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Anno 1800 – Das Brettspiel REZENSION

Dass das Videospiel Anno 1800 ein Erfolg werden sollte, daran hat kaum jemand gezweifelt. Die Reihe konnte rückblickend viele Fans um sich sammeln, die noch heute hunderte Stunden in die Aufbaustrategie eintauchen. Aber kann das Prinzip von Anno auch als Brettspiel bestehen? Genau das versuche ich im Nachfolgenden zu beantworten, denn Anno 1800 hat es als komplett physische Variante in den Handel geschafft. Das Brettspiel kommt aus dem Kosmos-Verlag und ist im letzten Jahr erschienen.

Als kleine Empfehlung für die Einführung möchte ich euch ein Video an die Hand geben. Dieses wurde ebenfalls von Kosmos veröffentlicht und erklärt den Aufbau und die Regeln. Ein schriftliches Regelwerk und weitere Übersichtskarten sind im Umfang aber natürlich mit bei.

Ich werde dank dieser nützlichen Hilfestellungen nicht auf jeden einzelnen Schritt eingehen, um euch nicht zu sehr zu verwirren, denn schon allein der Aufbau hat es in sich.

Aufbau und …

 

Das wirklich symphytisch dargestellte Video zeigt schon mit seiner Dauer, dass das Regelwerk nicht in drei Sätzen erklärt ist. In nahezu 30 Minuten wird hier erläutert, wie alles seinen Start findet. Es sei dazu gesagt, dass ich mich recht schwer getan habe, alles auf Anhieb zu verstehen. Das Brettspiel zu Anno 1800 zeigt schnell seine Komplexität und steht daher dem Videospiel in nichts nach. Lasst euch daher genügend Zeit und plant für eine Partie etwa 3 Stunden inkl. Aufbau ein.

Doch schon mit dem ersten Spiel wird der Nebel der Ahnungslosigkeit gelichtet, denn was anfänglich recht einschüchternd aussieht, entpuppt sich als überschaubar. Zu unterschätzen ist die Komplexität dennoch nicht.

Das Ziel besteht darin, all seine Handkarten loszuwerden. Dies gelingt, indem ihr auf die Bedürfnisse der Bürger eingeht. Hierzu bedarf es wiederum der Produktion, in welcher gewisse Utensilien hergestellt werden. Wer das Ziel einläutet, da er keine Handkarten mehr besitzt, ist aber nicht automatisch Gewinner der Partie. Als Sieger küren kann sich derjenige, der die meisten Siegpunkte hat. Wer das Spielende aber ausruft, bekommt zusätzlich die Feuerwerks-Karte, welche mit 7 weiteren Siegpunkten belohnt.

….erste Spielzüge

In dem Brettspiel von Kosmos gibt es 44 verschiedene Rohstoffe. Um immer wertvollere Utensilien herzustellen, bedarf es einer Grundressource. Wer Bretter hat, kann Kohle herstellen. Wer Kohle hat, kommt endlich an Ziegelsteine heran. Und wer es auf Messing abzielt, wird Waren und Kohle benötigen. So legt ihr Runde für Runde die Grundsteine für jenes Objekt, das von den Bürgern verlangt wird. Dabei wird oft nicht nur ein Gegenstand ausreichen, denn die Bürger sind anspruchsvoll. So verlangt eine Person beispielsweise Kaffee, eine Nähmaschine und eine Glühbirne. Eine andere möchte stattdessen lieber einen Pelzmantel, Brot und Schokolade. Damit ihr bei den verschiedenen Gütern nie die Übersicht verliert, bekommt jeder der bis zu 4 Spieler bzw. Spielerinnen eine Legende an die Hand.

Um Bürgerkarten befrieden zu können, muss erst einmal die Herstellung erster Produkte starten. So folgt zuallererst die Bestückung der jeweiligen Industrien mit Arbeitern, Handwerkern und Bauern. Als Darstellung fungieren die kleinen quadratischen Holzsteinchen, die in fünf verschiedenen Farben daherkommen und dadurch einer Klasse zugeteilt sind.

Produktion und Bevölkerungswachstum

Nun gehen wir etwas expliziter auf die Produktion ein. Ein paar Zeilen vorab erwähnte ich Ziegelsteine. Um jene zu erzeugen, wird laut der Spielkarte die Arbeitskraft von Handwerkern (rote Spielsteinchen) benötigt. Ist das Getreide ebenfalls eure Wahl, bedarf es den Einsatz von Bauern (grüne Spielsteine). Je Runde erhaltet ihr den gewünschten Ertrag jeweils einmal.

Wer mehr Arbeitskräfte produzieren möchte, muss ebenfalls erst einmal die benötigten Utensilien ebnen. Und wer einen weiteren Bauern braucht, kann einen seiner grünen Kollegen in der Bretter-Produktion antreten lassen. Mit der hinzugewonnenen Arbeitskraft muss aber auch eine entsprechende Handkarte aufgenommen werden.

Zwar wirkt es so, als rücke damit das Ziel in die Ferne, allerdings gewinnt die Produktion durch mehr Bauern, Arbeiter und Handwerker auch an Fahrt. Zudem könnt ihr eure verfügbaren Einheiten weiterqualifizieren. Die benötigten Kosten sind in einem senkrechten, violettfarbenen Balken hervorgehoben.

Schon zu Beginn besitzt ihr 9 dieser Bürgerkarten, die die Bedürfnisse eures Volkes zeigen. Wer weder in neue Arbeitskräfte investieren möchte, noch die Qualifizierung mit den bereits vorhandenen Kräften umsetzen will, kann notfalls Handkarten tauschen, die ohnehin nicht ins Konzept passen. Dies erfordert einen 1:1 Austausch mit unberührten Bürgerkarten, deren Bedingungen ebenso wenig leicht ausfallen müssen.

Pro Zug eine Aktion

Wer das Stadtfest feiert, darf alle seine Arbeiter wieder zurücksetzen und ferner neu verteilen. Auch die Schiffplättchen, die später interessant werden, finden wieder zurück. Alternativ dazu gibt es das Schichtende, das denselben Effekt auslöst. Aber auch dies fordert einen Tribut. Möchtet ihr beispielweise einen Bauern wieder in das Wohnviertel zurückholen, kostet das ein Gold. Der Preis für jede Person ist auf den Kärtchen abgedruckt.

Benötigt ein Spieler oder eine Spielerin eine Ressource, die ein anderer Mitspieler produziert, kann man sich diese aneignen. Eine Verweigerung des Handels ist auf der Gegenseite nicht möglich. Dennoch sei bei diesem Schritt bedacht, dass der Gegenspieler im Gegenzug ein Stück Gold erhält. Pro drei gesammelte Gold erhält man nach Spielende einen Siegpunkt.

Auch in Expeditionen können weitere Siegpunkte erworben werden. Dazu steht erst einmal der Schiffsbau im Fokus. Selbstverständlich sind auch hier Grenzen gesetzt. Doch die Zeit sollte investiert werden, da so neue Inseln hinzukommen können, die mehr Platz für den Ausbau eurer Welt gewähren. Schon zum Start des Spiels besitzt ihr ein Erkundungsplättchen, mit dem ihr eine „Alte-Welt-Platte“ erschließen dürft. Diese bringt weitere Vorteile mit, wie die automatische Verfügbarkeit weiterer Arbeiter oder eine nutzbare Industrie. Bis zu vier „Alte-Welt-Platten“ können mit immer höherer Anzahl an Erkundungsplättchen erschlossen werden.

Mit den „Alte-Welt-Platten“ wird das Brettspiel von Anno 1800 noch komplexer. Durch ihre Nutzung kommen Bevölkerungskarten hinzu. Diese sind ferner bei der Auszählung der Siegpunkte ein großer Vorteil. Gleichzeitig machen sie Rohstoffe verfügbar, die sonst unzugänglich bleiben würden.

Letztlich gibt es noch weitere Möglichkeiten, Siegpunkte zu erwirken, wie zum Beispiel die Auftragskarten. Mit der richtigen Auswahl zu Beginn des Spiels sind schnell neue Vorteile erschlossen und der Sieg nah. So gewährt euch die Universität, sofern sie unter euren erwählten Karten ist, für die meisten Ingenieure gleich 10 zusätzliche Siegpunkte.

Qualität

Das Brettspiel von Anno 1800 ist minimalistisch und dennoch gut in der Qualität. Mit dem Entfernen der Folien und dem Öffnen des Kartons sehe ich mehrere Platten aus Pappe. Diese haben unterschiedlich große Plättchen inne. Nach und nach drücke ich sie aus und ordne sie zu. Gerade die kleinen Plättchen wie Gold sollten nicht aus dem Augenmerk verschwinden und nach dem Spielen direkt wieder eingetütet werden. Kleine Beutel dazu sind im Lieferumfang enthalten.

Die Anzahl aller Karten, Plättchen und Spielsteinen wirkt im ersten Moment sehr unübersichtlich, sind für 4 Spieler bzw. Spielerinnen aber gut bemessen. Alle Spielkarten sind beidseitig bedruckt und wirken auch in der Optik sehr hochwertig. Auch der Karton selbst ist sehr stabil und verstaut sein Inneres sicher.

Natürlich ist auch eine sehr ausführliche Spielanleitung dabei. Leider hat sich bei der Bearbeitung der Original-Anleitung zu Anno 1800 von Martin Wallace ein Fehler bei der Ausbauen-Aktion eingeschlichen. In der Anleitung steht, dass vorgedruckte Start-Industrien von ihren Alternativen überbaut werden müssen, weil jede Industrie nur höchstens einmal besessen werden darf. Tatsächlich sind damit aber identische Industrien gemeint. Da die Alternativen der Start-Industrien nicht identisch zu diesen sind (die entsprechenden Start-Industrien erfordern Handwerker, während ihre Alternativen Arbeiter erfordern), dürfen jeweils beide gebaut werden.

Fazit

Das Brettspiel zu Anno 1800 ist nicht unbedingt für knappe Runden geeignet. Der Aufbau und das Spiel ziehen sich in die Länge. Dafür greift die Komplexität schon ab 2 Spieler bzw. Spielerinnen. In den ersten Partien wird das Regelwerk noch unverzichtbar sein, denn all die Karten und Plättchen wirken anfänglich erdrückend. Wer sich die Zeit aber nimmt und Wert auf komplexe Unterhaltung legt, wird viel Freude mit dem Brettspiel von Kosmos haben.

 

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