-256 REVIEW
Letztens hat mir einer meiner Internet-Freunde einen Link zur Steam-Storepage von -256 zukommen lassen. Da -256 kostenlos zur Verfügung gestellt wird, und mich bereits die Vaporwave-Exploration-Adventures „Paradise Killer“ und „Broken Reality“ begeistern konnten, ist es mir nicht schwergefallen -256 einen näheren Blick zu gewähren. Das Spiel steht seit dem 20. April 2023 zur Verfügung und stammt vom Indie-Entwickler CorpsePickle, zu dem ich leider kaum Informationen finden konnte. Der Entwickler scheint jedoch aus Korea zu stammen und hat mit -256 wahrscheinlich seinen Debuttitel abgeliefert. Aber wie dem auch sei. Ob -256 mit kommerziellen Hochkarätern wie Paradise Killer oder Broken Reality mithalten kann oder nicht, erfahrt ihr im folgendem Review.
Plötzlich zum Robo-Sklaven umfunktioniert
Wir übernehmen die Rolle eines nicht näher portraitierten Bloggers, der gerade unter einer Schreibblockade leidet. Eines Tages erhält er eine E-mail von einem seiner Leser, der ihn auf die Geschichte eines verfluchten Computerspiels aufmerksam macht. Im E-mail-Anhang befindet sich die Installationsdatei besagten Computerspiels. Natürlich wird das Ding installiert, und damit geht der Ärger los. Im nächsten Augenblick findet sich der Blogger im Körper eines Arbeitsroboters wieder. Sein Gedächtnis wurde gelöscht und er soll „Mädchen für Alles“-Arbeiten in einem merkwürdigen Hotel verrichten, welches ausschließlich von Roboter-Personal betreut wird. Der grantige Manager-Robo teilt uns mit, dass wir notgedrungen aktiviert wurden, da einer unserer Vorgänger plötzlich verschwand. Dieser Hinweis geht auch mit der Warnung einher, dass wir besser nicht in die Fußstapfen unseres disloyalen Vorläufer-Modells treten sollten. Und so beginnt unser erster Arbeitstag als Hilfsarbeiter im bizarren Vaporwave-Hotel.
Wo die ganze Sache hinführt, oder was denn jetzt genau mit dem Blogger geschehen ist, müsst ihr freilich selbst herausfinden. Die Handlung ist recht spannend und bietet eine interessante Science-Fiction-Story mit düsteren Untertönen, welche jedoch von der bunten Vaporwave-Thematik getarnt werden. Letzteres scheint ganz gut geklappt zu haben, denn das Spiel wurde ja in Deutschland ohne Altersbeschränkung freigegeben.
Zwischen Walking-Sim und Rätsel-Adventure
In der Produktbeschreibung wird -256 als schneller und leichter Walking-Simulator bezeichnet, der in ca. 10-20 Minuten durchgespielt sein müsste. Dies ist jedoch nur die halbe Wahrheit, da es hier auch ein paar handfeste Adventure-Rätsel zu lösen gibt, aber ich greife vor.
Ihr steuert den Protagonisten aus der Egoperspektive. Die Kontrolle erfolgt routiniert via Maus und Tatstatur. Der Controller wird nicht unterstützt. WASD zur Fortbewegung, Kamerakontrolle über die Mausbewegung und linke Maustaste zur Interaktion.
In der ersten Spielhälfte bekommt ihr drei konkrete Aufgaben, die es in der richtigen Reihenfolge zu bewältigen gilt. Die Aufgabenstellung wird in Form einer Zeichnung „erklärt“ (kann man via Esc-Taste aufrufen). Der Reiz hieran ist, diese eigentlich simplen Aufgaben anhand der Zeichnung und etwas Logik zu interpretieren und umzusetzen. Das funktioniert auch relativ gut, jedoch hat sich in die zweite Aufgabe ein Bug eingeschlichen. Hier muss Buttonmashing an fünf Stellen betrieben werden. Eine dieser Stellen ist jedoch verbuggt und erfordert exzessives, minutenlanges Buttonmashing. Ich möchte erwähnen, das Buttonmashing mit der linken Maustaste noch beschissener ist, als mit einer Taste oder einem Knopf. Ich hätte an dieser Stelle beinahe das Handtuch geworfen und das Spiel aufgegeben.
Aber nun gut. Sind die drei Aufgaben abgeschlossen, geht das Spiel in den Bereich Mystery-Detektivarbeit über. Hier geht es dann darum eigene Erkundungen anzustellen, um die Handlung voranzutreiben. Letztendlich führt euch die Ermittlung in den Keller des Hotels, wo ein paar handfeste Rätselaufgaben warten. Dummerweise entbehrt das große Labyrinth-Schlussrätsel jeglicher Logik und verärgert den Spieler kurz vorm Ziel mit einer Extraportion Frust und Zeitverschwendung. Hierdurch wird ein 20 Minuten-Spiel auf mehrere Spielstunden gestreckt, je nachdem wie lange man versucht das Labyrinth alleine zu knacken. Vielleicht hat man ja auch Glück dabei, aber wahrscheinlicher ist, dass man entweder eine Komplettlösung zu Rate zieht, oder das Spiel fallen lässt, da selbst nach Gebrauch der Lösung nicht so recht klar ist, wie das Labyrinth funktioniert. So viel zum Thema „schnell und leicht.“ Immerhin bekommt man Achievements freigeschaltet, von denen einige sogar optional sind und zu einem zweiten Spieldurchlauf animieren könnten, denn -256 bietet nur einen einzigen Autosave-Speicherplatz.
Grafik und Sound
Auf Basis der Unity-Engine präsentiert sich -256 im Pseudo-Gewand eines Spiels der fünften Konsolengeneration (also PSX, N64 und so). Die 3D-Grafik wurde also recht blockig, verpixelt und Polygon-lastig dargestellt, was aber auch gut zum angepeilten Vaporwave-Stil passt. Jedoch sollte man nicht den Fehler begehen und mutmaßen, dass -256 auch auf einem Uralt-Rechner lauffähig ist. Das Game hat die Ventilatoren meines Rechners jedenfalls in den Turbomodus versetzt, was doch sehr irritierte. Auch die Beschränkung auf nur vier Auflösungsstufen (Maximum 1600×900), von denen eine nur eine winzige Troll-Auflösungsstufe ist, erweckt nicht sonderlich viel Vertrauen in das Spiel. Unabhängig davon ist das Hotel jedoch sehr liebevoll gestaltet. Es gibt viele Details zu entdecken, und grelle Vaporwave-Farben zu genießen.
Beim Soundtrack bediente sich der Entwickler ausschließlich bei Open Source-Quellen wie freesound.org oder pixabay.com. Es werden hauptsächliche fröhliche, positive und jazzige Melodien genutzt, welche eine gelungene Gute Laune-Stimmung verbreiten und recht gut zum Vaporwave-Hotel-Setting passen. Was mir jedoch gefehlt hat sind einige tatsächliche Vaporwave-Tracks. Diese sucht man hier nämlich vergebens. Auch eine Sprachausgabe wird nicht geboten. Die Textboxen stehen nur in englischer und koreanischer Variante zur Verfügung.
Pro & Kontra
- ist kostenlos
- herrlich surrealer und farbenfroher Vaporwave-Stil
- interessante Sci-fi-Story
- das verworrene und konfuse Schlussrätsel/Labyrinth zwingt zum Griff zur Komplettlösung
- einer der Buttonmashing-Punkte ist verbuggt
- keine Sprachausgabe und nur englische Texte
- ist zwar kostenlos aber auch sehr kurz