The Excavation of Hob’s Barrow REVIEW
Mit dem am 28. September 2022 veröffentlichten Point & Click-Adventure The Excavation of Hob’s Barrow liefern die UK-Indie Entwickler von Cloak and Dagger Games bereits ihr siebtes Spiel ab. Und dennoch ist es in gewisser Hinsicht eine Premiere für die Indies, denn erstmals konnten sie die Aufmerksamkeit eines Publishers erlangen. Die Rede ist von Wadjet Eye Games, einem US-Entwickler und Publisher, welcher in der Szene der Point & Click-Adventures einen extrem guten Ruf intus hat. So steuerte Wadjet Eye z.B. eine umfassende Sprachausgabe bei, von der Hob’s Barrow auch deutlich profitiert. Und natürlich gewann das Spiel durch die Beteiligung von Wadjet Eye ordentlich Aufmerksamkeit, von der Cloak and Dagger Games zuvor nur träumen konnte. Jedoch bringt so ein Publisher auch Nachteile mit sich. So wurde den Entwicklern nahegelegt den Spieltitel zu ändern. Ursprünglich sollte das Game nämlich „Incantamentum“ heißen. Inwiefern „The Excavation of Hob’s Barrow“ jetzt besser klingen soll, ist mir jedoch ein Rätsel. Aber egal. Schauen wir uns doch einfach mal an, was dieses klassische Adventure so alles zu bieten hat.
Die Sturheit eines Papakinds

Wir befinden uns in England des viktorianischen Zeitalters. Thomasina Bateman ist Tochter aus gutem Hause und mit Begeisterung in die Fußstapfen ihres geliebten Vaters getreten. Dieser hat in Hügelgräbern nach Tongefäßen, Pfeilspitzen und ähnlichen Antiquitäten gebuddelt. Dummerweise hatte er einen schweren Unfall, als Thomasina noch ein Kind war, und befindet sich seitdem in einer Art Wachkoma. Jedenfalls möchte unsere Protagonistin ein Buch über ihre zahlreichen Ausgrabungen verfassen, und hält immer begierig Ausschau nach weiteren lohnenswerten Grabhügeln in England.
Durch den Brief eines gewissen Leonard Shoulder wird sie auf den namengebenden „Hob’s Barrow“ aufmerksam. Dieser befindet sich im abgelegenen Dörfchen Bewlay und soll durch seine rechteckige Form auffallen. Mr. Shoulder lädt Ms. Bateman nach Bewlay ein, um die Ausgrabung für den Hob’s Barrow durchzuführen. Natürlich lässt sich unsere angehende Autorin nicht zweimal bitten und macht sich umgehend auf nach Bewlay. Vor Ort erfolgt jedoch recht schnell die Ernüchterung. Die Einheimischen geben sich abweisend, verneinen die Existenz des Hob’s Barrow und empfehlen Thomasina möglichst gestern wieder abzureisen. Obendrein entpuppt sich Mr. Shoulder als schwer fassbares Individuum. Doch so leicht lässt sich Ms. Bateman nicht vergraulen. Sie wird wohl erst Ruhe geben, wenn sie das Geheimnis von Hob’s Barrow geknackt hat. Ob ihre Hartnäckigkeit belohnt wird?
Die Handlung von The Excavation of Hob’s Barrow lässt sich alle Zeit der Welt um in die Gänge zu kommen. Bevor ich den Namen-gebenden Grabhügel in der Spielwelt ausfindig machen konnte, waren schon 3,5 Spielstunden ins Land gegangen. Mindestens genauso lange dauert es, bevor man endlich Zugang zu dem blöden Grabhügel erhält. Bis dahin gibt es zahlreiche Warnsignale und gruselige Ereignisse, die darauf hindeuten, dass irgendetwas Faul an der Sache ist, und man dem Hob’s Barrow vielleicht lieber fern bleiben sollte. Doch Thomasina hat die Sturheit eines Esels, was bedeutet, dass der Spieler, trotz einiger Augenwischerei-Antwortoptionen, keinen Einfluss auf die Handlung hat und es nur ein einziges vorgegebenes Ende gibt.
Ich selbst fand das Ende angesichts der Sturheit der Protagonistin passend und befriedigend. Andere Spieler sehen das jedoch anders und betrachten das Ende als größten Schwachpunkt am Spiel.
Auf jeden Fall hat der Namen-gebende Grabhügel eine gute Horror-Atmosphäre zu bieten. Es dauert nur eine ganze Weile, ehe man ihn endlich betreten darf. Das Spiel bietet also nicht das beste Pacing beim Storytelling, was aber kein KO-Kriterium sein muss. Die Tatsache, dass die Protagonisten die ca. drei Dutzend Warnsignale kategorisch ignoriert, birgt jedoch immenses Frustpotential.
Alle komplexeren Puzzle bitte hinten anstellen

The Excavation of Hob’s Barrow ist ein generisches Point & Click-Adventure. Man dirigiert Thomasina via Mauscursor durch Bewlay, nutzt die Maustasten um mit Hotspots zu interagieren (linke Maustaste) oder diese zu betrachten (rechte Maustaste), redet mit NPCs und sammelt Gegenstände ein, welche in einer Inventarleiste gehortet werden, die am oberen Bildschirmrand aufpoppt. Gesammelte Gegenstände können gegebenenfalls untereinander kombiniert werden und müssen verwendet werden, um diverse Aufgabenstellungen und Probleme zu lösen.
Hilfen und Komfort werden in Form der altbekannten Features geboten. Es gibt eine Hotspotanzeige, den Doppelklick zur Schnellreise durch Ein- und Ausgänge, eine To-Do-Liste und sogar eine tabellarische Auflistung aller wichtigen Orte von Bewlay, welche als Schnellreise-Funktion fungiert. Bedenkt man, dass vergangene Spiele der Entwickler derartige Features oft haben vermissen lassen, ist es schön zu sehen, dass die Entwickler diesbezüglich endlich in der Gegenwart angekommen sind (vielleicht hat Wadjet Eye nachgeholfen).
Herausstechende Besonderheiten bietet das Gameplay leider nicht. Man bekommt häufig die Auswahl von verschiedenen Antwortoptionen, jedoch haben diese keinen echten Einfluss auf den Handlungs- oder Spielverlauf. Vielleicht gibt es mal einen kurzen Kommentar eines NPCs, oder ein Extra-Achievements, aber eben nichts, was Hand und Fuß hat.
Wirklich negativ ist jedoch die merkwürdige Verteilung der Rätselaufgaben. Die ersten drei Viertel von Hob’s Barrow sind auffällig dünn an Inventarrätseln, aber dafür recht Dialoglastig. Im letzten Viertel macht das Spiel jedoch eine Kehrtwende und konzentriert sich plötzlich stark aufs Gameplay. Hier wird man dann auch mit mehreren Apparaturrätseln und Code-Puzzles konfrontiert, die man zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr erwartet hätte. Der Großteil der Rätsel wurde also ins letzte Spielviertel verfrachtet, weswegen das Gameplay von Hob’s Barrow sehr inkonsistent wirkt.
Dies ist nun kein Drama, welches einem das Spiel zerstört, aber etwas mehr Ausgewogenheit wäre mir da definitiv lieber gewesen. In den ersten drei Vierteln habe ich mich anhand der schlappen Rätselkost teilweise gelangweilt. Im letzten Viertel, wo die Handlung voll aufdreht, wurde ebendiese jedoch durch die ganzen Rätsel-Apparate ausgebremst. Wirklich gutes Gamedesign sieht anders aus.
Der Schwierigkeitsgrad von The Excavation of Hob’s Barrow ist übrigens relativ niedrig gehalten. Ein durchschnittlicher Adventure-Spieler sollte das Game mühelos ohne externe Hilfen knacken können. Die Spieldauer betrug bei mir und meiner langsamen, gründlichen Spielweise etwa 9 Stunden.
Grafik und Sound

In grafischer Hinsicht orientiert sich The Excavation of Hob’s Barrow an alten Retro-Adventures wie z.B. Monkey Island 1 und 2 oder Beneath a Steel Sky. Fans der alten Klassiker wird dieser Grafikstil natürlich gefallen. Bewlay samt Einwohner wurden liebevoll gepixelt und es wird eine gute Atmosphäre einer ländlichen Region mit gruseligen Untertönen aufgebaut. Ehrensache, dass die Entwickler wieder ihre ikonischen Zwischensequenzen eingebaut haben, deren etwas kruder Artstil zur surrealen Gruselatmosphäre der Handlung beiträgt.
Der große Schwachpunkt in The Excavation of Hob’s Barrow ist jedoch die auf Dauer eintönige Ortschaft. Ca. 85 % des Spiels finden nun einmal in Bewlay statt, und auf Dauer hängt einem die ländliche Region eben zum Hals raus.
Am Soundtrack gibt es hingegen nichts auszusetzen. Die Stücke sind charmant und unterstützen die jeweils angepeilte Atmosphäre hervorragend. Noch besser ist die tolle englische Sprachausgabe. Da hat Wadjet Eye wirklich ganze Arbeit geleistet talentierte und motivierte Synchronsprecher zu engagieren. Leider haben die Verantwortlichen kein Interesse daran gezeigt das Spiel in andere Sprachen zu übersetzen. Hob’s Barrow bietet ausschließlich englische Texte an.
Pro & Kontra
- hervorragende englische Sprachausgabe
- gewohnt routiniertes und leicht zu handhabendes Point & Click-Gameplay
- die Entwickler bieten endlich gängige Komfort- und Hilfefunktionen
- der Spielabschnitt im Namen-gebende Grabhügel bietet eine gute Horror-Atmosphäre
- schlechtes Pacing sowohl bei der Handlung als auch dem Gameplay
- Die Antwortoptionen in Dialogen sind nur Augenwischerei und haben keinen Einfluss auf die Story
- kontroverses Ending (ich persönlich fand das Ende gut, aber viele hassen es)
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