Shrine’s Legacy REVIEW

Welcher Retro-Gamer erinnert sich nicht an all die großartigen Action-Rollenspiele für den Super Nintendo? Soul Blazer, Illusion of Time, Terranigma, Secret of Mana … Es hat schon seinen Grund warum sich diese Spiele ins Gedächtnis eingebrannt haben. Und wie schön wäre es, wenn endlich mal jemand das Erbe des SNES-Action-RPGs fortsetzen würde? Ein neues Spiel nach genau dieser Machart wäre doch mal was feines.

Und genau an diesem Punkt springt der zweiköpfige US-Indie-Entwickler Positive Concept Games in die Bresche. Mit ihrem Debuttitel Shrine’s Legacy veröffentlichen die Indies am 07.10.2025 einen waschechten Liebensbrief an die alten Action-RPG-Klassiker des Super Nintendos. Die Entwickler waren freundlich genug mir einen Key für Testzwecke zur Verfügung zu stellen. Was das Spiel so alles in Detail zu bieten hat, erfahrt ihr im folgendem Test.

Wieder einmal versucht eine finstere Entität eine Welt zu versklaven



Vor mehreren Jahrhunderten wurde die Welt Ardemia von einer bösartigen Entität namens Aklor heimgesucht. Dessen Streben nach der Weltherrschaft wurde glücklicherweise von der tapferen Heldin Kailee Shrine ausgebremst, welche mit einem mächtigen Schwert und acht magischen Edelsteinen ausgestattet war.

Wir übernehmen die Rolle von Rio Shrine, einem Nachfahren von Kailee. Der Jugendliche lebt ein ereignisloses aber glückliches Leben im Dorf Yuril. Doch dann bricht eines Tages die Magierin Reima Narone in Rios Haus ein, um das Schwert von Kailee zu stehlen. Rio stellt die Diebin nach einer Hetzjagd zur Rede. Diese offenbart ihm, dass Aklor zurückgekehrt ist, und Reima das Schwert benötigt, um den Schurken zu beseitigen. Dummerweise dauert es nicht lange, ehe Reima feststellen muss, dass sie die magischen Kräfte des Schwerts nicht aktivieren kann. Diese Ehre gebührt nur einem Nachfahren Kailees, womit Rio der einzige ist, der das Schwert effektiv nutzen kann. Allerdings verweigert Rio zunächst seine Unterstützung.

Erst als Yuril von Aklor und seinen Truppen angegriffen wird, und der Widerling Rios Liebste Mala verletzt, erkennt der Bursche den Ernst der Lage. Notgedrungen schließt er sich Reima an, um die acht magischen Edelsteine zu erbeuten, welche benötigt werden, um Kailees Schwert vollständig aufzupowern. Immerhin befindet sich Reima bereits in Besitz des Eis-Juwels, womit bereits der erste Schritt getan ist. Die übrigen Edelsteine wurden jedoch von Aklor eingesetzt, um besonders mächtige Monster zu schöpfen. Diese befinden sich kreuz und quer über dem Inselkontinent verstreut, weswegen sich unsere beiden Nachwuchshelden nun als wandernde Monster-Kopfgeldjäger verdingen, um die Klunker aufzutreiben. Erst wenn das Schwert voll aufgerüstet ist, soll es stark genug sein, um Aklor endgültig zu besiegen.

Und so beginnt eine zunächst vorhersehbare und klassische Abenteuerreise. Die Story ist über weite Strecken sehr geradlinig. Die beiden Protagonisten Rio und Reima können sich zunächst nicht sonderlich gut leiden, lernen sich mit der Zeit aber immer besser kennen und schätzen. Auf ihrem Weg begegnen sie vielen schrulligen Charakteren, mit denen sie sich anfreunden und durchleiden auch mal eine Tragödie, welche den Ernst der Lage vor Augen führen soll. Zwischendrin taucht auch immer wieder der mysteriöse Schwertkämpfer Emoria auf, um unsere beiden Helden zu schikanieren. Emoria ist dann auch der Fixpunkt für den großen Storytwist im großen Finale des Spiels. Bis dahin war die Handlung sehr geradlinig, aber dieser Twist zum Ende war sehr gut und unvorhersehbar. Dieser konnte die Story ordentlich aufwerten. Obendrein bietet Shrine’s Legacy ein umfangreiches Ending samt spielbaren Epilog.

Unterm Strich wird also eine zwar etwas simple, aber charmant erzählte Story geboten, welche liebenswürdige Charaktere bietet und zum Ende noch mal gut auftrumpft. Als etwas langatmig empfand ich hingegen die Schmacht-Szenen zwischen Rio und Mala. Dies tauchen ein wenig zu häufig auf und ziehen sich etwas zu sehr in die Länge. Aber das ist kein allzu großer Kritikpunkt.

Endlich wieder ein Action-Rolli mit authentischen 16-bit-Feeling

In Shrine’s Legacy übernimmt man die Rollen von Rio und Reima. Der zweite Charakter wird dabei entweder von einer relativ kompetenten K.I., oder von einem zweiten Mitspieler übernommen, denn das Spiel bietet lokalen Multiplayer-Koop. Wie in den alten SNES-Klassikern wird die Spielwelt aus der Vogelperspektive erkundet. Es gilt mit NPCs zu tratschen, Einkäufe zu tätigen, Schatztruhen zu plündern, Echtzeitkämpfe gegen diverse Monster zu bestreiten, durch Dungeons zu navigieren und Rätsel zu lösen. Letztere bieten eine gute Palette in Form von Apparaturen zur Umleitung von Energiekugeln oder Strom, den Einsatz von Elementarzaubern bis hin zu „Töte alle Gegner im Raum, um einen Durchgang freizulegen.“ Die Rätsel sind gut dosiert und bringen launige Abwechslung ohne den actionreichen Spielfluss durch allzu harte Kopfnüsse auszubremsen.

Einzelspieler können die beiden Charaktere bequem per Knopfdruck durchschalten, sie spielen sich ohnehin größtenteils identisch. Der Hauptunterschied liegt in ihren Statistika. Rio hat etwas mehr HP und bekommt bessere Werte in Strenght (Stärke) und Defense (körperliche Verteidigung). Reima hat dafür bessere Werte in Magic (Magie) und Resistance (magische Verteidigung).
Das Spiel unterstützt zwar auch die Tastatur-Steuerung, empfiehlt jedoch Controller als Eingabegeräte zu nutzen. Dieser Empfehlung bin ich auch nachgekommen und wurde mit einer sehr flüssigen und bequemen Steuerung belohnt, welche den alten 16-bit Klassikern zur Ehre gereicht. Obendrein gibt es im Optionsmenü neben einigen marginalen Grafik- und Soundeinstellungen auch die Möglichkeit die Buttonbelegung zu konfigurieren.

Der Kampf ist angenehm flott und erinnert relativ stark an Terranigma. Die beiden Charaktere können gehen, rennen, zuschlagen und aus dem Sprint heraus eine schnelle, aber weniger kräftige Stoßattacke durchführen. Im späteren Verlauf erlernt man dann noch einen Dodge-Move, eine aufladbare Superattacke und die Möglichkeit für diagonale Stoßattacken. Anders als in Terranigma gibt es hier keinen Sprung, dafür erhält man Zugriff auf vier verschiedene Zauber, welche im späteren Verlauf ein Upgrade erhalten und bequem durchgeschaltet werden können. Die Zauber dienen übrigens nicht nur dem Kampf, sondern auch der Bewältigung einiger Hindernisse und Rätselmechaniken. Hierdurch entsteht auch ein seichter Metroidvania-Aspekt, da man viele Schatztruhen zunächst nicht erreichen kann, sondern erst, wenn man den notwendigen Zauber erhalten hat.

Mit den Zaubern kann man jedenfalls Dinge anstellen wie Schleim-Viecher einfrieren, um sie als Blöcke zu benutzen, Windbrücken erstellen, Feuer entfachen usw.
Da man zu Beginn lediglich über 3 MP verfügt und diesen Pool auch nur auf maximal 8 MP aufstocken kann, ist es jedoch nicht möglich die Magie inflationär einzusetzen. Man kann MP regenerieren, indem man wiederholt auf Monster und spezifische Magier-Statuen eindrischt oder entsprechende Tränke konsumiert.

Tränke können jedoch nur bei der durchgeknallten Händlerin Delane erworben werden, welche für ihre Dienstleistungen nicht nur Geld, sondern auch spezifische Materialien verlangt. Letztere erhält man von beseitigten Monstern, von einigen Händlern oder aus Schatztruhen. Obendrein hat man zunächst lediglich eine einzige Trankflasche. Man kann jedoch drei weitere Flaschen finden (A Link to the Past lässt schön grüßen). Doch wesentlich wichtiger als die Heil- und Bufftränke sind jene Tränke, welche permanente Statusverbesserungen einbringen. Tatsächlich sind diese die einzige Möglichkeit die HP und MP von Rio und Reima zu verbessern. Level-Ups durch Erfahrungspunkte bezwungener Monster verbessern nämlich lediglich die Statuswerte Strenght, Defense, Magic und Resistance. Obendrein bietet Delane noch einige andere spezielle Tränke im Sortiment – vorausgesetzt man findet die entsprechenden Rezepte in der Spielwelt. Rezepte liegen übrigens in Bücherregalen verborgen. Jedenfalls wird man Delanes Dienstleistungen regelmäßig in Anspruch nehmen.

Ein weiteres interessantes Spielelement ist das Jewel-System. Zwar verfügen Rio und Reima auch über ein sehr rudimentäres Sortiment an Waffen und Rüstungen, jedoch liegt der Kern den Ausrüstungssystems bei den Jewels bzw. Juwelen. Im Verlauf des Spiels wird man ein paar Dutzend Juwelen erbeuten, die nützliche Funktionen und Buffs freischalten, sofern man sie ausrüstet. Hierdurch kann man z.B. eine Minimap für die Dungeons aktivieren, Heilbalken für die Gegner oder eben Statusverbesserungen aktivieren. Zu beginn hat man 3 Slots für Juwelen, kann diese Anzahl jedoch auf 10 pro Charakter erhöhen, sofern man weitere Slots in der Spielwelt entdeckt. Je nach Juwel werden 1-4 Slots belegt. Leider darf man die Juwelen nur an Speicherpunkten umrüsten.

Apropos Speicherpunkte. Diese regenerieren nicht nur verbrauchte Lebensenergie, goldene Speicherpunkte dienen obendrein als Teleportersystem, um Backtracking-Orgien zu verringern. Durch das Bewältigen einer bestimmten Sidequest kann man auch noch ein zweites Teleportations-System freischalten. Und ja, das Spiel bietet ein gutes Sortiment an Sidequests. Optionale Dungeons, zusätzliche Bosse und geheime Gebiete warten auf den findigen Spieler.

Negative Kritikpunkte sind im Gameplay von Shrine’s Legacy schwer auszumachen. Es ist schade, dass das Spiel keine Jump-Elemente bietet wie Terranigma. Die Bosskämpfe sind etwas durchwachen. Einige sind sehr gut gestaltet und erfordern Timing und Reflexe. Andere sind hingegen reines Buttonmashing. Als gründlicher Spieler empfand ich die Backtracking-Einlagen etwas ermüdend, welche durch die optionalen Schatztruhen provoziert wurden.

Und da ich eine Pre-Release-Version gespielt habe, waren einige Aspekte des Spiels leider unvollständig. Viele Juwelen und Tränke waren noch ohne Wirkung, das zweite Teleportations-System war noch nicht funktionsfähig und es war nicht möglich die Artworks der „Pages“-Sammelobjekte einzusehen.  Obendrein sind einige spätere Gebiete noch unvollständig. Aber ich bin guter Dinge, dass all diese Dinge rechtzeitig zum Release nachgereicht wurden.

Grafik und Sound

Mithilfe der Engine „Game Maker Studio 2“ konnten die Entwickler einen erfreulich authentischen 16-bit Look kreieren. Shrine’s Legacy gibt einem in grafischer Hinsicht tatsächlich das Gefühl ein SNES-Spiel zu erleben. Die Top-Down Landschaften und Charaktersprites wurden detailliert gestaltet und liebevoll animiert. Die Farbpalette entspricht dem was man von einem Super Nintendo-Spiel erwarten würde und bei den Biomen ist alles vertreten, was man so kennt. Ein Extralob gibt es auch für die hübsch dargestellten Charakter-Konterfeis innerhalb der Textboxen. Diese wurden zwar nur für die wichtigeren Charaktere gestaltet, weisen dafür aber Variablen für unterschiedliche Gemütslagen auf. Man könnte höchstens kritisieren, dass die allgemeine Grafikqualität nicht an die massive Opulenz eines Terranigma heranreicht, aber das ist natürlich ein etwas unfairer Vergleich und Meckerei auf sehr hohem Niveau.

Beim Soundtrack kann das Spiel leider nicht so sehr überzeugen. Die Stücke sind ganz gut und launig, können jedoch nicht zu den epischen Ohrwürmern der großen SNES-Vorbilder aufschließen. Und gerade der Super Nintendo steht nun einmal für fantastische OST-Legenden. Ich mein selbst die Schrottspiele des SNES boten manchmal einen richtig tollen OST. Da hat man freilich verdammt große Fußstapfen zu füllen, was Shrine’s Legacy leider nicht so richtig hinbekommt. Aber wie gesagt, der Soundtrack des Spiels ist dennoch solide und launig. Außerdem können die Soundeffekte überzeugen. Diese leisten gute Arbeit das Retro-Gameplay zu unterstützen.

Leider bietet Shrine’s Legacy keine deutsche Übersetzung. Englischkenntnisse sind also von Vorteil.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • klassisches Action-RPG-Gameplay im SNES-Stil, spielt sich wie das Bindeglied zu Illusion of Time und Terranigma
  • lokaler 2-Spieler-Koop im Stil von Secret of Mana
  • bietet viele optionale Entdeckungen
  • farbenfroher Grafikstil welcher authentisches 16-bit Feeling aufkommen lässt

thumbs-up-icon

Cons
  • es gibt einige schwache Buttonmash-Bosskämpfe
  • wer alles entdecken will, muss viel Backtracking betreiben, zum Glück gibt es Teleportations-Möglichkeiten
  • der Soundtrack ist zwar ganz nett, kann jedoch nicht mit den Meisterwerken der großen Vorbilder mithalten
  • die Pre-Release-Version für Tester ist stellenweise unvollständig. Ich hoffe zum Release ist alles enthalten

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