Eiyuden Chronicle: Rising REVIEW

Dank der Spendenplattform Kickstarter konnte schon so manche Rollenspielserie wiederbelebt, oder zumindest in Form eines geistigen Nachfolgers reaktiviert werden. Nachdem westliche Rollenspiele wie „Pillars of Eternity,“ „Shadowrun Returns“ oder „Wasteland 2“ Beträge in Millionenhöhe einstreichen konnten, sahen wohl auch die Schöpfer der legendären JRPG-Reihe „Suikoden“ ihre Chance gekommen ihren Teil vom Spendenkuchen abzugreifen. Und so wurde am 27. Juli 2020 die Spendenaktion für „Eiyuden Chronicle: Hundred Heroes“ ins Leben gerufen. Als Minimalziel wurden 500.000 $ angestrebt, jedoch wurden auch zahlreiche Stretchgoals in Aussicht gestellt. Das maximale Stretchgoal kam in Form eines zusätzlichen Begleitspiels, welches den Arbeitstitel „A Quiet Place“ trug. Hierfür mussten jedoch sage und schreibe 4.5 Millionen $ eingesammelt werden. Das Verlangen von RPG-Fans nach neuen Spielen im Suikoden-Stil war tatsächlich derart immens, dass das maximale Stretchgoal erlangt werden konnte, und somit die Entstehung des Begleitspiels sicherte.

„A Quiet Place“ wurde im Verlauf der Entwicklung in Eiyuden Chronicle: Rising umbenannt und am 10.05.2022 für alle gängigen Systeme veröffentlicht. Das Spiel fungiert als kleine Prequel-Nebenstory zum Hauptspiel „Hundred Heroes.“

Allerdings handelt es sich hierbei nicht um ein rundenbasiertes JRPG im Suikoden-Stil, sondern um einen 2D-Action-Rolli, den man noch am ehesten mit dem alten „Ys III: Wanderers from Ys“ vergleichen kann. Natürlich wurde das Spielkonzept für Eiyuden Chronicle: Rising stark modernisiert, macht euch also bitte keine Sorge, dass euch eine unbequeme, altersschwache Krücke á la Ys III erwartet. Was Eiyuden Chronicle: Rising nun aber im Detail zu bieten hat, soll folgender Test verraten.

Zwischen Schatzjagd und Social Point-Sammelei

Die Story ist ziemlich simpel. Die 16-jährige CJ will eine alte Familientradition erfüllen. Sie entstammt einer Familie fanatischer Schatzjäger. Ab einem bestimmten Alter werden die Kinder ihrer Familie in die weite Welt hinausgeschickt, mit dem Ziel einen tollen Schatz zu entdecken und sich somit als würdig zu erweisen. Das Problem ist nur, dass der Schatz besser sein muss, als jener, der seinerzeit vom Vater eingesackt wurde. Nun hat CJ’s Vater jedoch eine magische Runenlinse bemerkenswerter Größe entdeckt. Eine derartige Entdeckung zu toppen und somit das Recht auf eine Heimkehr zu erwerben, wird alles andere als einfach.

Glücklicherweise hat CJ von einer profitablen Ausgrabungsstätte Wind bekommen. In den Gebirgshügeln des Dörfchens Neu-Nevaeh sollen zahlreiche Runenlinsen verborgen liegen. Also wird die Reise zum Dorf angetreten. Auf dem Weg rettet CJ den Krokodilmenschen Hogan (nette Crocodile Dundee-Anspielung) vor einem Banditenüberfall. Im Gegenzug führt Hogan, der sich als Händler entpuppt, CJ in die Dorfgemeinschaft von Neu-Nevaeh ein. Vor allem die Kontakte zum Känguruhmenschen Garoo und der geldgierigen Bürgermeisterin Isha sollen sich als nützlich erweisen. Letztere verlangt jedoch einen astronomischen Geldbetrag für eine Ausgrabungslizenz. Natürlich kann CJ die Moneten nicht aufbringen, aber zum Glück hat Isha als Alternative ein Stempelkartensystem eingeführt. Neue Einwanderer (denn als solche betrachtet Isha die angereisten Abenteurer) bekommen eine Stempelkarte, welche von den Bewohnern Neu-Nevaehs abgestempelt werden darf. Für einen Stempel muss man jedoch eine Aufgabe erfüllen. Hierbei handelt es sich in der Regel um alltägliche Botengänge.

Diese gestalten sich jedoch als anspruchsvoller als man denken mag, denn die Umgebung von Neu-Nevaeh wird in letzter Zeit von Monsterhorden bedrängt, was den Einwohnern das alltägliche Leben freilich beträchtlich erschwert. Obendrein wird das Dörfchen von Erdbeben malträtiert. Einer der Dorfältesten glaubt, dass hierfür ein bösartiger Zauberer verantwortlich ist, der angeblich vor Jahrhunderten im Gebirge versiegelt wurde. Durch die Ausgrabungen könnte der Zauberer freigesetzt werden. Folglich müssen sich die Abenteurer und Einwanderer mit Anfeindungen der xenophobischen Ureinwohner auseinandersetzen. Doch für Isha ist klar, dass das Dorf nur überleben kann, wenn es sich sozioökonomisch weiterentwickelt. Aber wie dem auch sei. CJ muss jetzt erst einmal ein paar Stempel sammeln, ehe sie die Ausgrabungslizenz erhält.

Wie sich die Handlung weiterentwickelt, müsst ihr jetzt aber selbst herausfinden. Allerdings sollte man nicht zu viel erwarten. Die Storyentwicklungen sind vorhersehbar und die Geschichte ist im allgemeinen nicht wirklich spannend. Interessanter sind da schon die farbenfrohen Charaktere, von denen einige natürlich auch im Hauptspiel „Hundred Heroes“ rekrutiert werden können. In Rising werdet ihr euch jedoch mit CJ, Garoo und Isha als spielbare Charaktere zufrieden geben müssen. Abgesehen davon fällt das Bindeglied zu „Hundred Heroes“ aber sehr dünn aus. Erst gegen Ende gibt es Anspielungen auf einen aufkeimenden großen Krieg. Im Kern spielt aber auch das keine Rolle für das leichtherzig gehaltene Stempelsammel- und Schatzjagd-Abenteuer von Eiyuden Chronicle: Rising.

Süchtig nach Stempeln

Das Spielprinzip beläuft sich darin, dass ihr zunächst das Hub-Dorf Neu-Nevaeh nach Haupt- und Nebenquests abgrast. Hierfür schwatzt man mit den NPCs. Questgeber werden netterweise mit einem Ausrufezeichen markiert und außerdem steht auf dem Dorfplatz eine Anschlagtafel, auf der alle aktuellen Questgeber genannt werden. Sämtliche akzeptierte und abgeschlossene Quests werden obendrein in einem umfangreichen Questlog festgehalten. Zur effizienten Abwicklung darf man im Log auch eine Quest aktivieren, um sich den Zielpunkt auf der Automap des jeweiligen Dungeon-Areals anzeigen zu lassen. Die Quests sind leider allesamt sehr simpel gehalten. Geh dorthin, trigger die Cutscene, sammel soundso viele Einheiten von Gegenstandstyp XYZ ein, oder verdresch Zwischen- und Bossgegner, um einen Schlüsselgegenstand zu erhalten. Komplexer wird es nicht. Stattdessen protzt das Spiel mit einer beeindruckenden Quantität an Quests. Die Anzahl derer geht locker in den 200er Bereich.

Diese Masse dient jedoch auch der Spielzeitstreckung, denn die Spielwelt setzt sich eigentlich nur aus Neu-Nevaeh und sechs verschiedenen Dungeon-Arealen zusammen. Diese Areale umfassen Videospiel-Klischeeschablonen wie Waldlevel, Minenstollen, Eisgebirge, Vulkan und ein paar Varianten von Tempelruinen. Kreativ ist was anderes. Und da die Gebiete auch nicht übermäßig umfangreich ausfallen, und das Spiel ja nur in der zweiten Dimension erkundet wird, fällt der eigentliche Umfang bemerkenswert niedrig aus.

Um dem entgegenzuwirken, wendete man jedoch diverse Kniffe an, um die Spieldauer in den Bereich von 20-30 Spielstunden zu drücken. Die Masse an Quests habe ich ja schon genannt. Damit deren Oberflächlichkeit nicht ganz so ärgert, wurden die Quests an das Stempelkartensystem und die Restauration Neu-Nevaehs gekoppelt. Alle 10 Stempel könnt ihr euch bei Hogan eine Belohnung abholen. Und ist eine der Stempelkarten komplett ausgefüllt, gibt es eine Art Evolutions-Upgrade für das Dorf. Es tauchen dann neue Einwanderer auf, die ihrerseits neue Quests freischalten. Einige Nebenquests dienen auch dazu neue Shops im Dorf zu eröffnen, sowie eben diese zu erweitern, damit neue Dienstleistungen freigeschaltet werden. Derartige Shop-Upgrades werden auch visuell präsentiert, weswegen schon eine starke Motivation entsteht, die stupiden Quests gründlich abzugrasen. Tatsächlich kann das Stempelsammeln einen unerwartet hohen Suchtfaktor erzeugen. Die Entwickler haben es also, trotz der Primitivität der Aufgaben, geschafft meine Motivation auf einem extrem hohen Level zu halten.

Des Weiteren nutzt man auch den Metroidvania-Trick. Einige Dungeon-Segmente werden von Elementarsäulen und vergleichbaren Dingen blockiert, weswegen man im späteren Spielverlauf zurückkehren muss, um den Weg freizuräumen. Magische Runenlinsen, mit denen man seine Angriffe (oder Verteidigung) mit Elementen frisieren kann, machens möglich. Abgesehen von Runenlinsen für Angriff und Verteidigung darf man noch jeweils zwei Zubehörteile für die drei spielbaren Charaktere CJ, Garoo und Isha ausrüsten. Waffe und Rüstung lassen sich nicht wechseln, können aber bei entsprechenden Schmieden im Dorf aufgerüstet werden. Hierfür benötigt man nicht nur Geld, sondern auch Materialien. Auch Kaufgegenstände wie Tränke oder Dienstleistungen wie Mahlzeiten muss man erst mal mit entsprechenden Materialien freischalten, ehe man sie käuflich erwerben darf.

Es gibt eine angenehm breite Palette an Shops und Möglichkeiten. Mahlzeiten heilen nicht nur verbrauchte Lebensenergie, sondern bringen auch permanente Statusverbesserungen. Ein Besuch im Gasthaus gibt einen Statusboost bis zur nächsten Rast. Waffen- und Rüstungsupgrades bringen nicht nur bessere Statistiken, sondern auch größere Angriffskombos und Erweiterungen für die Spezialtechniken der drei spielbaren Charaktere. CJ kann z.B. (Air)Dashs durchführen, während Garoo mit seinem Schwert feindliche Projektile zurückschlägt. Magierin Isha wirft ihre Magie aus der Distanz und kann kurze Zeit in der Luft schweben.

Die Steuerung ist, mit Ausnahme der etwas zu verschachtelten Menüführung, sehr eingängig gehalten. Tatsächlich überzeugt eben diese mit einer besonders cleveren Handhabung der drei Spielfiguren. Jeder Charakter wurde einem Button des Controllers zugewiesen. Somit spart man sich den lästigen Zwischenschritt die Charaktere via Schultertasten durchzuschalten, wie es andere Spiele dieser Kategorie handhaben. Ansonsten geht alles butterweich über die Bühne. Zuschlagen, springen, dashen, schweben – alles kein Problem. Sogar die Komboketten lassen sich gut umsetzen. Hat ein Charakter seine Angriffskombo abgeschlossen, kann man per Knopfdruck einen weiteren Angriff mit einem der anderen beiden Charaktere anfügen. Dies kann man, je nach Evolutionsstufe des Dorfs, bis zu fünf mal durchführen. Hat man 160 Stempel kassiert, bekommt man von Hogan sogar einen Gegenstand, der unendliche Komboketten freischaltet. Dieses wird man aber erst im Open End erlangen können, da viele Nebenquests erst im Open End freigeschaltet werden. Obendrein kann man im Open End noch einen höheren Schwierigkeitsgrad anwählen, welcher jedoch lediglich den Level der Gegner anhebt, was aber zumindest für einige weitere Achievements dienlich ist.

Der eigene Level-Cap ist auf Stufe 50 gelegt. Geld wird hier übrigens nicht von beseitigten Gegnern hinterlassen, sondern muss durch das lösen von Quests, Schatzfunde und vor allem den Verkauf von Gegenständen verdient werden. Netterweise gibt es auch zwei Minigames. Beim Angeln muss man innerhalb eines kurzen Zeitlimits die vorgegeben Buttons eingeben. Dann gibt es noch ein Puzzle-Minispiel, wo man einen Energiefluss durch Verbindungslinien drehbarer Tiles leiten muss.

Grafik und Sound

Das Spiel nutzt die Unity-Engine, und ist ein gutes Beispiel dafür, dass diese Grafikengine auch recht hübsche Spiele zeugen kann, wenn sie nur von kompetenten, motivierten Entwicklern genutzt wird. Eiyuden Chronicle: Rising setzt auf einen 2,5D-Stil. Trotz des 2D-Gameplays wird die Spielwelt in 3D-Grafik präsentiert. Die Charaktersprites sind hingegen in 2D gehalten. Garniert wird das Ganze mit einem hübschen Anime-Artstil. Wichtige Charaktere bekommen variable Konterfei-Artworks in die Textboxen und werden auch mit einem kurzen Vorstellungstext eingeführt. Da kann man sich sofort denken, dass diese Charaktere auch im Hauptspiel „Hundred Heroes“ eine Rolle spielen werden. Auf jeden Fall ist das Spiel wirklich hübsch anzuschauen. Natürlich sollte man keine High-End-Tripple-AAA-Grafiken oder dergleichen erwarten, aber der Grafikstil ist super-charmant und einfach gefällig. Es würde mich nicht stören, wenn „Hundred Heroes“ genauso attraktiv aussieht wie Rising.

Der Soundtrack hingegen konnte mich ehrlich gesagt nicht so recht abholen. Einige Tracks, wie jene für das Dorf Neu-Nevaeh oder den Wald sind zwar charmant und launig, aber so wirklich positiv aufgefallen ist mir der OST nun nicht gerade. Er wirkt auf mich irgendwie zu brav, uninspiriert und vor allem „auf Nummer sicher.“ Mit einer derartigen Herangehensweise lassen sich jedenfalls keine Preise gewinnen. Das heißt jetzt nicht, dass der OST schlecht wäre, dies ist definitiv nicht der Fall. Aber er gehört halt zu jener Sorte, die gemütlich vor sich hinplätschern ohne sich ernsthaft im Gedächtnis festzusetzen. Eben ein netter, solider OST, aber mehr auch nicht.

Die Soundeffekte gehören ebenfalls in die Kategorie „nett und solide,“ aber auch hier ist nichts allzu erinnerungswürdiges dabei. Eine Sprachausgabe wird leider nicht geboten. Die deutsche Textübersetzung ist dafür einwandfrei.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • sehr motivierendes Stempel- und Dorf-Upgrade-System
  • unkomplizierter Spielablauf mit niedrigem Schwierigkeitsgrad zum entspannen
  • sympathische Charaktere
  • ansprechende grafische Präsentation

thumbs-up-icon

Cons
  • ist repetitiv, da es nur wenige Ortschaften, aber dafür sehr viele stupide Fetch-Quests gibt
  • keine Sprachausgabe und etwas unspektakulärer OST
  • flache Story
  • nichts für Hardcore-Spieler, da der Schwierigkeitsgrad wirklich sehr niedrig ist

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Spiel Bewertung
Singleplayer
80
80
Okay
-
Multiplayer

FAZIT

Obwohl Eiyuden Chronicle: Rising als 2D-Action-Rolli eine gänzlich andere Gameplay-Richtung einschlägt als das von Suikoden inspirierte Hauptspiel „Hundred Heroes,“ macht es einen wirklich guten Ersteindruck für diese Franchise. Zwar setzt Rising im Questdesign auf Masse statt Klasse, um seine mickrige Spielwelt zu überbrücken, doch fällt es leicht dem Spiel diesen Makel zu verzeihen. Schließlich werden die Quests durch ein motivierendes Stempel-Sammel- und Restaurations-System schmackhaft gemacht. Darüber hinaus bin ich sehr dankbar, dass Rising mehr auf simplen Spielspaß statt Quälereien setzt. Letztere sind ja heutzutage in diesem Genre leider üblich geworden. Die Kämpfe in Rising sind angenehm simpel, es ist möglich die drei Spielfiguren ordentlich aufzupowern und somit jeden Gegner niederzuwalzen. Und obendrein gibt es viele Komforthilfen wie Automaps oder Questlogs und -marker. Wer endlich mal wieder einen Action-Rolli mit Schwerpunkt auf unbeschwerten Spielspaß zocken will und auf eine nennenswerte Story verzichten kann, der sollte sich Eiyuden Chronicle: Rising zulegen. Hardcore-Gamer, für die jedes Spiel ultraschwer sein muss, werden mit diesem Spiel jedoch nicht glücklich werden.

- Von  Volker

Ein guter Ersteindruck mit seichtem Schwierigkeitsgrad aber hohem Spielspaß!
Playstation 4
Xbox One
MS Windows
Nintendo Switch
PlayStation 5

Eiyuden Chronicle: Rising REVIEW

USK 12 PEGI 12

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