The Legend of Heroes: Trails of Cold Steel REVIEW

Fans von Open World- und Rollenspielen konnten sich in den vergangenen Monaten wirklich nicht über eine mangelnde Auswahl an neuen Titeln beschweren. Und auch im neuen Jahr scheint sich der Trend der großen und zeitintensiven Spiele ein weiteres Mal fortzusetzen, was selbst bei manchen Freunden des Genres für Überforderung sorgen dürfte. Insbesondere die Klientel von japanischen Rollenspielen wird dieses Jahr nicht zuletzt dank Final Fantasy XV und Persona 5 wohl zwei richtige Brecher serviert bekommen. Doch auch abseits der großen Namen gibt es viel Neues zu entdecken. So etwa auch das von NIS America in Europa vertriebene Trails of Cold Steel – The Legends of Heroes von Nihon Falcom.

 

Lohnt der Quereinstieg?


Trails 2

Trails of Cold Steel präsentiert viele unterschiedliche Settings.

Der Name Nihon Falcom dürfte nicht jedem Rollenspiel-Fan auf Anhieb geläufig sein, doch spätestens wenn, man Titel wie Y´s oder eben The Legend of Heroes in den Raum wirft, dürfte es bei manchen Klick machen. Zumindest, wenn man sich auch abseits der großen Marken bewegt. Tatsächlich handelt es sich bei Trails of Cold Steel um ein von westlichen Fans lange herbeigesehntes Spiel, dessen Release außerhalb Japans lange Zeit unsicher war. Denn bisher hat es kaum eines der über die Jahre auf 12. Ableger (!!!) zählenden Reihe nach Amerika und Europa geschafft. Letztlich ist es dem US-amerikanischen Publisher XSEED Games zu verdanken, welcher sich Trails of Cold Steel angenommen und mit viel Herz und Liebe lokalisiert hat.

Aber Moment mal! Eine Reihe die aus zwölf Spielen besteht? Warum sollte man ausgerechnet mit Trails of Cold Steel einsteigen? Macht das überhaupt Sinn? Zugegeben, auch mich hat die Tatsache, das es sich hier um eine seit 1989 existierende Reihe handelt, zunächst höllisch abgeschreckt, zumal ich bisher selber keinerlei Berührungspunkte mit der Serie gehabt habe. Abgesehen von hier und dort aufgeschnappten Randinformationen und den Stimmen der Fangemeinde, welche die Titel aus dem Hause Nihon Falcom geradezu vergöttern. Letztlich ich kann alle Interessierten beruhigen: ja, der Einstieg lohnt sich, auch wenn man von den quasi Vorgängern nicht einmal Rahmenhandlung, Impressionen oder Sonstiges kennt. Denn obwohl alle The Legend of Heroes Titel mehr oder weniger in der gleichen Welt spielen, stehen die einzelnen Subserien innerhalb der Reihe doch für sich und erzählen eigene Geschichten zu eignen Zeiten.

 

Zwischen Schulalltag und nahendem Krieg


Trails 1

Viele Charaktere, viel Text, viel Story – Trails of Cold Steel ist genau das richtige Spiel, wenn man auf Story intensive Titel steht.

 Trails of Cold Steel spielt im Reich Erebonia – einem mächtigen, feudalistisch regierten Staat. Ein striktes Klassensystem und -denken trennt Adel und Bürger voneinander, zudem verfolgen diverse Kräfte innerhalb der staatlichen Führung eine aggressive Expansionspolitik gegenüber den benachbarten Reichen. In der Rolle von Protagonist Rean Schwarzer tritt man als Frischling in eine der renommiertesten Militärakademien des Kontinents ein. Für gewöhnlich wird das Kastendenken auch in der Thors Militärakademie verfolgt, sodass es eigene Klassen für den Nachwuchs aus dem Adel und der Bürger gibt. Doch mit der neu gegründeten Class VII gibt es in diesem Jahr eine Ausnahme. Denn in dieser werden beide Zugehörigkeiten unterrichtet, was innerhalb der Gruppe natürlich für Spannungen sorgt, zumal das eigentliche Ziel für die gemischte Klasse zunächst im Dunkeln liegt.

Nach und nach wächst die Gruppe aber immer weiter zusammen, Vorurteile werden abgebaut und Freundschaften geschlossen. Spielablauf und Narration sind dabei stark miteinander verwoben, weshalb die Spielwelt auch nicht ganz so offen ist, wie bei vielen anderen Rollenspielen. Der grundlegende Ablauf ist im Kern stets der gleiche: in der Schule lernt man etwas über die Historie von Erebonia und muss sein erlerntes Wissen immer wieder in Fragen und gelegentlichen Tests unter Beweis stellen, am freien Sonntag hat man neben dem Erfüllen von Aufgaben für den Schülerrat auch die Gelegenheit in der Stadt Items zu kaufen, Waffen aufzurüsten, mit den vielen NPCs ins Gespräch zu kommen oder das Verhältnis zu den Klassenkameraden zu verbessern, was nicht nur im Kampf Vorteile mit sich bringt, sondern uns auch den Figuren selbst näher bringt.

Die Figuren und ihre sehr detaillierte Entwicklung ist eine der großen Stärken von Trails of Cold Steel. Zwar muss man damit leben, das der Cast durchweg diverse Anime-Klischees bedient, was den ein oder anderen Spieler abschrecken könnte. Dies täuscht aber nicht darüber hinweg, das die Storyschreiber sehr viel Herzblut in eine sinnige Ausarbeitung ihrer Figuren und deren Motive gelegt haben. Nicht nur die Klassenkameraden, auch Nebencharaktere, ja selbst die NPCs, die vermeintlich das ganze Spiel über an derselben Stelle stehen und lediglich als Kulisse mit Sprachblase über den Kopf dienen, haben ihre eigenen Geschichten, die mal kleiner, mal größer ausfallen, und die sich kontinuierlich weiterentwickeln. Laut Entwickler existieren Tausende Seiten Skript, die sich nur mit den Figuren und der Geschichte, sowie den Hintergründen und der Spielwelt befassen.

Das hat zur Folge, das Trails of Cold Steel ein unglaublich textlastiges Spiel ist. Außerdem braucht die Grundgeschichte sehr lange, bis sie an Fahrt aufnimmt und man erkennt, was sich nach und nach in der Spielwelt abzeichnet. Dazu sei aber besagt, dass es sich bei Trails of Cold Steel um das Eröffnungsspiel einer Trilogie handelt. Der zweite Teil befindet sich bereits bei XSEED in der Lokalisation, Teil 3 wurde erst kürzlich für den japanischen Markt angekündigt.

 

Ein klassisches JRPG durch und durch


Trails 3

Das durchdachte Kampfsystem ist eine der Stärken von Trails of Cold Steel.

Obwohl man innerhalb der Heimatstadt Trista einiges machen kann, so öffnet sich das Spiel erst mit den allmonatlich stattfindenden Exkursionen, die uns außerhalb der Schulmauern auf Abenteuer schicken. Doch auch hier hat die räumliche Freiheit ihre Grenzen, sodass selbst die größeren Areale von Erebonia eng abgesteckt und zuweilen schlauchig wirken. Sonderlich dramatisch ist das aber nicht, denn die Entwickler wissen die technischen Limits ihrer Spielengine mit sehr abwechslungsreichen und interessanten Settings aufzuwerten.

Während der Schulausflüge bekommt man diverse Aufgaben gestellt, die sich genretypisch in optionalen Neben- und für den Fortschritt der Story erforderlichen Hauptquests unterteilen. Das Missionsdesign ist erfreulich variabel und selbst die Nebenaufgaben sind mit interessanten kleinen Geschichten verbunden, die den Spieler tiefer in die Welt eintauchen lassen.

Ein Kernelement von Trails of Cold Steel sind natürlich die rundenbasierten Kämpfe. Während sich Rean und seine Kameraden an die Erfüllung ihrer Aufgaben machen, stellen sich ihnen allerhand Monster und zum Teil auch menschliche Gegner in den Weg. Das Kampfsystem wirkt zunächst simpel: es gibt normale Attacken, Magie und quasi Magie (hier Crafts bzw. in ihrer stärkeren Variante S-Crafts genannt), man kann Items einsetzen, aus dem Kampf fliehen und sich innerhalb eines gewissen Radius auf dem Kampfgebiet bewegen und beispielsweise Gegner von der Seite attackieren. Mit steigender Spielzeit wird das Kampfsystem aber stetig komplexer und immer neue Fähigkeiten, Elemente, Statuswerte und Möglichkeiten einen Kampf zu führen werden eingeführt. Trotz der schieren Masse an Optionen wirkt das Kampfsystem aber zu keinem Zeitpunkt überladen, zumal die einzelnen Elemente in bündigen Tutorials gut erklärt werden. Durch die immer neuen Möglichkeiten bleibt das Kampfsystem auch über lange Zeit sehr motivierend.

Ebenfalls angenehm: in den Dungeons kann man die Gegner bereits vor dem Kampfbeginn sehen und sie theoretisch umgehen. Eine ebenso sinnige und Frust vermeidende Mechanik ist die Möglichkeit, dass im Falle eines fehlgeschlagenen Kampfes die Stärke der Gegner reduziert werden kann. Zwar ist der Schwierigkeitsgrad überschaubar und gerade mit steigenden Levelwerten und immer neuen Fähigkeiten werden selbst Bosskämpfe im letzten Drittel schon fast zu einfach. Doch für Einsteiger ist diese Funktion trotzdem empfehlenswert, da man nie übermäßig lange an einen knackigen Gegner hadern muss. Wer darauf keinen Wert legt, der kann den Kampf natürlich auch ohne angepasste Werte wiederholen oder den letzten Speicherpunkt laden und noch ein wenig leveln. Speichern lässt sich übrigens frei und an jeder Stelle im Spiel.

 

Das Erste seiner Art


Trails 4

Optisch zwar nicht auf der Höhe der Zeit. Dafür überzeugt Trails of Cold Steel mit einem stimmigen Artdesign.

Während alle Vorgänger noch reine 2D-Spiele waren, hat Nihon Falcom mit Trails of Cold Steel diese Pfade verlassen und erstmals ein komplettes 3D-Spiel produziert. Dem späten Schritt in die Dreidimensionalität sieht man an allen Ecken und Kanten noch die Unerfahrenheit an. Die Spielengine kann sich in keinster Weise mit anderen modernen Rollenspielen messen und wirkt selbst für PlayStation 3 bzw. PS Vita Verhältnisse veraltet. Die Animationen wirken hölzern, Dungeons und anderen Arealen fehlt es an umfangreichen Details, Zwischensequenzen werden als einfache Dialogboxen bzw. simpel animiert gezeigt und machen einen altbackenen Eindruck. Hinzu kommt, das immer wieder Ruckler ins Auge fallen und andere technische Fehler, wie Kantenflimmern und späte Pop ups von Objekten, auftreten. Gedämpft wird der Gesamteindruck von den technischen Mängeln aber nicht. Denn trotz der überschaubaren Möglichkeiten holen die Entwickler einiges aus dem Spiel heraus und können vor allem mit einem stimmigen Art Design glänzen.

Als Ausgleich für die nicht zeitgemäße Optik kann das Spiel außerdem in akustischer Hinsicht überzeugen. Vor allem die Musik von Trails of Cold Steel ist richtig gelungen und bietet mitunter phänomenale Stücke, die hinsichtlich ihrer Kompositionen ein breites Repertoire abdecken. Von ebenfalls sehr hoher Qualität zeugt die Sprachausgabe. Gleich vorweg: die japanische Sprachspur ist in den westlichen Fassungen nicht vorhanden. Die englischen Sprecher erweisen sich aber als sehr guter Ersatz und sind durch die Bank hindurch gut besetzt. Überhaupt ist die von XSEED bewerkstelligte Lokalisation sehr gelungen und schafft es den Charme des Spieles gut rüberzubringen. Aufgrund der schieren Menge an Dialogen ist aber gerade einmal ein Bruchteil vertont. Das ist auch nicht weiter schlimm. Merkwürdig ist allerdings, das in manchen Dialogen mit Sprachausgabe nicht immer alle Charaktere vertont wurden, obwohl sie in anderen Szenen einen Sprecher besitzen.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
83
83
Gut
83
Multiplayer

FAZIT

Trotz der vielen Vorschusslorbeeren bin ich von Trails of Cold Steel positiv überrascht worden. Gerade dass das Spiel in vielen Belangen ein klassisches JRPG durch und durch ist und sich angenehm wenig um aktuelle Entwicklungen des Genres schert imponiert mir als alteingesessenen Liebhaber von japanischen Rollenspielen. Gleichzeitig hat Entwickler Nihon Falcom aber an den richtigen Stellen Mechaniken eingebaut, die Trails of Cold Steel nicht altbacken wirken lassen und unnötigen Frust und ausschweifendes Grinding unterbinden. Neben dem sehr motivierenden Kampfsystem ist es vor allem die Handlung, die mich für 70+ Stunden am Controller gehalten hat. Schon jetzt kann ich es kaum erwarten, wie es mit Figuren und Handlung in den beiden Nachfolgern weitergehen wird.

- Von  Adrian

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