Trine Enchanted Edition REVIEW
Nachdem der finnische Entwickler Frozenbyte bereits zwei Teile ihres Top-Down-Shooters Shadowground veröffentlichten, erfolgte der Durchbruch mit dem dritten Spiel. Die Rede ist natürlich vom Puzzle-Platformer Trine, welcher erstmals am 02. Juli 2009 auf Steam veröffentlicht wurde, und sich seitdem großer Beliebtheit erfreut. Trine ist inzwischen auf eine fünfteilige Serie angewachsen. Der erste Teil bekam 2014 sogar ein Upgrade spendiert, welches das Game auf die Spielengine von Trine 2 transferiert und Online-Multiplayer beifügt. In seiner aktuellen Form nennt sich das Spiel jetzt Trine Enchanted Edition.
Trine überzeugt neben seiner schicken Optik auch mit einem frischen Ansatz des Puzzle-Platformings, denn die Puzzle basieren in erster Linie auf Physik. Obendrein darf man jederzeit zwischen drei verschiedenen Spielfiguren auswählen. Aber ich greife vor. Was das Spiel im Detail zu bieten hat, soll folgender Test verraten.
Unfreiwillig miteinander verbunden
Trine versetzt uns in ein nicht näher beschriebenes Fantasy-Königreich, welches seit dem Tod des letzten wahren Königs im Chaos versinkt. Der Thron wird hart von aufstrebenden Individuen umkämpft. Und die Möchtegern-Könige werden allzu häufig durchgewechselt. In dieser Situation taucht plötzlich eine finstere, magische Macht auf, welche die Toten auferstehen und als grantige Gerippe Angst und Schrecken verbreiten lässt.
In Trine übernehmen wir die Kontrolle über die Diebin Zoya, den Zauberer Amadeus und den Ritter Pontius. Die Namen tauchen jedoch nur im Handbuch auf. Im Spiel werden sie nur mit ihrer Berufsbezeichnung angesprochen.
Die Diebin hat von einem antiken, extrem wertvollen Gegenstand gehört, welcher sich in der Astral-Akademie, der Ausbildungsstätte für Zauberer befinden soll. Da man allerorts mit der Untotenplage beschäftigt ist, tendieren die Schutzmaßnahmen der Akademie wahrscheinlich gegen Null. Also die perfekte Gelegenheit für die Diebin das Ding einzusacken. Der Gegenstand entpuppt sich als das sogenannte Trine. Als die Diebin das Trine berührt, wird sie von dem Objekt gefangengesetzt.
Sie bleibt aber nicht lange allein, denn ein letzter Student verweilt in der Akademie. Dieser hegt immer noch den verzweifelten Wunsch endlich den vermaledeiten Feuerball-Zauber zu erlernen, der dabei helfen soll bei den Frauen anzugeben. Unser Zauberer ist nämlich ein waschechter Möchtegern-Frauenschwarm und versucht umgehend die Diebin anzubaggern, als er diese erblickt. Beim Anmach-Versuch wird der Zauberer jedoch seinerseits vom Trine festgesetzt.
Letzter im Bunde ist der dümmliche und kindische Ritter, der die Akademie als Trainingsort und Schutzbedürftigen auserkoren hat. Nachdem er die Diebin erspäht, versucht er diese freilich festzunehmen, um sich als würdig zu erweisen. Natürlich wird auch er von der Macht des Trine gefangengesetzt. Nun da drei Personen zusammengekommen sind, vollendet sich der Zauber des Trine. Das Artefakt verbindet die Seelen der Drei miteinander, wodurch diese nun gezwungen sind beisammen zu bleiben. Das ist natürlich kein Zustand, der für lange Dauer erstrebenswert ist, und so schicken sie sich an eine Lösung für das Problem zu finden. Nebenbei müssen sie sich auch mit der Untotenplage auseinandersetzen.
Trine gibt sich viel Mühe seine Handlung zu präsentieren. Innerhalb der Level gibt es immer wieder Mono- und Dialoge zwischen den drei Charakteren. Vor allem zu Levelanfang und -ende geben die Drei gerne ihren Senf ab. Zwischen den Levels wird die Handlung obendrein von einem Erzähler weitergesponnen. Und dennoch kann die Handlung kein Interesse wecken oder gar fesseln. Abseits der drei Protagonisten und der untoten Gegner gibt es keine Charaktere im Spiel. Das Königreich scheint wie ausgestorben und obwohl Amadeus konkrete Reiseziele vorgibt, hat man das gesamte Spiel über das Gefühl, dass man planlos durch die Gegend stolpert und eben kein greifbares Ziel vor Augen hat. Man verliert sehr schnell jegliches Interesse an der Handlung und spielt Trine eigentlich nur wegen des Gameplays. Aber da es sich um einen Platformer handelt, ist das jetzt auch nicht so schlimm. Und immerhin bietet Trine drei sympathische und/oder schrullige Protagonisten. Damit wird zwar kein Blumentopf gewonnen, aber bei einem Puzzle-Platformer geht es ja auch eher ums Gameplay.
Flotter Dreier
Bevor man ins Spiel einsteigt, lohnt es sich mit den grundlegenden Spieloptionen vertraut zu machen. Das Spiel bietet die drei Schwierigkeitsgrade Einfach, Normal und Schwer. Laut Handbuch beeinflussen die Grade den ausgeteilten Schaden der Gegner, sowie deren Anzahl. Darüber hinaus bietet das Spiel auch noch einen Hardcore-Modus, welcher sowohl die Speicherung, als auch Wiederbelebung an Checkpoints innerhalb der Level deaktiviert. Ehrensache, dass das Game mehrere Speicherslots zur Verfügung stellt, damit sich unterschiedliche Nutzer nicht in die Quere kommen. Unabhängig davon könnt ihr das Spiel im Multiplayer für bis zu drei Spieler zocken. Dies geht lokal oder online. Ich selbst habe es aber nur als Einzelspieler gespielt, und kann zum Multiplayer daher nichts weiter sagen.
Was die Steuerung anbelangt, habt ihr die Auswahl zwischen Tastatur und Maus oder Controller. Ein Platformer spielt sich natürlich am besten mit Controller-Steuerung. Allerdings erfordern die Spielmechaniken von Trine auch den Einsatz eines Cursors. Dieser wird zum zielen mit Pfeil und Bogen benötigt, oder zur Wirkung von Amadeus‘ Zaubersprüchen. Den Cursor kann man dann entweder mit dem rechten Analogstick oder mit der Maus kontrollieren. Im Endeffekt funktioniert das natürlich besser mit der Maus, weswegen beide Steuerungsvarianten Vor- und Nachteile mit sich bringen.
Trine bietet insgesamt 16 Level. Der erste Level dient aber eher als eine Art Tutorial und Storyeinführung, während Level 16 nur ein Bonus ist, der nach Abschluss der Storykampagne manuell in der Levelanwahl-Tabelle angewählt werden muss. Letzterer ist zwar knifflig, aber auch recht kurz gehalten. Euer Ziel in jedem Level ist sehr simpel gehalten: Gelangt von Levelanfang zum Levelende. Von einem Zeitlimit werdet ihr nicht belästigt, jedoch müsst ihr euch in Level 15 und 16 mit aufsteigender Lava herumplagen. Diese ist jedoch derart langsam, dass sie kein ernstes Problem darstellen sollte.
Wie gesagt verfügt ihr über drei Spielfiguren, welche ihr ab dem zweiten Level frei durchschalten könnt. Die Diebin verfügt über einen Greifhaken, mit dem sie sich an Holz festhaken kann. Sie kann sich damit abseilen, hochklettern und hin und herschwingen. Sie verfügt auch über einen Bogen, mit dem sie Gegner bekämpfen kann. Später bekommt sie Brandpfeile, die größeren Schaden verursachen und Fackeln entzünden können, sowie einen „Schnell-Köcher,“ mit dem sich die Spanndauer beim Bogenschießen verkürzen lässt.
Der Zauberer verfügt über einen Telekinese-Zauber, mit dem er alle möglichen Objekte in seinem näheren Umfeld hin und her manövrieren kann. Er verfügt auch über einen Kisten-Zauber, mit dem er eine zerbrechliche Kiste herbeizaubern kann. Später bekommt er noch Zugriff auf den Planken-Zauber, zum herbeizaubern von Planken, um etwa Brücken zu improvisieren, sowie den selbsterklärenden Schwebeplatform-Zauber.
Zu guter Letzt hätten wir noch den Ritter. Dieser ist in erster Linie für den Kampf zuständig. Hierfür verfügt er über Schwert und Schild. Mit dem Schwert kann man draufdreschen, und mit dem Schild feindliche Angriffe oder auch Sachen wie Feuerbälle abblocken. Er kann später mit seinem Schild Objekte heranziehen und wegschleudern, und bekommt noch einen mächtigen Kriegshammer zur Verfügung.
Physikpuzzle, RPG-Elemente und hohle Skelette zum weghacken
Einige Spezialtechniken und Zauber verbrauchen jedoch magische Energie, welche sich durch das aufsammeln entsprechender Tränke oder das erreichen eines Checkpoints regenerieren lässt. Ähnlich siehts mit dem Balken für Lebensenergie aus. Dieser wird bei einem Checkpoint jedoch nur zur Hälfte aufgefüllt. Die Checkpoints in Form eines kleinen magischen Portals sind also immens nützlich. Sie können sogar gefallene Spielfiguren wiederbeleben. Ein Game Over gibt es erst, wenn alle drei Charaktere sterben.
Abgesehen von Tränken für Lebens- oder Manaenergie gibt es auch noch die grünen Erfahrungs-Tränke. Jeder von denen schreibt einen Erfahrungspunkt gut. Sie liegen entweder in den Levels verborgen, oder werden von einigen beseitigten Gegnern gutgeschrieben. 50 EXP münden in einem Level-Up, welcher wiederum einen Fähigkeitspunkt gutschreibt. Mit diesen könnt ihr die drei Spezialtechniken der Charaktere aufwerten. So kann z.B. der Kistenzauber von Amadeus bei höheren Stufen 2 oder 4 Kisten gleichzeitig existieren lassen, oder der Ritter kann sein Schwert zu einem Flammenschwert aufpowern, welches logischerweise mehr Schaden anrichtet.
Auf jedenfall hat man durch dieses Level-Up-System eine gute Motivation die Level genauestens zu erkunden, um jeden versteckten EXP-Trank einzusacken. Wer jeden einzelnen Trank findet, kann im übrigen auch jede Fähigkeit aufs Maximum verbessern.
Abgesehen von den Tränken gibt es auch Schatztruhen zu finden, welche Zubehörteile beherbergen. Diese bringen oftmals einen Boost für die Lebens- oder Manenergie, höhere Verteidigung gegen feindliche Angriffe oder nützliche Perks. Jeder Charakter kann 9 Zubehörteile mit sich führen, und der Spieler kann die Stücke frei zwischen den Charaktere verteilen. Es gibt jedoch einige Teile, die nur für bestimmte Charaktere vorgesehen sind.
Das Leveldesign von Trine setzt verstärkt auf Physik-Spielereien. Wippen, Pendel, riesige Zahnräder, Bodenschalter, die mit etwas beschwert werden müssen, rollende Felsblöcke, zusammenbrechende Hängebrücken, und so weiter. In Kombination mit der breiten Fähigkeitenpalette der drei Spielfiguren, sowie gut verstecken und/oder platzierten Erfahrungs-Tränken und Schatztruhen ergibt sich ein einmaliges Puzzle-Platformer-Abenteuer. Trine fühlt sich frisch und unverbraucht an, was im Platformer-Bereich keine Selbstverständlichkeit ist.
Leider hat man aber auch noch Kämpfe reingepackt. Die untoten Skelette, welche an gescripteten Stellen in die Levels teleportiert werden, werdet ihr in erster Linie stupide mit Pontius Schwert weghauen. Natürlich kann man auch mit Pfeil und Bogen oder physikalischen Tricks vorgehen, jedoch bleibt das Schwert die erste Wahl, was den Kampf dann zu einer stupiden Hauen und Stechen-Angelegenheit verkommen lässt. Die K.I.-Dummheit der Gerippe hilft da freilich auch nicht weiter. Einige Level werfen euch auch mal eine Art Bossgegner entgegen, welche in Form eines Riesenskeletts oder Golems daherkommen. Aber auch hier gilt es nur auf den wunden Punkt in Form des Kopfes draufzuschlagen. Wahrscheinlich waren sich auch die Entwickler der langweiligen Kämpfe bewusst, weswegen diese auf einen Endgegner verzichteten und den Spieler somit etwas unbefriedigt zurücklassen.
Grafik und Sound
Grafisch erwartet euch ein überraschend schicker 2.5D-Puzzle-Platformer. Die Ingame-Grafik ist zwar komplett in 3D gehalten, jedoch basiert das Gameplay auf 2D-Spielprinzipien. Jedenfalls ist die 3D-Grafik sehr detailverliebt gestaltet und es wird hier auch versucht die Möglichkeiten einer 3D-Engine von 2009 auszureizen. Wenn man bedenkt, das heutzutage jeder auf Nummer sicher geht und versucht einen Retro-Stil nachzuahmen, wirkt die Herangehensweise von Frozenbyte überraschend frisch.
Auch die Animationen der Charaktermodelle sind überzeugend. Etwas problematisch sind jedoch die feindlichen Skelette, welche hin und wieder peinlich über die physikalischen Spielereien der Level eiern und somit auch mal für unfreiwillige Komik sorgen. Wirklich ärgerlich ist hingegen, dass fast alle Level in Finsternis bei Nacht oder in ungemütlichen Höhlen und Dungeons stattfinden. In solchen Settings kann die Grafikpracht freilich nicht vollends zur Geltung kommen. Es gibt nur einen Level der wirklich bei Tageslicht stattfindet. Und dieser Level ist dann auch der optisch hübscheste im Spiel.
Der Soundtrack setzt sich aus braven Märchen-Fantasy-Melodien zusammen, welche artig im Hintergrund vor sich hinplätschern. Die Melodien in Trine sind ungefähr so unauffällig wie das unspektakulärste Fahrstuhl-Gedudel, welches ihr euch vorstellen könnt. Wenigstens bedeutet dies, dass der OST nicht beim spielen stört. Allerdings kann er auch keinerlei Akzente setzen oder sonst irgendwie herausstechen. Und mehr habe ich zum OST dann auch nicht zu sagen. Die Soundeffekte wirken da schon besser. Das zerbersten feindlicher Skelette klingt zumindest angenehm befriedigend.
Der große Pluspunkt im akustischen Bereich ist jedoch die gelungene deutsche Sprachausgabe. Sowohl die drei Protagonisten, als auch der Erzähler leisten sehr gute Arbeit und bieten angenehme Stimmen, welche zu den jeweiligen Charakteren passen.
Pro & Kontra
- drei mühelos durchschaltbare Spielfiguren mit einer großen Fähigkeiten-Palette
- kreatives Puzzle-Platformer Gameplay auf Basis von Physik
- nette Implementation von RPG-Elementen
- schicke Grafik
- gute deutsche Sprachausgabe
- trotz bemühter Präsentation kann die Handlung kein bisschen das Interesse wecken
- gibt keinen Endgegner, obwohl dieser in letzten Storylevel angeteasert wird
- schnarchiger Märchen-Düdel-OST
- zu viel Düsternis bei den Settings, die Grafik kann da nicht vollends zeigen, was sie hermacht