Entwicklerteams. Wenn ein Spiel sich so sehr an einer Vorlage abarbeitet, zieht man eben automatisch Vergleiche – und da kann der vorliegende Titel eben nur verlieren. Und auch abseits des Gameplays gibt es selten Lichtmomente. Die erwähnten Animationen sehen einfach nicht mehr gut aus, das gleiche gilt für das visuelle und konzeptionelle Design der Spielwelt und der Gegner. Das alles hat man schon einmal so oder zumindest sehr ähnlich gesehen. Die KI der Gegner ist überschaubar, die Bosse okay, aber nicht erinnerungswürdig. Und das gilt letztlich für das gesamte Spiel: es ist ein Erlebnis ohne Höhepunkte, aber immerhin auch ohne richtige Tiefen. Es plätschert eben so vor sich hin.
Pro & Kontra
- Souls trifft auf Horror-Sci-Fi ist eine spannende Mischung
- viele unterschiedliche Waffen und Rüstungen
- Schusswaffen ergänzen den Nahkampf
- kaum Trefferfeedback
- Technik (vor allem Animationen) wirken antiquiert
- Design von Welt und Figuren wirkt austauschbar
- biedere Optik und langweiliger Soundtrack