The Book of Unwritten Tales – Die Vieh Chroniken REVIEW

Am 06.10.2011, also gut zweieinhalb Jahre nachdem der Point & Click Adventure-Überraschungshit „The Book of Unwritten Tales“, veröffentlicht wurde, hat das Bremer Entwicklerstudio King Art ein Prequel mit dem Untertitel „Die Vieh Chroniken“ nachgeschoben. Ursprünglich als Add-on geplant, wuchs der Umfang während der Entwicklung dann doch auf ein vollwertiges Spiel heran. Die Vieh Chroniken fokussiert sich auf zwei Charaktere, deren Hintergrundgeschichte im vorherigen Spiel etwas vernachlässigt wurde. Die Rede ist natürlich vom schurkischen Luftschiffskapitän Nathaniel „Nate“ Bonnet und dem seltsamen, rosafarbenen Vieh. Ob das Abenteuer der Beiden die großen Fußstapfen des Vorgängers ausfüllen kann oder nicht, wollen wir im folgendem Review herausfinden.

 

Vorsicht! Schwebender Eisberg voraus!

Gewonnen und doch irgendwie verloren: Der glücklose Herumtreiber, Dieb und Schurke Nathaniel „Nate“ Bonnet hat beim gezinkten Kartenspiel das schicke, kleine Luftschiff „Mary“ gewonnen. Dummerweise war sein Gegenspieler beim Kartenspiel der „Rote Pirat“, ein gefürchteter Piratenkönig, dem man besser nicht beim Bescheißen vorführt. Um den angekratzten Stolz des Piraten wiederherzustellen und die Mary zurückzuerlangen, wird die orkische Kopfgeldjägerin Ma’Zaz auf Nate angesetzt. Hoch oben über den Wolken der schwebenden Eisinseln in den Nordlanden kommt es zur Konfrontation zwischen Nate und Ma’Zaz. Dies ist der Beginn einer intensiven Feindschaft, die obendrein den Absturz der Mary als Konsequenz hat – immer diese blöden Eisberge!

Doch Nates Luftschiff ist nicht das einzige Flugobjekt, welches auf der namenlosen Eisinsel abgeschmiert ist. Auch das Raumschiff einer merkwürdigen Alienspezies, die wie seltsame rosafarbene Viecher aussehen, musste dort vor zwei Jahren notlanden. Die Viecher fristen seitdem ein unzufriedenes Dasein weit weg von ihrem Heimatplaneten. Die Reparatur des Schiffes kommt nicht voran, weil der fiese Hexer Munkus, Sohn der Erzhexe, den Herzkristall, die Energiequelle des Raumschiffs gestohlen hat und als Druckmittel gegen die Viecher verwendet. Die Lage wird ernst, als der Anführer der Viecher von Munkus verletzt wird und ärztliche Hilfe benötigt, die es nur auf seinem Heimatplaneten gibt. Ausgerechnet das tollpatschigste Vieh beschließt auf Bitte seiner Liebsten Layla, der Tochter des Vieh-Anführers, Hilfe zu finden. Diese Hilfe soll der Bruchpilot Nate zur Verfügung stellen, dummerweise soll dieser gerade als Hauptspeise für einen hungrigen Yeti herhalten. Freilich wird unser rosafarbenes Alien dies nicht zulassen. Und das wiederum, ist der Beginn einer echten Freundschaft – vorausgesetzt der schurkische Nate schafft es seine Gier unter Kontrolle zu halten und den Helden in sich zu entdecken.

In „Die Vieh Chroniken“ geht es freilich in erster Linie darum über das Zusammentreffen und die Freundschaft zwischen Nate und dem Vieh aufzuklären, sowie etwas mehr über deren Vergangenheit und Herkunft zu erzählen. Da Nate und vor allem das Vieh im vorherigen Spiel doch etwas kurz kamen durchaus eine sinnvolle Ausgangsbasis.
Darüber hinaus wirkt die Handlung dieses mal etwas „greifbarer“ und somit involvierender. Man lernt diejenigen, die man retten soll endlich mal kennen und auch der Oberschurke ist nun wesentlich präsenter. Die Handlung geht einem also nicht mehr am Popo vorbei, wie im ersten Spiel. Leider gibt es dafür aber auch nicht mehr so viele prägnante Charaktere wie gewohnt. Abgesehen von Nate, einer handvoll Viecher sowie den altbekannten Serienschurken Ma’Zaz und Munkus, trifft man hier noch auf einen durchgeknallten Yeti-Forscher und eine ebenso durchgeknallte Tierschutzaktivistin. Wenn ich da an die ganzen tollen, abwechslungsreichen und witzigen Charaktere aus dem Vorgänger denke, kann Die Vieh Chroniken in dieser Hinsicht absolut nicht mithalten. Auch der Humor ist nicht mehr ganz so stark ausgeprägt wie gewohnt, auch wenn er sicherlich immer noch eine treibende Kraft im Spiel darstellt. Statt Fantasy-Franchises und -Klischees zu veralbern (was zu einem gewissen Grad immer noch geschieht), schwenkt man auf der frostigen Eisinsel lieber auf Star Wars-Parodien über und verarscht Pinguine, Reinhold Messner und Tierschutzorganisationen wie PETA. Ob das besser oder schlechter ist, als das was der Vorgänger bot, muss jeder für sich selbst entscheiden. Mich persönlich konnte das vorherige Spiel jedenfalls öfter zum lachen bringen, aber auch Die Vieh Chroniken leistet gute Arbeit.
Wirklich ärgerlich ist hingegen, dass es keinen fließenden Übergang zwischen dem Ende von Die Vieh Chroniken und dem ersten Auftauchen von Nate und dem Vieh im Hauptspiel gibt. Das hätte man nun wirklich erwarten dürfen.

 

Trial & Error en masse – leider

Auch beim Prequel handelt es sich um ein klassisches Point & Click-Adventure. Und da ich natürlich davon ausgehe, dass ihr schön brav meinen Test zu The Book of Unwritten Tales gelesen habt, beschränke ich mich auf die Änderungen und Neuerungen im Vergleich zum letzten Spiel der Serie. 😉

Erste „Neuerung“ fällt schon auf bevor man das Spiel überhaupt beginnt, denn „dank“ Securom muss man die DVD im Computer drinnen lassen, wenn man das Spiel starten will. Ist man im eigentlichen Spiel drinnen, stellt man fest, dass man nun aus zwei Schwierigkeitsgraden wählen kann. Die da wären „Normal“ und „Schwer“. Ersterer soll sich an den Schwierigkeitsgrad des ersten Teils orientieren und Letzterer bietet komplexere Rätsel und eine deaktivierte Hotspotfunktion. Die Hotspotfunktion kann man aber ohnehin separat aktivieren oder deaktivieren. Wenn ihr also auf Schwer spielen möchtet, jedoch die Hotspotanzeige gebrauchen wollt, dann stellt das kein Problem dar. Wirklich viel ändert sich zwischen den Schwierigkeitsgraden aber nicht. Auf Normal fallen halt einige Zwischenschritte bei den Inventarrätseln weg. Als Beispiel nehmen wir das Schwarzpulver im ersten Kapitel. Auf Normal bekommt man dieses direkt aus dem Pulverfass. Auf Schwer bekommt man aus dem Pulverfass jedoch nur einen Bestandteil des Schwarzpulvers. Folglich muss man also noch eine weitere Zutat auftreiben und diese dann mit der Anderen Kombinieren. Interessanter finde ich da eher die Option, dass man bei einem neuen Spiel jederzeit in eines der fünf Kapitel Quereinsteigen darf, sofern man dieses bereits freigespielt hat.

Der Großteil des Spiels besteht abermals aus Inventar- und Hotspoträtseln. Dieses mal gibt es aber auch einige vernünftige, sprich anspruchsvolle Apparatur-Rätsel (vier Stück insgesamt). So gilt es z.B. mit einem Dietrich ein Schloss zu knacken oder ein Gemälde möglichst akkurat auszumalen. Auf Minigames hat man dieses mal jedoch verzichtet. Leider sind die Entwickler von logisch nachvollziehbaren und dementsprechend angenehm zu lösenden Inventarrätseln auf lästig-absurde Trial & Error-Orgien á la Geheimakte: Tunguska umgeschwenkt. So muss man unter anderem Konfetti und Wolle als Munition für eine Kanone verwenden, eine Wollsocke an einen Kamin hängen, um den Weihnachtsmann anzulocken oder ein Purpur-Tentakel-Kostüm für das Vieh zusammenstellen. Klingt zwar witzig, sorgt aber für ein unangenehm hohes Maß an fruchtlosem Herumprobieren, weil das alles halt wenig Sinn ergibt und man auch keine vernünftigen Anhaltspunkte für die Lösung erhält. An und für sich wäre das ja auch nicht soo tragisch, schließlich hatte ich ja auch mit Spielen wie Geheimakte meinen Spaß. Die Sache ist aber die, dass der Vorgänger nun einmal einen gewissen hohen Standard gesetzt hat, den eine Fortsetzung oder eben ein Prequel halten sollte. Und ja, auch auf normaler Schwierigkeitsstufe besteht das Problem der Unlogik.
Wer die entsprechende Geduld mitbringt, kann aber auch Die Vieh Chroniken ohne Lösung knacken. Ich persönlich habe auf Schwer und mit Hotspotanzeige gespielt, und musste bloß bei zwei der Apparaturrätsel nachgucken. Meine Spieldauer betrug rund 8 Stunden. Das ist mehr als ich erwartet hatte, schließlich entstand das Ding ja aus einem geplanten Add-on heraus.

Abgesehen davon blieb alles beim Alten, wobei man bei einem Point & Click-Adventure aber ohnehin nicht viel anders machen kann. Und hey, immerhin hat man versucht eine Rennfunktion einzubauen, auch wenn diese nur dann zu funktionieren scheint, wenn die Laufroute lang genug ausfällt – warum auch immer.

 

Grafik und Sound


Audiovisuell bewegt sich Die Vieh Chroniken auf dem selben Niveau wie sein Vorgänger. Schicke Renderbilder, überdurchschnittlich modellierte und animierte 3D-Charaktermodelle. Ein schöner Soundtrack von Benny Oschmann (ein gesunder Mix aus alten und neuen Tracks) und professionelle Synchronsprecher aus der Film- und TV-Branche. Ehrensache, dass die altbekannten Charaktere von denselben Sprechern vertont werden, die schon im letzten Spiel dabei waren.

Einen Haken gibt es dann aber doch. Der Großteil des Spielinhalts beschränkt sich auf das Szenario der Eis- und Schneeinsel und diese wird mit der Zeit eben verdammt eintönig. Es wäre jedenfalls nicht verkehrt gewesen, wenn man ein paar mehr Schauplätze zur Verfügung gestellt hätte. Aber bei drei von fünf Kapiteln immer dieselben Screens abzuklappern, war wirklich nicht so pralle.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
75
75
Okay
-
Multiplayer

FAZIT

Aus „Die Vieh Chroniken“ ist zwar sicherlich kein schlechtes Spiel geworden, aber dennoch hat es mich persönlich schon ziemlich enttäuscht. Größter Schwachpunkt ist freilich der unangenehm starke Fokus auf nervige Trial & Error-Inventarrätsel. Dabei waren gerade die logischen Inventarrätsel des Vorläufers eine der größten (und scheinbar verkannten) Stärken. Vor allem solch ein humoristisches Parodie-Spiel wie The Book of Unwritten Tales sollte es vermeiden den Spieler zu frustrieren. Sie sollen Spaß machen und den Spieler zum lachen bringen. Diese beiden Voraussetzungen erfüllt zwar auch dieses Prequel, doch eben bei weitem nicht mehr so gekonnt wie vom Vorläufer gewohnt. Wer auf absurde Rätselkonstruktionen steht, wird dies freilich anders sehen, doch ich hoffe inständig, dass King Art mit The Book of Unwritten Tales 2 wieder auf Logik setzt und obendrein wieder mehr in den Fantasy-Bereich zurückrudert. Die Vieh Chroniken sollten sich Fans dennoch geben, denn einerseits möchte man ja mehr über Charaktere und Spielwelt erfahren und andererseits weiß man danach den ersten Teil der Serie umso mehr zu würdigen.

- Von  Volker

MS Windows

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USK 12 PEGI 1

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