April Grove REVIEW

Nachdem der texanische Indie-Entwickler Colorgrave (Curse Crackers, Prodigal) bereits drei Spiele herausbrachte, sollte als vierter Titel ja eigentlich der Puzzle-Platformer „Claire a la Mode“ veröffentlicht werden. Dummerweise stieß man bei der Produktion von Claire auf Schwierigkeiten, weswegen das Projekt nach hinten geschoben wurde. Stattdessen entschloss sich der Entwickler erst einmal ein kleineres Brötchen zu backen. Besagtes Brötchen nennt sich April Grove und gehört zur Gattung der sogenannten Cozy Games. Also ein Spiel, bei dem keinerlei Gefahr besteht und bei dem man nicht wirklich versagen kann.

April Grove erschien am 23. Juni 2025 im Steam-Store, wo es für günstige 2,99 € verkauft wird. Was das Game taugt, erfährt ihr im folgendem Review.

Die Waldgöttin und ihr Förster

Im krassen Gegensatz zu den anderen Colorgrave-Spielen ist April Grove sehr dünn bei der Handlung. Zu Spielbeginn darf man zwischen einer männlichen oder weiblichen Spielfigur wählen. Beide Varianten sind vorgefertigt, man darf bzw. muss lediglich einen eigenen Namen eingeben. Danach findet man sich ohne Intro am Eingang der Namen-gebenden Region April Grove wieder. Hierbei handelt es sich um eine magische Waldregion, welche von der gutherzigen Göttin April geführt wird. Diese kann jeden abgeholzten Baum innerhalb von Minuten oder Sekunden nachwachsen lassen. Somit kann der April Grove theoretisch die gesamte Welt mit Holz versorgen, ohne dass die Umwelt dafür leiden muss.

Die Bäume dürfen jedoch nur von einem einzigen Förster abgeholzt werden. Nachdem der letzte Förster Mason so langsam in die Jahre kommt, sollen wir in seine Fußstapfen treten und die Axt schwingen. Nebenbei können wir freilich auch mit den Einwohnern der Ortschaft in Kontakt treten und einige Aufträge für eben diese erledigen. Vor allem April selbst ist daran interessiert, dass wir unsere Fähigkeiten als Holzfäller immer weiter verbessern, damit wir in der Lage sind hochwertige Bäume zu fällen.

Tjoa, und mehr gibt es dazu auch gar nicht zu sagen. Wer komplexe Charaktere, Beziehungen, Storytwists oder das vom Entwickler gewohnte Sagengut erwartet, schaut hier in die Röhre. Sogar eine Endsequenz wird einem verwehrt. Nachdem man die letzte Quest von April abgeschlossen hat bekommt man das obligatorische Dankeschön der Göttin und das Game läuft als Open End-Spiel weiter. Einziger Lichtblick sind die gewohnt niedlichen und/oder schrulligen NPCs denen man begegnet. Allerdings holt das Spiel nichts aus deren Potential heraus. Sie sind halt die Einwohner dieser Spielwelt, mehr nicht.

Hack dich hoch

Es gibt eigentlich gar nicht so viel zum Spielablauf zu sagen. Man erkundet die eher kleine Spielwelt aus der Vogelperspektive, kommuniziert mit NPCs, um sich einige Aufträge abzuholen, öffnet ein paar Schatztruhen und fällt Bäume. Letztere Aktivität wird mit Holz und Erfahrungspunkten belohnt. Man hat 15 Slots für gesammeltes Holz. Dieses soll man zu entsprechenden Ablade-Truhen bringen, welche das Holz umgehend in Geld umwandeln. Geld kann genutzt werden, um sich neue Ausrüstung, Nahrungsmittel und Dienstleistungen zu kaufen, doch dazu später mehr.

Die Erfahrungspunkte werden benötigt um aufzuleveln. Hat man eine bestimmte Levelstufe erreicht (der Cap liegt bei Stufe 99), bekommt man die Nachricht, dass man nun stark genug ist eine neue Sorte von Bäumen zu fällen. Das abholzen höherwertiger Bäume bringt freilich mehr Erfahrungspunkte und wertvolleres Holz. Der primäre Auftrag von April liegt darin von jeder Baumsorte 100 Einheiten Holz zu verkaufen. Hat man das nach ca. 7-8 Stunden Spielzeit geschafft, kann man das Spiel wohl als gewonnen betrachten. Aber wie bereits gesagt hat April Grove kein richtiges Ende und läuft als Open End-Spiel weiter.

Leider gibt es beim Abholzen der Bäume keine richtige Interaktivität. Man drückt in der Nähe eines abholzbaren Baumes einfach die entsprechende Aktionstaste und die Spielfigur hackt dann halt so lange automatisch zu, bis der Baum komplett abgeholzt ist oder man den Prozess von sich aus abbricht. Danach muss man noch die Holzicons vom Boden aufsammeln und spätesten bei vollem Inventar zur nächstgelegenen Abladetruhe zurückmarschieren, um das Holz abzuladen. Und das ist im Kern auch schon alles was man zu tun hat. Die überschaubare Waldregion bietet immerhin noch etwas Raum zur Erkundung. Es gibt ein paar optionale Orte und dunkle Höhlen zu erkunden, welche manchmal ein paar Schatztruhen beherbergen, die meistens Geld beinhalten.

Das Spiel bietet zumindest noch die Möglichkeit seine Ausrüstung in Form von Axt und Schmuckstück zu wechseln. Erlangte Ausrüstungsstücke werden im Obergeschoss des eigenen Hauses gelagert. Verschiedene Äxte sorgen z.B. dafür, dass Bäume langsamer oder schneller abgeholzt werden. Je nachdem ob man lieber Geld oder Exp farmen möchte, kann beides nützlich sein. Schmuckstücke haben ebenfalls nützliche Funktionen wie die Steigerung des Exp-Outputs und dergleichen. Es gibt auch noch zwei grundsätzliche Upgrade-Gegenstände zu erwerben, damit man die Rennfunktion freischaltet und eine Lichtquelle für die dunklen Höhlen erhält.

Neue Ausrüstung kann man im Dorf-Shop kaufen oder erhält sie als Belohnung für das Erfüllen von NPC-Quests. Im Dorf kann man auch ein Restaurant freischalten. Die dortigen Speisen geben temporäre Buff-Effekte. Wer dann noch Geld übrig hat, kann sich neue Farbskins für die Spielfigur im Klamottenladen freikaufen oder die Handwerkerin Daisy für ihre Dienstleistungen bezahlen. Letztere errichtet in den Waldarealen neue Brücken in optionale Gebiete, sowie zusätzliche Abladetruhen für das Holz.

Die Preise erhöhen sich leider, je öfter man neue Ausrüstung oder Dienstleistungen erwirbt. Man muss also immer ein recht hohes Maß an Grinding betreiben, ehe man sich wieder was leisten kann. Doch genau darum geht es ja im Endeffekt: Grinding. Sei es nun Erfahrungspunkte für Level Ups, Geld für Ausrüstung und Dienstleistungen oder das von April geforderte Pensum an Holz. Hier geht es um Grinding, Grinding und noch mehr Grinding. Und wer mit dieser monotonen Aktivität nichts anfangen kann, sollte einen weiten Bogen um April Grove machen. Ich als JRPG-Fan habe ja eigentlich nichts gegen Grinding, aber April Grove besteht nun einmal zu ca. 95 % aus Grinding. Grinding welches jedoch nicht adäquat belohnt wird. Das hier dürfte wohl eines der eintönigsten und langweiligsten Cozy Games sein, die es gibt.

Obendrein mangelt es dem Spiel an Transparenz. Die Wirkung der Buff-Speisen muss man z.B. selbst herausfinden. Außerdem gibt es kein Questlog, weswegen man sich die Aufträge selbst merken muss. Ärgerlich ist auch, dass Dinge wie Wetterwechsel und Tageszeit keine Auswirkung aufs Gameplay haben, und das obwohl es einen Schamanen gibt, den man für einen Wetterwechsel bezahlen kann. April Grove fühlt sich ziemlich unfertig an. Sogar die Achievements sind bemerkenswert halbherzig, da man nach dem ersten Spielviertel bereits alle Achievements freischalten kann. Immerhin bietet das Spiel drei Saveslots und eine unkomplizierte Steuerung.

Grafik und Sound

Grafisch ist April Grove schön gelungen. Wie schon bei den vorherigen Spielen des Entwicklers orientiert man sich am Grafikstil des guten alten Game Boy Color. Die Farbgebung ist angenehm bunt, die Charaktersprites sind liebevoll gestaltet und schön animiert und das niedliche Artwork hält den hohen Standard des Entwicklers.

Das große Problem ist halt das Setting des Spiels, denn das gesamte Spiel findet in einer eher kleinen Waldregion statt. Abwechslungsreiche Ortschaften sollte man also nicht erwarten, auch wenn das Spiel neben dem Standard-Wald noch einen Sumpfwald und ein paar Höhlen bereitstellt. Um der Sache zumindest etwas mehr Pepp zu verleihen, gibt es einen Tag- und Nachtzyklus, sowie Wetterwechsel. Allerdings sind diese rein kosmetischer Natur und haben keinerlei Auswirkungen aufs Gameplay.

Auch der Soundtrack ist sehr schön gelungen und fängt die angepeilte Cozy-Atmosphäre wunderbar ein. Die Tracks sind ruhig, klingen sehr angenehm und verbreiten eine harmonische Stimmung. Ich bin kein Freund des Gameplays von April Grove, aber der sympathische Soundtrack hat mir definitiv dabei geholfen das Spiel doch noch durchzuspielen, statt abzubrechen. Die Soundeffekte überzeugen ebenfalls und lassen die monotone Spielwelt zumindest etwas lebendiger erscheinen. Wie schon bei den vorherigen Colorgrave-Spielen stehen die Textboxen übrigens nur in englischer Sprache zur Verfügung. Entsprechende Sprachkenntnisse sind also von Vorteil. Eine Sprachausgabe gibt es nicht.

Pro & Kontra

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Pros
  • schöne audiovisuelle Präsentation im Stil des Game Boy Color
  • unkomplizierte Steuerung
  • ist günstig (2,99 €)

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Cons
  • extrem monotones Spielprinzip welches sich primär auf stupides Grinding stützt
  • im Gegensatz zu den vorherigen Spielen des Entwicklers sind Handlung, NPCs und Sagengut ohne Substanz
  • das Spiel wirkt ziemlich unfertig (NPCs die keinerlei Zweck erfüllen, kaum Achievements, mangelnde Transparenz)

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