Dead Island 2 REVIEW
Nach einer langen und mitunter chaotischen Entwicklungszeit, die mehrere Studios und Jahre umfasste, ist Dead Island 2 durch die Hände der Dambuster Studios endlich fertigstellt worden. Eine derart turbulente Entwicklungsgeschichte wirft natürlich die Frage auf, ob das Ergebnis der langen Wartezeit gerecht wird. Auch ich habe mit Skepsis auf das Spiel geschaut – und wurde schnell eines Besseren belehrt. Denn die spielbare Zombie-Splatter-Orgie ist eine der bisherigen Überraschungen des Jahres 2023 und gleichzeitig ein befreiend unterhaltsames Spiel.
Stadt der Zombies
Die Prämisse ist schlicht: In Los Angeles bricht die Hölle in Form einer Zombie-Epidemie aus, wer reich ist oder zumindest etwas Glück hat, kann sich retten und aus Kalifornien fliehen. Die weniger Glücklichen verschanzen sich in ihren Häusern und versuchen irgendwie zu überleben. Eine bzw. einer dieser Überlebenden sind wir, wobei wir zu Spielbeginn zwischen sechs unterschiedlichen Figuren wählen können. An der Wahl der Spielfigur sind diverse Fähigkeiten und natürlich unterschiedliche Sprecherinnen und Sprecher gebunden, einen Einfluss auf die Handlung gibt es hingegen nicht. Übrigens existieren auch keine spezifischen Quests für die Figuren, was schade ist, da dadurch der Anreiz fehlt, einen neuen Spieldurchlauf mit einer anderen Figur zu starten.
Ohnehin hat die Handlung nicht viel mehr zu tun, als den Rahmen für das Gameplay abzustecken, obwohl ich zugegeben muss, dass der überwiegende Teil der NPCs durchaus sympathisch und gut geschrieben sind. Letzten Endes funktioniert Dead Island 2 als spielbarer B-Movie mit Klischee aufgeladenen Figuen, die immer wieder aber einen netten Spin haben. Und natürlich gibt es auch jede Menge Referenzen auf das Zombie-Genre an sich, insbesondere Regisseur George A. Romero als „Vater“ der Zombies wird ohne Ende gehuldigt. Als Fan von Dawn of the Dead, Day of the Dead und ähnlichen Werken wird man also eine gute Zeit haben.
Einfacher, aber toller Gameplay-Loop
Das Ziel für die 24 Missionen umfassende Kampagne ist klar: Eine Heilung für die Epidemie finden und bestenfalls aus LA zu entkommen. Das ist natürlich leichter gesagt als getan, denn neben mal schlürfenden, mal rennenden, mal gut gepanzerten Zombies, gibt es auch mutierte Varianten der Untoten, die Gift schleudern oder laut um sich schreien, und damit ganze Horden von Gegnern anlocken. Zur Wehr setzt man sich mit einer einer großen Auswahl an Waffen, darunter Nahkampfwaffen wie Messer, Baseballschläger und Macheten sowie Schusswaffen wie Pistolen, Gewehre und Schrotflinten. Auch Wurfwaffen wie Brandsätze, Nagelbomben, Shuriken und Granaten sind an Bord. Die Auswahl ist immens, nicht zuletzt da man wie bereits im Vorgänger sämtliche Waffen an Werkbänken mit Upgrades ausstatten kann. Dadurch kann man sie widerstandsfähiger machen, ihnen mehr Schaden verleihen und mit Elementarschaden wie Feuer und Elektrizität ausstatten. Vor allem ab der zweiten Spielhälfte kommen absolut absurde Möglichkeiten hinzu. Eine meiner liebten Waffen ist etwa die Nagelpistole, die ich mit einem Upgrade versehen habe, welches dafür sorgt das im Kopf getroffene Zombies explodieren und damit Flächenschaden machen.
Zusätzlich bekommt man ab einen bestimmten Punkt der Handlung noch übernatürliche Kräfte, durch die man für kurze Zeit in einen „Raserei“ genannten Berserker-Modus verfällt und mit bloßen Händen massiven Schaden austeilt. Hier sowie bei anderen aktiven und passiven Skills wird auf ein Karten-System gesetzt. Karten, sprich Fähigkeiten, schaltet man innerhalb des Story-Fortschritts, für das Absolvieren von Aufträgen und Herausforderungen sowie durch das Finden in der Spielwelt frei. Unterm Strich empfinde ich das System als nicht ganz zu Ende gedacht und habe selten Skills gehabt, die meinen Spielstil merklich beeinflusst haben. Immerhin läuft man aber nicht gegen eine Schwierigkeitswand, entscheidet man sich dazu, das System mehr oder weniger zu ignorieren.
Der Gameplay-Loop funktioniert erstaunlich gut. Eigentlich macht man nicht viel mehr, als immer und immer wieder gegen Untote zu kämpfen. Je nach Mission, muss man hier mal einen Gegenstand finden oder eine Tür öffnen, wirkliche Rätsel oder ähnliche Mechaniken gibt es aber nicht. Und dennoch habe ich selbst nach über zwanzig Stunden überhaupt keine Langeweile verspürt, was sehr viel darüber aussagt, wie gut und ja, wie befriedigend das Kampfsystem als zentrale Spielmechanik ist. Vor allem die Nahkampfwaffen fühlen sich extrem wuchtig an.
Es splattert ohne Ende
Und damit kommen wir zum zweiten wichtigen Aspekt: Dem Gore. Dead Island 2 ist ein äußerst brutales Spiel. Der Schaden, den man seinen Gegnern zufügt, ist technisch und visuell stellenweise bemerkenswert. An dieser Stelle möchte ich eine kleine Warnung aussprechen, denn im Folgenden werde ich einige Dinge im Detail beschreiben, die mit dem Gewaltgrad zu tun haben. Wer das nicht lesen möchte, soll bitte einen Abschnitt weiterblättern.
Mit Schwertern kann man den Körper in zwei Hälften teilen, mit einer stumpfen Waffe wie einem Baseballschläger schlägt man mehrmals auf den Oberkörper, wobei zuerst die Kleidung, dann die Haut und schließlich die Knochen zertrümmert werden. Bei Schlägen auf den Kopf kann der Kiefer zertrümmert werden. Verbrennt man den Gegner, so schmilzt die Haut, die Augen fallen aus den Höhlen und das spritzende Blut kann man in Hektolitern berechnen. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal bei einem Spiel innegehalten und angesichts der dargestellten Gewalt „Puh“ gedacht habe. Ich kann aber auch nicht leugnen, dass diese Gewaltorgie einen der größten Reize des Spiels ausmacht. In dieser Hinsicht steht Dead Island 2 seinen filmischen Vorbildern von Romero, Fulci und Co. also in nichts nach, wobei der stellenweise düstere Ton durch einen recht charmanten Humor entschärft wird.
Sun & fun in HELL-A
Wie schon geschrieben, ist das Gore-System technisch wirklich beeindruckend, aber auch darüber hinaus hinterlässt die Grafik einen guten Eindruck. Man merkt zwar, dass es sich wohl um eines der letzten Cross-Gen-Spiele handelt, aber gerade auf der PlayStation 5 und der Xbox Series X macht das Spiel dank stabiler 60 Frames einiges her, zumal einige Schauplätze mit schöner Lichtstimmung und vielen Details auffallen. Persönlich finde ich Los Angeles als Schauplatz etwas langweilig und frage mich, warum die Entwickler ausgerechnet die Westküstenmetropole gewählt haben (LA ist schließlich keine Insel), gleichzeitig hatte ich aber auch eine ziemlich gute Zeit in HELL-A, wie es das Spiel selbst nennt.
Besonders dankbar bin ich für die Entscheidung gegen eine Open World. Insgesamt gibt es zehn verschiedene Regionen, die mal größer, mal kleiner sind und verschiedene Orte in Los Angeles darstellen, darunter Beverly Hills und Ocean Avenue. Das Erkunden der Spielwelt ist reizvoll gestaltet, zumal es einige Geheimnisse und versteckte Questgeber zu finden gibt. Vor allem stärkere Waffen und Upgrades sind ein wichtiger Anreiz, mehr Zeit in Los Angeles zu verbringen.
Pro & Kontra
- spaßiger Gameplay-Loop
- sympathische Figuren & gut geschriebene Dialoge
- viele unterschiedliche Waffen, die sich angenehm wuchtig anfühlen
- Splattereffekte sind technisch ziemlich eindrucksvoll
- visuell stimmig umgesetztes Setting
- Story? naja...
- RPG-Unterbau ist nicht zu Ende gedacht
- übermenschliche Zombie-Skills sorgen für keinen spürbaren Mehrwert