Age of Empires IV: Anniversary Edition (PS5) REVIEW

Publisher Xbox Games Studios hat es in diesem Jahr vor allem für Strategie-Fans auf der PlayStation 5 richtig krachen lassen. Nachdem man vor einigen Monaten bereits Umsetzungen von Age of Mythology: Retold und der Age of Empires 2: Definitive Edition abseits der ursprünglichen Hauptplattformen Xbox und PC veröffentlicht hat, folgt dieser Tage mit der Age of Empires IV: Anniversary Edition die nächste Portierung der altehrwürdigen Reihe auf die aktuelle Sony Plattform. Als großer Enthusiast der Age of…Reihe und Spieler, der eigentlich kaum noch auf dem PC unterwegs ist und keine Xbox hat, könnte ich glücklicher nicht sein und habe mich dementsprechend mit großer Vorfreude an den Test zum aktuellsten Serienteil gemacht. Denn anders als die beiden Neuveröffentlichungen der Klassiker stellt die jüngste Veröffentlichung meinen ersten Kontakt mit Age of Empires 4 dar.

Alter Wein in neuen Schläuchen


Nachdem die Reihe mit Age of Empires 3 in den frühen 2000er Jahren zumindest in Hinblick auf neue Spiele von der Bildfläche verschwunden ist, hat es ganz schön lange gedauert, bis sich die Rechteinhaber wieder an die Marke getraut haben. Die Vorzeichen standen immerhin gut, denn in den vergangenen Jahren ist das Genre der Echtzeitstrategie aus dem Tiefschlaf erwacht und vor allem dank der Neuveröffentlichung von Age of Empires 2 ist um die Franchise ein neuer Hype entstanden. Und mit dem im kanadischen Vancouver ansässigen Studio Relic Entertainment hat man zudem einen Entwickler an Bord geholt, der nicht zuletzt mit den Company of Heroes Spielen seine Sporen im Genre verdient hat.

Die Entwickler haben sich bewusst am beliebten zweiten Teil orientiert und spielen ihre Interpretation des bekannten Game-Designs fast schon ein bisschen zu sicher herunter, bringen aber durchaus auch interessante eigene Ideen mit. Das sind oftmals vor allem Detailänderungen, wie etwa der größere Fokus auf das Stein-Schere-Papier-Prinzip im Kampf, sprich: jede Einheit hat einen Konterpart, gegen welche sie besonders gut oder besonders schlecht ist. Einheiten mit Schild und Speer etwa sind gut gegen Bogenschützen, haben aber gegen Ritter das Nachsehen. Gerade wenn man die KI hochdreht oder gegen sich der Mechaniken bewusste Spielerinnen und Spieler antritt, ist das Verständnis um diese Grundlagen wichtig (gegen die einfache KI reicht aber auch einfach Masse statt Klasse).

Die mittlerweile 22 (!!!) verfügbaren Zivilisationen unterscheiden sich noch einmal eine Spur stärker voneinander als zuvor, nicht nur in der visuellen Gestaltung. Die Franzosen etwa sind das ziemlich klassische AoE-Erlebnis und funktionieren wie man es etwa aus Teil 2 gewohnt ist. Gold z.b. verdient man durch den entsprechenden Abbau oder den Handel. Die Mongolen hingegen können Gold auch durch Raubzüge erhalten, was entsprechend einen eher aggressiven Spielstil begünstigt. Geradezu das Herz aufgegangen ist mir, als ich realisiert habe, dass man jetzt auch Soldaten auf Mauern positionieren kann, was ebenfalls einen neuen Geschmack in die taktischen Möglichkeiten bringt.

Außerdem gibt es viele schöne Komfortfunktionen. Wie gehabt kann man Dorfbewohner einzeln ihren Jobs zuweisen und sie in den Wald zum Holzfällen schicken, sie Felder bewirtschaften lassen oder eben Gold und Stein abbauen lassen. Wenn man weiß, in welche Richtung man sich entwickeln will, kann man aber auch einen Automatismus nutzen, durch den die KI verlässlich tut, was sie soll. Etwas irritiert war ich hingegen durch die Art und Weise, wie man in ein neues Zeitalter fortschreitet. Anstatt dieses wie zuvor im Stadtzentrum einzuleiten, erreicht man ein neues Zeitalter jetzt durch die Errichtung von Wahrzeichen. Und dieses ist jeweils im Baumenü versteckt, was zwar logisch ist…aber für jemanden wie mich, der dieses Jahr derart viele Stunden in AoE2 versenkt hat, dann doch wieder eine Umstellung.

Geschichte und ihre Vermittlung


Ich habe die Reihe vor allem immer in der Kampagne gespielt und habe mich entsprechend auch erst einmal auf diese gestürzt, war beim Anblick des entsprechenden Menüs aber fast schon ein bisschen ernüchtert. Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es nämlich gerade einmal sechs Kampagnen, wovon eine auch noch eine recht kurze Tutorial-Kampagne ist. Abseits der vertrauten europäischen Settings (100 Jähriger Krieg, die Eroberung Englands durch die Normannen) gibt es noch den Aufstieg des Großfürstentums Moskaus und eine Kampagne rund um die Mongolen. Durch den in der Anniversary Edition enthaltenen DLC Der Aufstieg der Sultane ist den Kampagnen des Basisspiels noch eine Missionskette rund um die Kreuzzüge aus der Sicht der Muslime hinzugekommen.

An und für sich gefallen mir die Kampagnen wirklich gut, zumal die Entwickler hier auch tatsächlich einen tonalen Wechsel und eine der größeren Änderungen in Hinblick auf das Feeling einfließen lassen. Waren die Kampagnen in AoE2 noch sehr viel näher an historischen Figuren dran, versucht man hier einen eher geschichtlich korrekten Blick auf die Geschehnisse zu vermitteln. Die Kampagne wird von einer angenehmen Sprecherin begleitet, die mit gut geschriebenen und sachlichen Texten über das Geschehen aufklärt. Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe von real gefilmten Videos an Schauplätzen, teilweise auch mit Schauspielerinnen und Schauspielern in historischen Kostümen sowie kurze Clips, auf denen etwa auf militärische Taktiken jener Epochen eingegangen wird. Ja, das hat manchmal was von einer Mischung aus Terra X und Laiendarstellern auf einem Mittelaltermarkt. Aber mir gefällt der Ansatz und dass sich die Entwickler hier um historische Akkuratesse bemühen.

Lernt man dadurch etwas? Durchaus, wenn man zum Beispiel gar nicht weiß, wie ein Langbogen funktioniert oder was genau die Chevauchées eigentlich waren. So wie die frühen Teile vor über 20 Jahren mein Interesse an Geschichte geweckt haben, so könnten die Kampagnen und ihr Aufbau das jetzt wieder für eine junge Generation tun und einen Funken des Interesses entfachen.

Das ist aber…bunt


Zum ursprünglichen Release gab es eine recht große Kontroverse um den visuellen Look. Die Grafiker haben sich für eine vergleichsweise farbenfrohe Optik entschieden, die gewiss Geschmackssache ist und sich definitiv vom Ansatz der vorherigen Serienteile abhebt. Ich sage es mal so: mir gefällt der Ansatz der Vorgänger eher, ich muss mir aber hier nicht die Augen zudrücken. Das für mich größte Problem lag zunächst in einer fehlenden Übersicht der unterschiedlichen Truppen, da sich diese auf den ersten (und zweiten und dritten) Blick nicht so richtig voneinander unterscheiden. Daran habe ich mich nach über 20 Stunden zwar gewöhnt, eine visuell besser codierte Lösung würde aber den Einstieg erleichtern. Woran ich mich immer noch nicht gewöhnt habe, ist die für mich geringe Zoomstufe nach draußen. Gerade in größeren Gefechten ist mir der Maximalzoom viel zu gering, sodass die Übersicht unnötig verloren geht.

Davon abgesehen ist Age of Empires 4 aber wirklich hübsch. Das fängt bei Details wie dem schönen Wasser und der allgemein hübschen Lichtstimmung an und verfestigt sich bei den jeder Zivilisation eigenen Umsetzungen der unterschiedlichen Gebäudetypen. Auch die Entwicklung der Siedlungen ist schön und vor allem organisch umgesetzt. Ohne das man sich allzu viel Mühe geben muss, sehen die eigenen Ortschaften schick aus und wenn man sich wirklich hineinsteigert, kann man sogar Schönbau betreiben.

Rundes Gesamtpaket


Ich bin mir noch nicht so ganz sicher, was ich vom derzeit angebotenen Inhalt halte. Prinzipiell ist alles, was da drin ist gut bis sehr gut und macht Spaß. Wenn ich aber erneut den Vergleich zum allgegenwärtigen zweiten Teil (insbesondere in der aktuellen Definitive Edition ziehe), dann hat Age of Empires 4 das Nachsehen. Die Neuveröffentlichung des Klassikers ist aber nun einmal auch über zwei Jahrzehnte an Inhalten gewachsen, weshalb der Vergleich natürlich nicht ganz fair ist.

Auf dem Papier wird sowohl für Solisten als auch Mehrspieler-Fans einiges geboten. Abgesehen von den Kampagnen gibt es noch das freie Spiel und den Skirmish-Modus. Diese sind so nett wie bekannt und ja, gerade wenn man ein paar Minuten Zeit habe, ist so eine flotte Runde gegen die KI eine schöne Unterhaltung. Aber fesselt mich das dauerhaft? Das Gleiche kann ich über den frisch veröffentlichen Wellen-Modus Feuergefecht sagen. Hier muss ich bis zu 45 Minuten gegen mehrere Gegnerwellen überstehen, was auf den hohen Schwierigkeitsgraden eine knackige Sache ist.

Man mag mir jetzt zurufen, ich solle doch einfach den Multiplayer-Modus in seinen verschiedenen Varianten spielen. Klar, könnte ich machen. Aber das war für mich eben noch nie das, was ich mit Age of Empires verbinde, kann aber natürlich absolut wertschätzen, was die Entwickler hier bieten. Und das ist einiges.

Video zum Spiel


Pro & Kontra

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Pros
  • dokumentarischer ansatz in den Kampagnen ist ein interessanter und gut umgesetzter neuer Ansatz
  • inhaltlich schön und abwechslungsreich gestaltete Kampagnen
  • nette Soli-Modi, auch für Mehrspieler-Fans gibt es viel zu tun
  • viele Zivilisationen mit unterschiedlichen Gameplay
  • audiovisuell gut umgesetzt und auch die Steuerung funktioniert ohne Probleme

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Cons
  • teilweise orientiert man sich zu sehr an der Formel von AoE 2

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