Hotel Collectors Edition REVIEW

Nachdem das kroatische Entwicklerstudio Cateia Games bereits 2009 mit „The Legend of Crystal Valley“ erste Erfahrungen im Bereich der Point & Click-Adventure sammeln konnte, wurde bereits am 24. Mai 2010 der nächste Genrevertreter nachgeschoben. Dieser nennt sich schlicht „Hotel“ und bekam etwa einen Monat später etwas Bonusmaterial eingespeist, damit man zu dem Adventure auch noch eine „Collectors Edition“ veröffentlichen konnte. Ob es sich bei dieser Maßnahme nun um Augenwischerei handelt, oder sich nicht doch ein kompetentes Point & Click-Adventure hinter dem unspektakulären Namen verbirgt, soll folgender Test klären.

Geplatzter Urlaub

Nachdem es ihr gelungen ist einen Serienkiller hochzunehmen, bekam die New Yorker Polizistin Bridget „Biggi“ Brightstone zur Belohnung von ihrem Mentor und Vorgesetzten Sam McCloud eine Urlaubsreise in Frankreich spendiert. Dummerweise war der Urlaub nur ein Vorwand, denn Sam möchte, dass Biggi die Hintergründe eines Raubüberfalls untersucht. Im noblen Bellevue Hotel des französischen Hinterlands wurde einer jungen Frau eine protzige Halskette geraubt. Das Opfer, welches unter falschem Namen eingecheckt ist, liegt seitdem im Koma. Der Butler des Hotels hat die Schnauze voll vom inkompetenten französischen Kommissar Jean Matisse und forderte daher Hilfe von seinem alten Freund Sam an. Und hier kommt Biggi ins Spiel. Sie bekommt von ihrem Chef den Auftrag ins Bellevue Hotel zu reisen und den Fall aufzuklären. Jedoch steckt wesentlich mehr hinter dem Raub als ursprünglich gedacht. In dem Hotel spukt es, unsere Ermittlerin hat plötzlich Visionen von Geistern und die Hotelbetreiber haben eine zwielichtige Neigung zu ägyptischen Antiquitäten. Was geht im Hotel wirklich vor sich?

Die Story von Hotel beginnt also als spannender Mystery-Krimi mit einigen übernatürlichen Elementen. Dummerweise driftet das Spiel im letzten Drittel viel zu stark in den übernatürlichen Bereich ab. Es wird schier unmöglich das Spiel ab diesem Zeitpunkt noch ernst zu nehmen. Schlimmer noch scheint selbst die Protagonistin Biggi die Sache nicht vollends ernst zu nehmen, da sie zu den „unerwarteten Begegnungen“ einige Witze und Anspielungen vom Stapel lässt. Da kommt man sich als Spieler schon etwas verarscht vor. Da überrascht es auch nicht weiter, dass die Charaktere nur oberflächlich porträtiert werden (wenn überhaupt) und einem daher fremd bleiben. Cateia Games versuchte zwar diesen Makel in der Collectors Edition durch einige Charakter-Biografien auszugleichen, aber das ist einfach zu wenig, vor allem da man die Biografien nur als Bonusinhalt im entsprechenden Startmenü-Unterpunkt vorfindet.
Ist jedoch alles sehr schade, da man hier durchaus etwas spannendes hätte kreieren können, wenn man nur nicht so verdammt plump an die Sache herangegangen wäre.

Nichts neues im Genre … die versuchen es nicht mal

Hotel setzt die üblichen Genrestandards kompetent aber ohne jegliche Kreativität um. Ihr nutzt den Mauscursor, um den Screen nach Hotspots, Gegenständen, NPCs oder Ein- und Ausgängen abzusuchen und betätigt die linke Maustaste für die Interaktion. Gefundene Gegenstände werden in einer Inventarleiste am unteren Bildrand gesammelt, die man per Druck auf den „Inventar“-Schriftzug aufrufen muss. Einige Gegenstände können genauer betrachtet werden (z.B. Dokumente), oder dürfen untereinander kombiniert werden, um etwa Werkzeuge für Problemlösungen zu improvisieren. Abgesehen von derartigen Inventarrätseln bietet das Spiel auch eine vergleichsweise hohe Anzahl an Puzzles. Diese lassen euch einen zerrissenen Zettel zusammensetzen, einen Tresor knacken, einen Schaltercode aus einem Gedicht entschlüsseln, Apparaturen bedienen usw.

Der Abwechslungsreichtum wird hierdurch erfreulich gut abgedeckt, jedoch mangelt es Hotel an einem Alleinstellungsmerkmal. Andere Point & Click-Adventures versuchen mit kleineren Gimmicks wie etwa einer Semi-Open-World, mehreren, untereinander kooperierenden Spielcharakteren, speziellen Fähigkeiten des Protagonisten (z.B. Psi oder Zaubertricks) und anderen Dingen das nötige Quäntchen Pepp mit einzubringen. Hotel hingegen versucht es gar nicht erst und spult absolute Standardkost ab. Nicht das dies schlimm wäre, aber einen Blumentopf gewinnt man dadurch halt auch nicht.

Wobei sich Hotel aber zumindest für Einsteiger eignet, denn der Schwierigkeitsgrad hält sich stark in Grenzen. Selbst ich als Freund von leichteren Adventures fühlte mich hier unterfordert und auch ein wenig gelangweilt. Einsteiger werden sich aber definitiv über ein behutsames Tutorial, die Hotspotanzeige und die integrierte Komplettlösung freuen (letztere ist ein Vorzug der Collectors Edition).

Weniger erfreulich ist jedoch die lächerlich geringe Spieldauer von 3 Stunden. Gepaart mit dem Standardpreis von 9,75 € hinterlässt das einen sehr bitteren Nachgeschmack. Für das Geld bekommt ihr z.B. einen der drei Black Mirror-Teile oder ein Gray Matter. Alles Spiele die nicht nur eine Spielzeit von ca. 10 Stunden haben, sondern auch noch wesentlich besser sind, als Cateia Games‘ „Hotel.“

Kurios ist, dass Hotel zwar die Doppelklick-Funktion zur Abkürzung von Laufwegen bietet, diese jedoch nicht immer zur Verfügung steht. Aber wenigstens kann man die Laufanimationen mit Druck auf die Leertaste im Zeitraffer beschleunigen, sofern die Doppelklick-Abkürzung mal wieder nicht „freigeschaltet“ ist – warum auch immer.

Grafik und Sound

Grafisch macht Hotel einen relativ soliden Eindruck für Genreverhältnisse. Genutzt wird der 2.5D-Grafikstil mit Renderbildern und 3D-Charaktermodellen. Die 2D-Renderbilder sind gewohnt hübsch anzuschauen und das Spiel bietet auch eine recht umfassende Auswahl an Auflösungsstufen. Das Setting bietet dabei mehr Abwechslung als gedacht, denn neben dem Schlosshotel gibt es noch die Ruinen eines alten Dorfs samt Friedhofskapelle sowie einige surreale Passagen.
Die 3D-Charaktermodelle können da natürlich nicht mithalten. Diese können zwar dank Grafikspielereien wie Shader Quality oder Antialiasing gepimpt werden, sehen aber trotzdem aus wie aus dem Wachsfigurenkabinett und wirken entsprechend befremdlich. Aber mittelprächtige Charaktermodelle sind ja nichts neues im Bereich der 2.5D-Adventures. Apropos Mittelprächtig: In dieselbe Schublade kann man auch die Intro-, Zwischen- und Outro-Rendersequenzen reinpacken.

Der Soundtrack ist ganz okay. Nichts was einem im Gedächtnis verweilen möchte, aber auch nichts was einem zu sehr auf die Nerven geht. Der OST versucht halt eine mysteriöse Stimmung zu erzeugen, was manchmal etwas forciert herüberkommt. Schlecht sind die Stücke aber nicht.
Im Gegensatz zur englischen Version, welche nur die seltenen Renderfilmchen vertont, bietet die deutsche Version sogar eine vollständige deutsche Sprachausgabe. In der deutschen Version werden also auch die Ingame-Textbox-Dialoge synchronisiert. Die deutsche Sprachausgabe bietet obendrein eine solide Qualität.

Als kleine Randnotiz hier noch eine Auflistung des Collectors Edition-Inhalts:

  • Charakter-Biografien (nur für 6 der Charaktere)
  • Komplettlösung
  • Eine handvoll Artwork-Zeichnungen (nur 6 Stück)
  • Wallpapers zum Download direkt auf den Desktop (4 Stück in vier Auflösungs-Varianten)
  • Ein Soundtest mit Bonus Musik (6 Tracks die, soweit ihr mich fragt, nicht im eigentlichen Spiel auftauchen)

Am 04. August 2023 hat Cateia Games auf Steam übrigens noch eine sogenannte „Remastered / Casual“-Version beigefügt. Diese Version versucht das Point & Click-Adventure mehr in Richtung Wimmelbild-Stil zu rücken. Es gibt hier also keine beweglichen 3D-Charaktermodelle mehr, und das Interface wurde entsprechend angepasst. Als Entschädigung bietet diese Version jedoch Achievements, eine Skip-Funktion für die Puzzles und eine neue Hilfe-Funktion mit klaren Richtungsangaben. Widescreen-Support und Cloud-Saves sind weitere Boni. Dennoch muss ich von der „Remastered / Casual“-Version abraten, da Hotel in einer Wimmelbild-Präsentation noch billiger wirkt, als nicht ohnehin schon. Außerdem bietet diese Version keine deutsche Sprachausgabe.

Pro & Kontra

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Pros
  • sehr guter Spielfluss
  • empfiehlt sich für Einsteiger ins Genre (ist sehr leicht, viele Hilfefunktionen)
  • guter Mix aus Inventarrätseln und Puzzles

thumbs-up-icon

Cons
  • schlechtes Preis- Leistungsverhältnis (9,75 € für 3 Stunden Spielzeit)
  • die Handlung driftet im letzten Drittel ins lächerliche ab
  • ist für erfahrene Spieler viel zu leicht und entsprechend langweilig

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Spiel Bewertung
Singleplayer
61
61
-
Multiplayer

FAZIT

Hotel Collectors Edition ist ein durchschnittliches Point & Click-Adventure. Das Gameplay ist solide, bietet aber nichts Neues und versucht noch nicht mal im Ansatz eigene Ideen miteinzubringen. Die Handlung beginnt recht interessant, driftet im letzten Drittel jedoch ins Lächerliche ab. Grafisch wirkt das Spiel ganz gut für ein offensichtliches Low Budget-Game aus Osteuropa, aber einen Blumentopf gewinnt das Spiel mit seinen hässlichen 3D-Charaktermodellen nun auch nicht. Dank des niedrigen Schwierigkeitsgrads, großzügiger Spielhilfen (gibt ne integrierte Komplettlösung) und des grundsoliden Gameplays kann ich Hotel aber zumindest Einsteigern ins Genre empfehlen. Seht aber zu, dass ihr nur im Sale zugreift, da die kurze Spieldauer von 3 Stunden den Kaufpreis von 9,75 € nicht rechtfertigt.

- Von  Volker

Durchschnittliches, überteuertes Point & Click-Adventure.
MS Windows

Hotel Collectors Edition REVIEW

USK 0 PEGI 3

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