Cover Your Eyes REVIEW

Beim Top-Down Survival-Horror-Spiel Cover Your Eyes handelt es sich um den Debut-Titel des englischen Indie-Entwicklers StarSkipp (Gregory Moore). Erstmals Anfang 2013 angekündigt, dauerte es fast 8 Jahre, ehe das Spiel am 06. November 2020 eine Veröffentlichung auf Steam erhielt. Leider blieb der große Erfolg aus, es gibt nur wenige Tester, die sich das Spiel näher angeschaut haben. Einer meiner Online-Freunde, welcher weiß, dass ich ein Herz für RPG-Maker-Games habe, hat mich jüngst auf Cover Your Eyes aufmerksam gemacht, und mir den Tipp gegeben bei Interesse einen Key zu Testzwecken bei Gregory anzufragen. Gesagt getan. Tatsächlich bekam ich prompt einen Key von Starskipp spendiert, und möchte euch im folgenden aufzeigen, was Cover Your Eyes zu bieten hat.

Wenn die Familienidylle zur Hölle fährt

Die zweifache Mutter und Ex-Polizistin Chloe Bree Dudley verlor vor 10 Jahren ihre Dienstmarke aufgrund eines allzu nervösen Triggerfingers. Da half es auch nicht, dass sie einen üblen Serienkiller aus den Verkehr ziehen konnte. Und nun droht ihr erneut der Verlust des Arbeitsplatzes, denn ihr degenerierter Ehemann Charlie ist vor kurzem in die Büroräume ihres Arbeitgebers eingedrungen, um eine von Chloes Arbeitskolleginnen mit dem Messer zu bedrohen.

Obwohl der arbeitslose Charlie nichts mehr zum Familienleben beiträgt und nur noch unrasiert auf der Couch vor der Glotze abhängt, hält Chloe nach wie vor treu zu ihm. Dies scheint sich jedoch zu ändern, als Chloe den Kontakt zwischen Charlie und dessen heimlicher geliebter Bella mitbekommt. Instinktiv schnappt sich Chloe ihr Schießeisen und stellt ihren Ehemann beim nächtlichen fremdgehen nach. Doch kaum verlässt sie die Haustür erklingen Hilfeschreie aus dem Nachbarhaus. Die dortige Familie mutierte zu verzerrten Monstern und gehen auf Chloe los. Kurz darauf erklingen die Alarmsirenen der Stadt Verwood, denn in der gesamten Stadt sind blutrünstige Monster aufgetaucht. Chloe schnappt sich schnurstracks ihre beiden Kinden und versucht diese in Sicherheit zu bringen, doch was ist mit Charlie?

Die Story ist gut und wird spannend erzählt. Man hat zunächst ein klares, nachvollziehbares Ziel vor Augen: Familie retten und aus der Stadt türmen. Später wird es natürlich komplexer und ich mochte den Twist über den Oberschurken und dessen Motivation sehr gerne – das kam wirklich unerwartet und war recht clever. Störend ist jedoch, dass die Charaktere weitestgehend anonym gehalten werden. Man erfährt nicht wirklich, was viele der Charaktere antreibt bzw. was deren tiefere Motivation ist. Es bleibt zu viel der eigenen Interpretation überlassen, was zu Verwirrung und Fehlinterpretationen führt. Somit bleibt die Handlung oberflächlicher und undurchsichtiger als sie sein könnte. Aber spannend und unterhaltsam ist dieser Höllentrip dennoch.

Tragen die Limitierungen des RPG-Maker-Programms zum Survival-Horror-Faktor bei?

Da Cover Your Eyes über keinerlei Optionsmenü verfügt, kann man unverzüglich einsteigen. Das Spiel stellt keine Controller-Steuerung zur Verfügung. Gespielt wird ausschließlich über Tastatur und Maus. Ihr steuert Chloe aus der Vogelperspektive über WASD und interagiert mit der E-Taste. Sehr bald wird auch die Rennfunktion freigeschaltet, welche jedoch an Kondition gekoppelt ist, die, wie auch die Lebensenergie, in Form von Balken visualisiert wird, welche am Bildschirmrand oben-links platziert wurden. Die Kondition lädt sich erst wieder auf, wenn man einen Spiel-/Storyabschnitt geschafft hat, daher sollte man die Rennfunktion sparsam einsetzen. Die Lebensenergie kann man regenerieren, indem man gesammelte Spritzen einsetzt (füllt ca. die Hälfte der Lebensenergie) oder Kuchen isst, den man in seltenen Fällen findet. Im Gegensatz zu Spritzen wird Kuchen nicht im Inventar gesammelt, sondern direkt konsumiert. Er heilt auch nur wenig Lebensenergie.

Während ihr die Maps erkundet, werdet ihr freilich auch mit einer angenehm abwechslungsreichen Gegnerpalette mit individuellen Verhaltensmustern konfrontiert. Diese kann man entweder bekämpfen oder umgehen, um Munition zu sparen. Letzteres ist durchaus wichtig, da die finalen Spielabschnitte sehr kampflastig ausfallen und ihr dort einen soliden Vorrat an Munition benötigen werdet. Wer gründlich spielt und nicht jeden Gegner umnietet, sollte aber gut durchkommen. Munitionsverschwender könnten sich jedoch in eine Sackgasse manövrieren, da das Messer zum Nahkampf kaum geeignet ist Verletzungen zu vermeiden, und viele Gegnertypen schlagen recht hart zu.

Das Spiel ist sehr linear aufgebaut, jedoch bieten die Maps auch optionale Häuser und Räume, welche dazu dienen eure Heilmittel und Munition aufzustocken. Das Spiel bietet eine vernünftige Auswahl an Waffen. Zu Beginn bekommt ihr eine 9mm-Pistole und ein Messer zur Verfügung. Wie gesagt dient das Messer nur bedingt zum Kampf uns sollte eher dazu eingesetzt werden Blockaden zu zerdeppern. Später erhaltet ihr Zugriff auf eine Shotgun, ein Jagdgewehr, ein AK-47-Sturmgewehr, Pfeil und Bogen und sogar eine Helebarde. Abseits der Kämpfe gilt es auch einige eher simple aber launige Rätsel zu lösen (Sachen wie Knöpchenpuzzle oder finde den Schlüsselgegenstand), sowie ein paar wenige Timing-Geschicklichkeits-Passagen zu überstehen.

Und mehr gibt es zum Spielinhalt eigentlich nicht zu sagen. Komplexe Gimmicks sollte man nicht erwarten. Der Kampf ist aufgrund der RPG-Maker-Limitierungen etwas klobig zu handhaben, funktioniert aber gut genug und trägt durch die etwas sperrige Handhabung via Maus auch zum Survival-Horror-Faktor bei. Als störend empfand ich jedoch die Bosskämpfe, welche im letzten Spielviertel plötzlich auftauchen. Der Kampf gegen reguläre Gegner ist soweit in Ordnung, aber bei den Bossen wird es dann zu chaotisch und die begrenzten Möglichkeiten des RPG-Makers machen sich da dann wirklich negativ bemerkbar.

Auch der Einstieg ins Spiel ist zu passiv ausgefallen. Das Spiel erlaubt es nicht mit NPCs zu sprechen oder sonstige Interaktionen mit der Umwelt durchzuführen, was einen sehr negativen Ersteindruck vermittelt. Das legt sich natürlich, sobald der Survival-Horror beginnt, aber die erste Viertelstunde habe ich deswegen einen wirklich schlechten Ersteindruck vom Spiel erhalten.

Grafik und Sound

Wie man anhand der Screenshots leicht erkennen kann, nutzt Cover Your Eyes eigene Grafiken. Die vorgefertigten Assets des Maker-Baukasten bleiben glücklicherweise unangetastet. Trotz des Settings nutzt das Spiel einen niedlichen Chibi-Grafikstil, der zwar sehr charmant und süß geraten ist, sich jedoch auch mit dem Horror-Faktor beißt. Viele Monster (nicht alle) sehen eher ulkig und witzig statt angsteinflößend aus, und selbst einige der Gore-Grafiken wie zerfledderte Leichen, wollen einfach keine starke Wirkung entfalten.

Aber das ist etwas, was mich persönlich nicht gestört hat. Was hingegen sehr wohl stört, ist das lästige Screen Tearing, die merkwürdige Laufanimation von Chloe und die schwarzen Nirvana-Umrandungen vieler Outdoor-Maps. Vor allem Letzteres ist eine echte Unsitte, welche mir schon negativ in Jack Move aufgefallen ist. Dabei hätte man das in Cover Your Eyes umgehen können, indem man einfach nicht erlaubt aus dem Screen herauszuscrollen – halt so, wie es in den meisten RPG-Maker-Spielen gehandhabt wird.

Beim Soundtrack gibt es nichts zu meckern. Dieser fängt den Terror der Survival-Horror-Thematik sehr gut ein. Der OST rangiert von bedrückend, verstörend, treibend, actionreich und lässig. Als besonders cool empfand ich den Subway-Track, welcher in die Synthwave-Richtung geht. Rein qualitativ dürfte der Soundtrack wohl der stärkste Aspekt des Spiels sein.

Auch die Soundeffekte passen. Die Schießeisen haben, zumindest für RPG-Maker-Verhältnisse, einen überraschend guten Rumms in der Akustik. Eine Sprachausgabe wird, abgesehen von einer einzigen kurzen Sequenz, nicht geboten. Das Spiel steht ausschließlich in englischer Sprache zur Verfügung. Schulenglisch ist jedoch ausreichend, um die Handlung nachvollziehen zu können.

Pro & Kontra

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Pros
  • selbsterstellte Grafiken und Soundtracks, keinerlei vorgefertigte Maker-Assets
  • recht gute audiovisuelle Präsentation
  • gelungene Einbindung von Survival-Horror-Spielmechaniken in den RPG-Maker
  • spannende Story mit nettem Twist gegen Ende

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Cons
  • Screen Tearing
  • kein Controller-Support
  • eher nervige Bosskämpfe (da zeigen sich die grenzen des RPG-Makers)
  • wird gegen Ende hin zu kampflastig

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Spiel Bewertung
Singleplayer
74
74
-
Multiplayer

FAZIT

Cover Your Eyes leistet einen kompetenten Job die Mechaniken eines Survival-Horror Action-Adventures in das limitierte Korsett des RPG-Maker-Programms zu pressen. Das funktioniert tatsächlich besser, als man denken mag. Durch die etwas sperrige Ziel- und Schießmechanik via Maus, wird sogar der Horror-Faktor gefördert. Weniger förderlich ist jedoch der Chibi-Grafikstil, welcher das blutige Geschehen oder auch das Monsterdesign stark abschwächt. Nichtsdestotrotz ist die audiovisuelle Präsentation gefällig, da einerseits selbsterstellte Grafiken und Soundtracks verwendet werden, und andererseits ein eigener, unverbrauchter Stil genutzt wird. Einige Macken wie lästiges Screen Tearing, die Abstinenz von Controller-Support und ein etwas arg kampflastiger Abschluss mit nervigen Bosskämpfen verhindern jedoch höhere Wertungsregionen. Trotzdem eine Empfehlung wert für Freunde von Survival-Horror und RPG-Maker-Spielen.

- Von  Volker

Survival-Horror meets RPG-Maker. Das funktioniert besser als gedacht.
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