Batman: The Telltale Series REVIEW
DC bläst zum Großangriff gegen Marvel und versucht aktuell im Kino ein ähnlich allumfassendes Universum zu etablieren, wie es der ewige Konkurrent bereits seit Jahren erfolgreich macht. Das klappt bisher eher mäßig und es bleibt abzuwarten, ob die Macher von Batman, Superman, Wonder Woman und Co. ihre Marken ähnlich gut miteinander verweben können, wie die Konkurrenz. Zum aktuellen Superhelden-Trend passt es aber gut, dass DC auch im Videospielsektor seine Franchise nach vorne bringen will. Die Zusammenarbeit mit den Adventure-Experten von Telltale in Form von Batman: The Telltale Series überraschte im Vorfeld trotzdem. Nachdem mittlerweile die fünfte und finale Episode erschienen ist, wollen wir die Gelegenheit nutzen und die erste Season Revue passieren lassen und klären, ob der dunkle Rächer im Adventure-Format eine gute Figur abgibt.
Och nö, nicht schon wieder eine Origin-Story
Eigentlich dürfe jedes Kind wissen wer Batman ist und für was er steht. Es ist also naheliegend, das die bereits etablierte Welt samt ihrer Figuren als gegeben akzeptiert wird, um eine neue Handlung zu erzählen. Die Macher von Batman: The Telltale Series hielten es trotzdem für besser die Geschichte noch einmal auf Anfang zu setzen und die Geschichte des dunklen Rächers von Gotham City neu anzufangen.
Dieser Umstand hat mich zunächst sehr abgeschreckt: noch einmal das ganze warum, wieso, weshalb durchkauen? Bitte nicht! Umso erstaunter war ich, das bereits die erste von insgesamt fünf Episoden es relativ schnell geschafft hat meine Bedenken aus dem Weg zu räumen. Denn die Schreiber haben sich einige gute Kniffe und Wendungen überlegt, wie selbst langjährigen Fans von Batman eine erneute Origin-Story schmecken kann.
Der namensgebende Held ist Batman: The Telltale Series noch nicht ganz am Anfang seiner Karriere. Einige Kriminelle hat er bereits dingfest gemacht, doch weder die Bürger von Gotham City, noch die Polizei wissen so recht, wie sie den Maskierten einordnen sollen. Derweil kandidiert Staatsanwalt Harvey Dent mit der finanzkräftigen Hilfe seines Freundes Bruce Wayne für das Amt des Bürgermeisters. Die Hoffnung von Wayne und vielen Bürgern Gotham´s ist, das Dent der korrupten Führung im Rathaus ein Ende setzt und nicht mit der Unterwelt kollaboriert, sondern sie zielführend bekämpft. Das schmeckt aber weder dem amtierenden Bürgermeister, noch den Verbrechern von Gotham, weshalb sie es nicht nur auf Dent, sondern auch auf Wayne abgesehen haben. Letzterer sieht sich außerdem mit der offenbar doch nicht so sauberen Vergangenheit seiner ermordeten Eltern konfrontiert…
Frische Impulse für das Franchise…
Für die Marke Batman sorgen die teils anderen Figurenkonstellationen und Handlungselemente für frischen Wind, der mir gut gefallen hat. Waren die Wayne´s, vor allem Thomas Wayne, nicht die guten Menschen, für die Bruce, Gotham und der Spieler sie stets gehalten haben? Wie weit reichen die Verstrickungen von Wayne Enterprises mit der örtlichen Unterwelt in die Gegenwart? Was hat Wayne´s Jugendfreund Oswald Cobblepot mit den neuesten Entwicklungen zu tun? Und was steckt hinter den Children of Arkham?
Zwar kann man sich gerade als Fan auf einige Fragen einigermaßen einen Reim machen, trotzdem zeigen sich gerade die ersten beiden Episoden von Batman: The Telltale Series hinsichtlich ihres Spannungsaufbaus auf einem sehr hohen Niveau und haben mich enorm in die Handlung investiert. Und auch bei der Zeichnung der Figuren, insbesondere von Bruce Wayne und Harvey Dent, spielt das amerikanische Entwicklerstudio seine wahren Stärken voll und ganz aus.
Das hohe Niveau kann leider nicht ganz bis zum Ende gehalten werden. Viele Nebengeschichten verlaufen schließlich im Sand bzw. werden einfach links liegen gelassen, dürften aber für eine potenzielle zweite Staffel noch einmal aufgegriffen werden. Auch gefällt mir noch nicht jede Figur. Während Harvey Dent alias Two Face zu den bisher tragischsten und meiner Meinung nach stärksten Charakteren in einem Telltale Spiel zählt und mir die Neuausrichtung anderer Charaktere, etwa von Pinguin, ebenfalls sehr zusagt, so wurde ich mit Catwoman, Vicki Vale und einem gewissen Insassen von Arkham Asylum einfach nicht warm.
…aber auch beim Gameplay?
Trotz einiger Schwächen ist auch bei Batman: The Telltale Series die Handlung und ihre Figuren die eigentliche Stärke. In spielerischer Hinsicht ist der Titel – Telltale typisch – mal wieder ein zweischneidiges Schwert. Das Gameplay setzt sich wie gewohnt aus Entscheidungsmöglichkeiten bei Dialogen, Quick Time Events und kleinen, aber spielerisch vollkommen banalen Adventure- und Rätselabschnitten zusammen. Entweder man mag diese Formel, oder eben nicht.
Letztlich ist das Gameplay bei Telltale sowieso nur Mittel zum Zweck, der Fokus liegt stets auf narrative Elemente und nicht auf mechanische oder spielerische. Immerhin stimmt die Mischung ganz gut und die Balance zwischen längeren Dialogszenen, kleinen Rätselparts (in denen man etwas verschiedene Hinweise finden und miteinander kombinieren muss) und Quick Time Sequenzen ist ausgeglichen. Trotzdem wirken gerade die Adventureparts sehr aufgesetzt. Warum sich Telltale nicht mal endlich dazu durchringen kann und einigermaßen sinnige Rätsel bauen kann, bleibt mir nach wie vor ein Rätsel.
Wenigstens ist an dem Werbeslogan um „die Handlung beeinflussende Entscheidungen“ endlich etwas mehr dran, als ein PR Gag. Entscheidungen, die man in der vierten und fünften Episode trifft, können zu tatsächlich unterschiedlichen Ausgängen in der Handlung sorgen. Das eigentliche Ende ist zwar allgemein gültig, aber in Hinblick auf die Figuren und ihre Beziehungen kann sich hier mehr unterscheiden, als man zunächst denken könnte.
Technischer Schmaus oder Graus?
Telltale hat mittlerweile einen sehr zweifelhaften Ruf aufgrund der technischen Performance seiner Spiele erlangt und auch der Release von Batman: The Telltale Series war wieder einmal überschattet mit aufschreienden Spielern, die von Bugs, Abstürzen und anderen Unzulänglichkeiten die Foren vollschrieben. Für mich ist Batman: The Telltale Series das erste Spiel des Studios, bei welchen ich jedoch mit keinerlei technischen Problemen zu kämpfen hatte. Das mag daran liegen, das ich alle fünf Episoden aber am Stück und eben erst nach Veröffentlichung des letzten Parts gespielt habe und daher von diversen Updates profitiert habe.
Das Entwicklerversprechen um die erstmals zum Einsatz kommende, generalüberholte Enginge kann ich aber nicht bestätigen. Hier und da habe ich zwar ein paar mehr Details, als gewohnt vernommen. Trotzdem ist auch Batman: The Telltale Series alles andere als ein Grafisch gutes und sauberes Spiel. Verwaschene Texturen, Holzschnittartige Animationen, Klonfiguren und irgendwie seltsam anmutende Mimiken sind auch hier an der Tagesordnung. Der visuelle Spiel gefällt da schon besser und erinnert mich stellenweise gar an die Batman: Animated Series aus den 1990er Jahren. Und auch die guten und teils sehr guten Sprecher hinterlassen einen insgesamt positiven Eindruck.