Gravel REVIEW
Gelungene Offroad-Rennspiele sind inzwischen so selten geworden wie Spiele ohne Lootboxen – sie sterben nahezu fast aus. Nun hat der italienische Entwickler Milestone mit Gravel wieder einen Kandidaten ins Rennen geschickt, welcher bereits mit beeindruckenden Trailern auf sich aufmerksam machte. Doch wie genau sich das Rennspiel mit dem deutschen Publisher Koch Media so schlägt, erfahrt ihr in unserem rasanten Test zum Spiel.
Müde präsentierte Karriere
Kommen wir direkt zu Beginn unseres Testes zum wohl größten Kritikpunkt an Gravel – dem Karrieremodus, oder eher gesagt dem Modus, der eine Art Karriere darstellen soll. „Off-Road-Masters“ nennt sich der Modus und im Grunde ist es nichts anderes, als eine große Kette zahlreicher Wettbewerbe ohne jeglichen Zusammenhang. Hier hätte man deutlich mehr aus dem Modus machen können, leider hat man das Potenzial an dieser Stelle ein wenig verschenkt. Wünschenswert wäre eventuell die aufsteigende Karriere eines jungen Nachwuchsfahrers gewesen, welcher durch die TV-Produktion rund um Gravel verfolgt wird. Tolle Zwischensequenzen inklusive hätten ein deutlich besseres Bild abgegeben.
Aber wir wollen nicht nur meckern, denn trotz einer fehlenden Geschichte macht die Serie sehr viel Spaß. Die abwechslungsreichen Events sorgen für langanhaltende Unterhaltung und durch den teils knackigen Schwierigkeitsgrad fühlt man sich zu keiner Zeit unterfordert, dazu aber später mehr.
In Gravel schalten wir neue Wettbewerbe durch das Verdienen von Sternen frei. Je besser wir in einem Rennen abschneiden, desto mehr Sterne verdienen wir für unsere Konto. Erreichen wir den ersten Platz, so haben wir drei dieser wertvollen Belohnungen erhalten und können je nach Vorgabe eine neue Rennserie starten. Neben „normalen“ Wettbewerben, treffen wir hin und wieder auch auf namhafte Konkurrenten, welche wir in mehreren Duellen auf verschiedenen Strecken schlagen müssen. Am Ende der Serie wartet dann der große Champ auf uns, den wir besiegen müssen um selbst der neue Champion zu werden.
Offroad-Spaß auf hohem Niveau
Auch wenn der „Karrieremodus“ sicherlich mehr bieten könnte, so können die Rennserien dennoch mit einiger Abwechslung überzeugen. Zahlreiche Spielmodi, angefangen bei einem Rundkurs-Rennen, über eine Sprintstrecke bis hin zu einem Rennen auf einer matschigen Piste in einem Stadion, wird hier eine ordentliche Auswahl geboten. Neben einem eher gewöhnlichen Zeitrennen wartet bei „Smash-Up“ eine eher ungewöhnliche Herausforderung auf euch. Zusätzlich zu einem „normalen“ Zeitrennen erscheinen auf der Strecke Tafeln mit Pfeilen oder einem X. Ihr müsst nun sehr schnell reagieren und durch die Tafeln fahren, die einen grünen Pfeil anzeigen. Trefft ihr das X werdet ihr hingegen stark abgebremst und verliert wertvolle Zeit. Die besten Positionen sind eigentlich nur ohne Fehler zu erreichen, es ist also höchste Konzentration gefordert, dass die Tafeln stellenweise erst sehr spät angezeigt werden. Dennoch ein gelungener Modus wie wir finden.
Das Fahrverhalten der Fahrzeuge in Gravel ist spürbar deutlich auf Arcade ausgelegt. Schnell Drifts durch enge Kurven oder weite Sprünge über die Dünen in der Wüste, hier gibt es nur wenige Grenzen. Wer hier Ansätze einer Simulation erwartet, der dürfte sehr schnell enttäuscht werden. Trotzdem merkt ihr schnell den rutschigen Untergrund bei Matsch und Schnee und auch der Asphalt bei Regen kann zu einer echten Prüfung für den Spieler werden. Und wenn der Bodenbelag während des Rennens von Schotter auf Asphalt wechselt, ist eine deutliche Änderung des Fahrverhaltens spürbar.
Neue Fahrzeuge schaltet ihr über das Abschließen von Renn-Events im Karrieremodus frei. Hierbei sind einige lizenzierte Fahrzeuge verfügbar, welche allerdings nur durch eine handvoll vorgegebener Designs optisch angepasst werden können – ein Leistungs-Tuning fehlt hingegen vollständig. Dennoch darf man sich auf bis zu 45 Fahrzeuge im Basis-Spiel freuen, darunter sind bekannte Marken wie Ford, Porsche oder Subaru vertreten. Weitere Fahrzeuge sollen bis Juni 2018 noch erscheinen, auch ein Season-Pass ist bereits zum Kauf erhältlich.
Die gegnerische KI ist ebenfalls gut gelungen, allerdings fährt sie an manchen Stellen unnötig aggressiv, sodass man nicht selten von hinten von der Strecke gedrängt oder einfach gedreht wird. Und auch das typische Gummiband, welches das Fahrerfeld vor allem auf kurzen Strecken immer wieder dicht zusammenführen soll, ist in Gravel spürbar enthalten. Dadurch soll kein Rennen bereits in den ersten Abschnitten entschieden sein. Ob man diese Technik für gut befinden soll, muss am Ende jeder selbst entscheiden.
Ansprechende Optik
In Sachen Grafik muss sich Gravel keineswegs hinter seinen wenigen Konkurrenten verstecken und kann sich durchaus sehen lassen. Besonders die Waldabschnitte sind gut gelungen und auch bei Regen und Schnee sind wir von der Optik sehr angetan. Einzig das Wasser, das auf unsere Scheibe spritzt nachdem wir durch eine größere Pfütze gefahren sind, wirkt auf uns sehr künstlich und wenig authentisch. Gelegentlich kam es auf der PlayStation 4 während des Testens zu Einbrüchen bei den Frames und in ganz seltenen Fällen waren Textur-Nachlader zu bemerken. Und auch die Zuschauer auf den Tribünen sehen ein wenig zu statisch und unbeweglich aus.
Besonders gut gefallen haben uns die Ton-Sequenzen vor den Rennen, in denen uns der TV-Moderator von Gravel auf das nächste Rennen einstimmt. Selbst nach mehreren Rennen wurde uns die Sprüche nicht langweilig. Der Motoren-Sound der Fahrzeuge ist ebenso gut gelungen und unterscheidet sich deutlich bei den jeweiligen Fahrzeug-Klassen.