Chrono Cross: Radical Dreamers Edition REVIEW
Mit Chrono Cross hat Square Enix einen weiteren Klassiker aus dem Schrank geholt und für aktuelle Systeme (PC, PlayStation 4/5, Xbox Systeme und Nintendo Switch) neu aufgelegt. Das ursprünglich 2000 für die PlayStation erschienene Rollenspiel von Square (damals noch ohne Enix) ist der Nachfolger zu Chrono Trigger (1995, SNES), einem der zweifelsohne wichtigsten JRPGs überhaupt. Der offiziell nie in Europa veröffentlichte Nachfolger hatte seinerzeit bei Fans einen recht schweren Stand, was nicht zuletzt mit narrativen Entscheidungen und der Verwendung von Figuren zu tun hatte. Das jetzt mit dem Beinamen Radical Dreamers Edition veröffentlichte Remaster hat neben inhaltlichen Problemen aber auch noch an ganz anderen Fronten zu kämpfen.
Wo war die Qualitätssicherung?
Lassen wir den Elefanten gar nicht lange im Raum und sprechen das größte Problem der Neuauflage an: die Technik. Square Enix hat in den letzten Jahren so ziemlich jedes große Franchise und Spiel in irgendeiner Art und Weise neu aufgelegt. Dabei haben sich die Japaner mal mehr Mühe gegeben, wie etwa bei den Pixel Remaster Versionen der ersten sechs Final Fantasy Titeln, mal weniger wie bei der PC-Portierung von Chrono Trigger. Chrono Chross: Radical Dreamers Edition reiht sich in der qualitativen Riege nun ganz hinten rein und bietet ein nahezu katastrophales Bild ab.
Bei Spielstart hat man die Wahl zwischen drei verschiedenen Auflösungen (4:3, Vollbild und Zoom) sowie zwischen dem klassischen und neuen Grafikset. Das neue Grafikset bietet überarbeite Figurenmodelle, die tatsächlich auch sehr hübsch anzusehen sind. Das gleiche gilt für die neu gezeichneten Dialogportraits. Wo händisch nachbearbeitet wurde, kann das Remaster durchaus glänzen. Überall dort, wo offensichtlich aber Programme mit KI-Lösung genutzt wurden, ist das Ergebnis weniger gut. Das zeigt sich vor allem an den vorgerenderten Hintergründen. Im Original hatten diese einen besonderen ästhetischen Touch, der etwas von mit Wassermalfarben gezeichneten Landschaftsbildern hatte. Im Remaster nun wurden die sichtbaren Pixel durch einen mal mehr mal weniger aggressiven Weichzeichner entfernt. Stellenweise sieht das ganz okay aus, in der Mehrheit wird die ursprüngliche Ästhetik aber schon arg verfremdet und wirkt wie ein hässlicher Farbklecks.
Rucklige Angelegenheit
Ein weiteres Problem ist die Framerate. Offensichtlich handelt es sich bei der Neuauflage um eine Emulation der PlayStation Version, wobei ich das aber nicht verifizieren konnte. Wie dem auch sei, ist die Bildrate eine Desaster. Stellenweise läuft die gleiche Szene im Remaster sogar schlechter als im Original. Und wir reden hier von Schwankungen, die spürbar unter 20 Frames gehen und vor allem in den Kämpfen auftreten.
In technischer Hinsicht ist dieses Remaster fast schon ein Armutszeugnis. Ich wähle diese harten Worte sehr bewusst, da es schon eine ziemliche Frechheit ist, zumal das Spiel ohne Rabatt 20 Euro kostet. Wären die genannten Probleme nicht, wäre das sogar ein guter Preis. Nicht nur, weil das Original auf PlayStation mittlerweile auf dem Gebrauchtmarkt locker für das Doppelte weggeht, sondern auch, weil Chrono Cross an sich ein schönes Spiel ist. Immerhin: zumindest die grandiose Musik von Yasunori Mitsuda kommt auch im Remaster noch so toll zur Geltung, wie vor über 20 Jahren.
Reise in die Vergangenheit
Meine Erinnerungen an Chrono Cross sind vor dem erneuten Spielen auf PlayStation 5 eher schwammig gewesen. Das sagt einiges aus, denn meine Erinnerungen an Chrono Trigger sind noch ziemlich allgegenwärtig und abgesehen von Final Fantasy VI gibt es wohl kein anderes JRPG, welches einen derart hohen Stellenwert bei mir besitzt. Entsprechend kam mir beim erneuten Spielen jetzt also einiges vertraut, vieles aber auch neu vor. Aber mein Eindruck von einem „okayen“ Spiel wurde noch einmal gefestigt.
Man muss nicht zwingend den Vorgänger gespielt haben, um mit Chrono Cross einsteigen zu können. Ich würde sogar sagen es ist besser wenn man den ersten Teil gar nicht kennt. Obwohl die Geschichte nicht direkt anknüpft, so haben viele Figuren und Ereignisse aus Trigger eine Auswirkung auf die Geschichte in Cross. Und die Entscheidungen sind, sagen wir einmal, diskutabel. Wobei ich das natürlich aus einer sehr persönlichen Sicht sage und den Schöpfern der Spiele ihre Intentionen nicht absprechen möchte.
Spannendes Kampfsystem mit Eigenheiten
Dennoch hat mir das erneute Spielen trotz aller inhaltlichen und technischen Ärgernisse Spaß gemacht. Das liegt zum einen am Kampfsystem, welches bis heute eigentlich herrlich undurchschaubar ist. Jede der bis zu drei aktiven Figuren im Kampf hat einen Ausdauerbalken. Am Anfang steht dieser bei 7, wobei diese Zahl mit jeder Aktion runtergeht. Jeder Treffer spielt außerdem Punkte auf die Elementarleiste ein. Elementare sind hier quasi das, was Mana/Zauber und Items in anderen Rollenspielen sind. Elementare Aktionen machen mehr Schaden, heilen und geben Buffs/Debuffs. Eine interessante taktische Komponente kommt durch die Tatsache zu tragen, dass man jedes Element pro Kampf meistens nur einmal einsetzen kann. Das kann mitunter zu ziemlich spannenden Ausgangslagen führen und verhindert eine Routine, wobei man natürlich irgendwann weiß welche Gegner gegen welche Art von Angriffen besonders anfällig sind.
Ebenso spannend ist der Verzicht auf ein klassisches Levelsystem. Die meisten einfachen Gegner werfen am Kampfende lediglich Materialien ab, von stärkeren Gegnern erhält man dann auch schon einmal Werte, welche etwa die Lebenskraft oder andere Statuswerte erhöhen. Richtig lohnenswert sind die Bosskämpfe, denn hier erhält man nicht nur besonders viel Werte, sondern auch eine neue Stufe.
Radikale Träumer
Chrono Cross ist durch und durch ein Dokument seiner Zeit und das wohl letzte Rollenspiel dieser Art, welches Square entwickelt hat. 2000 offenbarte sich schließlich schon die nächste Generation der Konsolen am Hintergrund und gerade die PlayStation 2 Ära sollte im Genre aber auch intern bei Square einiges ändern. Wie dem auch sei, spielen kann man Cross auch heute noch ganz gut. Schon im Original hat man es nicht mit Grinding übertrieben und Spielern selten einen echten Stein in den Weg geworfen. In der Neuauflage kommen noch einmal zwei Erleichterungen hinzu, die man optional einschalten kann. Zum einen kann man Kämpfe komplett ausschalten, zum anderen kann man per Knopfdruck dafür sorgen, das die Angriffe der Gegner stets daneben gehen. Das macht die Sache zwar sehr simpel, mag für manche aber eine angenehme Implementierung sein. Auch die Spielgeschwindigkeit lässt sich übrigens per Knopfdruck erhöhen.
Was an der Neuauflage noch einmal im Besonderen spannend ist, ist die Beilage in Form von Radical Dreamers. Das Sound-Novel-Textadventure erschien 1996 exklusiv in Japan für das Satellaview, einem absolut skurrilen Addon-System des Super Nintendo. Für die Neuauflage von Cross hat Square Enix nun erstmals eine offizielle Übersetzung angefertigt und macht das Spiel, welches zwischen den beiden großen Chrono-Titeln steht, auf moderner Hardware verfügbar. Gerade für Serien-Fans ist Radical Dreamers ein ungemein spannender Abstecher, da er die Ereignisse von Trigger noch einmal in einem anderen Licht präsentiert und eine spannende Sicht auf Cross erlaubt. Hier muss ich übrigens die deutsche Lokalisation loben. Diese ist, wie auch beim Hauptspiel, richtig gut und versprüht genau den Charme, den ich von den alten Square-Rollenspielen so sehr liebe.
Pro & Kontra
- spannendes Kampfsystem mit interessanten Eigenheiten
- nach wie vor tolle Musik
- Sound-Novel Radical Dreamers erstmals in übersetzter Form erhältlich
- Framerate teilweise schlechter als im Original
- Upscaling verfälscht die ursprüngliche Ästhetik der Hintergründe
- Eigenheiten bei inhaltlichen Entscheidungen