DashBored REVIEW
RPG-Maker-Spiele gibt es wie Sand am Meer, aber ab und an findet man in diesem endlosen Meer aus Mittelmäßigkeit auch mal ne kleine Perle. Und als eben solch eine Perle entpuppt sich Fading Clubs Debut-Titel „DashBored.“ Das Maker-RPG wurde am 13 Juni 2016 auf Steam veröffentlicht und bekam in den folgenden Jahren immer wieder Updates und Patches spendiert. Selbst fünf Jahre später werden immer noch kostenlose Content-Updates nachgeschoben, welche sich manch anderer Entwickler teuer bezahlen lassen würde. An diesem andauernden Support erkennt man, dass hier einiges an Herzblut drinnen steckt, doch was das Spiel nun im Detail zu bieten hat, soll folgendes Review klären.
Von wegen Paradies, das scheint eher die Hölle zu sein!
In DashBored übernimmt man die Rolle des 24-jährigen Hikikomoris Nicolas „Nic“ Kawamura. Wer nicht weiß was ein Hikikomori ist: Das sind Menschen, die sich fast vollständig von der Außenwelt abkapseln, um ihr Dasein in selbstgewählter Isolation zu fristen. Ein Dasein, das Nic quasi vollständig durchzieht, da er dank einer Erbschaft noch nicht einmal arbeiten gehen muss. Das heißt aber noch lange nicht, dass er eine glückliche Existenz fristet, eher im Gegenteil. Doch eines Tages wird Nicolas mit einer höchst bizarren Extremsituation konfrontiert. Hohere Mächte verfrachten ihn in eine seltsamen Welt, die ihm als „Garden of Vurrus“ (Garten von Vurrus) präsentiert wird. Ein Ort der speziell dafür konzipiert wurde, um einsamen Individuen und Sozial-Versagern wie Nic einen Ort des Friedens und der Glückseligkeit zu bescheren. Vurrus selbst stellt sich dabei als wohlmeinende, göttliche Entität dar. Doch bereits am ersten Tag im „Garten“, muss Nicolas auf schmerzhafte Weise feststellen, dass dieser Ort weit, weit entfernt davon ist ein gemütlicher Garten Eden zu sein. Ein Großteil seiner Mitbewohner entpuppen sich entweder als zwielichtige alte Knacker, gefährliche Schlägertypen und Psychopathen oder sogar degenerierte, mörderische Mutanten. Auch die Landschaft wirkt nicht sonderlich einladend. Die vier Städte im Garten, welcher sich übrigens als schwebende Insel entpuppt, sind doch ziemlich heruntergekommen und düster.
Doch damit nicht genug: Bereits kurze Zeit nach seiner Ankunft, wird Nic via Handy von einem Typen namens Alex kontaktiert, welcher Nic für seine Sache gewinnen möchte. Alex will Vurrus‘ finsteren Machenschaften einen Riegel vorschieben, sowie die Einwohner des Gartens retten. Und da Nic wieder erwarten ein ziemlich harter Bursche ist, soll er für Alex nun als Mann fürs Grobe agieren. Nicolas willigt eher widerwillig dazu ein die Detektiv- und Prügel-Drecksarbeiten für Alex zu erledigen, doch was bleibt ihm schon anderes übrig? Schließlich will er aus dem ungemütlichen Garten entkommen und sein altes Leben wiederaufnehmen. Doch würde er damit wirklich glücklich werden?
Die Handlung, Spielwelt und Charaktere von DashBored sind dermaßen abgedreht und interessant, dass man eigentlich gar nicht anders kann als weiterzuspielen. Schon allein um zu erfahren, wo uns das bizarre Abenteuer letztendlich hinführen wird. Und tatsächlich bietet das Spiel eine nachvollziehbare Auflösung des Plots. Im Verlauf der Geschichte wird man erfahren, was es mit dem Garten, Vurrus und Alex so alles auf sich hat und sogar Nicolas‘ Dasein als Hikikomori wird in die Handlung eingeflochten und überraschend respektvoll behandelt (es handelt sich hierbei um ein reales gesellschaftliches Problem und keine Phantasie!).
DashBored ist jedoch keine rein ernsthafte Angelegenheit, sondern bietet auch viele witzige Dialoge und absurd-komische Situationen. So fungiert z.B. eines der späteren Gruppenmitglieder zunächst als Speicherpunkt und die Items und Ausrüstungsstücke verfügen über witzige Beschreibungen. Earthbound lässt an dieser Stelle schön Grüßen. Ein paar Anspielungen auf andere große Spiele dürfen da freilich auch nicht fehlen, wobei es DashBored dabei allerdings nie übertreibt und somit klugerweise vermeidet seine eigene Identität einzubüßen.
Der Titel bietet übrigens zwei völlig verschiedene Storyrouten im letzten Spieldrittel und vier verschiedene Enden, die sich auch stark voneinander unterscheiden und allesamt sehenswert sind. Ein weiterer Spieldurchlauf lohnt sich also (alternativ kann man freilich auch Sicherheitsspeicherungen anlegen). Einige Nachteile sind aber dennoch anzukreiden. So weisen einige der Hauptcharaktere nicht allzu viel Exposition auf, was schade ist, da man wirklich das Gefühl hat, dass jeder relevante Charakter seine eigene interessante Hintergrundgeschichte und Motivation zu bieten hat. Leider werden diese Dinge nur bei der Hälfte der wichtigen Charaktere abgewickelt. Und auch hier nur, wenn man ein bestimmtes Ende anstrebt.
Außerdem sollte man nicht allzu viel Logik von DashBored erwarten. Die gesamte Handlung ist in drei Ingame-Tage aufgesplittet und da wundert man sich doch schon mal darüber, wenn über Nacht mal eben ein neues U-Bahn-System errichtet wird, welches die Städte des Gartens miteinander verbindet – nur um mal ein Beispiel zu nennen. Und die guten alten Deus Ex Machinas dürfen freilich auch nicht fehlen. Das tut dem Spaß aber keinen großen Abbruch, denn solche Dinge fügen sich dann ja doch irgendwie ganz gut in die absurde Welt von Vurrus‘ Garten ein.
Wo sind diese verdammten Orbs!?
Da das Spiel keine nennenswerten Optionen bietet und die Steuerung gewohnt unkompliziert arbeitet (inkl. Controller-Support), kann man sich direkt ins Abenteuer stürzen. Bezüglich der Kernbestandteile des Gameplays, bietet DashBored leider kaum Innovationen. Es sind halt zum großen Teil typische Maker-RPG-Spielinhalte die hier abgewickelt werden.
Man erkundet die Spielwelt aus der Vogelperspektive, quatscht mit NPCs, wickelt zufallsbasierte Rundenkämpfe ab und so weiter. Dummerweise leidet DashBored auch noch unter einigen derben Balancing-Problemen. So ist man zu Beginn nur mit Nicolas unterwegs, was heikel werden kann, wenn man plötzlich von 8 Pilzmonstern auf einmal angegriffen wird. Es steht also erst einmal etwas Grinding auf den Plan, um Geld für bessere Ausrüstung zu verdienen und höhere Levelstufen zu erlangen. Level-Ups verbessern freilich die Statuswerte und schalten bei bestimmten Levelstufen auch neue Kampffähigkeiten frei. Die Städte von Vurrus Garten stehen einem übrigens allesamt von Beginn an offen. Das bedeutet, dass man bereits zu Anfang Zugriff auf einige der stärksten Ausrüstungsstücke im Spiel hat – sofern man gewillt ist sich genügend Geldeinheiten zusammenzugrinden, versteht sich. Freilich kann man jegliche Herausforderung auf diese Weise im Keim ersticken. Und spätestens wenn man dann weitere Mitglieder für die eigene, insgesamt siebenköpfige Truppe erhält, verkommt das Spiel zum Spaziergang. Aber wie gesagt gilt es bis dahin erst mal die zähe Anfangsphase wegzugrinden.
Aber immerhin hat man sich Mühe gegeben DashBored trotz des knochentrockenen RPG-Maker-Grundgerüsts abwechslungsreich zu gestalten. So gibt es immer wieder besondere Situationen, wie z.B. ein von „anregenden“ Pilzsporen vergiftetes Höhlenlabyrinth, Spiegel-Parallelwelten inklusive invertierter Steuerung oder auch zeitkritische Passagen. Sogar das unspektakuläre Kampfsystem wird ein klein wenig angereichert, indem einige Spezialattacken durch einen gut getimten Tastendruck in Critical-Hits umgewandelt werden können.
Am interessantesten finde ich jedoch einige Rätsel, die an die Qualität echter Adventures heranreichen. Da muss aus kryptischen Hinweisen auch mal ein Passwort oder Zahlencode entschlüsselt werden oder wichtige Schlüsselgegenstände aufgesammelt werden, damit man eins, zwei Tage später überhaupt Zugriff auf einige Sidequests erhält. Ja richtig gelesen: Jeder Ingame-Tag ist in sich abgeschlossen. Wenn man in einem vorherigen Tag also etwas verpasst hat, hat man keine Chance mehr das geheime Dorf zu betreten und den dort versteckten Bonuscharakter zu rekrutieren oder alle vier Orbs zu entdecken, die man benötigt, um eines der vier Enden (inkl. völlig eigenem Spielabschnitt, (Boss)gegnern und Story-Entwicklungen) freizuschalten. Die gründliche Erforschung der Spielwelt ist also wirklich ratsam, damit man alles aus DashBored herausholen kann.
Und damit wäre dann auch schon alles gesagt. DashBored ist ein recht kurzes Vergnügen, welches nach ca. 7-8 Stunden abgeschlossen sein dürfte. Der Wiederspielwert ist jedoch durch vier verschiedene Endings und ein paar weitreichende Entscheidungen recht hoch. Und der Preis ist mit 4,99 € auch sehr vernünftig angesetzt.
Grafik und Sound
Das schöne an DashBored ist der Verzicht auf vorgefertigte Grafiken und Soundtracks aus der RPG-Maker-Retorte. Stattdessen hat man eigene Grafiken und Soundtracks erstellt. Die Top-Down 2D-Pixelgrafik im 16-bit-Stil ist dabei grundsolide und profitiert vom bizarren Setting. Der Einfluss von Earthbound ist freilich auch an dieser Stelle deutlich zu erkennen. Die Zeichnungen der Bossgegner waren in früheren Versionen etwas schwach, wurden inzwischen aber stark verbessert. Generell ist das Gegner-Design angenehm abgedreht und kreativ. Schade ist nur, dass sie ein wenig statisch geraten sind. Aber das ist nur ein kleines Manko. Gut ist wiederum, dass es variable Zeichnungen der Charakterportraits innerhalb der Textboxen gibt.
Wirklich beeindrucken kann jedoch der tolle Soundtrack, der viele abgedrehte und schöne Melodien enthält. Der OST fügt sich wunderbar in die bizarre Spielwelt ein und trägt einen großen Teil dazu bei die Stimmung der Spielwelt und Handlung aufzubauen. Da möchte ich gerne noch mal betonen, dass es sich um einen eigenen Soundtrack handelt und keine Maker-Massenware! Tolle Leistung des Entwicklers! An dieser Stelle möchte ich noch anmerken, dass der Entwickler einen großen Teil des OSTs kostenlos zum Download zur Verfügung stellt (https://karbonic.bandcamp.com/album/dashbored-extras).
Ein Sonderlob gibt es noch für den schnellen Support des Entwicklers „Karbonic.“ Nachdem ich das Spiel seinerzeit das erste mal beendet hatte, teilte ich ihm im Steam-Forum einen ausführlichen Bug-Report mit, auf den er auch prompt reagierte und zusammen mit mir besprach. Kurz darauf waren die von mir gemeldeten Bugs beseitigt. Absolut vorbildliches Verhalten!