Emily is Away <3 PLAYER'S VOICE
Ein Indie-Titel geht in die dritte Runde! So bringt uns Emily is Away <3 auf nostalgische Art und Weise das alte Facebook – beziehungsweise „Facenook“ – von 2008 zurück. Denn hey, AIM ist sowas von gestern! Und mit der Immersion in vergangene Social-Media-Welten werden auch Erinnerungen an eine Jugend wach, in der Freunde, die erste Liebe sowie das Erwachsenwerden zentrales Thema waren.
Entwickler: Kyle Seeley
Publisher: Kyle Seeley
Steam-Veröffentlichung: April 2021
„Emily <3 is a brand new story set on an old-new social media. Customize your facenook profile, send some friend requests and determine the outcome of your senior year.“
Die Umsetzung dieser Zeitreise ist dem Entwickler-Studio gelungen. Die Reihe erfreut sich großer Beliebtheit und ruft allerlei Emotionen unter den Spielern hervor. Teilweise fühlt es sich an, wie im echten Leben: man möchte alles richtig machen und glaubt daran, eigentlich ein guter Kerl zu sein. Doch ein „Wir müssen mal reden“ ändert auf einmal alles. Die Wendung kommt teilweise so plötzlich, dass es einem den virtuellen Boden unter den Füßen wegziehen kann.
This is so 2008!
Wie bereits erwähnt, spielt die Immersion eine ganz große Rolle. Das fängt schon beim vermeintlichen Installieren an, das hier gefakt wird. Und danach kann es auch schon losgehen! Benutzername, „reeller“ Name, Geburtsdatum, … man kennt das ja. In Emily is Away <3 gehören wir allerdings zu den Spätzündern, denn unsere anderen Freunde sind schon alle von AIM zu Facenook gewechselt.
Und mit „andere Freunde“ meine ich natürlich Emely – das Mädel aus dem Titel – sowie die alternative Wahl, Evelyn. Und dann wäre hier noch vor allem unser Kumpel Mat mit seiner Freundin Kelly. Dabei zeigt das Spiel keine richtigen Bilder, geschweige denn Fotos. Vielmehr wird jede Figur umrisshaft dargestellt und unterscheidet sich von den anderen vor allem durch ihre Farbe.
Das Schreiben im Chat funktioniert ähnlich intuitiv und läuft stets nach dem selben Muster ab. Man wählt eine von drei möglichen Antworten, tippt dann irgendwas in das Textfeld ein und das Spiel formuliert es dabei automatisch aus. Doch wird die Wahlantwort nicht immer wortwörtlich wiedergegeben, was sich dann noch etwas dynamischer anfühlt.
Enge Freunde, erste Liebe
Die Charaktere wachsen einem ans Herz – oder lösen gegenteilige Empfindungen aus – so gut, wie sie es eben können in der kurzen Spieldauer. Emily is Away <3 umfasst nämlich nur 5 Kapitel. Dafür ist allerdings durch die verschiedenen möglichen Enden ein Wiederspielwert gegeben.
Lachen, flirten und gemeinsam chillen gehören ebenso dazu wie das Schlechtreden hinter dem Rücken eines Freundes. Man kennt das alles noch aus der Teenagerzeit. Selbst, wenn man selber keiner war, der gelästert hätte, wurde man doch normalerweise irgendwann damit konfrontiert. Und dann kommen wieder alte Zweifel auf. Was ist an den Gerüchten dran? Wird die Person sauer reagieren, wenn ich sie drauf anspreche? Gefährde ich die Beziehung oder gar die Freundschaft, wenn ich was sage? Aber ist es denn tatsächlich auch wirklich in Ordnung, einfach nichts zu sagen? Kurzum – man erinnert sich wieder sehr gut daran, mit welchen Problemen man als junger Erwachsener zu kämpfen hatte.
Dieser Balanceakt zwischen dem Bewahren der Harmonie miteinander und der eigenen Integrität zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Geschichte. Und darauf basieren auch die Entscheidungen, die man treffen muss.
Nostalgie – wenn man sich drauf einlässt
Das Spiel gibt sich alle Mühe, uns Authentizität zu vermitteln. So poken wir uns mit der Freundin gegenseitig an – und das im ständigen Wechsel, der kein Ende zu nehmen scheint… Wir reden auch über Filme, Videospiele und vor allem Musik. Und hier hat auch jeder seinen eigenen Musikgeschmack.
Dabei wählt Emely is Away <3 einen recht innovativen und außergewöhnlichen Weg. Der Link zu einer vermeintlichen Playlist wird innerhalb des Spiels geteilt. Klickt man drauf, so öffnet sich eine Internetseite (eine echte), die zu „YouToob“ führt. Mit YouToob hat der Entwickler eine Website geschaffen, die sich an ihren Namensvetter YouTube orientiert. Die Musikvideos selbst sind hier über YouTube eingebettet. So kommen wir zum Beispiel in den Genuss von Evelyn’s Playlist mit Disturbed, Paramore, Alkaline Trio oder wir schauen uns zusammen mit Mat diverse Meme-Videos, u.a. 10h Sandstorm an. Entsprechende Kommentare unter den Videos dürfen natürlich nicht fehlen. Und damit meine ich nicht etwa sowas wie „Who is listening this in 2020?“, sondern tatsächlich zeitgemäß für 2008.
Auch toll: als wir eines Abends zusammen mit Evelyn Punkrock hören, schickt sie noch eine Website mit Regen- und Gewittergeräuschen und meint, wir sollen das zusammen mit der Musik laufen lassen. Genial! Einfach eine geniale Idee und ein geniales Feeling, das muss schlichtweg mal gesagt werden!
Farmville und Hunde
Selbstverständlich dürfen die altbekannten Facebook-Spiele nicht fehlen! Wenngleich aus Farmville mal eben Carrotville wird. Oder auch Carrotville 2: Tomatoville. Und das Ganze funktioniert sogar als ein eigenständiges Minigame. Man pflanzt seine Karotten, bewässert diese und erntet sie. Das wiederum bringt Geld und Erfahrungspunkte, wodurch man auflevelt und weitere Samen kaufen kann. Zudem ist diese kleine Unterhaltung für zwischendurch mit einem Steam-Achievement verbunden.
In Emily is Away <3 stoßen wir allerdings auch auf viel einfacher gehaltene Minispiele wie beispielweise „Can you pet the Dog?“. Und ja, es funktioniert auch so simpel wie es klingt. Und es beruhigt ungemein, nachdem eines der Mädchen nicht nur unser virtuelles Herz, sondern auch unser Ego gebrochen hat.