Die Kunst des Mordens: Der Marionettenspieler REVIEW

Am 13. Februar 2009 veröffentlichte das polnische Entwicklerstudio City Interactive ihr drittes Point & Click-Adventure, welches zugleich auch der zweite Teil der „Die Kunst des Modens“-Reihe ist. Teil 2 trägt den vollständigen Namen Die Kunst des Mordens: Der Marionettenspieler und hat nun die Aufgabe die beiden vorherigen Adventures von City Interactive zu übertrumpfen. Der direkte Vorgänger „Die Kunst des Mordens: Geheimakte FBI“ konnte mich nicht so recht überzeugen und krankte unter anderem an einem lächerlich niedrigen Schwierigkeitsgrad, welcher vor allem das erste Spielviertel ungenießbar machte. Dementsprechend gabs auch nur ne Wertung von 64 Punkten. Danach veröffentlichte der polnische Entwickler eine neue Serie namens „Das Vermächtnis.“ Deren erster Teil „Testament of Sin“ war schon ein gutes Stück besser als Geheimakte FBI, leidete jedoch unter einer ziemlich miesen Synchronisation und einem der nervigsten Soundtracks, die ich bis dato in einem Computerspiel erlebt habe. Dennoch wirkte es schon wesentlich spielenswerter und konnte seinerzeit bei mir sogar eine Wertung von 72 Punkten einfahren. Und jetzt liegt es eben am Marionettenspieler die Qualität der City Interactive-Adventures weiter anzuheben. Ob das dem Spiel gelingt oder nicht, will ich euch im folgenden Review verraten.

Oberflächliche Ermittlungsarbeit im Ausland

Erneut übernimmt der Spieler die Rolle der US-Amerikanischen FBI-Agentin Nicole Bonnet. Diese wurde von ihren Vorgesetzten nach Paris geschickt, damit sie der französischen Polizei dabei hilft den Puppenspieler dingfest zu machen. Hierbei handelt es sich um einen Serienkiller, welcher zuerst in den USA mordete und nun sein blutiges Handwerk in Frankreich bzw. Paris fortsetzt. Der Puppenspieler lässt seine Opfer nach deren Tod ausbluten, damit er sie anschließend mithilfe von Fleischerhaken und Seilen in künstlerisch wertvolle Posen schmeißen kann – daher auch die Täterbezeichnung des „Puppenspielers.“ Als kleines i-Tüpfelchen wird dann noch ein kleines Holzpüppchen in schicker altmodischer Kleidung zurückgelassen. So weit so gut. Dummerweise zeigt sich die französische Polizei als wenig kooperativ, was Nicole dazu zwingt zu improvisieren und auf eigene Faust zu ermitteln. Ihre Ermittlungen führen Nicole aber nicht nur nach Frankreich, sondern auch nach Spanien und sogar nach Kuba.

Tja, und mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen, zumindest dann nicht, wenn man die Handlungserläuterung im oberflächlichen Bereich lässt. Wenn man tiefer greift, gibt es jedoch auch nicht viel weiteres zu erzählen. Die Charaktere sind flach, uninteressant und teilweise klischeehaft. Nicoles Boss ist ein stressender Kotzbrocken, in Kuba gibt es einen nervigen, übereifrigen Kommunisten-Hobbyspion und in Spanien treffen wir einen arg gemütlichen Mechaniker der obendrein einen überteuerten Krimskrams-Laden leitet. Mehr braucht man dazu wohl nicht zu sagen.

Auch die Protagonistin bleibt einem weitestgehend fremd. Dabei hätte man speziell an dieser Stelle ansetzen können, schließlich stammt Nicoles Vater ja aus Frankreich. Man hätte doch einen Abschnitt einbauen können, wo Nicole ihre französische Verwandschaft besucht, oder man hätte die Vergangenheit ihres Vaters thematisieren können. Man hätte eine sich langsam aufbauende Chemie zwischen Nicole und dem muffigen französischen Inspector aufbauen können, welche sogar zu einem spielbaren Abschnitt für den Inspector hätte führen können. Man hätte halt irgendetwas machen können, damit die Story nicht ganz so öde und belanglos herüberkommt.
Der Fall um den Puppenspieler erzeugt jedenfalls kaum Spannung. Tatsächlich gerät dieser zeitweise auch mal aus dem Fokus. Irgendwann ging es dann um irgendeinen Schatz der während der französischen Revolution versteckt wurde und die Identität des Mörders wird vom Spiel sowieso vorzeitig gespoilert (zumindest dann, wenn man es schafft an besagter Stelle aus dem Halbschlaf aufzuwachen).

Besonders lächerlich ist jedoch folgende Szene im Spiel: Nicole schleicht sich in eine Villa ein und wird letztendlich von den beiden Wachen geschnappt. Statt Nicole festzusetzen und an ihren Vorgesetzten auszuliefern oder die Polizei zu rufen, beschließen die Beiden Nicole durch ihre Kampfhunde zu Tode hetzen zu lassen. Und das obwohl Nicole vorschlägt einfach deren Boss anzurufen um nachzufragen, was Sache ist (sie hatte tatsächlich eine Art Einladung erhalten). Aber nein, die beiden Pappnasen sind zu blöd dafür und haben auch keine Lust unsere Protagonistin auf professionelle Weise kalt zu stellen. Freilich gelingt es Nicole anschließend vor den Tölen zu flüchten. Hierbei ist ihr auch ihr FBI-Kollege Nick behilflich, welcher in feinster Deus Ex Machina-Manier wie aus dem Nichts auftaucht, um den Tag zu retten. Das war eine der unglaubwürdigsten und dämlichsten Storypassagen, die ich jemals in einem Adventure erlebt habe. Glückwunsch City Interactive!

Das einzig wirklich interessante was hier passiert, ist ein Gastauftritt von Sylvie Leroux, der Protagonistin der „Das Vermächtnis“-Adventures. Hierdurch werden die beiden Adventure-Reihen zu einem einzelnen Universum verwoben. Eine nette Idee, aus der man in zukünftigen Serienablegern durchaus etwas herausholen könnte. Allerdings glaube ich nicht, dass City Interactive diesen Ansatz weiterführten. Im zweiten „Das Vermächtnis“-Teil gibt es jedenfalls keinen Gastauftritt von Nicole Bonnet.

Von einem Extrem ins Andere

Es sollte niemanden überraschen, dass sich dieses Spiel nicht von einem typischen 2.5D-Point & Click Adventure unterscheidet. Ihr sucht die Renderbilder nach Hotspots und Gegenständen ab, wofür ihr auch eine Hotspotanzeige aktivieren dürft, untersucht und kombiniert die gesammelten Gegenstände gegebenenfalls untereinander und wendet sie an Hotspots der Spielumgebung an, um diverse Problemstellungen zu lösen. Gespräche mit NPC’s sind freilich auch zu führen und in seltenen Fällen fährt das Spiel auch mal eine interessantere Aufgabe als die üblichen Inventarrätsel auf. Da darf man dann auch mal eine antike, zerfledderte Schatzkarte zusammenpuzzeln oder einen Code entschlüsseln, um ein Geheimfach zu öffnen. Neuerdings gibt es für einige Rätsel sogar einen Timer, welcher aber eher nervt als Spannung aufzubauen.

Einer der großen Schwachpunkte des Vorgängers war noch der extrem lasche Schwierigkeitsgrad des ersten Spielviertels. Teil 2 rutscht da von einem Extrem ins Andere. Direkt zu Spielbeginn wird man an seinen ersten Tatort verfrachtet, wo jede Menge Inventarrätsel mit Logik, aber vor allem auch nach Trial & Error-Prinzip bewältigt werden müssen. Da Nicole keine Unterstützung von der französischen Polizei erhält, ist sie sogar dazu gezwungen ihr eigenes Equipment zu improvisieren. Da muss dann auch mal ne Klarsichthülle als Beweisbeutel herhalten und ein Fingerabdruck auf eine äußerst eigenwillige Weise gesichert werden. Nicole hat halt immer noch nicht gelernt ihre Grundausrüstung stets mit sich zu führen, aber diese Schlamperei von ihr kennt man ja noch aus dem ersten Teil.

Man wird also direkt zu Spielbeginn mit einer überdurchschnittlich schwierigen Spielpassage konfrontiert, welche mich persönlich bereits zum Blick in eine Komplettlösung zwang. Im nächsten Spielabschnitt musste ich erneut eine Lösung zu Rate ziehen, da einer der Hotspots nicht von der Hotspotanzeige hervorgehoben wurde. Ist schön ärgerlich, wenn so ne Spielfunktion versagt. Im späteren Spielverlauf habe ich noch zwei weitere male in eine Lösung geguckt, weil einige Hotspots erst dann zugänglich gemacht werden, wenn man zuvor einige bestimmte Aktionen abgewickelt hat. Darüber hinaus dürfen viele Gegenstände auch erst dann eingesammelt werden, wenn es das Programm so vorsieht. Dies ist nicht nur nervig, sondern provoziert auch einiges an Backtracking.

Trotzdem gelangt die Spieldauer nicht über 6 Spielstunden hinaus, womit das Spiel eher zu den kürzeren Vertretern seines Genres gehört. Dies liegt aber auch in der strikten Linearität des Spiels begründet. Ironischerweise bereitet das Spiel erst ab dem letzten Spielviertel (sobald man Kuba erreicht) einen soliden Spielfluss und entsprechenden Spielspaß. Bis dahin wurde ich zu oft durch nervige Spielpassagen ausgebremst, welche den Blick in eine Lösung provozierten.

Leider hat man es erneut versäumt den Doppelklick als Abkürzung für Bildübergänge einzubauen. Der Doppelklick ermöglicht es Nicole aber immerhin schneller zu laufen, damit zumindest etwas Zeit bei der Fortbewegung von A nach B gespart wird. Es wäre auch schön gewesen, wenn man der Hotspot-Anzeige eine Taste der Tastatur zugewiesen hätte (die kann man nur über den Button in der Inventarleiste aufrufen). Oder wenn man die Sprüche bei einer falschen Gegenstandskombi einfach umgehend wegklicken könnte (ist leider nicht möglich, was nur Zeit kostet).

Für den seltenen Fall, dass eine tödliche Spielpassage bevorsteht, wird löblicherweise wieder ein Autosave angelegt. Abgesehen davon stehen auch hier wieder reichlich Speicherslots zur Verfügung, um die einzelnen Etappen seiner Ermittlungstour separat abzuspeichern. Dies wäre auch wirklich ratsam, denn einmal habe ich es geschafft das Spiel zu brechen, indem ich während eines zeitkritischen Rätsels derart verzweifelt rumklickte, dass ich auf einmal einen Gegenstand im Inventar hatte, den ich noch gar nicht haben durfte. Dies erzeugte eine permanente Sackgasse, welche dafür sorgte, dass ich einen älteren Spielstand laden musste, welcher glücklicherweise nicht lange zurücklag. Ein anderes mal stürzte das Spiel auch aus heiterem Himmel ab. So wirklich 100 %ig sauber läuft das Programm also nicht, aber die eben geschilderten Ausfälle wirkten dann doch eher wie Einzelfälle, welche andere Spieler wahrscheinlich gar nicht treffen werden. Dennoch kann hierdurch natürlich gewaltiger Frust verursacht werden.

Grafik, Sound und sonstiges:

Wie vom Genre gewohnt, werden die Ortschaften in schicken Renderbildern dargestellt. Die Spielfiguren sind hingegen in 3D-Grafik gehalten. Das Spiel sieht sehr solide aus. Besonders die 3D-Figuren wirken kompetenter, als man von City Interactive erwarten würde. Auch wenn man sich bei den Animationen stark zurückgehalten hat, aber das ist für das Genre nicht ungewöhnlich. Die Renderbilder sind gewohnt detailverliebt, leiden in der ersten Spielhälfte jedoch unter chronischer Dunkelheit. Dies ist darauf zurückzuführen, da Nicole ihre Ermittlungen zu diesem Zeitpunkt des Spiels nun einmal Abends bzw. Nachts abwickelt. Das ist jedoch schade, denn in der virtuellen Nacht kommt der Detailgrad und die Schönheit von Pariser Renderbildern einfach nicht so gut herüber, wie es tagsüber der Fall gewesen wäre. Vor allem dann nicht, wenn besagte Bilder nur für eine inzwischen veraltete Auflösungsstufe gezeichnet wurden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Spiel ursprünglich für die Auflösungsstufe 1024×768 gestaltet wurde. Die Screenshots die man in der Steam-Version knipst, werden jedoch in 1280x720er Format gespeichert. Das bedeutet leider nur, dass der eigentliche Bildschirmausschnitt mit schwarzen Balken am linken und rechten Bildrand umrandet wird. Das ist aber wahrscheinlich der Tatsache geschuldet, weil ich auf einem Breitbild-Monitor gespielt habe.

Natürlich gibt es hier auch wieder Rendersequenzen zu begutachten. Diese überzeugen jedoch eher durch ihre Quantität, statt ihrer Qualität, wobei aber zumindest die Introvideos überraschend stimmig und sogar etwas gruselig umgesetzt wurden. Leider wird diese Qualitätsstufe bei späteren Filmchen nicht mehr erreicht.

Zum Soundtrack habe ich nicht viel zu sagen. Es gibt eine handvoll generischer Melodien, die sehr sehr beiläufig im Hintergrund vor sich hinplätschern und wohl versuchen wollen etwas Atmosphäre aufzubauen. Das hat aber nie so recht geklappt. Der Soundtrack ist nämlich absolut vergessenswert. Immerhin kann ich ihm jedoch zu Gute halten, dass er bei weitem nicht so nervig ist, wie jener aus dem letzten City Interactive-Adventure (Das Vermächtnis: Testament of Sin).

Die deutsche Sprachausgabe wirkt da schon etwas professioneller. Die Stimmen der Akteuere klingen angenehm und passen gut zu den Charakteren, die sie verkörpern sollen. Allerdings sollte man keine großen Emotionen von den Sprechern erwarten oder dergleichen. Das was geboten wird ist jedoch solide.

Wer nach dem zweiten Teil von „Die Kunst des Mordens“ immer noch nicht die Lust verloren hat, darf sich übrigens auch noch einen dritten Teil geben (Karten des Schicksals) oder sich an den beiden Wimmelbild-Ablegern der Serie versuchen (Die geheimen Akten + Die tödliche Spur). Verdammt, die Reihe hat es sogar auf den Nintendo DS geschafft (FBI Top Secret). Ich selbst brauch jetzt aber erst mal wieder Abstand von Nicoles Fällen.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • schicke Renderbilder
  • gewohnt einwandfreies Point & Click-Steuerungsschema
  • zumindest das letzte Spielviertel macht Spaß
  • Spielfigur kann rennen

thumbs-up-icon

Cons
  • vereinzelte Schlampereien trüben den Spielspaß (einmal wurde ein Hotspot nicht angezeigt, einmal ist das Spiel abgestürzt, einmal …)
  • die Story ist langweiliger als im letzten Teil und gerät zweitweise aus dem Fokus
  • lächerlich niedrige Auflösung von 1024x768 Bildpunkten
  • absolut vergessenswerter Soundtrack
  • trotz kleinerer Backtracking-Kniffe kurze Spieldauer von ca. 6 Stunden

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Spiel Bewertung
Singleplayer
60
60
-
Multiplayer

FAZIT

Also eigentlich habe ich hier ein gutes Spiel erwartet, da die beiden „Das Vermächtnis“-Adventures von City Interactive doch recht gelungene Spiele waren. Und da Die Kunst des Mordens: Der Marionettenspieler zwischen den beiden Vermächtnis-Spielen herauskam, setzte ich nun einmal gewisse Erwartungen an Nicole Bonnets zweiten Fall. Dummerweise entpuppte sich das Spiel als bislang schwächstes Point & Click-Adventure von City Interactive. Erstmals musste ich für ein Adventure-Spiel vom polnischen Trash-Entwickler eine Komplettlösung zu rate ziehen. Erstmals wurde ich mit groben Programmfehlern konfrontiert. Und erstmals hat mich die Story wirklich komplett angeödet. Keine Ahnung was hier schiefgelaufen ist. Wenn es das letzte Spielviertel nicht geschafft hätte einen vernünftigen Spielfluss aufzubauen, dann wäre die Endwertung im 5er-Bereich gelandet. So reicht es immerhin noch ganz knapp für 60 Punkte. Ich bin halt einfach (zu) großzügig.

- Von  Volker

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