Mortal Kombat XL REVIEW
Zerberstende Knochen, ausgerissene Extremitäten und reichlich Blutfontänen – wenn es um digitale Gewaltorgien geht, dann stand Mortal Kombat schon immer in vorderster Reihe. Und auch der aktuell zehnte Serienteil der berühmt berüchtigten Prügelreihe von Schöpfer Ed Boon ist da keine Ausnahme, weshalb von vornherein nicht damit zu rechnen war, dass es der Titel durch die hiesigen Prüfstellen schafft. Umso überraschter waren deutsche Spieler als Mortal Kombat X einige Zeit nach seinem Release im europäischen Ausland und den USA von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien durchgewunken wurde und damit der erste Teil überhaupt ist, dem eine Indizierung in Deutschland erspart geblieben ist. Wer die Prügelorgie im vergangenen Jahr verpasst hat, der bekommt spätestens mit der frisch erschienenen XL Variante die Chance, eines der bisher besten Beat ´em Ups der aktuellen Generation nachzuholen.
Prügler mit Story? Das geht!
Das Prügelgenre ist wahrhaftig nicht für gute, nachvollziehbare oder spannende Geschichten bekannt. Insofern hat Mortal Kombat XL recht leichtes Spiel gehabt, dem Ganzen zumindest etwas mehr Gehalt zu geben, als es bei der Konkurrenz der Fall ist. Dass es den Storyschreibern aber tatsächlich gelungen ist eine kurzweilige Rahmenhandlung auf B-Movie Niveau zu kreieren überrascht. Dabei bedient die Handlung sowohl Neulinge als auch Veteranen der Reihe. Während Einsteiger gut mit den neuen und alten Figuren vertraut gemacht werden, erhalten Kenner immer wieder Insider-Infos und Zitate, die auf alte Ausgaben von Mortal Kombat verweisen.
Im Vergleich zur ursprünglichen Fassung vom letzten Jahr hat sich beim Story-Modus in der XL Variante übrigens nichts getan. Die Handlung ist identisch und nach rund 5 bis 6 Stunden abgeschlossen. Hat man die Story hinter sich gelassen, so warten für Solisten aber noch weitere Modi, die über Wochen, gar Monate, hinweg motivieren können.
Türme der Herausforderungen
Was man in anderen Prügelspielen gemeinhin als Arcade-Modi kennt, nennt sich in Mortal Kombat XL Türme. Diese sind in verschiedene Variationen unterteilt. Im klassischen Turm kämpft man gegen zehn Gegner, im Survivor Turm wird die Gesundheit erst nach einem erfolgreich bestandenen Kampf wieder aufgefüllt während man im Endlos Turm gar so lange durchhalten muss, bis man gestorben ist. In Teste dein Glück werden zufällig ausgewählte Modifikatoren aktiviert, welche beispielsweise die Zeit verlangsamen oder den Level auf den Kopf stellen. In Teste deine Kraft muss man hingegen auf die Knöpfe des Controllers hämmern und zum richtigen Zeitpunkt die Schultertasten drücken, um verschiedene Gegenstände zu zerstören.
Zusätzlich zu den traditionellen Türmen gibt es noch die Lebende Türme, für welche es stündliche und tägliche Herausforderungen gibt, die es ziemlich in sich haben. Dafür winken als Belohnung aber extra viele Koins. Diese Ingame-Währung erhält man prinzipiell für jeden abgeschlossenen Kampf, ganz gleich, in welchen Modus man aktuell sein Können testet. Für das Erledigen spezieller Herausforderungen winken zusätzliche Koins. Mit diesen kann man in der Krypta nicht nur Artworks und Musikstücke, sondern auch neue Kostüme und die begehrten Fatality´s und Brutality´s freischalten.
Durchdachtes Kampfsystem
Wo wir schon bei den Fatality´s und Brutality´s sind: ja, auch mit dem zehnten Serienteil bleibt man der Linie der Serie treu und zaubert jede Menge virtuelle Gewalt und Splatter auf den Bildschirm. Aufgrund der technischen Möglichkeiten dürfte Mortal Kombat XL ohne Zweifel gar der bisher brutalste Teil in der über 20-jährigen Geschichte sein. Trotzdem sollte man nicht den Fehler begehen und das Spiel auf seine explizite Visualisierung von Gewalt reduzieren.
Denn in Mortal Kombat XL steckt sehr viel mehr. Vor allem auch ein zu Ende gedachtes und makellos umgesetztes Kampfsystem. Zwar herrscht noch immer style over substance, weshalb man im Vergleich zu der Konkurrenz aus Japan hier selbst als Anfänger recht einfach mächtige Attacken und Kombos vom Stapel lassen kann, trotzdem gibt es viele kleine Nuancen, die sich dem Spieler erst nach und nach eröffnen. Das hat den Vorteil, das man recht einfach in das Spiel hinein kommt und eine angenehme Lernkurve erlebt. Wer das Kampfsystem meistern will, der benötigt viel Zeit. Denn nicht nur ist das Roster durch die in der XL-Fassung enthaltenen Zusatzcharaktere (wie etwa den Horrorikonen Jason Voorhees und Leatherface, dem Xenomorph aus Alien oder auch Rückkehrer Tremor) auf nun 33 Recken angewachsen. Auch bringt jede Figur drei unterschiedliche Stile mit, die sich zwischen Offensive und Defensive, aber auch den verfügbaren Aktionen unterscheiden und zwischen denen man vor Kampfbeginn wählen muss.
Durch die vielen Möglichkeiten bekommt das Kampfsystem eine angenehme Tiefe, die viele dem Spiel wohl so nicht zugetraut hätten. Die Entwickler von NetherRealm Studios haben wirklich ganze arbeitet geleistet und ein sehr präzises und punktgenau funktionierendes System geschaffen, welches meiner Meinung nach zu den stimmigsten in aktuellen Beat ´em Ups gehört. Hinzu kommt, dass Mortal Kombat XL sehr schick aussieht. Die Gesichtsanimationen sind zwar etwas hölzern, dafür stimmt der gesamte Rest. Und die butterweichen 60 Frames werden durchgehend gehalten, was dem hohen Spieltempo umso besser steht.
Wird es dem XL gerecht?
Mortal Kombat XL ist die definitive Edition des Spieles und macht seinem Namen daher alle Ehre. Wer zuvor gewartet hat, bis alle Erweiterungen veröffentlicht wurden, der kann nun also zugreifen. Die vorliegende Edition vereint alle DLC-Charaktere, die zusätzlichen Arenen und Kostüme. Und der enorme Umfang ist wirklich herausragend! Allerdings zählt hier eben nicht nur Masse, sondern auch Klasse. Das merkt man vor allem den zusätzlichen Charakteren an. Denn selbst die Franchise fernen Kämpfer, wie Jason Voorhees und Co., fügen sich sehr stimmig in das von Ed Boon geschaffene Universum ein.
Lobenswert ist auch, wie gut die zusätzlichen Figuren gebalanced sind. Aber das kann man eigentlich für das gesamte Roster sagen, auch wenn gerade im kompetitiven Online-Spiel gewisse Figuren, wie Sub Zero und Kung Lao, die großen Favoriten sind. Apropos Online-Gaming: der zum Start von Mortal Kombat X etwas schwächelnde Netzcode, läuft mittlerweile sehr gut. Zwar dauert das Matchmaking für meine Begriffe einen Tick zu lange. Dafür habe ich kaum Lag-Probleme erfahren. Nur sollten sich Neueinsteiger darauf einstellen, dass sie wohl ziemlich auf die Mütze bekommen werden, wenn sie gegen andere Spieler antreten.
Neben dem klassischen Online-Multiplayer, spielt auch der sogenannte Fraktionsmodus eine recht wichtige Rolle. Zum Start des Spieles muss man sich nämlich für eine der fünf verfügbaren Gruppierungen entscheiden. Für diese sammelt man beim Spielen (auch in den Einzelspieler-Modi) Punkte und kann weitere Belohnungen freischalten. Und wem der ganze Online-Kram zu fordernd ist, der kann sich nach wie vor zwei, drei Freunde auf die Couch holen und mit diesen gemeinsame im lokalen Mehrspieler-Modus antreten.