Baldur’s Gate: Enhanced Edition REVIEW
Das am 21. Dezember 1998 veröffentlichte Baldur’s Gate war nicht nur das erste große Computer-Rollenspiel des kanadischen Entwicklerstudios BioWare, sondern gilt auch als das Spiel, welches seinerzeit den Dungeons & Dragons-Computerspielen im speziellen, sowie dem CRPG-Genre im allgemeinen neues Leben einhauchte. Die letzten D&D-Spiele in Form von Dingern wie „Descent to Undermountain“ oder „Blood & Magic“, kamen nämlich nicht sonderlich gut an und auch das Genre der CRPGs stagnierte. Doch dann kam Baldur’s Gate und änderte alles mit seiner Liebe zum Detail, einer für Rollenspiele sehr schönen audiovisuellen Präsentation und einem brandneuen Kampfsystem, welches relativ erfolgreich versuchte, rundenbasierte Kämpfe und Echtzeitgefechte miteinander zu verschmelzen. Das Game war ein sehr großer Erfolg, welches Add-ons, eine Fortsetzung und eine Spin-off-Serie für Konsolen nach sich zog. Nach der Veröffentlichung von Baldur’s Gate: Dark Alliance II im Jahr 2004, der Fortsetzung des Spin-offs, geriet die Serie jedoch in Vergessenheit.
Das änderte sich jedoch, als einige Ex-BioWare-Gründer das Entwicklerstudio Beamdog gründeten und sich daran machten alte BioWare-Titel wiederzuveröffentlichen. Am 28. November 2012 wurde dann auch Baldur’s Gate mit einem Remake beglückt, welches den Namen Baldur’s Gate: Enhanced Edition trägt. Diese Version bietet nicht nur technische Verbesserungen wie höhere Auflösungsstufen, sondern auch zusätzlichen Content, welcher auch für Kenner des Originals einen Anreiz zum Neukauf bieten soll. Und ob sich die Enhanced Edition zu diesem Superklassiker lohnt oder nicht, soll folgendes Review aufzeigen.
Bodenständiges Low Fantasy-Abenteuer mit epischem High Fantasy-Sagengut
Wie die meisten Dungeon’s & Dragons-Spiele, spielt auch Baldur’s Gate im Forgotten Realms-Setting. Die Handlung findet an der Schwertküste statt, einem Landabschnitt auf dem Kontinent Fearun. Es ist das Jahr 1368 DR. 10 Jahre zuvor fand die sogenannte „Zeit der Sorgen“ statt, also jene Zeit, als der Obergott Ao die niederrangigen „Gottheiten“ bestrafte, indem er sie in Sterbliche zurückverwandelte. Dies sorgte freilich für einiges Chaos und auch den Tod einiger „Götter.“ Ich setze „Götter“ deswegen in Anführungszeichen, da viele von denen ursprünglich eh nur Sterbliche waren, die durch Ao in den Status einer Gottheit erhoben wurden. Auf jeden Fall ist dieses Großereignis die Ausgangslage der Handlung von Baldur’s Gate, auch wenn dies erst später im Spiel ersichtlich wird.
Man übernimmt die Rolle des Adoptivkinds des Gelehrten Gorion. Dieses hat sein gesamtes bisheriges Leben innerhalb der Mauern der Gelehrten-Feste „Kerzenburg“ verbracht. Es war ein sicheres und behütetes Leben unter der Führung eines liebenden Adoptivvaters. Doch schlussendlich kommt der Tag, als Gorion uns aus Kerzenburg herausschaffen will, da uns Attentäter auf den Fersen sind. Während der nächtlichen Flucht, lauert uns ein riesiger Schwertkämpfer in gruseliger Rüstung auf, dieser hatte bereits zuvor im Introvideo seine Grausamkeit unter Beweis gestellt. Gorion opfert sich, damit wir entkommen können. Sein Adoptivkind findet sich daraufhin in der Rolle eines unfreiwilligen Abenteurers wieder, welcher dazu gezwungen ist die Schwertküste nach Anhaltspunkten zu durchstreifen. Da der unbekannte Feind immer noch nach unserem Leben trachtet, sollten wir besser Gegenmaßnahmen ergreifen. Erste Recherchen machen uns auf eine Eisenkrise aufmerksam, die sich darin äußert, dass nur noch minderwertiges Eisen gefördert wird, welches schnell zerbricht. Darüber hinaus wird die Region auch noch von Banditenbanden überschwemmt, welche den Warentransport sabotieren. Diese Problematiken könnten sogar einen Krieg mit dem Nachbarland Amn provozieren, da dieses von vielen Bewohnern der Schwertküste und vor allem von den Einwohnern der Hauptstadt Baldur’s Tor, als Sündenbock auserkoren wurde.
Es sollte niemanden überraschen, dass diese Ereignisse irgendwie mit unserem eigenen Missgeschick zusammenhängen, mysteriöse Alpträume plagen unsere Spielfigur, welche dunklen Vorahnungen gleichkommen. Um zu überleben müssen wir nicht nur unsere Fähigkeiten als Abenteurer festigen, sondern auch noch einige schlagkräftige Verbündete rekrutieren. Glücklicherweise steht uns hierfür die gesamte Region der Schwertküste zur Verfügung, die man zu weiten Teilen nach eigenem Gusto erforschen kann.
Die Handlung des ersten Baldur’s Gate-Spiels ist weitestgehend bodenständig, deutet jedoch bereits auf epische Ereignisse hin, welche sich in zukünftigen Teilen zeigen werden. Im ersten Teil werden jedoch erst mal kleinere Brötchen gebacken, wie etwa ein Kind vor einem Wolfsrudel zu retten, zwei Idioten daran zu hindern einen Nymphenbaum zu fällen oder einen Ring aus der Kanalisation herauszufischen. Viele dieser Quests wirken auch etwas zu banal, aber das ist Ok, denn zumindest die Hauptquest ist interessant genug, um bei der Stange zu halten. Die Motivationen der Rache und des Überlebens gehörten halt schon immer zu den besten Antriebsquellen in einer Computerspiel-Handlung. Man sollte sich nur bewusst sein, dass man es hier mit einem sogenannten „Low Fantasy“-Spiel zu tun hat. Der epische „High Fantasy“-Kram kommt eben erst in den späteren Baldur’s Gate-Teilen. Darüber hinaus sollte sich von selbst verstehen, dass ein Großteil der Handlung in Form von Bildschirmtexten wiedergegeben wird. Zwischensequenzen sind selten und dienen oftmals auch nur dazu eine neue Ortschaft zu portraitieren.
Bevor es losgeht: Schwierigkeitsgrade, Charaktererstellung und Steuerungsschemata
Wie in jedem ernstzunehmenden CRPG, gilt es erst einmal sich durch die Spieloptionen, sowie die Charaktererstellung zu arbeiten, um für sich den höchsten Spielspaß aus dem bevorstehenden Abenteuer herauszuziehen. Die Baldur’s Gate-Reihe basiert auf der zweiten Edition des Dungeons & Dragons-Regelwerkes (Advanced Dungeons & Dragons 2nd Edition – wurde von 1989 bis 2000 publiziert), was sich hier vor allem bei der Charaktererstellung bemerkbar macht. Aber wie bei allen CRPGs, wird das Pen & Paper-Grundgerüst im Hintergrund ausgewürfelt, weswegen man dieses im Spiel gar nicht so sehr mitbekommt, wie man vielleicht meinen möchte. Um erfolgreich zu sein, sollte man aber schon gewisse Grundkenntnisse mitbringen. So sind bestimmte Gegnertypen nur gegen stumpfe Waffen empfindlich, einige Zauberbuffs sind dermaßen effektiv, dass man es mit ihnen erheblich einfacher haben wird usw. Das sind aber alles Dinge, die man sich selber erarbeiten sollte. Das gehört einfach zum Erlebnis dazu, und eigens erarbeitete Erfolge steigern auch den Spielspaß. Außerdem wird ja auch ein dickes (PDF)-Handbuch bereitgestellt.
Sollte das Spiel dennoch zu anspruchsvoll für euch sein, so bietet die Enhanced Edition einen neuen „Geschichtsmodus“-Schwierigkeitsgrad an, der die eigenen Spielfiguren unsterblich macht und somit den Sieg garantiert. Aber auch an die Vollprofis wurde gedacht, die bekommen mit „Vermächtnis des Bhaal“ einen neuen härteren Grad, den man auch nicht mehr senken darf, sofern man ihn zu Spielbeginn auswählt. Zwischen den anderen Graden darf man wiederum nach gutdünken hin- und herswitchen. Insgesamt hat Baldur’s Gate somit nun sieben Grade zu bieten, welche für jeden Geschmack etwas zu bieten haben. Erfreulich auch, dass der genaue Einfluss jedes Grades beschrieben wird, so dass man sich in etwas vorstellen kann, was einem erwartet. Ich selbst wählten den mittleren Grad „D&D-Regeln,“ was logischerweise der Grad ist, auf dem man ein D&D-Spiel am ehesten zocken sollte. Aber die Wahl liegt freilich bei euch. Seit aber versichert, dass bereits D&D-Regeln eine ernste Herausforderung darstellt, die man nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte.
Als nächstes steht die Erstellung des Hauptcharakters an. Das Spiel bietet die Auswahl aus 10 verschiedenen Klassen an (Kämpfer, Waldläufer, Paladin, Kleriker, Druide, Magier, Dieb, Barde, Hexenmeister und Mönch), welche jedoch auch noch in diverse Unterklassen unterteilt sind. Insgesamt hat man somit die Auswahl aus 48 Klassen, die alle ihre kleinen und gößeren Eigenheiten aufweisen, die man bei der Erstellung in aller Ruhe nachlesen kann. Andere Optionen wie die Auswahl des Geschlechts, des Portraits und die Farben des Charaktersprites, dienen da hingegen ausschließlich dem kosmetischen Zweck. Relevanter ist da wohl nur noch die Auswahl der Gesinnung, welche neun Optionen anbieten, die zwischen Gut, Neutral und Böse, sowie Rechtschaffen und Chaotisch aufgesplittet sind. Wichtig ist die Gesinnung jedoch in erster Linie für einige der Charakterklassen. Wer als Paladin spielen möchte, muss zum Beispiel „Rechtschaffen Gut“ sein, und sich im Spiel auch entsprechend verhalten. Andernfalls wird man zur Strafe vom Paladin in einen regulären Krieger zurechtgestutzt. Man verliert also die Spezialfähigkeiten des Paladin und hat eventuell eine Skillung, die für den Krieger suboptimal ist. Ferner spielt die Gesinnung auch bei den rekrutierbaren Charakteren eine Rolle. Nimmt man sowohl gute als auch böse Leute ins Team, kann es da schon mal passieren, dass sich diese an die Gurgel gehen und gegenseitig töten.
Apropos Skillung: Dies ist wohl der spannendste Aspekt der Charaktererstellung. Man verfügt über sechs verschiedene Skills (Stärke, Geschick, Konstitution, Intelligenz, Weisheit und Charisma) auf die man Punkte verteilen kann. Es versteht sich von selbst, dass man die Punkte logisch verteilen sollte. Ein Krieger kann mit Intelligenz nicht viel anfangen, profitiert dafür jedoch von einem möglichst hohen Stärke-Wert. Jeder Wert hat übrigens eine maximale und minimale Punktanzahl, welche von der Rasse und Klasse der Spielfigur abhängen. Im Durchschnitt beträgt der Minimalwert jedoch 3 und der maximalwert 18 Punkte. Und ja, man kann natürlich auch die Rasse der Spielfigur festlegen. Es stehen Mensch, Elf, Halbelf, Zwerg, Halbling, Gnom und Halbork zur Auswahl. Bestimmte Rassen sind besser für bestimmte Klassen geeignet. Der Halbork ist beispielsweise besonders Stark und kann daher 19 statt 18 Stärkepunkte einteilen usw.
Wirklich cool ist jedoch, dass man die Anzahl der Maximalpunkte selbst „erwürfeln“ darf. Wer geduldig ist, kann so lange würfeln, bis er einen sehr hohen Punktestand beisammen hat. Hierdurch kann man sich einen sehr mächtigen Charakter erstellen, den man nach Abschluss der Kampagne auch in den zweiten Teil von Baldur’s Gate importieren darf. Dies ist vor allem deswegen interessant, weil sich in diesem Spiel auch einige Skillbücher finden lassen, mit denen man seine Skillpunkte dauerhaft steigern kann. Diese sind selbstverständlich sehr selten.
Dank der isometrischen Grafik-Perspektive, gestaltet sich das Steuerungsinterface als sehr angenehm. Theoretisch kann man das Spiel alleine mit der Maus spielen, da für jede Aktion ein Button auf dem Spielinterface zur Verfügung steht. Allerdings stehen hierfür auch Hotkeys parat, welche man auch selber konfigurieren kann. An der Steuerung lässt sich also schwerlich etwas kritisieren. Sicherlich wirkt das Mikromanagement durch die Drag & Drop-Mechanik etwas fummelig und die Wegfindungsroutine der Spielfiguren hat auch mal ihre Aussetzer. Derlei Dinge halten sich jedoch stark in Grenzen, was für solch ein altes Spiel schon sehr bemerkenswert ist.
Und jetzt: Auf ins Abenteuer!
Das was Baldur’s Gate von vielen anderen Dungeons & Dragons-Spielen unterscheidet, ist seine Struktur als Open World-Spiel. Sicherlich gibt es viele Ortschaften, die erst zugänglich werden, sobald man einen bestimmten Punkt in der Story erreicht hat (unter anderem auch die Titel-gebende Stadt Baldur’s Tor), aber große Teile der Schwertküste, kann man nach eigenem Gusto erkunden. Das Spiel pfeift übrigens auf Level-Scaling und vergleichbaren Schmonzenz. Wenn ihr als Level 1 Einzelgänger plötzlich einem Trupp von Skelett-Bogenschützen gegenübersteht, dann habt ihr einfach Pech gehabt. Es lohnt sich also regelmäßig in verschiedenen Speicherplätzen zu speichern. Es gibt auch mehrere Quicksave-Slots sowie einen Autosave-Slot, weswegen man nicht jedesmal zum speichern ins entsprechende Menü schalten muss.
Oberste Priorität sollte jedoch erst mal darin liegen, sich eine geeignete Party von bis zu sechs Charakteren zusammenzusuchen. Zu diesem Zweck stellt das Spiel in seiner Vanilla-Version 25 Companion-Charaktere zur Verfügung, welche kreuz und quer über die Spielwelt verteilt wurden und nur darauf warten rekrutiert zu werden. Hier sollte für jede Gruppenkonstellation etwas dabei sein, da so ziemlich jede Gesinnungs- und Charakterklasse abgdeckt wird. Und es ist auch wichtig, dass der jeweilige Companion zum Team passt, da ja, wie bereits gesagt, ernsthafte Streitereien zwischen den Companions ausbrechen können und diese auch auf das Verhalten des Spielers reagieren, wenn auch oftmals nur mit entsprechenden Sprüchen. Einige von denen bringen auch ne kleine Nebenquest mit. So soll man etwa für den Waldläufer Minsc eine Frau namens Dynaheir aus einer Gnollfestung befreien. Derartige Dinge wurden jedoch nur rudimentär integriert, da so etwas seinerzeit noch ziemliches Neuland war. Tatsächlich war Baldur’s Gate das Spiel, welches derartige Interaktionen zwischen den Gruppenmitgliedern erst richtig ins rollen gebracht hat. Es hat also waschechte Pionierarbeit geleistet, weswegen man verzeihen sollte, dass diese Aspekte des Spiels noch in den Kinderschuhen stecken.
Die Enhanced Edition erweitert das Raster der Companions übrigens um vier weitere Charaktere (Neera, Rasaad yn Bashir, Dorn Il’Khan und Baeloth Barrityl), von denen drei auch komplexer ausgearbeitet wurden und umfangreiche Nebenquest-Stränge und kleinere Romanzen mitbringen. Aspekte, welche eigentlich erst im Sequel vorhanden waren. Zwei dieser Nebenquest-Stränge schalten sogar neue Ortschaften auf der Weltkarte frei und erweitern somit auch den allgmeinen Umfang des Spiels um vier weitere Maps. Wobei das reguläre Baldur’s Gate mit über 70(!) Maps bereits mehr als genug Umfang zu bieten hatte. Trotzdem ist der neue Inhalt sehr willkommen, auch wenn die vier neuen Maps leider recht grob gezeichnet wurden und ziemlich schwammig programmiert wurden (man kann z.B. völlig aus den neuen Maps herausscrollen).
Gekämpft wird freilich in einem „Real Time with Pause“-Kampfsystem (kurz RTwP). Kein Wunder, schließlich war es Baldur’s Gate, welches dieses Kampfsystem erst erfunden hatte. Hierbei handelt es sich um Gefechte, die zwar einerseits in Echtzeit ablaufen, jedoch im Hintergrund das Regelwerk des zugrunde liegenden Pen und Paper-Rollenspiels durchlaufen lassen. Die genauen Abläufe werden auch teilweise in einem Textfenster visualisiert, damit man die Effektivität seines Kampfes einigermaßen nachvollziehen kann. Der Clou ist jedoch, dass man den Kampf jederzeit pausieren kann, damit man seinen bis zu sechs Spielfiguren neue Befehle erteilen kann. Auf diese Weise wird einerseits ein strategisches Gefecht gewährt, welches jedoch gleichzeitig schnell und actionreich abgewickelt wird. Der Kritikpunkt, dass dieses Kampfsystem weder Fisch noch Fleisch ist, mag zwar seine Berechtigung haben, jedoch lässt sich die spezielle Faszination dieses Kampfsystems nicht abstreiten. Andernfalls hätte das System wohl auch kaum die Zeit überdauert und seine Verwendung in anderen Genrevertretern wie etwa Dragon Age gefunden.;)
Aber der Kampf ist ohnehin nicht der absolute Fokus von Baldur’s Gate. Das schöne an diesem Spiel ist nämlich, dass man eine sehr gute Balance aus Erkundung, Dialogen, Loot-Managing und Kämpfen gefunden hat. Das Ganze wird dann halt noch durch eine sehr lebendige Welt aufgewertet. Die NPCs haben viele Nebenquests zu vergeben, für deren Abschluss man nicht nur regulär belohnt wird, sondern auch seinen Ruf als Held festigt, was z.B. das Verhalten von NPCs und Händlerpreise beeinflusst. Man kann sich bösartig verhalten und die friedlichen Einwohner von Dörfern abschlachten, was jedoch negative Konsequenzen nach sich zieht. In Dungeons sollte man immer einen Dieb dabei haben, damit dieser nach gefährlichen Fallen ausschau hält und Schlösser knackt. Wenn kein Gasthaus in der Nähe ist, kann man jederzeit und fast überall rasten, um seine Lebenspunkte wieder etwas aufzufüllen, verbrauchte Zauber zu regenerieren und die Erschöpfung der Charaktere zu regenerieren. Rasten in der freien Natur kann jedoch einen Zufallskampf provozieren, also aufgepasst. Es gibt einen Tag- und Nachtwechsel und Wettereffekte wie Regenschauer … Und all das gab es schon im Jahre 1998! Wenn ihr die Genialität dieses Spiels immer noch nicht erkennt, dann kann ich euch auch nicht mehr weiterhelfen.
Baldur’s Gate: Legenden der Schwertküste
Legenden der Schwertküste mag zwar fester Bestandteil der Enhanced Edition sein, jedoch wurde das Spiel ursprünglich als separates Add-on verkauft. Es wurde seinerzeit am 30.04.1999 veröffentlicht und kam somit ca. vier Monate nach dem Hauptspiel heraus. Grund genug einen separaten Bereich für die Add-on-Legenden zu widmen. Der fundamentale Spielablauf von Baldur’s Gate blieb freilich unangetastet, es kamen jedoch kleinere Detailverbesserungen hinzu. So wurden durch dieses Add-on kleinere Hilfefunktionen für das Mikromanagement beigefügt. Stapelbare Gegenstände werden nun automatisch gestapelt und unidentifizierte Gegenstände werden mit blauer Hintergrundfarbe markiert. Die Diebesklasse hat hingegen ein Downgrade erhalten. Zum Verstecken im Schatten muss nun tatsächlich ein Schatten in der Spielumgebung vorhanden sein und für hinterhältige Angriffe muss sich der Dieb neuerdings hinter dem Gegner platzieren. All diese Dinge waren in der Vanilla-Version von Baldur’s Gate wohl nicht gegeben (ich kann es nicht aus erster Hand bestätigen, da ich Vanilla-Baldur’s Gate nie gespielt habe, sondern schon damals die Legenden der Schwertküste mit drauf hatte).
Aber genug vom Kleinkram, wesentlich interessanter ist die Anhebung der Exp-Grenze von 89.000 Exp auf 161.000 Exp (womit die Enhanced Edition auch den Cap bei 161.000 Exp hat). Und ja, Baldur’s Gate nutzt eine Exp-Grenze als zusätzliches Werkzeug, um den Schwierigkeitsgrad zu regulieren. Um die Exp-Obergrenze zu erreichen muss man aber schon gründlich spielen und möglichst jede Nebenquest absolvieren, die sich auftut. Damit man das schafft, erweitert dieses Add-on die offene Spielwelt der Schwertküste um neue Ortschaften zum Erkunden. Aller voran hätten wir da ein neues Dorf namens „Ulgoths Bart.“ Dieses dient als eine Art Ausgangslage für die Add-on Abenteuer. Und sollte man keinen Spielstand mehr haben, kann man auch mit ner vorgefertigten, hochgelevelten Gruppe quereinsteigen. Diese beginnt ihr Abenteuer dann direkt in Ulgoths Bart.
Im Dorf findet man freilich diverse NPCs, welche ihre Probleme im Form von Quests bei uns abladen. Der Magier Shandalar, der sich in der Dorfmitte befindet, teleportiert uns auf eine ungemütliche Eisinsel, die ein kleines Labyrinth beherbergt, welches als Gefängnis für übereifrige, böse Magier fungiert. Hier sollen wir Shandalars Umhang finden, bevor wir uns zurückteleportieren können.
Im Hafenbereich gibt es ein kleines Haus, wo Mendas lebt. Er ist ein Gelehrter, der eine Seekarte von einem gierigen, reichen Händler aus Baldur’s Tor haben will. Mit deren Hilfe will er wertvolle Reliquien sichern, welche von Balduran persönlich stammen. Balduran ist derjenige, der seinerzeit die Stadt Baldur’s Tor gründete, jedoch irgendwann spurlos auf einer seiner Abenteuer-Seefahrten verschwand. Die Seekarte führt uns, trotz Schiffbruch, zu einer kleinen Insel, deren misstrauische Bewohner von benachbarten Werwölfen tyrannisiert werden. Die miesgelaunten Zeckenmatten haben sich ironischerweise in Baldurans Schiffswrack eingenistet. Nach der Konfrontation mit den Wölfchen und der Plünderung von Baldurans Kahn, müssen wir nur noch ein Ersatzschiff auftreiben, um zum Festland zurück zu gelangen, und bei Mendas Bericht erstatten.
Die übrigen Aufgaben und Hinweise lotsen uns hingegen zu Durlags Turm, einem Megadungeon, welcher einst vom Zwergenhelden Durlag erbaut wurde. Dieser verlor jedoch den Verstand, nachdem seine Familie von Gestaltwandlern abgeschlachtet wurde. Aufgrund dieser traumatischen Erlebnisse, verwandelte Durlag seinen Turm in eine einzige Todesfalle, die sich über mehrere Stockwerte und Untergeschosse erstreckt. Neuerdings wird der Turm als eine Art Touristenattraktion zweckentfremdet. Außerdem hat sich ein fieser Todesritter eingenistet, welcher jedoch einer weitaus furchterregenderen Macht untergeben ist. Besagte Macht fungiert dann auch als finale Herausforderung dieses Add-ons.
Legenden der Schwertküste hat also einiges zu bieten. Alleine Durlags Turm hat insgesamt 10 neue Maps zu bieten. Zuzüglich des neuen Dorfes und der übrigen Aufgaben wird Baldur’s Gate durch ca. 15 neue Maps plus kleinere Häuser. Höhlen etc. erweitert. Freilich sind diese Maps mit tollen neuen Ausrüstungsstücken und Gegnern angefüllt. Das Highlight ist natürlich Durlags Tum, der das gesamte Können des Spielers fordert, da es dort neben Fallen und Monstern auch einige trickreiche Rätselmechanismen und weitere Überraschungen gibt. Wer diesen Dungeon knackt, kann wirklich stolz auf sich sein!
Weiterhin überzeugen diese Aufgaben mit guten Stories. Beim Hauptspiel kritisierte ich ja noch die faden Nebenquests á la „Bring mir den Ring zurück,“ „Töte die Riesenspinnen die sich in meinem Haus eingenistet haben“ und so weiter. Legenden der Schwertküste schiebt dem einen Riegel vor. Hier entdeckt man stattdessen das Schicksal von berühmten Persönlichkeiten wie Balduran und Durlag, oder erkundet rätselhafte Orte wie die Eisinsel, welche sich als fieses Gefängnis entpuppt. Kein Vergleich zum arg bodenständigen Hauptspiel. Legenden der Schwertküste war und ist eine wertvolle Erweiterung zu Baldur’s Gate!
Baldur’s Gate: Die Schwarzen Gruben
Als Sahnehäubchen stellt die Enhanced Edition auch noch eine brandneue Kampfarena-Kampagne zur Verfügung. Hier übernimmt man die Kontrolle einer sechsköpfigen Abenteurer-Truppe. Man kann die Mitglieder entweder selber erstellen, oder sich mit einer vorgefertigten Party zufrieden geben (was ich getan habe). Diese Abenteurer wurden, wie schon so viele Andere zuvor, vom bösartigen und sadistischen Drow-Hexenmeister Baeloth Barrityl entführt, damit sie in dessen Kampfarena bis zum Tode kämpfen. Baeloth und seine Kundschaft lieben das Gemetzel, was bedeutet, dass es bislang noch keinen wahren Gewinner in der Kampfarena gegeben hat. Alle Entführungsopfer fanden bislang ihr Ende in den „Schwarzen Gruben,“ wie die Arena genannt wird.
Es sind aber nicht nur die Gladiatoren, die leiden müssen, sondern auch Baeloths „Personal.“ Die Gladiatoren bekommen vom Baeloth für jeden Sieg eine Goldprämie, welche sie bei diversen Händlern im Verliestrakt verprassen dürfen, um sich für den nächsten Kampf zu rüsten. Bei den meisten Händlern handelt es sich um Duergar. Dunkelzwerge, welche die Dunklen Gruben ursprünglich als Heimstätte errichteten, jedoch von unserem geschätzten Drow-Hexenmeister überfallen und versklavt wurden. Selbst mächtige Kreaturen wie ein Betrachter oder ein Dschinn sind dem Drow zum Opfer gefallen. Sie alle hassen Baeloth, aber da er seine Sklaven mit einem Geas gefangen hält (ein sehr mächtiger Fluch, der dafür sorgt, dass das Opfer stirbt, wenn es dem Zauberwirker nicht gehorcht), können sie sich nicht wehren.
Die Party, deren Kontrolle wir übernehmen, ist also dazu gezwungen an diesem blutigen Schauspiel teilzunehmen. Aber glücklicherweise hat Baeloth eine große Schwachstelle: Arroganz. Es geht ihm nicht darum epische Kämpfe zu inszenieren, sondern seine Opfer auf möglichst grausame Weise sterben zu sehen. Je länger wir überleben, desto wütender wird Baeloth. Das Ziel liegt darin den Drow so sehr zur Weisglut zu treiben, dass er selbst in den Ring steigt und wir ihm mal ordentlich in den Dunkelelfen-Hintern treten können. Anders ausgedrückt, müssen wir insgesamt 18 Arenakämpfe bestehen, ehe der bescheidene Abspann abgespielt wird. Zwischendrin betreiben wir ein paar Dialoge mit den Händlern und Mitgefangenen, rüsten uns aus und grinden bei Bedarf in der Arena. Die meisten Arenakämpfe dürfen wir nämlich sooft wiederholen, wie es uns passt. Jeder gewonne Kampf wird mit einer fixen Summe an Exp und Gold belohnt, wodurch wir immer stärker und reicher werden. Der Exp-Cap liegt in dieser Kampagne bei 500.000 Exp und die Händler haben verdammt gute Sachen zu verkaufen. Bessere Sachen als man im Hauptspiel findet. Leider ist das Zeug auch verdammt teuer.
Die meisten Kämpfe sind leicht zu gewinnen, vor allem auch deswegen, weil unser Betrachter-Leidensgenosse für jeden Kampf einen strategischen Tipp springen lässt, den man auch konsequent umsetzen sollte. Und genau hierin liegt die wahre Stärke von „Die Schwarzen Gruben.“ Das Ding ist ideal als Taktik-Tutorial geeignet! Egal ob Neuling oder alter Hase, mithilfe der Kampfarena und durch die Infos des Betrachter-Kumpels kann man ne Menge nützlicher Sachen lernen, was einen auch relativ gut auf die Hauptkampagne vorbereitet. Sicherlich können zwei, drei der Kämpfe auch etwas kniffliger werden, aber es ist nichts dabei, was schlimmer ist als das, was man im Hauptspiel überstehen muss. Das ist jedoch wiederum auch ein Schwachpunkt dieser Bonuskampagne: Eine Kampagne, welche sich auf eine Kampfarena fokussiert, sollte schon ein paar spannendere Kämpfe auffahren, als hier geboten wird. Man sollte nicht erwarten, dass Baeloth echte Taktik-Highlights aus dem Ärmel schüttelt. Im Endeffekt hat der Alte halt doch nur ne große Klappe. Eine Einzelwertung möchte ich mir hier verkneifen, da „Die Schwarzen Gruben“ fester Bestandteil des Enhanced Edition-Gesamtpakets sind.
Grafik, Sound und sonstiges
Baldur’s Gate profitiert bis heute von seinem Grafikstil, welcher das Geschehen in Form von detailverliebten Renderbildern in isometrischer Perspektive darstellt. Es war zwar nicht das erste Spiel, welches diesen Grafikstil verwendete (zuvor gab es z.B. Commandos), aber Baldur’s Gate half immens dabei, diesen Stil für das CRPG-Genre zu etablieren. BioWares zugrunde liegende Infinity Engine, scheint obendrein derart programmierfreundlich zu sein, dass mit dieser Grafikengine weitere Spiele produziert wurden, wie etwa Icewind Dale oder Planescape: Torment. Dies alles sorgt dafür, dass der Name „Infinity Engine“ immer noch eine große Bedeutung im Genre hat, steht er doch für schicke isometrische Renderbild-Landschaften. Ein Schwachpunkt war jedoch die niedrige Auflösung von 640×480 Bildpunkten. Dieser wird jedoch in der Enhanced Edition offiziell ausgebügelt (zuvor hat es dafür auch schon Mods gegeben). Nicht nur, dass das Spiel jetzt in modernen Auflösungsstufen läuft, es wird hier auch ermöglicht hinaus und hinein zu zoomen, um sich jederzeit die beste Übersicht zu verschaffen – tolle Sache.
Leider hat man dieselbe Sorgfalt bei den Zwischensequenzen vermissen lassen. Das originale Baldur’s Gate verwendete 3D-Sequenzen, welche heutzutage freilich hoffnungslos veraltet wären, aber derart trashig wirken, dass sie immer noch einen hohen Kult- und Nostalgiefaktor mitbringen würden. Leider hat Beamdog diese Zwischensequenzen komplett rausgeschmissen und mit minimalistisch animierten Artwork-Zeichnungen ausgetauscht. Diese Zeichnungen sind recht hübsch, können den Kultfaktor der 3D-Dinger jedoch nicht erreichen. Ärgerlich ist weiterhin, dass der Austausch zwischen 3D-Sequenzen und Artworks nicht konsequent durchgezogen wurde. Viele 3D-Sequenzen wurden nämlich ersatzlos gestrichen, so dass Kenner nun teilweise in die Röhre gucken. Der Story wird hierdurch zwar kein Schaden zugefügt, da die narrativen Zwischensequenzen erhalten blieben, aber dennoch ärgert man sich, und stellt sich die Frage, warum Beamdog nicht einfach beide Variationen zur Auswahl stellt. Bei den Charaktermodellen hat man das schließlich auch hinbekommen.
Die Enhanced Edition hat die Charaktersprites nämlich neu eingezeichnet. Dies geschah leider eher schlecht als recht, da die neuen Sprites nun mit einer dicken schwarzen Umrandung daherkommen, was einfach nicht mit den Renderbildern harmonieren möchte. Das ist jedoch kein Problem, denn in den Optionsmenüs findet sich die Möglichkeit den alten Grafikstil für die Charaktersprites einzustellen. Schade, dass man diese Option nicht für die 3D-Sequenzen anbietet, aber man kann wohl nicht alles haben.
Im Gegensatz zur Grafik blieb der Soundtrack unangetastet, zumindest sind mir hier keine Änderungen aufgefallen. Der OST wurde vom deutschen Filmmusik-Komponisten Michael Hoenig komponiert. Es ist ein rundum gelungener OST der das Abenteuer und die jeweiligen Settings und Geschehnisse hervorragend unterstützt ohne sich dabei zu sehr in den Vordergrund zu drängen. Die Titelmelodie bietet darüber hinaus einen gelungenen Ohrwurm.
Die deutsche Sprachausgabe ist da hingegen etwas, ähh, zwiegespalten. Viele Sprecher leisten gute Arbeit, es ist natürlich immer ein Problem, wenn sich die ganzen Sprüche und Kommentare mit der Zeit wiederholen, vor allem bei solch einem langen Spiel. Ein ganz anderes Problem ist es jedoch, wenn man einen Sprecher mit sehr starken sächsischen Akzent engagiert. Wenn der dann zu Wort kommt, ist freilich jegliche Fantasy-Atmosphäre dahin, auch wenn die hierdurch erreichte unfreiwillige Komik einen sehr hohen Trash-Charme verbreitet. Und dann ist da noch der Inhalt einiger Sprüche. Ein Oger gibt da meistens ein „Dumdideldei, aus dir mach ich Brei.“ von sich, während die Schurken in feinster deutscher Mundart damit prahlen, dass sie jemanden mit gezielten Tritten gegen den Kopf getötet haben. Solche Ausrutscher waren schon damals im Jahre 1998 recht peinlich und begleiten auch die Enhanced Edition. Man sollte also schon ein gewisses Verständis dafür mitbringen, dass das Medium Computer- und Videospiel zu der damaligen Zeit von einigen Beteiligten noch nicht vollauf ernst genommen wurde – um es mal so auszudrücken.